Rede:
ID0910822500

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Metadaten
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    Vokabeln: 10
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Graf Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Gerade die letzten Passagen in den Ausführungen des



    Graf Stauffenberg
    Herrn Außenministers zeigen, wie dringend wichtig es ist, daß wir uns in diesem Hohen Haus einen ganzen Tag lang einmal Zeit für eine intensive Europadebatte nehmen. Es ist Zeit, eine Bilanz zu ziehen, und ich höre die Worte des Herrn Außenministers gern, aber sie müssen natürlich auf den Hintergrund der Realitäten projiziert werden. Die Realitäten sehen aber leider nicht so ermutigend aus, wie dies am Ende klang.
    Herr Außenminister, Sie sagten: Wichtiger ist immer der Inhalt. — Das ist natürlich richtig. Das gilt nicht nur für die Frage bei Interviews oder Hintergrundgesprächen, das gilt auch für die Abschlußkommuniqués und die Verlautbarungen von Versailles und Bonn. Wenn man nur diese Kommuniqués liest, könnte man ja ganz zufrieden sein und eine insgesamt positive Bilanz ziehen, aber nun hat sich von Anfang an gezeigt — die letzten Tage haben es bestätigt —, daß zwischen dem Ton der gemeinsamen Verlautbarungen und dem Bild der Gipfelwirklichkeit beträchtliche Unterschiede bestehen. Das zeigt sich nicht erst seit dem letzten Wochenende, seit dem ganzen Wirbel um das Gasgeschäft.
    Mit Kommuniqués, Herr Außenminister, hat es ja immer so etwas auf sich. Ihre Aufgabe und ihre Zweck ist es ja, gute Eindrücke zu vermitteln, gerade dort, wo man ohne so eine amtlich beredte Hilfestellung Schwierigkeiten hat, eine positive Bewertung zu finden. Wenn man sich das in Erinnerung ruft, dann eröffnen die Abschlußerklärungen von Versailles und Bonn ebenso wie die europäische Wirklichkeit von heute eine ganze Reihe von Problemen und Fragen und auch von ganz aktuellen Sorgen.
    Ich habe mich eigentlich gewundert, daß der Herr Bundeskanzler aus dem Versailler Kommuniqué ausgerechnet eine Passage herausgegriffen und behandelt hat, nämlich die über die wirtschaftlichen Beziehungen zum Ostblock. Tut man mal so die äußere Form weg, Herr Bundesminister Genscher, dann ist gerade diese Passage so dürftig, so mager, so dünn, daß es kaum vorstellbar ist, daß irgend jemand dagegen verstoßen kann.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: So ist das!)

    Noch weniger ist es vorstellbar, woher Herr Bölling und andere die Chuzpe nehmen, einen solchen Verstoß ausgerechnet dem amerikanischen Präsidenten anhängen zu wollen. Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern das ist, Herr Bundesminister, unverantwortliche Irreführung der Öffentlichkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In dem Abschlußkommuniqué von Versailles werden hinter hölzern-umständlichen Formulierungen nur mangelhaft die gründlichen Meinungsunterschiede der Regierungen versteckt.

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Da zeigt sich, übrigens in der bemerkenswert hilflosen deutschen amtlichen Übersetzung noch deutlicher als im Original, daß es da Teilnehmer gab, die trotz Afghanistan, trotz Polen und trotz aller europäischen Beteuerungen verbindliche Aussagen überhaupt vermeiden wollten,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    was die „Prawda" dann in der ihr eigenen Sprache zur Anmerkung veranlaßt hat: „Schmidt hat dem amerikanischen Druck widerstanden". Was der Herr Bundeskanzler heute vormittag über den sogenannten Handelskrieg gesagt hat, bestätigt inhaltlich, nicht der Form nach, sogar die „Prawda".
    Meine Damen und Herren, selbst die dünnen Formelkompromisse haben offenbar hier die Bundesregierung noch überfordert. Es ist schon fast eine Zumutung, wenn man liest, was das Kommuniqué zu dem Thema Wirtschaft und Kredite an den Osten sagt. Ich mute es Ihnen dennoch zu und zitiere — mit Ihrer Erlaubnis —: Drittens sind wir unter Berücksichtigung der bestehenden wirtschaftlichen und finanziellen Erwägungen übereingekommen, Finanzbeziehungen mit der UdSSR und anderen osteuropäischen Staaten vorsichtig zu handhaben, um sicherzustellen, daß sie auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis gestaltet werden, einschließlich der Notwendigkeit, aus Gründen der kommerziellen Vernunft auch zu einer Begrenzung der Exportkredite zu kommen. Das ist schon eine starke Aussage.
    Die bundesdeutsche Umsetzung dieser nicht eben bestechenden Programmaussage erfolgte dann umgehend. Die Bundesregierung stellt zunächst der Presse die Antwort auf eine Große Anfrage der CDU/CSU vor, die dann einige Tage später, wie in unserem Parlamentsverständnis offenbar üblich, auch die Abgeordneten und die Fragesteller erreicht. In der Antwort heißt es zu diesem Thema:
    In der Frage der Kreditbeziehungen zur Sowjetunion stehen wir in einem intensiven Meinungsaustausch mit anderen Haupthandelspartnern der Sowjetunion, insbesondere den Vereinigten Staaten. Die Bundesregierung hat Verständnis für die Forderung, daß besondere Begünstigungen der Sowjetunion durch Einräumung konzessionärer Bedingungen, z. B. Zinssubventionen, abgebaut werden müssen.
    Das ist nun schon eine unheimlich starke Aussage, voll Aktionismus und Aktivität. Man tauscht Meinungen aus und hat Verständnis. Dürftiger geht es kaum mehr, sollte man meinen, aber es geht:
    Nach Versailles informiert die Bundesregierung die Öffentlichkeit, daß man den Swing verlängert hat, jene Kreditlinie von 850 Millionen DM, die Herrn Honecker nichts, den deutschen Steuerzahler aber jährlich rund 100 Millionen DM kostet. Wenn Sie von den Arbeitsplätzen in Berlin sprechen, dann möchte ich die Frage stellen, ob diese 100 Millionen DM in den Arbeitsplätzen in Berlin nicht besser als bei Herrn Honecker investiert wären.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Von der Herabsetzung des Zwangsumtausches, den die SED als ihren Nachruf zur Bundestagswahl 1980 drastisch heraufgesetzt hat, ist nicht mehr die Rede. Wer erinnert sich denn heute noch an die mar-



    Graf Stauffenberg
    kigen Worte des Bundeskanzlers, der sagte: „Das werden wir nicht hinnehmen"?
    Natürlich werfen wir dem Bundeskanzler nicht vor, er habe mit der nahezu bedingungslosen Swing-Verlängerung gegen das Versailler Schlußkommuniqué verstoßen. Das geht ja gar nicht — ich habe es vorhin gesagt — bei den Gummiformulierungen. Übrigens steht da nur etwa von „UdSSR und osteuropäischen Staaten" drin. Er kann sich ja darauf berufen, daß die DDR in Mitteleuropa liegt.
    Das bringt uns jetzt zu den Turbulenzen — von denen war heute schon viel die Rede — über das Erdgasgeschäft. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich dazu bitte zwei Anmerkungen machen.
    Es ist nicht meine Aufgabe und kann es auch nicht sein, hier etwa die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten zu verteidigen. Ich muß aber fragen: Was um alles in der Welt bringt denn den Herrn Bölling oder andere dazu zu erklären, die Entscheidung sei überraschend und aus heiterem Himmel gekommen? Das stimmt doch einfach nicht.

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: So ist es! — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: Das weiß auch jeder!)

    Seit Monaten haben amerikanische Gesprächspartner hier wie drüben überhaupt keine Gelegenheit ausgelassen, ihre Meinung und ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen. Ich bin sicher, daß das auch die Bundesregierung gehört hat; denn die hat j a sicherlich nicht schlechtere Informationsquellen als wir, vorausgesetzt, daß sie nicht nur selber geredet, sondern ab und zu auch zugehört hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Noch kurz vor oder während des Versailler Gipfels hat der Finanzminister der Vereinigten Staaten, Regan, öffentlich erklärt, daß der Präsident eine Entscheidung treffen werde, und zwar nach dem Gipfel und nachdem er die sechs anderen Chefs angehört habe.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Bundeskanzler Schmidt hatte wenige Tage vorher — laut Zeitungsbericht vom 28. Mai — zu dem gleichen Thema erklärt:
    Dies ist keine Frage, die im Bündnis zu erörtern ist ...

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Da haben wir unsere Meinung, haben einen Vertrag gebilligt, den unsere Unternehmen mit sowjetischen Behörden geschlossen haben. Das wird hier nicht erörtert werden. Und wenn jemand darüber reden will, dann werden wir höflich zuhören. Unsere Meinung steht fest,
    so der Bundeskanzler,
    und sie wird auch nicht mehr wanken.
    Das war am 27. Mai. Und drei Wochen später war der Herr Bundeskanzler überrascht.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: „Gequake" hat er gesagt!)

    — Richtig, Gequake hat er gesagt, und jetzt ist er überrascht, Herr Kollege Barzel.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Der Präsident quakt!)

    Er ist nicht überrascht worden, der Herr Bundeskanzler — was viel schlimmer ist —, er hat das gewußt, aber er hat die Öffentlichkeit und vor allem die betroffenen Firmen über Monate falsch informiert, und zwar sowohl über die politischen Grundlagen des Geschäfts wie über die ungeklärten internationalen Risiken.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Schwarz [CDU/CSU]: So ist er immer!)

    Meine Damen und Herren, damals waren es markige Worte, und heute stehen die Firmen im Wasser, und der Bundeskanzler mimt Überraschung.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: Er hat nicht mehr gewußt, was er damals gesagt hat; das ist doch ganz klar!)

    Zweite Anmerkung. Die jetzt beklagte Erdgasentscheidung des Präsidenten steht doch gar nicht für sich. Wir sollten uns dagegen wehren, sie so einfach isoliert da stehen zu lassen. Sie steht im Umfeld ergebnisloser, hartnäckiger, aber enttäuschender Versuche, die unzulänglichen Verhaltensweisen des Westens im West-Ost-Handel zu korrigieren und diese Verhaltensweisen wirkungsvoller, glaubwürdiger, beständiger auszurichten. Seit Monaten blockieren, Herr Minister Genscher, westeuropäische Regierungen diese Bemühungen. Die Spatzen pfeifen es doch von den Dächern: Der Bundeskanzler will ebenso wie Präsident Mitterrand auch hier keine Bewegung. Business as usual, trotz Afghanistan, trotz Polen, trotz SS20. Ich habe Verständnis, daß unsere amerikanischen Freunde das so nicht akzeptieren wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dabei lehrt uns die Erfahrung bitter genug, wie unzulänglich das Instrumentarium der COCOM-Listen ist, selbst wenn man sich immer wieder zur Treue verpflichtet, und wie löchrig, wie fragwürdig das Prinzip der Embargopolitik im Krisenfall ist.


Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Stauffenberg, erlauben Sie ein Zwischenfrage des Kollegen Voigt (Frankfurt)?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Graf Franz Ludwig Schenk von Stauffenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident, mit Rücksicht auf die Kollegen, die sich für später noch angemeldet haben, möchte ich bitten, von Fragen Abstand zu nehmen.