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    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Kollege Mertes, man kann nicht in jeder Rede alles durchbuchstabieren. Wenn ich von Gewaltverzicht spreche, können Sie sicher sein, daß ich damit die Verpflichtung, der sich alle unterwerfen müssen, verbinde, einen solchen Gewaltverzicht einzuhalten. Nur: Darauf basiert unsere Gewaltverzichtspolitik seit Jahr und Tag.

    (Beifall bei der SPD)

    Das zwingt zur Frage nach der Rolle Europas im allgemeinen und in der Europäischen Gemeinschaft im besonderen. Ich begrüße es, daß der Bundeskanzler sich heute früh auch zur Gemeinschaft geäußert und festgestellt hat: Diese Gemeinschaft bedeutet für uns einen Stabilitätsfaktor. Das ist so. Dabei ist „Stabilitätsfaktor" nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch gemeint, wenn dies auch noch nicht in hinreichendem Maße verwirklicht ist.
    Leider hat die ursprünglich für morgen vorgesehene Europadebatte auf Wunsch der Kollegen der Union bis zum Herbst verschoben werden müssen.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Leider! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch den Grund dafür! Das ist eine Fehldarstellung!)

    Ich bedaure das. Die Europäische Gemeinschaft — darin stimmen doch wohl alle Fraktionen dieses Hauses überein — ist für die Bundesrepublik ohne vernünftige Alternative. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft hat unserem Land nicht nur gestärktes ökonomisches, sondern auch erhöhtes politisches Gewicht verliehen. Seien wir deshalb vorsichtig mit dem Gerede von der Bundesrepublik als dem Zahlmeister Europas.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Kollege Brandt, wer tut das denn? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Verehrter Herr Kollege Kohl, wir gehen ja hier heute morgen höflich miteinander um. Das ist auch gut. Sie kennen doch den englischen Ausdruck „to whom it may concern": wen es jeweils angeht.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Barzel [CDU/CSU]: Also den Kanzler!)

    Ich wiederhole: Seien wir vorsichtig mit dem Gerede, das auch in der Presse immer wieder einmal auftaucht, von der Bundesrepublik als dem Zahlmeister Europas.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Der Kanzler führt!)

    Wir alle müssen uns darüber im klaren sein, in welch erheblichem Umfang wir als Mitgliedsstaat mit dem größten Industriesektor

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der Wolken-Willy!)

    — das sind wir zweifellos in der EG - von der wirtschaftlichen Integration profitiert haben und profitieren.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Immerhin geht inzwischen die Hälfte aller Exporte in die Länder der EG. Keine noch so guten nationalen Maßnahmen könnten so viele Arbeitsplätze schaffen, wie durch den Verfall der Gemeinschaft vernichtet würden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Bundesrepublik Deutschland hat deshalb ein vitales nationales Interesse an einer starken und demokratisch legitimierten Europäischen Gemeinschaft.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Da sind wir einer Meinung!)

    Wir Sozialdemokraten bekennen uns — wenn wir es gemeinsam tun, um so besser — aus Tradition und aus Verantwortung zu Europa. Wir wollen, wenn es irgend geht, daß die nächsten Direktwahlen zum Europäischen Parlament im Frühjahr 1984 nicht in ein Votum gegen Europa umschlagen.

    (Beifall bei allen Fraktionen — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Die Entscheidungsfähigkeit und die Legitimation der Gemeinschaftsorgane müssen verbessert werden.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Dazu hat das Europäische Parlament wichtige Vorschläge gemacht. Der Antrag, den die Fraktionen der SPD und der FDP für die morgen zunächst vorgesehene Sitzung vorbereitet haben, greift Wesentliches von dem auf, was hierzu im Europäischen Parlament entwickelt worden ist.
    Zum anderen bedarf es aber auch der Weiterentwicklung und Vertiefung der europäischen Integration. Es bedarf erkennbarer Fortschritte in den Bereichen, in denen nationale Lösungsansätze nun einmal zu kurz greifen.
    Aber ich sage noch einmal: Bei der Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben wird der Gesichtspunkt der Ausgewogenheit, der natürlich wichtig und an



    Brandt
    den erinnert worden ist, nicht zu kurz kommen dürfen. Belastungen und Vorteile aus dem Gemeinschaftshaushalt müssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitgliedstaates stehen.
    In einer weiteren Perspektive stellt sich die Frage — ich will das einmal auf die Gefahr hin, mißverstanden zu werden, offen aussprechen —, ob mit den Ideen und den institutionellen Ansätzen der 50er Jahre noch eine vernünftige europäische Politik für die 80er Jahre gestaltet werden kann. Die Frage stellt sich doch: ob es nicht neuer Integrationsansätze bedarf, die über wirtschaftliche Verflechtung und über die Koordinierung der Auswärtigen Ämter hinaus reichen. Denn seien wir ehrlich: Was man heute Europäische Politische Zusammenarbeit nennt — ich begrüße das —, ist natürlich im Kern zunächst nur — wenn man „nur" sagen dürfte — Koordinierung der Auswärtigen Ämter.
    Ich denke, auf dem Wege dahin oder zu dem hin, was ich eben nur angetippt habe, haben wir uns mehr außenpolitische Gemeinsamkeit in Europa und dabei auch die Fähigkeit Europas zu wünschen, sich nicht nur interkontinentalen Problemen zuzuwenden, sondern — lassen Sie mich das einmal offen sagen — auch Probleme vor der eigenen Haustür zu behandeln wie das nun immer noch drückende Zypern-Problem. Das darf nicht einfach daniederliegen, sondern muß kontinuierlich und auch mit einem gewissen Nachdruck einer Lösung zugeführt werden.
    Immerhin, die Dialogbereitschaft der Großmächte und somit die Chancen für den Beginn eines Abrüstungsprozesses scheinen sich gegenwärtig gegenüber dem vorigen Jahr wieder verbessert zu haben. Da sind zunächst die Verhandlungen, die seit November vergangenen Jahres über die Mittelstreckenwaffen in Genf stattfinden. Hier ist allerdings immer sofort hinzuzufügen, daß die Zeit drängt und wie sehr die Zeit drängt. Aus guten Gründen hat die internationale Parteiengemeinschaft, zu der die SPD gehört, also die Sozialistische Internationale, an die Großmächte appelliert, ein Ergebnis vor Ende 1983 zustande zu bringen. Hoffnung und Klimaverbesserung, die durch die Aufnahme der Verhandlungen eingetreten sind, müßten sich in einen weitaus schlimmeren Rückschlag verwandeln, wenn die Verhandlungen ergebnislos blieben.
    Wir alle wissen, daß der Genfer Verhandlungsprozeß mit Fristen verbunden ist. Ich will und brauche das jetzt nicht weiter auszumalen. Ich will lediglich folgendes sagen. Herr Kollege Kohl, Sie haben in einem Teil Ihrer Rede freundlicherweise Ihre Aufmerksamkeit dem Münchner Parteitag meiner Partei Ende April zugewandt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das hat er auch verdient!)

    Ich nehme an, Sie haben sich nicht nur mit den Presseberichten, sondern mit tatsächlich gefaßten Beschlüssen auseinandergesetzt. Wenn Sie das getan haben, müßten Sie mir zugeben — was immer Sie sonst von der SPD halten —, daß das eine Partei ist,
    die sich das Leben in solchen Fragen nicht leicht macht, die ringt,

    (Beifall bei der SPD)

    aber dann nach einer gründlichen, sachlichen Debatte Beschlüsse faßt. Die Beschlüsse hat sie gefaßt, und die gelten.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich darf hinzufügen: keiner wird ernsthaft bestreiten können, daß sich die deutsche Sozialdemokratie gegenüber der westlichen Ausgangsbasis der Genfer Gespräche loyal verhalten hat. Ausschlaggebend war für uns die klare Absicht, die Verhandlungsposition der NATO nicht zu schwächen, ebenso natürlich aber die Erwartung an den amerikanischen Hauptverbündeten, die Verhandlungen mit allem notwendigen Ernst und aller möglichen Einigungsbereitschaft zu führen.
    Wenn ich von einer Verbesserung der Dialogbereitschaft der Weltmächte spreche, dann denke ich nicht zuletzt an die Ankündigung Präsident Reagans, der nun in der nächsten Woche die Verhandlungen über strategische Waffen folgen. Ich denke an das, was der Bundeskanzler heute früh über ein mögliches Treffen der beiden Ersten — Reagan und Breschnew — gesagt hat und über Chancen in Wien bei MBFR und in Madrid bei der Weiterführung des Helsinki-Folgetreffens. Ich denke auch an Stillstandmaßnahmen wie z. B. das Einstellen von Atomwaffentests, das einem Verhandlungsprozeß ohne Zweifel dienlich sein würde.
    Nun hat der Kollege Kohl hier am Begriff des Gleichgewichts herumgemacht.

    (Unruhe bei der CDU/CSU)

    Das Bekenntnis zum Gleichgewicht, was immer sich hinter diesem Begriff bei manchen, die ihn verwenden, verbirgt, schließt — das hat auch der Präsident der Vereinigten Staaten deutlich gemacht, nicht zu Beginn seiner Amtszeit, sondern etwas später — den Verzicht darauf ein, strategisch nutzbare waffentechnische Überlegenheit gewinnen zu wollen. Denn eine solche zeitweilige — vermutlich immer nur zeitweilige — Überlegenheit müßte die Bemühungen um effektive Abrüstung blockieren. Das Bekenntnis zum Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau schließt das strategische Konzept eines begrenzten Atomkrieges natürlich aus. Ich selbst meine, daß Atomkriege schlichtweg nicht begrenzbar sind; hoffentlich wird nicht erst durch die Praxis erwiesen werden müssen, ob dieser Satz stimmt oder nicht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)

    Ich will hier ausdrücklich begrüßen, was der Bundeskanzler zur Sicherheitspartnerschaft vor den Vereinten Nationen gesagt hat. Sehen Sie, Herr Kollege Kohl, wenn es über alle sachlichen und ideologischen Gegensätze zwischen den Mächten dieser Welt hinweg — zumal den großen Mächten — eine für sie wachsende gemeinsame Gefahr gibt, dann darf man die Hoffnung nicht aufgeben, daß sich hieraus die Definition gemeinsamer Interessen ableiten lassen würde. Das kann dann zu dem hinführen, was der Bundeskanzler und andere „Sicherheitspartner-



    Brandt
    Schaft" nennen und was insoweit über die bloßen Gleichgewichtsvorstellungen hinausführt. Ich begrüße, was der Bundeskanzler gesagt hat, daß man, ohne sich unter einen Zeitdruck zu begeben, für die internationale Strategiedebatte offen sein muß. Ich bringe auch hier noch einmal den Palme-Bericht in Erinnerung.
    Hier ist noch das Wort von der Sehnsucht nach deutschen Eigenwegen gefallen, Herr Kollege Kohl. Ich bekräftige für mich, daß ich in diesen Zusammenhängen — und das geht mir nicht allein so —, daß ich in den Ost-West-Zusammenhängen von deutschen Lebensinteressen spreche,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das ist ja etwas ganz anderes!)

    — dann ist es ja gut, wenn wir das klären können —, von unserem Interesse daran, daß unsere Überlebenschancen steigen. Zu diesen gehört auch — natürlich auch —, alles daran zu setzen, zu vermeiden, daß auf unserem Boden, in unserer Mitte neue Massenvernichtungswaffen stationiert werden. Wenn ich von deutschen Lebensinteressen spreche, Herr Kollege Kohl, so füge ich sofort hinzu: diese Interessen sind insofern keine besonderen deutschen, als wir sie weder über die anderer Völker stellen noch daraus einen abgekoppelten besonderen Weg — politisch oder militärisch — ableiten.
    Das Leben unserer Völker ist gleichermaßen gefährdet, in der Champagne und in Sussex im Prinzip kaum anders als in der Pfalz.
    Ich begrüße, daß wir uns weiter offenhalten für das, was sich in Friedensbewegungen tut, übrigens auch jenseits des Atlantiks, auch in der DDR, jenseits des Atlantiks so, daß der Vorgänger von Präsident Reagan neulich gesagt hat, er habe den Eindruck, die amerikanische Friedensbewegung übe Einfluß auf politische Entscheidungen in Washington aus. Ich gebe nur dessen Argument wieder, wie ich es nachgelesen habe. Ich glaube, was sich hier tut, trägt — bei allen Unebenheiten — sein Teil dazu bei, Mißverständnisse über eine mögliche Entfremdung zwischen Deutschen und Amerikanern aus der Welt zu schaffen.
    Über den Druck, den besorgt demonstrierende Menschen auf Regierungen ausüben, will ich hier nicht spekulieren. Die Partei, für die ich spreche, fühlt sich nicht gedrückt; denn ihr ist es seit langem um den Frieden ebenso ernst wie den Menschen, die in diesen Monaten zu Kundgebungen strömen.
    Die Zeit macht es mir nicht möglich, auf den Teil der Ausführungen des Bundeskanzlers einzugehen, der von Versailles in Verbindung mit Nord-Süd handelt. Ich halte dies für den vielleicht mit interessantesten Teil des Versailler Kommuniqués, weil die dort versammelten Vertreter der großen Industriestaaten sagen: Jawohl, wir akzeptieren im Prinzip den prozeduralen Vorschlag der Entwicklungsländer, den Nord-Süd-Dialog unter dem Dach der Vereinten Nationen fortzusetzen und die „globalen Verhandlungen" zu eröffnen; weil sie die Frage einer Reform der internationalen Finanzierungsinstitutionen als Thema akzeptieren, weil sie auch sagen, die Weltbanktochter, die unter dem Namen IDA günstige Kredite, billige Kredite vergibt, darf nicht verkommen. Hier sind vor allem die USA gefordert, sowohl bei der IDA wie bei der Internationalen Energie-Agentur, auf die man sich im Prinzip im vorigen Jahr in Cancún/Mexiko schon mal verständigt hatte. Man kann das jetzt nicht ausmalen. Man ist zu diesem Thema ohnehin immer noch in der Gefahr, vor tauben Ohren zu predigen. Das mag sich durch die Fußballweltmeisterschaften ein bißchen ändern; denn viele Bürger erfahren jedenfalls in diesen Tagen, daß die sogenannten Exoten ganz gut Fußball spielen können.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Dies als kleine Erwägung zu einem sich hier vielleicht vollziehenden Bewußtseinswandel.
    Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben es bei dem, was wir hier summieren, mit einer Leistung der sozialliberalen Koalition in diesen Jahren zu tun, von der im Grunde nichts abzustreichen ist, sondern es gilt gerade, gestützt auf die Erfahrungen, die wir miteinander hinter uns haben, den Weg in die Zukunft klar zu halten, damit Deutschland berechenbar bleibe und sein Ansehen in der Welt weiter gemehrt werde. Da kann man dann nicht plötzlich weglaufen wollen von all dem Gerede etwa des bayerischen Ministerpräsidenten, der den zweiten Teil, den Verhandlungsteil des Brüsseler NATO-Beschlusses, für den Geburtsfehler dieses Beschlusses hielt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie zitieren falsch!)

    Da kann man nicht einfach weglaufen von dem Gerede, man müsse erst aufrüsten, um dann abrüsten zu können, oder daß es gar nicht so dumm wäre, den Geltungsbereich der NATO auszudehnen und deutsche Soldaten gegebenenfalls auch an den Persischen Golf zu schicken.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

    Nein, wir bleiben bei dem Kurs der Bundesregierung, auch dort, wo er Selbstbeherrschung bedeutet, Selbstbeherrschung der deutschen Politik.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe vor einigen Monaten hier mit starker innerer Zustimmung gehört, was der Kollege Mischnick zu diesen Themen gesagt hat. Er hat gesagt, daß an erster Stelle für uns immer gestanden habe — und weiterhin stehen muß, sage ich — die gemeinsame Sicherung unserer auf Verständigung und Frieden ausgerichteten Politik. Ich habe das ebenso klar von anderen Kollegen aus den Reihen unseres Koalitionspartners gehört, auf Ost-West bezogen, auf Nord-Süd nicht weniger.
    Ich meine, daß wir auf dem Weg, den der Bundeskanzler heute vormittag hier beschrieben hat, miteinander noch eine Menge zu tun haben werden.
    Ich danke für die Aufmerksamkeit.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)






Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile dem Abgeordneten Ronneburger das Wort.

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    Rede von Uwe Ronneburger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Kohl hat gegen Ende seiner Ausführungen eine Frage wiedergegeben, von der er hat erkennen lassen, daß es offenbar auch seine eigene Frage sei. Diese Frage lautete: Wo steht denn eigentlich die Bundesrepublik?
    Ich stelle dazu fest, meine Damen und Herren, daß offenbar der Präsident der Vereinigten Staaten und daß unsere Partner in der Europäischen Gemeinschaft und in der NATO über die Antwort auf diese Frage weitaus besser informiert sind als der Oppositionsführer im Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der SPD: Sehr richtig! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das ist doch so abwegig, was Sie da sagen!)

    Denn, Herr Kollege Dr. Kohl, in den Reden, in der Bonner Erklärung, kommt dieser Zweifel, den Sie mit Ihrer Frage auszudrücken versucht haben, überhaupt nicht zur Geltung;

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das Ganze ist doch ein Stück Servilität gegenüber der SPD!)

    im Gegenteil, wer dem Präsidenten der Vereinigten Staaten aufmerksam zugehört hat, der hätte unschwer feststellen können, daß sich der Präsident über die Haltung und Stellung der Bundesrepublik im Bündnis durchaus im klaren ist.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Warum denn so polemisch?)

    Deswegen sage ich, daß wir, die FDP-Fraktion dieses Hohen Hauses, mit Befriedigung auf die Ereignisse zurückblicken, von denen heute in der Regierungserklärung die Rede war.
    Darüber hinaus glaube ich aber sagen zu können, daß dieses Gefühl der Befriedigung für alle Deutschen gelten muß — und ich meine ausdrücklich nicht nur die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland, sondern ich meine auch diejenigen, die von uns getrennt auf der anderen Seite jener unheilvollen Grenze leben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Leben müssen!)

    Es ist ein Gefühl der Befriedigung im Sinne einer Weiterentwicklung und Bestätigung unserer Politik, mit der wir uns seit vielen Jahren um das Schicksal auch jener Menschen bemühen, mit der wir uns um eine gesamtdeutsche Entwicklung bemühen, die im Interesse aller deutschen Menschen liegen muß. Aber das Gefühl der Befriedigung und der Ausdruck eines gesunden Selbstbewußtseins, meine Damen und Herren, werden vor allen Dingen dadurch genährt, daß einerseits die Ereignisse von Versailles und Bonn eine Bestätigung der Friedenspolitik darstellen, die die sozialliberale Koalition von ihrem Beginn an betrieben hat, und das andererseits in der Bonner Erklärung — wenn man sie sich einmal vor Augen führt — eine ausdrückliche Bestätigung und Bekräftigung der Aussagen des Harmel-Berichts vom Dezember 1967 vorgenommen worden ist.
    Ich will aus einem bestimmten Grund mit einem Zitat sowohl aus dem Harmel-Bericht als auch aus der Bonner Erklärung aufzuzeigen versuchen, was ich damit meine. Es heißt im Harmel-Bericht unter der Nr. 7:
    Als souveräne Staaten sind die Bündnispartner nicht gehalten, ihre Politik kollektiven Entscheidungen zu unterwerfen. Die Allianz bildet ein wirksames Forum und Zentrum für den Austausch von Informationen und Auffassungen. Auf diese Weise kann jeder der Bündnispartner seine Politik auf Grund eingehender Kenntnis der Probleme und Ziele der anderen festlegen.
    Ergänzend dazu ein Zitat aus der Bonner Erklärung, in der es heißt:
    Unsere Solidarität steht keineswegs im Gegensatz zu dem Recht eines jeden unserer Staaten, seine Politik und seine innere Entwicklung selbst zu bestimmen, und ermöglicht ein hohes Maß an Vielfalt. Darin liegt unsere Stärke. Wir sind eine Partnerschaft von Gleichen, in der niemand herrscht oder beherrscht wird.
    So weit diese beiden Zitate.
    Ich meine, daß diese beiden Punkte nicht ohne einen Hinweis auf die Initiative des Bundesaußenministers für eine Intensivierung von Konsultationen und für den Ausgleich von Meinungen, Auffassungen und Zielen zitiert werden können.
    Weiter meine ich, daß diese beiden Zitate nicht nur das Verhältnis der Partner in der NATO zueinander darstellen — dies ist außerordentlich wichtig —, sondern auch noch etwas ganz anderes aussagen, und deswegen stehen diese beiden Zitate am Anfang meiner Überlegungen.
    Erstens. Der Unterschied zwischen dem Warschauer Pakt und der NATO kann überhaupt nicht deutlicher dargelegt werden als durch den Hinweis darauf, daß die NATO ein freiwilliger, ein gewollter, ein durchgehaltener Zusammenschluß demokratischer Staaten zur Verteidigung gemeinsamer Werte ist und daß es sich bei ihr eben nicht um eine Militärallianz wie den Warschauer Pakt handelt, der von einer Führungsmacht regiert wird, dessen Politik von einer Stelle aus festgelegt wird und dessen Partnerregierungen sich keineswegs auf die demokratische Zustimmung ihrer Bevölkerung zu diesem Pakt berufen können.
    Aber gerade dann, wenn es um die Frage der Verteidigung gemeinsamer Werte geht, muß ich zwei Zusatzbemerkungen machen. Die erste ist die Aufforderung an unseren Bündnispartner Türkei, unverzüglich, d. h. ohne Zögern, zu jenen Rechten und Werten zurückzukehren, die den Grundbestandteil der NATO-Allianz ausmachen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die zweite Bemerkung ist der Ausdruck meiner Freude darüber, daß während der zurückliegenden NATO-Tagung Spanien in diese Gemeinschaft der Demokratien eingetreten ist und daß Spanien auch mit großem Selbstbewußtsein darauf blicken kann, daß es innerhalb eines halben Jahres die parlamen-



    Ronneburger
    tarische Zustimmung aller Bündnispartner zu seinem Beitritt bekommen hat, womit die Gruppe der Demokratien in der Welt um dieses Land vergrößert und dadurch in ihrer Substanz verbessert worden ist.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Zweitens. Der andere Grund, aus dem ich diese Zitate an den Anfang gestellt habe, ist aber der, daß ich meinem Bedauern über die jüngsten Embargobeschlüsse der Vereinigten Staaten von Amerika Ausdruck geben möchte. Ich zitiere noch einmal aus der Bonner Erklärung, in der die Rede davon ist, daß „unsere Ziele und Interessen jederzeit durch freie und enge Konsultationen in Übereinstimmung zu bringen" sind. Ich glaube, es wäre gut gewesen, wenn diese Konsultationen tatsächlich stattgefunden hätten, und es wäre gut, wenn wir uns, wie es in den Papieren von Versailles und Bonn zu erkennen ist, darüber einig wären, daß auch die Wirtschaftspolitik, daß auch wirtschaftliche Verbindungen zwischen den Blöcken ein Mittel der Friedenspolitik sein können und daß offenbar auch die Vereinigten Staaten von Amerika dieser Ansicht sind; sonst wäre die Tatsache ihrer Weizenexporte in die Sowjetunion eigentlich kaum erklärbar.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich will mit dieser einzigen, aber notwendigen kritischen Bemerkung das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu uns, zu Europa, in keiner Weise belasten, aber ich meine, es gehört zu dem, was ich eingangs zitiert habe, daß das offene und faire Gespräch möglich sein muß, und es gehört zu meinen persönlichen Erfahrungen, daß unsere Gesprächtspartner jenseits des Atlantik auch keineswegs darauf warten, daß wir nach drüben kommen, um ihnen zu sagen: Alles, was ihr macht, ist auch in unserem Sinne okay. — Vielmehr sind sie bereit, auch ein selbstbewußtes Vertreten eigener Standpunkte, eigener Interessen, eigener Sorgen zu akzeptieren, und sie sind bereit, in einem solchen Gespräch zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Es scheint mir notwendig zu sein, daß wir dies in allen Punkten beachten, in denen wir mit unseren Partner, auch und gerade mit den Vereinigten Staaten, im Gespräch sind.
    Der zweite Grund für einen positiven Rückblick liegt für mich in zwei weiteren Zitaten. Ein Zitat aus dem Harmel-Bericht, wo es heißt:
    Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung stellen keinen Widerspruch, sondern eine gegenseitige Ergänzung dar.
    Dies wird in der Bonner Erklärung bestätigt, indem es heißt:
    Unser Ziel ist es, substantielle und ausgewogene Ost-West-Beziehungen mit dem Ziel einer wirklichen Entspannung zu entwickeln.
    Damit wir jetzt nicht in eine fruchtlose Debatte darüber geraten, was denn wohl wirkliche oder was denn überhaupt Entspannung sei, zitiere ich eine andere Stelle, Herr Kollege Mertes, aus der Bonner Erklärung, in der genau beschrieben wird, was man
    unter Entspannung zu verstehen hat. Es heißt hier in einem anderen Punkt:
    Unser Ziel ist es, Krieg zu verhindern und unter Wahrung der Demokratie die Grundlagen für dauerhaften Frieden zu schaffen.
    Und es heißt weiter:
    Keine unserer Waffen wird jemals eingesetzt werden, es sei denn als Antwort auf einen Angriff.
    Dies wurde auch in der Regierungserklärung heute schon zitiert:
    Wir respektieren die Souveränität, Gleichheit, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrheit aller Staaten.
    Meine Damen und Herren: „Keine unserer Waffen wird jemals eingesetzt werden" — so sagt die NATO —, „es sei denn zur Abwehr eines Angriffs." Dies ist mehr, als je aus Moskau vergleichbar gesagt worden ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist mehr, als Gromyko kürzlich in der Sondervollversammlung für Abrüstung in New York erklärt hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    „Keine unserer Waffen wird jemals eingesetzt werden:" Dies ist ein Wort der NATO, das ihre innere Stärke, aber auch die Grundtendenz ihrer Politik in unvergleichlicher Weise darstellt.
    Die Sowjetunion sollte daran gemahnt werden, nun alles das auch aufzunehmen, was ihr von westlicher Seite angeboten wird, und in den Verhandlungen zu einer gemeinsamen Lösung bereit zu sein; denn es ist ja wohl nicht übersehbar, daß sich auch die Politik der Administration in Washington in den eineinhalb Jahren, die hinter uns liegen, weiterentwickelt hat und daß wir mit Befriedigung feststellen können, daß erstens die speziellen Sorgen, die spezielle Sicht der Dinge und Zielsetzungen der europäischen Partner in dieser Politik immer stärkere Beachtung finden, und daß zweitens innerhalb der Administration ganz offenbar die Grundlinien dieser heute hier angesprochenen Politik nunmehr in folgendem bestehen: in dem Verzicht auf Überlegenheit, in der Bereitschaft zum Ausgleich, im Streben nach Rüstungsabbau — also nicht nur nach einer Begrenzung auf einem einmal erreichten Niveau —, in der Einbeziehung der konventionellen Waffen in dieses Verhandlungskonzept, in der Bereitschaft zur vollen Anwendung von SALT II, in der Bereitschaft zum Abbau auch eigener Waffensysteme und nicht zuletzt wohl auch in dem Angebot von Verhandlungen und Gesprächen auch auf höchster Ebene. Das bedeutet einen Verzicht auf jene früher einmal geäußerte Verbindung, daß zunächst die Sowjetunion andere Vorleistungen erbringen müsse, ehe man mit ihr über Abrüstung sprechen könne.
    Dies ist die Situation, in der wir uns befinden. Ich füge hinzu: Zu dieser Konzeption der NATO, die damit beschrieben ist, gehört auch der Doppelbeschluß als politisches Mittel zum Abbau von Rüstung und



    Ronneburger
    — ich wiederhole noch einmal — nicht zur Begrenzung auf dem Niveau, das die sowjetische Rüstung zur Zeit erreicht hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: NullLösung!)

    Zu diesem Doppelbeschluß, dies muß ich allerdings hinzufügen, gehört dann mit voller Gleichberechtigung und gleicher Bedeutung auch der Verhandlungsteil. Ich bin mir darüber im klaren, daß ich, wenn ich das so sage, damit dem bayerischen Ministerpräsidenten ausdrücklich widerspreche, der diesen Teil des NATO-Beschlusses als überflüssig bezeichnet hat und damit gezeigt hat,

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Falsch zitiert! — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Der alte Hut! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    wie wenig er bereit ist, auf die Argumente einzugehen, die von anderen auch in der Öffentlichkeit als Ausdruck ihrer Sorge gebraucht werden.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: Sie legen sich zurecht, was Ihnen paßt!)