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    Plenarprotokoll 9/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Inhalt: Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 6553 A Begrüßung des Präsidenten des Unterhauses der Republik Indien und einer Delegation beider Häuser des indischen Parlaments 6559 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Weltwirtschaftsgipfel, zum Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland, zum NATO-Gipfel sowie zur Europapolitik Schmidt, Bundeskanzler 6570 C Dr. Kohl CDU/CSU 6577 C Brandt SPD 6587 A Ronneburger FDP 6595 A Dr. Dregger CDU/CSU 6599 D Dr. Ehmke SPD 6603 D Genscher, Bundesminister AA 6609 C Graf Stauffenberg CDU/CSU 6615 D Bahr SPD 6620 A Schäfer (Mainz) FDP 6622 D Dr. Wörner CDU/CSU 6625 D Hansen fraktionslos 6629 C Dr. Barzel CDU/CSU 6632 B Voigt (Frankfurt) SPD 6638 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 6640 D Dr. Haussmann FDP 6644 B Pfeffermann CDU/CSU 6646 C Esters SPD 6647 A Frau Schuchardt FDP 6647 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1982 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1982) — Drucksache 9/1576 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 9/1752, 9/1773 — Dr. Warnke CDU/CSU 6648 C Dr. Mitzscherling SPD 6650 B Beckmann FDP 6652 D Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland — Drucksache 9/1572 —Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1777 — 6655 B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin — Drucksache 9/1640 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1780 —Wartenberg (Berlin) SPD 6655 C Fragestunde — Drucksachen 9/1757 vom 18. Juni 1982 und 9/1783 vom 23. Juni 1982 — Humanitäre Hilfe im Libanon DringlAnfr 1 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD DringlAnfr 2 23.06.82 Drs 09/1783 Frau Renger SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . 6553 B, C, D, 6554 A, B, C, D, 6555 A, B, C,D ZusFr Frau Renger SPD 6553 C, D, 6554D, 6555A ZusFr Köster CDU/CSU 6553D, 6555 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 6554A, 6555D ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6554B, 6555 B ZusFr Gansel SPD 6554 B, 6555 C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 6554C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 6555A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6555 B Aussagen von Gerichten über Tierquälerei durch Käfighaltung MdlAnfr 65 18.06.82 Drs 09/1757 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 6556 A, C, D, 6557A ZusFr Stutzer CDU/CSU 6556C,D ZusFr Oostergetelo SPD 6556 D ZusFr Conradi SPD 6557 A Menschenrechtsverletzungen durch Verfolgung von Kurden und christlichen Minderheiten in der Türkei MdlAnfr 12, 13 18.06.82 Drs 09/1757 Thüsing SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . 6557 B, 6558D, 6559 A, B, C, D, 6560 B, C, D, 6561 A, B, C ZusFr Thüsing SPD 6558C, D, 6561 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6559 A ZusFr Waltemathe SPD 6559 A ZusFr Gansel SPD 6559 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6559 C ZusFr Duve SPD 6559 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6560 A ZusFr Frau Schuchardt FDP 6560 B ZusFr Conradi SPD 6560 C ZusFr Dr. Ehmke SPD 6560 D Lage der Kurden in der Türkei; Einstellung der Wirtschafts- und Militärhilfe angesichts der Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten MdlAnfr 14, 15 18.06.82 Drs 09/1757 Gansel SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6561C, D, 6562 A, B, C, D ZusFr Gansel SPD 6561 C, D, 6562 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6562 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6562 B ZusFr Thüsing SPD 6562 D Entsendung einer internationalen Kommission zur Beobachtung der politischen Massenprozesse in der Türkei MdlAnfr 16, 17 18.06.82 Drs 09/1757 Oostergetelo SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . 6562D, 6563A,B ZusFr Oostergetelo SPD 6563 A, B, C Menschenrechtssituation in der Türkei; Vorlage des Berichts der Bundesregierung MdlAnfr 18, 19 18.06.82 Drs 09/1757 Waltemathe SPD Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6563C,D, 6564 A, C, D, 6565 A, C, D, 6566 A, B, C ZusFr Waltemathe SPD . . . . 6563C,D, 6565 C ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU . . 6564A, 6565D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 6564 B ZusFr Neumann (Bramsche) SPD 6564C, 6565D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6564 C ZusFr Dr. Barzel CDU/CSU 6564 D ZusFr Haase (Fürth) SPD 6566A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . 6566A ZusFr Conradi SPD 6566 B ZusFr Dr. Stercken CDU/CSU 6566 B Hungerstreik in der Bundesrepublik Deutschland wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Unterstützung der Forderungen der Hungerstreikenden MdlAnfr 20, 21 18.06.82 Drs 09/1757 Neumann (Bramsche) SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6566D, 6567 A, B, C ZusFr Neumann (Bramsche) SPD . . 6566 D ZusFr Frau Schuchardt FDP 6567 B ZusFr Thüsing SPD 6567 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 III Hungerstreiks in Westeuropa wegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei; Entsendung einer Delegation der UNO- Menschenrechtskommission in die Türkei MdlAnfr 22, 23 18.06.82 Drs 09/1757 Duve SPD Antw StMin Dr. Corterier AA 6567D, 6568A, B, C ZusFr Duve SPD 6567D, 6568A, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 6568 A Nutzung des NATO-Treffens am 10. Juni 1982 zur Einhaltung der Menschenrechte und Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei MdlAnfr 24 18.06.82 Drs 09/1757 Frau Schuchardt FDP Antw StMin Dr. Corterier AA . . . . 6568 C, D, 6569 A, B, C, D, 6570A,B ZusFr Frau Schuchardt FDP . . . 6568D, 6569A ZusFr Thüsing SPD 6569 B ZusFr Dr. Pohlmeier CDU/CSU 6569 B ZusFr Schwarz CDU/CSU . . . . 6569D, 6570 A ZusFr Lattmann CDU/CSU 6570 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 6570 B Nächste Sitzung 6656 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6657*A Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abg. Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* A Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abg. Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin 6657* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6553 108. Sitzung Bonn, den 24. Juni 1982 Beginn: 8.01 Uhr
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    *) Anlagen 2 und 3 Berichtigung 107. Sitzung, Seite 6540 C drittletzte Zeile: Statt „Mindestalkoholbedarf" ist „Mindestalkoholgehalt" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Juni 1982 6657* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 25. 6. Bahner (Berlin) 25. 6. Frau Geiger 25. 6. Hauck 25. 6. Dr. Müller ** 25. 6. Frau Dr. Neumeister 25. 6. Dr. Riedl (München) 25. 6. Schmidt (Wattenscheid) 24. 6. Schmöle 25. 6. Schröder (Hannover) 25. 6. Schröer (Mülheim) 24. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 25. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Hansen (fraktionslos) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Zur Abstimmung über den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin gebe ich — zugleich im Namen des Kollegen Coppik — folgende Erklärung ab: Anlagen zum Stenographischen Bericht Zigtausende Berliner Mieter haben in den vergangenen Monaten mit ihrer Unterschrift den Erhalt der Mietpreisbindung ohne wenn und aber gefordert. Sie haben damit in eindrucksvoller Weise ihr Recht auf eine bezahlbare und ordentlich instandgesetzte Wohnung eingefordert. Das vorliegende Gesetz wird dieser Forderung nicht gerecht. Es programmiert Mieterhöhungen, die sich im Einzelfall auf über 10 % im Jahr kummulieren können. Es verschlechtert die Rechtsposition der Mieter und verschlimmert weiter die katastrophale Wohnraumsituation in vielen Teilen Berlins. Demokratische Sozialisten lehnen das Gesetz in dieser Form ab. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) gemäß § 31 Abs. 1 GO: Dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und preisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin kann ich nicht zustimmen. Bereits bei der letzten Verlängerung der Berliner Mietpreisbindung wurde vom Bundestagsausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau von allen Fraktionen, also CDU/CSU, SPD und FDP, beschlossen, daß dies die letzte Verlängerung sei und künftig das Berliner Mietrecht dem im Bundesgebiet geltenden Mietrecht angeglichen werden solle. Ich halte mich an diesen Beschluß gebunden.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Ich halte das für eine Sophisterei.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das ist keine Antwort!)

    — Ich komme gleich auf den Punkt zurück, Herr Kollege Mertes, wenn ich versuche, woran mir heute vormittag sehr liegt, das, womit wir es im Augenblick zu tun haben, in die Politik der hinter uns und der vor uns liegenden Jahre einzuordnen.
    Ich freue mich — ich will das ausdrücklich sagen
    — über diese wiedergewonnene Übereinstimmung, was die Bündnisaufgaben angeht. Für uns Deutsche ist nämlich — so wie die Welt aussieht — die atlantische Partnerschaft weiterhin lebenswichtig. Ich glaube, daß konkrete Friedenspolitik, politisch und moralisch gesehen, Herr Kollege Kohl, auch die beste transatlantische Klammer darstellt.

    (Beifall bei der SPD)

    Wichtig erscheint mir wie dem Bundeskanzler, daß das deutsch-deutsche Verhältnis, das Verhältnis zwischen den beiden staatlich organisierten Einheiten auf deutschem Boden, und unsere Bemühungen um Entspannung und Ausgleich auf diesem Feld von der NATO ausdrücklich begrüßt und bestärkt worden sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Beide Teile unseres Volkes erwarten vom eigenen Staat und bei allen Unterschieden in gewisser Hinsicht doch auch von der Führung des anderen Staates, der Verantwortung gerecht zu werden, die sich aus unserer geographischen Lage und aus dem ganz besonderen Interesse dieses gespaltenen deutschen Volkes ergeben; denn unser Volk in beiden deutschen Staaten wäre im Fall einer militärischen Konfrontation wahrscheinlich sogar als erstes dem Untergang preisgegeben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das hat Adenauer 1955 in Moskau gesagt!)

    Ich bin mit meinen Freunden an der Seite derer, die dies nicht verdrängen möchten, sondern die hieraus eine gesteigerte Empfindsamkeit und Verpflichtung ableiten.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wer will das denn verdrängen?)

    — Das war ja nicht polemisch.
    Ich meine, man sollte die Gipfeltreffen der letzten Zeit, über die der Bundeskanzler berichtete, in einen größeren Zusammenhang stellen. Das Datum rechtfertigt dies, mehr noch die Sache. Vor fast exakt zehn Jahren sind nach heftigen Auseinandersetzungen in diesem Hause die Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR sowie der Volksrepublik Polen in Kraft getreten.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Wo steht Polen heute?!)

    — Da bemerkt der Kollege, wo heute Polen stehe, als ob er insinuieren wolle, daß der deutsch-polnische Vertrag etwas mit der heutigen polnischen Tragödie zu tun hätte. Das ist doch unglaublich.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Klejdzinski [SPD]: Geschichtsbewußtsein! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Zugleich unterzeichneten damals die Außenminister von Frankreich, Großbritannien, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten das Schlußprotokoll des Berlin-Abkommens. Damit wurden auch das Transitabkommen zwischen der Bundesrepublik und der DDR sowie die Vereinbarung zwischen dem Senat von Berlin und der DDR wirksam.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit gern sagen, daß uns trotz aller Schwierigkeiten und trotz aller in diesem Augenblick unerfüllt bleibenden Erwartungen daran liegt, ausdrücklich und nachdrücklich dem zuzustimmen, was der Bundeskanzler aus der konkreten Situation heraus heute früh über unser Verhältnis zur DDR gesagt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    So möchten wir, Herr Kollege Zwischenrufer, ohne Vergleich im übrigen auch nachdrücklich das unterstreichen, was der Bundeskanzler hier heute früh dem Bundestag über die polnische Situation gesagt hat.
    Damals vor zehn Jahren war ein langes Suchen und ein zähes Ringen um einen Modus vivendi mit Osteuropa, um ein vernünftiges und friedliches Verhältnis unseres in den Westen eingebetteten Landes auch zum Osten zu einem gewissen Abschluß gekommen. Darum hatten wir Sozialdemokraten uns bemüht, bevor wir in der Bundesregierung waren, als wir Ende 1966 unmittelbaren Einfluß auf die Arbeit der Bundesregierung zu nehmen begannen, und verstärkt natürlich mit Beginn der sozialliberalen Koalition ab Herbst 1969. Wir müssen uns an die andere Lage erinnern, in der sich damals andere gegenüber dem Osten befanden. Von wegen Alleingänge! Einen Nachholbedarf gab es für die Bundesrepublik Deutschland, die von der Interessenlage her eigentlich stärker berührt war als die anderen.
    Und so öffneten jene Verträge auch für Deutschland den Prozeß einer gewissen Normalisierung und des Abbaus von Spannungen, den Prozeß, der unser Land aus der Gefahr der Sackgasse herausbrachte und, nebenbei gesagt, ihm auch zu verstärktem internationalen Ansehen verhalf, den Prozeß, der manche Erleichterungen für die Menschen brachte, wenn wir mit dem vergleichen, was war, den Prozeß, der Berlin sicherte und seinen Bewohnern die Verbindungen zu Verwandten und Freunden wiedergab, die sie viele Jahre nicht hatten sehen dürfen, den Prozeß, der die deutsch-deutschen staatlichen Beziehungen überhaupt erst zu einem geordneten Verhältnis machte und der vor allem dazu beigetragen hat — nehmen Sie es insgesamt als geschichtlichen Prozeß —, den Frieden in Deutschland und für Europa etwas sicherer zu machen. Das steht unter dem Strich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Brandt
    Dies alles ist jetzt aus meiner Sicht nicht nur historische Rückschau, sondern es gehört zur heutigen Wirklichkeit. Denn diese Regierung, für die der Bundeskanzler hier spricht, hat fortgeführt, was vor 12 und mehr Jahren begonnen wurde, übrigens getragen von denselben politischen Kräften, von derselben Koalition, die sich heute gemeinsam der Kritik aus den Reihen der Union ausgesetzt sieht.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Das hat Ihnen Spaß gemacht!)

    Ich füge hinzu: Nur die Fortsetzung dieser Politik,

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Streichen Sie das „nur"; das ist doch albern!)

    Herr Kollege Barzel, gibt der Sicherheit und der Entspannung in Europa in dem von mir beschriebenen Sinne eine Chance — und das heißt, den Deutschen auch die Chance, die sie brauchen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Barzel [CDU/CSU] — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das ist Anmaßung!)

    Man kann sagen, daß wir seinerzeit in einer uns aufgezwungenen Lage als Frontstaat in hohem Maße Objekt der Nachkriegsentwicklung waren

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Arroganz der Macht! — Dr. Ehmke [SPD]: Nur nicht so hitzig! — Dr. Barzel [CDU/CSU]: „Nur" ist doch Quatsch!)

    und als Faktor des Ausgleichs, als Mitagierende im Prozeß des Ausgleichs zu einem weltweit geachteten Partner geworden sind. Das sollten wir bleiben wollen. Dazu muß die Kontinuität der Politik gesichert werden.
    Ein Rückfall in veraltete Positionen

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Parteitag München beispielsweise!)

    würde uns nur zu leicht in die außenpolitische Isolierung führen, würde neuen Druck auf uns ziehen, zusätzliche Risiken für die Sicherheit auf uns lenken.
    Deutschland hat über seine unmittelbaren eigenen Interessen hinaus eine Verantwortung dafür, daß um Entspannung — wie immer man sie in Kommuniqués zusätzlich qualifizieren mag — weiter gerungen werden kann. Wir haben erfahren, daß der Abbau von Spannungen nicht automatisch zu Abrüstung führt, sondern daß dazu große eigene zusätzliche Anstrengungen nötig sind. Doch ohne daß eine Politik aktiver Friedenssicherung fortgesetzt würde, gerieten wir ohne jeden Zweifel in den Sprudel verschärfter Spannungen. Nicht nur die Stationierung neuer Raketen hier und auf der anderen Seite ist dann so gut wie sicher, in unserer Mitte und in der Mitte der Deutschen im anderen Staat. Dies macht gegenwärtig unsere besondere Verantwortung aus.
    Die Konferenz der NATO auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs in Bonn hat bekräftigt, daß aktive Friedenspolitik die Grundlage des Bündnisses bleiben soll. Ich glaube nicht, verehrte Kollegen der Union, daß dieser Kurs heute so klar wäre, wenn nicht der Bundeskanzler die Politik seiner Regierung, gemeinsam mit dem Außenminister, mit Maß und Beharrlichkeit in die Waagschale gelegt hätte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und ebenso befürchte ich, daß vieles ungünstiger wäre, wenn jene das Mitsagen gehabt hätten, die Entspannung eigentlich immer als bloße Illusion hinstellen mochten und von denen manche, wenn ich mich an die Texte erinnere, die neuen Raketen am liebsten schon aufgestellt hätten, statt sie zum Gegenstand ernster Verhandlungen zu machen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Dies handelt ohne Zweifel von der Verantwortung eines jeden von uns in diesem Hause, namentlich all derer, die in den Deutschen Bundestag gewählt wurden, weil sie versprachen, die Fortsetzung dieser Politik zu garantieren,

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Habt ihr das auch gehört da drüben?)

    die die sozialliberale Koalition über mehr als zwölf Jahre hinweg, auch unter zuweilen widrigen Umständen, entwickelt und betrieben hat.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Zuweilen!)

    Meine Damen und Herren, nichts macht die Notwendigkeit kontinuierlicher Friedenspolitik und effektiver Abrüstung deutlicher als die Schatten, die sich in jüngster Zeit auf die Friedenshoffnungen der Menschen gelegt haben.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Er ist also nicht sicherer geworden!)

    Zum tödlichen Risiko weltweiter Hochrüstung kommt, worauf hier heute früh in der Regierungserklärung deutlich hingewiesen wurde, die sich verstärkende Gefahr, die von tatsächlichen kriegerischen Auseinandersetzungen ausgeht. An mehreren Stellen der Welt herrscht heute Krieg, während wir hier und anderswo darüber sprechen, was aus dem Frieden werden soll.
    In der Welt — wenn ich es richtig sehe — wächst die Neigung, Konflikte, begrenzte, wie man meint, mit militärischen Mitteln zu lösen und nicht einmal mehr als einer sogenannten Ultima ratio, also weil man meint, daß einem nichts anderes übrigbleibe, sondern als einem bequemen Instrument, von dessen Handhabung man sich durch Vermittlungsbemühungen gar nicht erst abhalten lassen möchte. Im Klartext: Es wächst die Neigung rückständiger und instabiler Regierungen, von ihren Schwierigkeiten durch militärische Abenteuer abzulenken.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Er meint die Sowjetunion!)

    Dabei gewöhnt man sich und muß sich dann gewöhnen, so bitter das ist, an Meldungen über Tausende und Zehntausende von Toten.
    Der Bundeskanzler hat uns heute früh mit Recht die Liste von Afghanistan bis zu dem Irak-IranKonflikt, der sich im Fastenmonat, wie angekündigt wurde, vermutlich noch steigern wird, vorgestellt.



    Brandt
    Man könnte die von ihm aufgestellte Liste noch durch Zentralamerika und da zumal durch El Salvador ergänzen. Ich kann vielleicht Diplomatie eher beiseite lassen als der, der unmittelbare Regierungsverantwortung trägt, und sage deshalb: Der blutig-idiotische Konflikt um die Falkland-Inseln — ich habe gesagt: der blutig-idiotische Konflikt um die Falkland-Inseln —

    (Beifall bei der SPD)

    hat jetzt, wenn ich es richtig sehe, eine siegreiche Unterbrechung gefunden.
    Aber was nun? Nachdem der Rausch vorbei ist, wird der Scherbenhaufen deutlich. Ich habe nichts dagegen, daß eine schuldbeladene Militärjunta, auch auf Grund dessen, was sie innenpolitisch und in bezug auf die Verschwundenen auf ihrem Schuldkonto hat, in Schwierigkeiten gerät.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Jedoch sind die Beziehungen Großbritanniens, aber auch der Europäischen Gemeinschaft, also für uns mit, zu beträchtlichen Teilen Lateinamerikas erheblich belastet.
    Ich möchte ausdrücklich unser Einverständnis damit erklären, daß die EG-Sanktionen beendet worden sind, wie es der Herr Bundeskanzler uns mitgeteilt hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich denke, wir möchten alle unsere durchweg guten Beziehungen zu Lateinamerika nicht unnötig belastet sehen, sondern wir wollen sie ausbauen. Und dem argentinischen Volk wünschen wir eine Zukunft im Namen nicht angeblicher Demokratie, sondern tatsächlicher Menschlichkeit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Viele von uns sind zu gleicher Zeit entsetzt, wo es um den Libanon geht. Ich sage in aller Offenheit: Historische Schuld, die ich trage — wie alle in unserem Volk oder diejenigen, die für unser Volk sprechen —, trägt man wohl nicht dadurch ab, daß man zu ernsten Fehlern oder neuem Blutvergießen seinen Mund hält.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Deshalb wage ich die Frage: Was werden die Israelis wohl von einem Pyrrhussieg im Libanon haben?
    Ich hätte in diesen Tagen, nämlich Ende dieser Woche in Paris an einer Konferenz teilnehmen sollen, auf der man über Friedensvorschläge für den Nahen Osten sprechen wollte. Jene Konferenz ist abgesagt worden; denn es rast der Krieg. Doch es wird sich erneut zeigen: einmal, daß eine Friedensordnung im Nahen Osten ohne Israels garantierte Existenz nicht denkbar ist,

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    zum anderen, daß Israel nicht sicher leben können
    wird, wenn es nicht auch seinen Teil dazu beiträgt,
    daß alle Völker in der Region ein Lebensrecht haben und es ausüben können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich verstehe die israelischen Sicherheitsinteressen, die sich auf die nördliche Grenze beziehen. Ich verstehe nicht, daß dazu eine solche Invasion stattfinden mußte. Ich verstehe die Sorge vieler um den Libanon, der zum Spielball unterschiedlicher, von außen einwirkender Machtgruppen geworden ist. Deshalb ergibt die Forderung nach territorialer Integrität für den Libanon, wenn ich es recht sehe, nur einen Sinn, wenn damit der Abzug aller fremden Truppen verbunden ist. Ich verstehe gut, daß man sich gegen terroristische Anschläge zu schützen sucht. Vernichtungsschläge gegen die Organisation der Palästinenser und ihrer Führer würden — von prinzipiellen Erwägungen abgesehen — den auszuhandelnden Ausgleich auf quälende Weise hinausschieben, nicht aber überflüssig machen.
    Ich sagte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Neigung zum Krieg wächst in der Welt. Sie greift wie eine Seuche um sich. Die Völker der Welt stehen vor der zusätzlichen Frage, wie sie sich dagegen wappnen. Die Sondergeneralversammlung — man sollte sie nicht überschätzen — kann einen Beitrag bieten, vor allen Dingen dann, wenn konkrete Vereinbarungen folgen.
    Die Unabhängige Kommission für Fragen der Abrüstung und Sicherheit unter dem Vorsitz meines schwedischen Freundes Olof Palme hat mit gutem Grund vorgeschlagen — —

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Schmidt hat sie in New York mit gutem Grund nicht erwähnt!)

    — Herr Kollege Mertes, Sie sagen, der Bundeskanzler habe sie nicht erwähnt. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß die von Ihnen sonst so gern zitierte Regierung der Vereinigten Staaten gesagt hat, daß sie sich mit den Vorschlägen dieser Kommission sehr ernsthaft auseinandersetzen werde. Ich bin ganz sicher, daß das auch die Bundesregierung tun wird.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich wollte sagen: Die Palme-Kommission hat mit gutem Grund und auch unter Rückbesinnung auf das, was die UN 1944/45 einmal haben werden sollen, vorgeschlagen, die Rechte des Generalsekretärs der UN zu stärken und z. B. eine Vereinbarung der ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats anzustreben, in Konfliktfällen, vor allem in der Dritten Welt, auf parteiische Vetos zu verzichten.
    Doch, meine Kolleginnen und Kollegen, vergessen wir nicht: Der wirksamste Schritt gegen die grassierende Unsicherheit in der Welt wäre natürlich die Fähigkeit der Großmächte, sich auf Abrüstung und dann gewiß auch auf mehr zu einigen. An ihrem Verhalten hängt sehr viel, im Guten wie im Bösen. Die Toten in so vielen anderen Ländern gehen auch die Menschen in jenen Staaten an, die in Frieden leben, deren Regierungen aber zu einem nicht geringen Teil die Elemente einer wechselseitigen totalen Vernichtung mit konstruiert haben.



    Brandt
    Weltweiter Gewaltverzicht — ich nehme das Wort des Bundeskanzlers neu auf — und Abrüstung haben erst eine Chance, wenn West und Ost im eigenen und im wechselseitigen Interesse dazu kommen, den Wahnsinn aus den internationalen Beziehungen auszuschalten; denn darum geht es: den Wahnsinn auszuschalten, nicht irgendwelche kleinen Rüstungsmaßnahmen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Mertes? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Mertes.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alois Mertes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Brandt, ich habe Sie auch brieflich und öffentlich um Antwort auf das gebeten, was ich Sie jetzt erneut frage: Warum erklären Sie nicht — wie namhafte Vertreter der Bundesregierung —, daß es bei Gewaltverzichtsverträgen darauf ankommt, daß sie eingehalten werden? Warum sagen gerade Sie nicht, daß die Sowjetunion den Gewaltverzichtsvertrag von 1970 nicht eingehalten hat?