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ID0910819700

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    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
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    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Wir haben ein Gutachten von vier prominenten Amerikanern gelesen. Diese Amerikaner haben geraten, in jedem Fall auf den Erstschlag zu verzichten, was man aus amerikanischer Sicht vielleicht verstehen kann;

    (Dr. Ehmke [SPD]: Herr Dregger, das stimmt nicht!)

    denn das einzige, was Amerika bedroht, ist der atomare Raketenkrieg. Ich bin sehr glücklich, daß vier deutsche — zwei prominente Mitglieder des Hauses, der amtierende Präsident und der Kollege Mertes, und zwei andere Sachverständige — die deutschen Interessen sehr überzeugend zur Geltung gebracht haben.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Ich habe nur an Ihre damalige scharfe Kritik an der flexible response erinnert!)

    — Ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem, was Sie zitiert haben, und dem, was ich ausgeführt habe.

    (Kiechle [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)

    Meine Damen und Herren, die Unterstützung für die offizielle Sicherheitspolitik unseres Landes, die die Regierung im eigenen Lager nicht findet, erhält sie von der Opposition, die auch in dieser Frage völlig einig ist. Wir sind überzeugt: Wenn der sozialdemokratische Verteidigungsminister kürzlich den Verzicht auf den atomaren Erstschlag im Falle eines Angriffs auf unser Land ausdrücklich abgelehnt hat, dann gewiß nicht, weil er sich und uns alle einem atomaren Tod aussetzen möchte. Vielmehr möchte er nicht nur den atomaren Krieg, sondern jeden Krieg verhindern. Wir sind überzeugt: Herr Apel ist weder todessüchtig noch kriegslüstern. Das sind wir auch nicht.
    Die Paradoxie der jetzigen Situation liegt nicht nur darin, daß sich die Bundesregierung in ihrer offiziellen Sicherheitspolitik nur noch auf die Opposition voll verlassen kann, nicht mehr auf die sie tragenden Parteien, zumindest nicht auf die größere. Eine zweite Paradoxie kommt hinzu, und diese trägt geradezu makabre Züge. Statt daß sich der Bundeskanzler für die Unterstützung durch die Opposition bedankt, macht er auch noch den Versuch, Scheingegensätze zwischen sich und uns dort aufzubauen, wo sie nicht bestehen, wobei Angstmache zu Wahlkampfzwecken das einzige Motiv ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Dregger
    Im Hamburger Wahlkampf unterzeichnete ausgerechnet der Bundeskanzler gemeinsam mit dem Vorsitzenden der SPD, Brandt, eine Anzeige, auf die der Unions-Vorsitzende Kohl heute morgen schon hingewiesen hat. In dieser Anzeige hieß es wörtlich — ich zitiere —:
    Wir haben in den letzten Jahren für Frieden und Entspannung gekämpft. CDU und CSU haben sich dieser Politik mit allen Mitteln entgegengestemmt, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Dies gilt auch für den Herrn Kiep, der in extremen Situationen deutsche Soldaten im Südatlantik und im Mittelatlantik einsetzen will.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Der Kanzler war nie ein feiner Mann!)

    Diese Formulierung hob nicht auf unterschiedliche Einschätzungen strategischer oder taktischer Einzelfragen ab. Sie wollte vielmehr die Union zum Friedensfeind und unseren früheren Kollegen Kiep zum Abenteurer stempeln.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU]: So ist es!)

    Der Bundeskanzler ist durch seinen Amtseid verpflichtet, den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm zu wenden.

    (Zuruf von der SPD: Deswegen hat er das gesagt!)

    Ein Bundeskanzler, der, wenn auch nur zu Wahlkampfzwecken, den Eindruck zu erwecken versucht, die demokratische Repräsentanz der Hälfte des deutschen Volkes lehne Friedenspolitik ab und sei darauf aus, deutsche Soldaten im Süd- oder Mittelatlantik zum Einsatz zu bringen, mehrt nicht den Nutzen des deutschen Volkes.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein solcher Bundeskanzler schadet durch einen solchen Mißgriff dem deutschen Volk und dem Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn es einen Bereich gibt, in dem Gemeinsamkeit zwischen Regierung und Opposition im Interesse des Friedens und im Interesse des deutschen Volkes geboten ist, dann ist es der Bereich der Friedenspolitik. Diese Gemeinsamkeit in den Grundzielen besteht auch. Das hat der Herr Außenminister dankenswerterweise immer hervorgehoben. Er hat sich an der Hetzkampagne seines Koalitionspartners nie beteiligt, was ich anerkennen möchte, obwohl es eigentlich selbstverständlich sein sollte. Aber diesen Kontrast muß man hervorheben.
    Um allen ausgerechnet durch den Bundeskanzler geweckten Zweifeln im In- und Ausland entgegenzutreten, erkläre ich folgendes. Erstens. Alle Deutschen, von einigen pathologischen Fällen vielleicht abgesehen, und alle demokratischen Parteien wollen Frieden und Abrüstung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zweitens. Die Bundesregierung — wenn auch nicht
    das gesamte Regierungslager — und die gesamte
    Union wollen in Übereinstimmung mit der Atlantischen Allianz zur Sicherung des Friedens militärisches Gleichgewicht auf dem niedrigsten Niveau, das in Verhandlungen mit der Sowjetunion erreicht werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Drittens. Regierung und Opposition wollen Zusammenarbeit auch mit der Sowjetunion und den kommunistischen Ländern auf der Grundlage von Gleichheit und gegenseitigem Nutzen. Wir, die Union, wollen fortentwickeln, was der erste Bundeskanzler dieser Republik, Konrad Adenauer, eingeleitet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer diese Gemeinsamkeit der Deutschen und ihrer demokratischen Parteien in den Grundzielen der Außen- und Sicherheitspolitik leugnet, wer die auf den Frieden gerichteten Motive und Überlegungen des anderen in Zweifel zieht, der verleumdet den anderen, der schadet den deutschen Interessen und der gefährdet den inneren und äußeren Frieden unseres Landes.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nur wenn wir die tatsächlich vorhandene Gemeinsamkeit in den Grundzielen der Außen- und Sicherheitspolitik nicht in Zweifel ziehen, kann über die Frage, wie wir im Rahmen der Kriegsverhinderungsstrategie der NATO unseren deutschen Beitrag zu leisten haben und wie wir die dabei zu wahrenden deutschen Interessen einbringen können, rational diskutiert werden. Darüber rational zu diskutieren, ist doch wohl die Aufgabe deutscher freigewählter Parlamentarier, die Verantwortung für dieses Land tragen.
    Das Interview des Kollegen Kiep im „Spiegel", auf das die Erklärung des Bundeskanzlers und des SPD- Vorsitzenden im Hamburger Wahlkampf anspielte, betrifft die Frage, was der Schutz der Lebenslinien des Westens zum Persischen Golf und um Afrika herum für unser Land bedeutet sowie ob und wie wir zu dieser westlichen Schutzaufgabe beitragen müssen. Die Antwort auf die erste Frage ist klar. Für unser kleines, import- und exportabhängiges, energie-
    und rohstoffarmes Land ist der Schutz dieser Lebenslinien eine Existenzfrage, weit mehr als z. B. für die USA, die in ihrem eigenen Land über viel mehr Ressourcen verfügen als wir in unserem. Ferner ist niemand in diesem Hause daran interessiert, daß wir selbst an dieser westlichen Schutzaufgabe beteiligt werden. Wenn es andere für uns tun, um so besser. Das Bonner Dokument vom 10. Juni geht auf diesen Problemkreis ein und sieht dazu ausdrücklich Konsultationen der NATO-Partner vor.
    Meine Damen und Herren, mir geht es nicht um die Erörterung dieses Themas, das nicht im Mittelpunkt unserer Verteidigungspolitik steht, zumal inzwischen die USA und andere Verbündete Maßnahmen zum Schutze dieser Lebenslinien ergriffen haben. Mir geht es um die Frage, wie deutsche Parlamentarier miteinander umgehen, wenn es um den Frieden und die Freiheit unseres Volkes geht.



    Dr. Dregger
    Deshalb frage ich noch einmal: Hat parlamentarische Demokratie überhaupt noch einen Sinn, wenn deutsche Parlamentarier über Fragen, die Verhandlungsgegenstand unserer Allianz sind, nicht mehr diskutieren können, ohne daß der Totschlaghammer der Friedensfeindschaft und des Abenteurertums geschwungen wird?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ist Politik wirklich ein Geschäft, das auch bei Behandlung eines so sensiblen und existentiellen Themas notwendigerweise aus Gekeife, Infamie und Unanständigkeit bestehen muß?

    (Dr. Ehmke [SPD]: Reden Sie über Sonthofen?)

    Wollen wir, Herr Ehmke, in Kauf nehmen, daß sich durch ein solches Verhalten selbst des Bundeskanzlers insbesondere junge Menschen mit Ekel von unserem demokratischen System abwenden? Da der nächste SPD-Wahlkämpfer, selbst wenn er nicht die Dachlatte bereitstellt, nach seinen Ankündigungen doch immerhin die Ärmel hochkrempelt, um sich genauso schlecht zu benehmen wie seine Genossen in Hamburg, möchte ich dieser Frage eine persönliche Bemerkung anfügen dürfen.
    Politik ist ja nicht nur eine abstrakte und theoretische Angelegenheit.

    (Jungmann [SPD]: Völlig neu!)

    — Dann ziehen Sie die Konsequenzen, wenn das für Sie nicht neu ist. Es geht j a gerade bei dieser Frage ganz konkret um unser eigenes Schicksal, um das Schicksal unserer Angehörigen und unserer Mitbürger. Wir alle sind j a irgendwie von dem gezeichnet, was wir selbst erlebt haben. Ich gehöre der Generation derer an, die den letzten Krieg erleiden mußten. Was ich sage, könnten Millionen unserer Mitbürger in gleicher Weise sagen, und sie werden empfinden wie ich, wenn ich es sage. Ich wurde z. B. — wie viele andere — viermal verwundet, davon zweimal schwer. Mein eigener Bruder blieb als Achtzehnjähriger an der Front vermißt. Ich mußte mit ansehen, wie nicht wenige meiner Kameraden und Freunde neben mir schrecklich verwundet wurden und sterben mußten. Kann sich jemand vorstellen, daß man das in seinem Leben vergessen kann?
    Wichtiger noch ist der Blick auf die Zukunft. Einer meiner Söhne dient zur Zeit bei der Bundeswehr. Auch das sage ich nur beispielhaft für Hunderttausende unserer Mitbürger. Der andere Sohn wird ihm folgen. Ich bejahe das, nicht damit sie das Schicksal meiner Generation erleiden, nicht damit sie sterben, nicht um Krieg zu führen, sondern um den Krieg zu verhindern.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Stadt, in der ich lebe, für die ich 14 Jahre lang als Oberbürgermeister gearbeitet habe, die ich mit meinen Mitbürgern wieder aufgebaut habe, liegt nur 20 km von der Grenze des sowjetischen Imperiums entfernt, und zwar dort, wo ein — besonders zartfühlender — amerikanischer Spielzeughersteller den atomaren Erstschlag einer künftigen Auseinandersetzung vorgesehen hat. Meine Damen und Herren, gehört nicht die Kälte einer Hundeschnauze dazu — meine Damen und Herren von der SPD, Sie spreche ich besonders an, allerdings nicht alle; ich spreche Sie aber wegen einiger Ihrer Kollegen an —, wenn jemand unterstellt, er liebe den Frieden mehr als ich oder seine Partei mache Friedenspolitik und die meinige nicht?
    Ich jedenfalls kann es nicht akzeptieren, daß sich eine neue Bewegung „Friedensbewegung" nennt und damit alle diejenigen aus dem Friedenslager ausschließt, die an ihren Märschen nicht teilnehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir nehmen doch nur deshalb nicht teil, weil zu befürchten ist, daß die Machthaber in Moskau dies genauso mißverstehen, wie Hitler die Friedensmärsche in Großbritannien und Frankreich vor dem letzten Weltkrieg mißverstanden hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich kann auch nicht akzeptieren, daß der Bundeskanzler und manche seiner prominenten Parteifreunde uns Christlichen Demokraten das unterstellen, was ihnen von der sogenannten Friedensbewegung immer zu Unrecht unterstellt wird. Lassen wir doch diesen Unsinn und diese Infamie. Das deutsche Volk hat es nicht verdient, von Politikern vertreten zu werden, die so kleinkariert und gewissenlos sind, mit der Urangst des Menschen vor dem Tode Schindluder zu treiben, und die das deutsche Volk in ein Friedenslager und ein anderes teilen.
    Der Bundeskanzler würde sich selbst und unserem Volk einen Dienst erweisen, wenn er von dem Fehlgriff der Hamburger Wahlkampfanzeige abrükken würde. Ich meine sogar, daß sein Amtseid ihn dazu verpflichtet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich jedenfalls möchte feststellen: Alle Deutschen lieben den Frieden, aber auch die Freiheit. Beides gehört zusammen. Frieden — so hat ein großer Papst gesagt — ist das Werk der Gerechtigkeit: opus justitiae pax. Ich möchte in der Sprache unserer heutigen Zeit hinzufügen: Friede — das ist die Verwirklichung der Menschenrechte, zu denen unaufgebbar das Recht des Menschen, jedes einzelnen Menschen, auf Freiheit gehört.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Kollege Dr. Ehmke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Ehmke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es begrüßt, daß der NATO- Gipfel diesmal in Bonn stattgefunden hat, und wir haben es besonders begrüßt, daß hier in Bonn Spanien als neues Mitglied in die NATO aufgenommen worden ist. Die Ergebnisse des Bonner Treffens und der, so möchte ich sagen, das Bündnis stärkende Erfolg, der in Bonn erreicht worden ist, waren keineswegs selbstverständlich. Es war ein weiter Weg von amerikanischen Wahlkampfparolen der militärischen Überlegenheiten, des Die-Sowjets-an-dieWand-Rüstens, bis zu jener bemerkenswerten Rede



    Dr. Ehmke
    von Präsident Reagan vom 9. Mai im Eureka-College mit den Leitlinien des militärischen Gleichgewichts statt Überlegenheit, der Abrüstung statt nur der Rüstungskontrolle und dem ausdrücklichen Bekenntnis zum Dialog mit der Sowjetunion. Für den deutschen und den europäischen Beitrag zu dieser Entwicklung in Amerika schulden wir Bundeskanzler Helmut Schmidt und der Bundesregierung vielfachen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die NATO hat in Bonn ihre Sicherheitspolitik bestätigt, die Anstrengungen zur Aufrechterhaltung eines militärischen Gleichgewichts mit Entspannungsbemühungen verbindet, wie es zum erstenmal im Jahre 1967 im Harmel-Bericht niedergelegt worden war. Die bemerkenswerte Rede — auf die der Bundeskanzler schon eingegangen ist —, die der kanadische Premierminister bei Eröffnung der NATO- Tagung hier in diesem Raum gehalten hat, zeigt, daß der Wille zum Festhalten an dieser Kombination von Gleichgewicht und Entspannung nicht nur diesseits des Atlantiks beheimatet ist.
    Herr Kollege Dregger, ich verstehe, daß Sie vor dem hessischen Wahlkampf hier eine solche Rede halten;

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Aber, Herr Ehmke!)

    aber sie traf nicht den Streit zwischen uns. Ich weiß nicht, wie oft hier schon gesagt worden ist — vom Außenminister, vom Bundeskanzler, ja, von zwei Bundeskanzlern —, daß natürlich niemand den Friedenswillen der Union bestreitet. Ich bestreite übrigens niemandem in der Welt — in Ost und West — den Friedenswillen, denn wer nicht für den Frieden ist, der muß ja wahnsinnig sein.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Unser Streit ist doch ein ganz anderer, und das wollen wir nun doch nicht mit allgemeinen Erklärungen verdecken. Es ist nämlich der Streit über den Weg, über die Frage, ob man eher durch eine Politik der Stärke, wie Sie sie in den 60er Jahren betrieben haben und mit der Sie voll Schiffbruch erlitten haben,

    (Zurufe von der CDU/CSU: So? — Ach wo!)

    oder durch diese von der NATO

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    bestätigte Kombination von Gleichgewicht und Entspannung dieses Ziel erreicht.

    (Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU]: Eine Unverschämtheit! — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Einen Augenblick, Herr Mertes; darf ich erst einmal den Gedanken zu Ende führen.
    Sehen Sie, ich verstehe ja, daß Sie jetzt aus innenpolitischen Gründen hier manches aufholen wollen, und ich würde es begrüßen, wenn wir uns in der Sache einig würden.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Heucheln Sie doch nicht so, Herr Ehmke!)

    Aber wenn ich mir dann etwa die Dokumentation ansehe, die der Kollege Hans-Jürgen Wischnewski zu der Frage vorgelegt hat,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf mit der Infamie!)

    wo wir einer Meinung sind und wo wir nicht einer Meinung sind, dann sage ich Ihnen — —

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Pfui Teufel!)

    — Ich komme noch auf Sie und auf den Vergleich mit dem, was Sie heute gesagt haben, zurück!
    Herr Dregger, ich bin der Meinung, wir sollten das nicht zudecken, sondern diese Frage erörtern.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich weiterhin zu einer Zwischenfrage.)

    — Darf ich dies auch noch zu Ende führen, weil Sie dann vielleicht noch heftiger fragen werden. — Herr Dregger, wollen wir doch einmal eine praktische Probe machen. Ich halte folgendes für nachdenkenswert: Wie wären denn die letzten anderthalb Jahre im Bündnis verlaufen, wenn die Konservativen, wenn die Unionsparteien an der Regierung gewesen wären?