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ID0910825000

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    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Es ist mir sehr wohl klar, daß die PLO keine einseitigen Zugeständnisse machen kann, wenn dem palästinensischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung verweigert wird. Ich halte dieses erst für möglich, Herr Kollege Reddemann, wenn am Ende von Verhandlungen beide Teile zu dem Ergebnis kommen, daß die PLO auf der



    Schäfer (Mainz)

    einen Seite die Existenz Israels anerkennen muß, aber auf der anderen Seite auch Israel die Existenz der Palästinenser und deren Rechte. Das ist ein Prozeß, der seine Zeit dauert und der zu diesem Ergebnis kommen muß. Einseitige Zugeständnisse auf die Gefahr hin, daß Israel auch danach noch erklärt: „Mich interessiert die Zukunft der Palästinenser nicht", können Sie vermutlich auch den Palästinensern nicht zumuten.

    (Abg. Reddemann meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)

    — Ich möchte nicht auf eine zweite Zwischenfrage eingehen.
    Meine Damen und Herren, ich wollte hier keine ausgesprochene Nahost-Debatte entfesseln. Es ging mir nur darum, einige Momente herauszustellen, die mir bei dieser Debatte heute gefehlt haben. Mir ging es darum, daß dieses Parlament nicht in die Sommerpause geht, ohne zum Fall Libanon etwas gesagt zu haben, obwohl ein einvernehmlicher Antrag vorlag. Er ist aus Angst verschoben worden und — das sage ich Ihnen ganz offen — aus Gründen, die Sie alle kennen: Im Zusammenhang mit dem Staat Israel und der Führung des Staates Israel erliegt man immer wieder der schrecklichen Verwechslung, es handele sich um „die Juden". Ich glaube, das ist nicht richtig. Daran kranken wir. Deshalb sind wir nicht in der Lage, Handlungen der Regierung Begin, wenn es darauf ankommt, moralisch genauso zu verurteilen wie wir das mit Handlungen anderer Regierungen zu Recht tun. Hier dürfen wir keine Ausnahme machen, und hier kommt es jetzt darauf an, daß sich Israel endlich auch an das hält, was die internationale Völkergemeinschaft tut.
    Wir zahlen Israel erhebliche Summen. Meine Damen und Herren, es kann nicht angehen, daß die Verwüstungen, die durch die Invasion Israels im Libanon hervorgerufen worden sind, am Ende wieder von den Europäern bezahlt werden, die zerstörten Waffen von den Amerikanern ersetzt werden. Es besteht der Eindruck, als könnten einzelne Staaten in der Welt tun, was sie wollen, ohne daß die Reaktionen erfolgen, die wir hier gegenüber anderen Aggressionen — etwa in Afghanistan — immer wieder an den Tag legen. Ich meine, wir sind es uns schuldig, hier konsequent zu bleiben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich finde, das, was sich im Libanon abspielt, ist so schrecklich, daß man — auch wenn man über die Motive verschiedener Meinung sein kann — hier nicht einfach schweigen darf. Ich halte das nicht mehr für richtig.
    Das hat auch nichts damit zu tun — ich darf das noch einmal ausdrücklich sagen —, daß man hier eine Abneigung gegenüber Israel hätte oder den arabischen Staaten einen Vorzug einräumen würde. Auch dies wird ja sehr schnell unterstellt. Ich sage Ihnen: Das Existenzrecht Israels steht für uns alle nicht in Frage, aber wir können daraus nicht den Schluß ziehen, man könne nach der vor 20 Jahren in Israel gehegten Befürchtung, ins Meer geworfen zu werden, umgekehrt zulassen, daß andere ins Meer getrieben werden.

    (Reddemann [CDU/CSU]: Jetzt übertreiben Sie aber!)

    — Ich sage Ihnen: Ich kann nur hoffen, Herr Reddemann, daß Beirut nicht genommen wird und daß es hier nicht zu einer grauenvollen Weiterentwicklung dessen kommt, wovor gestern schon Herr Peres die Regierung Begin warnte. Wir dürfen das wiederholen, denn ich glaube, es können sich Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland ergeben, die nicht im Interesse unseres beiderseitigen Verhältnisses liegen können.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Ich sage Ihnen das in aller Offenheit, und ich halte es für sehr bedenklich, daß zum erstenmal auf dem Boden der Bundesrepublik Demonstrationen gegen den israelischen Botschafter erfolgt sind, weil unsere Jugend diese Moral nicht mehr ganz nachvollziehen kann. Gestatten Sie mir, daß ich das hier sehr deutlich sage.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie machen es sich zu leicht!)

    — Es bleibt uns zu wenig Zeit, Herr Mertes, um die Ursachen des Nahostkonfliktes etwas intensiver zu erörtern. Es ist sicher unser aller Anliegen, das hier einmal in einer großen und umfangreichen Debatte zu tun. Ich bedaure, daß uns so wenig Zeit zur Verfügung steht. — Ich sehe, auch meine Redezeit ist zu Ende.
    Ich darf zum Schluß vielleicht noch sagen — ich habe das hier schon vor 14 Tagen gesagt —: Wir sollten bei all den Debatten über Abrüstung und über das Sicherheitsproblem, zu dem wir heute sehr viel gehört haben, nicht die eminent wachsende Gefahr „kleiner Konflikte" außer acht lassen, die scheinbar nicht so wichtig sind, die aber zunehmend bedrohliche Ausmaße annehmen und den ganz großen Weltkonflikt hervorrufen können.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)

    Deshalb müssen wir auch an die Verantwortung der Führer solcher kleiner Staaten appellieren, ihren nationalen Egoismus und ihr „Frieden für Galiläa", wenn ich das sagen darf, nicht zu einem Krieg für die Welt werden zu lassen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wörner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Wörner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Schäfer, ich glaube, über zwei Dinge sind wir uns hier alle einig: einmal darüber, daß das, was im Libanon den Menschen passiert, eine ganz schreckliche Sache ist und daß wir alles unternehmen müssen, um das Sterben dort zu beenden, soweit wir dazu beitragen können; zum anderen — ich glaube, darüber gibt es auch keine Meinungsverschiedenheit —, daß es unser Hauptinteresse sein muß — das war das Ziel des Antrags der CDU/CSU schon im letzten



    Dr. Wörner
    Jahr —, einen unabhängigen demokratischen Staat Libanon wiederherzustellen, diesem Volk die Möglichkeit zu geben, sich wieder in Frieden darzustellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Schäfer, an einem anderen Punkt kann ich Ihnen nicht folgen; das muß ich Ihnen ganz offen sagen. Die Einseitigkeit, die Sie anderen unterstellen, haben Sie soeben auch selbst gezeigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir dürfen nicht vergessen, wer dieses blühende Land, in dem über Jahrhunderte Christen und Moslems friedlich zusammengelebt haben, zerschlagen hat. Das darf man doch Israel nicht anlasten!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein Zweites. Sie sind ein Mann, der zu differenzieren vermag. Nicht die Anwesenheit der Palästinenser im Libanon ist das Problem, sondern das Problem ist, daß die PLO den Libanon als Operationsbasis für ihre Aktionen gegen Israel ausgebaut hat. Das ist das Problem.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich wollte diese Akzente nur einmal zurechtrükken.
    Das führt mich aber zu der entscheidenden Frage, um die sich alle unsere politischen Anstrengungen und Überlegungen drehen: Wie machen wir unsere Welt freier, wie machen wir sie friedlicher, und wie machen wir sie sicherer? Das ist in erster Linie keine militärische Frage, das ist in erster Linie eine politische Frage. Diese Welt ist nicht unfriedlich, weil es Waffen gibt, sondern weil es Mächte gibt, die andere unterdrücken, entrechten und sich dieser Waffen dazu bedienen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nicht die Waffen sind es, die uns bedrohen, was in der Diskussion immer und immer wieder verwechselt wird. Sagen wir es doch konkret: Es ist die hinter diesen Waffen stehende Machtpolitik der Sowjetunion, die auf Gewalt setzt, während wir auf Gewalt verzichtet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen finde ich es wieder einmal gelinde gesagt, irreführend, wenn der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung die Aufrüstung der Sowjetunion nur auf ein übersteigertes Sicherheitsbedürfnis zurückführt. Wenn es das nur wäre! Zur gleichen Zeit unterschreiben der Bundeskanzler und sein Verteidigungsminister in der NATO Mal um Mal Kommuniqués, in denen nachgewiesen wird, daß die Aufrüstung, die Hochrüstung der Sowjetunion jedes Sicherheitsbedürfnis um ein Weites übersteigt. Hinter dieser Hochrüstung steht nicht nur das Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion, sondern dahinter steht ein expansives Machtstreben, und das haben Völker in dieser Welt bis zum heutigen Tag zu spüren bekommen, auch unser Volk.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Schlüsselproblem des Friedens ist nicht das Problem der Waffen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das weiß der Schmidt sehr genau, aber er sagt es nicht!)

    Das Schlüsselproblem des Friedens ist die Frage, ob es uns gelingt, eine politische Ordnung in Europa und der Welt zu finden, die den friedlichen Wandel ermöglicht, also nicht den Status quo festigt. Es kommt darauf an, eine Friedensordnung, d. h. eine Ordnung friedlicher Konfliktschlichtung, aufzubauen und die Sowjetunion auf diese Ordnung festzulegen. Hier — ich sage es noch einmal — liegt das Schlüsselproblem zum Frieden. Davon ist nach meiner Meinung in dieser Debatte viel zu wenig geredet worden. Wir werden die Sowjetunion auf eine solche Friedensordnung auf die Dauer nur dann festlegen können, wenn der Westen all seine Möglichkeiten, seine politischen, finanziellen, wirtschaftlichen und technologischen Mittel zusammenfaßt und der Sowjetunion deutlich macht, daß wir unsere Leistung und unsere Hilfe an den Ostblock mit einem verantwortlichen und konfliktbegrenzenden Verhalten des Ostblocks und der Sowjetunion verknüpfen, daß die Sowjetunion wählen muß, ob sie die Hilfe des Westens will, die wir ihr anbieten, die wir wollen, die wir geben wollen, daß sie aber nicht fortfahren kann, auf der einen Seite Konfrontation mit uns zu betreiben, gegen uns aufzurüsten und sich auf der anderen Seite dafür von uns auch noch bezahlen zu lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine solche Friedensordnung muß sich u. a. auf die Anerkennung der wechselseitigen Sicherheitsbedürfnisse gründen. Und auch das wird kaum noch angesprochen. Die Sowjetunion hat das legitime Sicherheitsinteresse des Westens bis zum heutigen Tag nicht wirklich anerkannt. Was noch schlimmer ist: Der Westen hat der Sowjetunion eine solche Anerkennung auch gar nicht abgenötigt. Seien wir doch einmal ehrlich: Er hat ihr damit den grundlegenden Zielkonflikt erspart, zwischen ihrer Machtexpansion und den Vorzügen der Kooperation mit dem Westen wählen zu müssen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Zu einer solchen Friedensordnung, Herr Bahr — — Wo ist er denn, nicht mehr da?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ist nicht so wichtig!)

    — Ist ja nicht schlimm; ich wollte ihn nur direkt ansprechen. — Also: Zu einer solchen Friedensordnung gehört nicht die Aufgabe unterschiedlicher ideologischer Auffassungen, meine Damen und Herren von der SPD, aber es gehört der Verzicht auf Machtausbreitung auf Kosten anderer dazu und der Verzicht, den Ost-West-Konflikt auf das Nord-SüdVerhältnis zu übertragen, wie das die Sowjetunion bis zum heutigen Tag macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das weiß Herr Genscher ganz genau!)




    Dr. Wörner
    Dann sage ich noch eines: Zu einer solchen Friedensordnung gehört die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts auch für das ganze deutsche Volk. Ohne eine Lösung der deutschen Frage im Sinn von Einheit und Freiheit ist eine dauerhafte europäische Friedensordnung schlichtweg nicht möglich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine solche Friedensordnung darf nicht auf Illusionen aufgebaut werden; sie muß auf den Wirklichkeiten unserer Zeit aufgebaut werden. Dazu gehören zwei Grundtatsachen — zwei Grundtatsachen, die noch auf lange Zeit das Schicksal der Welt bestimmen werden. Erstens: Ost und West bleiben ideologisch und politisch Rivalen. Daran kann auch eine Politik des Dialogs und der Zusammenarbeit, die wir wollen, nichts ändern. Zweitens: Das nukleare Zeitalter zwingt Ost und West zur Koexistenz. Rhetorische Kreuzzüge können daran ebenfalls nichts ändern.
    Darum haben Politiker des Westens eine zweifache Verantwortung. Sie müssen der sowjetischen Expansionspolitik widerstehen, und sie müssen sich gleichzeitig der Risiken einer globalen Konfrontation bewußt sein. Darum muß jeder verantwortliche westliche Politiker auf lange Sicht sowohl Elemente der Kooperation wie solche der Konfrontation einbeziehen. Abschreckung und Koexistenz, Eindämmung und Spannungsabbau bleiben Aufgaben einer realistischen Friedenspolitik. Frieden bedeutet nicht — und Reagan hat darauf zu Recht hingewiesen —, daß es in dieser Welt keine Konflikte mehr gibt; Frieden bedeutet lediglich die Fähigkeit, Konflikte mit friedlichen Mitteln auszutragen. Gerade weil diese Rivalität auch in einer Friedensordnung bestehen bleibt, ist es so ungeheuer wichtig — wir dürfen vor dieser Aufgabe nicht versagen —, weit aktiver, weit offensiver — ich meine das geistig, moralisch, politisch — die Grundwerte der Demokratie und der Freiheit in diese Auseinandersetzung der Ideologien, in diesen Konflikt einzubringen und in der Rivalität auf unserer Seite mit diesen Werten zu arbeiten, die doch allen Werten einer Diktatur überlegen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen — das scheint mir unbestreitbar zu sein — die Festlegung gemeinsamer Ziele, und zwar eben nicht nur gemeinsamer Formeln. Wenn ich auf den Bonner Gipfel zurückkommen darf: Die gemeinsamen Formeln sind da gefunden. Es sind Formeln, denen wir zustimmen können. Aber es zeigt sich doch — Graf Stauffenberg hat das deutlich gemacht —, daß offensichtlich die amerikanische Regierung und die Bundesregierung oder die Europäer hinter diesen Formeln eben doch noch verschiedene Politik zu erkennen vermögen und auch betreiben. Also müssen wir doch versuchen, Herr Genscher, nicht wie die Katze um den heißen Brei um diese verschiedenen Auffassungen von Politik im Ost-West-Verhältnis herumzugehen. Ich sage das nur deswegen an Ihre Adresse, weil Sie hier sind. Der Bundeskanzler ist nicht hier. An sich geht es an seine Adresse.
    Es genügt nicht, wenn man weiß, diese Frage offen zu lassen, schöne Formeln zu finden und sich nach Hause zu begeben, um anschließend wieder einen neuen Krach zu erleben, sondern man muß dann die Dinge angehen und versuchen, wirklich eine gemeinsame Auffassung zu finden und das Problem anzusprechen. Lieber hinter verschlossenen Türen kurze Momente der Auseinandersetzung und dann Einigkeit, als das, was wir in dieser Stunde wieder einmal erleben müssen!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich sage zweitens: Wir brauchen eine größere Bandbreite von politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und technologischen Aktions- und Reaktionsmöglichkeiten. Technologietransfer, Handel, die Finanzierung von wirtschaftlichen Projekten sind Bereiche, in denen die Sowjetunion weiterhin, ja, sogar noch stärker als bisher, auf eine Zusammenarbeit mit dem Westen angewiesen ist. Das ist doch unsere größte Stärke. Wenn überhaupt, dann ist hier das Instrument, mit dem wir auf die Sowjetunion einwirken können. Wie töricht, daß der Westen dieses Instrument bis jetzt nicht geschlossen und entschlossen genutzt hat!
    Da kann man doch nicht von „Wirtschaftskrieg" reden. Es geht doch nicht um einen Wirtschaftskrieg. Wer will denn einen Wirtschaftskrieg? Am allerwenigsten wir von der CDU/CSU. Ich darf doch einmal in aller Zaghaftigkeit darauf hinweisen, daß der Osthandel unter Adenauer, unter einer CDU/ CSU-Regierung, begonnen wurde. Wir sind nicht dagegen, wir sind dafür — auf der Basis von Leistung und Gegenleistung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Allerdings muß eines klar sein: Wer unsere Hilfe will, der muß durch sein Verhalten dazu beitragen, daß diese Hilfe im Kontext einer Friedensordnung, die diese Welt so dringend beansprucht und braucht, sinnvoll sein kann.

    (Graf Stauffenberg [CDU/CSU]: Der muß bereit sein zu zahlen!)

    Und deswegen müssen wir der Sowjetunion deutlich machen, daß sich Kooperation für sie lohnt und Konfrontation für sie Nachteile bringt.

    (Graf Stauffenberg [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!)

    Um nichts anderes geht es. Und darum hat der Kollege Mertes recht, wenn er immer und immer wieder fordert, daß sich der Westen nun auch im Bereich der Wirtschaft eine Strategie der flexiblen Reaktion zulegen müsse. Darum geht es.

    (Zuruf von der SPD)

    Man kann auch nicht grundsätzlich sagen, Herr Bundesaußenminister, der Handel stabilisiere. Das kann er, ja; aber er muß es nicht. Im letzten Jahrzehnt haben wir mit dem Ostblock kräftig Handel getrieben. Im letzten Jahrzehnt hat der Ostblock über 80 Milliarden Dollar — das sind über 160 Milliarden DM — Hilfe aus dem Westen erhalten. Und jetzt frage ist Sie: Hat deswegen seine Aufrüstung nachgelassen? Hat deswegen seine Konfrontation



    Dr. Wörner
    uns gegenüber nachgelassen? Hat deswegen seine Machtexpansion nachgelassen? —

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)

    Deswegen kann man nicht so einfach sagen: Stabilisierung durch Handel. — Das kann sein; aber das muß nicht sein.
    Vor allen Dingen eines muß denen drüben klar sein: Wenn sie sich nicht verantwortlich verhalten, dann kriegen sie eben weniger oder, wenn es sein muß, auch einmal gar nichts.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wären Sie nach diesem Prinzip mit der DDR umgegangen, dann hätten wir mit der DDR nicht einen Handelskrieg angefangen, sondern, garantiere ich Ihnen, wir hätten wahrscheinlich die Konzessionen, nach denen Sie jetzt noch vergeblich Ausschau halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Eine Bemerkung kann ich mir auch nicht versagen, weil der Bundeskanzler den Herrn Trudeau zitiert hat. Ich hatte das schon hier gehört, er hatte es ja von diesem Pult aus gesagt. Es ist nicht die Zeit, mich ausführlich mit seiner These zu beschäftigen, aber eines lassen Sie mich eben doch feststellen: Es kann nicht Aufgabe des Steuerzahlers in der Bundesrepublik Deutschland sein, auch nicht Aufgabe der Arbeiter in der Bunderepublik Deutschland, schließlich und endlich mit ihren Steuergroschen die Folgen einer bankrotten kommunistischen Wirtschaftspolitik zu bezahlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und wenn wir selbst von der Türkei, Herr Bundesaußenminister, mit Recht als Voraussetzung für Wirtschaftshilfe bestimmte wirtschaftliche Reformen erwarten, dann müssen wir das auch von den Ostblockstaaten erwarten. Sonst hieße das, Geld in einen Eimer ohne Boden zu schütten.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Es geht doch gar nicht um Wirtschaftshilfe, sondern um Handel! — Graf Stauffenberg [CDU/CSU]: Was Handel ist, werden wir erleben, wenn wir die Kredite nicht mehr zurückkriegen!)

    Der Bundeskanzler hat dann den Eindruck zu erwecken versucht, als ob es zur Politik der Bundesregierung nur eine Alternative gebe — Konfrontation. Und das ist schlichtweg falsch, weil im Extrem diskutiert. — Ich sage noch einmal: Die Alternative zu der gegenwärtigen Politik heißt nicht Konfrontation, sie heißt nicht Wirtschaftskrieg, sie heißt nicht Kalter Krieg.
    Unsere Politik, die Politik der CDU/CSU, die Politik aktiver Friedenssicherung gründet sich auf vier Pfeiler: einmal auf das aktive Eintreten für Freiheit und Menschenrechte, zum zweiten auf Kriegsverhinderung durch Abschreckung sowie auf die Erhaltung der Sicherheit durch Verteidigungsbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit, zum dritten auf das leidenschaftliche Bemühen um wechselseitige und kontrollierte Rüstungsbegrenzung und Abrüstung. — Aber bitte, wirkliche Abrüstung! Einfrieren der Rüstungspotentiale ist uns nicht genug. Wir müssen herunter von den Rüstungspotentialen, und zwar kontrolliert und auf beiden Seiten. Viertens schließlich — —

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Wenn Sie sich so aufregen, dann deswegen, weil Ihnen damit Ihre populäre, für Ihre Zwecke zurechtgeschneiderte These aus der Hand geschlagen wird, eine Regierung der CDU/CSU bedeute Kalten Krieg oder Konfrontation mit dem Osten. Ich kann nur sagen: Eine Regierung der CDU/CSU bedeutet konsequente Sicherung des Friedens und der Freiheit der Menschen in unserem Land, bedeutet Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, allerdings — im Unterschied zu Ihnen — auf der Basis von Leistung und Gegenleistung. Das und nichts anderes ist Politik der CDU/CSU.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine verbleibende Zeit möchte ich nutzen, um mich mit Herrn Bahr und seinem Begriff der Sicherheitspartnerschaft auseinanderzusetzen. Es ist dies an sich ein faszinierender Gedanke; da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Es ist eine Zielvorstellung. Ich kann nur sagen: Wer hätte etwas dagegen, wenn sich Ost und West als Partner der Sicherheit verstehen würden?

    (Zuruf von der SPD: Eine Vorstellung davon, wie es sein sollte!)

    — Ja, es ist eine Zielvorstellung.

    (Zuruf von der SPD: Ja, wir haben diese Ziele!)

    Ich sage noch einmal: Es wäre schön, wenn es dahin kommen könnte.
    Sicher muß man etwas dafür tun. Man muß darüber reden, was man dafür tun muß. Nur ist es mit dieser Formel so wie mit allen Formeln von Herrn Bahr. Sie hat vor allen Dingen zwei Gefahren in sich. Sie schafft Verwirrung. Wenn Sie im Augenblick das Verhältnis zu den USA, zu unseren Bündnispartnern mit Sicherheitspartnerschaft umschreiben und das Verhältnis zur Sowjetunion ebenfalls mit Sicherheitspartnerschaft umschreiben, dann wecken Sie draußen eben die Vorstellung von jener Gleichsetzung, gegen die wir von der CDU/CSU so sehr angehen. Der Unterschied ist ganz simpel: Die USA schützen unsere Freiheit, und die Sowjetunion bedroht sie.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Darum können wir nicht jetzt Sicherheitspartnerschaft mit beiden praktizieren. Um das gleich vorwegzunehmen: Das liegt nicht an uns.
    Der Bundeskanzler hat von dem Unmut der Menschen geredet. Ich verstehe den Unmut. Ich war bei jener Demonstration zugegen. Ich habe bis morgens um drei Uhr mit den jungen Leuten auf der Straße hier in Bonn diskutiert und bei ihnen viel Ungeduld festgestellt. Verständlicherweise richtet sich diese Ungeduld gegen uns, die demokratischen Politiker. Wenn allerdings der Bundeskanzler der Bundesre-



    Dr. Wörner
    publik Deutschland dies so aufnimmt, wie er es getan hat, dann bestärkt er diese jungen Menschen in ihren Illusionen und ihren Irrungen. Denn es liegt nicht an uns, den demokratischen Politikern, wenn es noch nicht zur Abrüstung gekommen ist. Da müssen sie sich schon an die wenden, die bis zum heutigen Tag jeder kontrollierten gegenseitigen Abrüstung im Wege stehen und die militärische Gewalt anwenden, während wir auf sie verzichtet haben. An deren Adresse muß der Vorwurf gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch die Formel „Wandel durch Annäherung" beinhaltet eine Zielvorstellung, der man als solcher wahrscheinlich kaum widersprechen kann. aber sie erweckt bei den Menschen draußen den Eindruck, es wäre schon soweit. Wenn Sie auch von Sicherheitspartnerschaft so reden, als gäbe es sie schon — Herr Bahr sagt ja schon heute, damit müsse man das Konzept der Abschreckung ersetzen —, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wieder einmal die Bereitschaft insonderheit bei jungen Menschen nachläßt, in der Bundeswehr zu dienen und damit ihren Beitrag zur Kriegsverhinderung durch Abschreckung zu leisten. Das wird die Konsequenz sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß wir den Nuklearkrieg verhindern wollen, daß wir mehr wollen, nämlich daß wir jeden Krieg verhindern wollen, hat Herr Genscher, glaube ich, so eindeutig und, wie ich sagen möchte, so gut formuliert, daß man dem nichts hinzuzufügen braucht.
    Ich möchte mich abschließend mit dem Vorschlag der Schaffung atomwaffenfreier Zonen beschäftigen. Alle Vorschläge für atomwaffenfreie Zonen in Europa, auch der Vorschlag von Palme und seiner Kommission, sind nicht geeignet, die Schrecken eines Atomkrieges zu vermindern oder gar zu bannen.
    Außerdem haben sie alle eine Schwäche: Sie machen den konventionellen Krieg wahrscheinlicher und bringen daher nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Glauben Sie, die Amerikaner hätten die Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki geworfen, wenn sie gewußt hätten, daß die Japaner auch eine Atombombe haben und diese dann vielleicht auf San Francisco, New York oder Washington werfen?
    Das heißt, atomwaffenfreie Zonen sind keine Garantie dafür, daß Atomwaffen in diesen Zonen nicht eingesetzt werden. Im Gegenteil, sie sind geradezu eine Prämie, wenn es zu einem Konflikt kommt, dort Nuklearwaffen einzusetzen. Deswegen gibt es, wenn man mehr Sicherheit will, nur den einen Weg, und den müssen wir konsequent weiter beschreiten: beiderseitige Abrüstung auf allen Ebenen — nuklear und konventionell — zu einer gleichen Sicherheit auf möglichst niedrigem Niveau.
    Das ist das Ziel, dem auch wir von der CDU/CSU uns verschrieben haben. Daran gibt es nichts zu rütteln. Wir sind es, die die Abrüstungspositionen des
    Westens am geschlossensten auch in diesem Hause vertreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Aber nicht am glaubwürdigsten!)

    Ich füge noch hinzu: Es genügt allerdings nicht, nur an den äußeren Dingen etwas zu ändern. Meine herzliche Bitte an die Bundesregierung lautet: Reden Sie weniger von der Angst. Machen Sie den Menschen in unserem Land endlich mehr Mut durch eine konsequente Politik.
    Wenn Adenauer so viel über Angst philosophiert hätte, wäre dieser Staat nicht mehr friedlich und nicht mehr frei. Deswegen kann ich nur sagen: Nicht durch das Reden über Angst, sondern durch das Betreiben einer Politik, die den Menschen die Angst nimmt, erwachsen mehr Sicherheit und Stabilität für die Bundesrepublik Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU)