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ID0910107600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6089 A Bestimmung des Abg. Dr. Bötsch zum ordentlichen Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 6089 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Asylverfahren (Asylverfahrensgesetz) — Drucksachen 9/221, 9/875 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/1649 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/1630 — Dr. Bötsch CDU/CSU 6089 C Dr. Schöfberger SPD 6093 B Engelhard FDP 6097 A Dr. Vogel, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 6099 D Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 6102 D Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . 6104A Lummer, Senator des Landes Berlin . 6106A Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 6108 B Baum, Bundesminister BMI 6112 B Fellner CDU/CSU 6115 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 6117 D Dr. Hirsch FDP 6120 C Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU . . . 6122 B Coppik fraktionslos 6124A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Sommerzeit in den Jahren 1980 und 1981 — Drucksachen 9/1583, 9/1646 — . . . 6126C Nächste Sitzung 6126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6127*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6127* B Anlage 3 Einleitung von Berufungsverfahren durch den Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten nach erstinstanzlicher Anerkennung des Rechts auf Asyl MdlAnfr 48, 49 07.05.82 Drs 09/1631 Topmann SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 6127* D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Anlage 4 Grund für den Kriegswaffenlieferstopp gegenüber Argentinien; Anwendung des Kriegswaffenkontrollgesetzes bei künftigen friedenstörenden Handlungen MdlAnfr 79 07.05.82 Drs 09/1631 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* B Anlage 5 Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes hinsichtlich der Waffenlieferungen an Argentinien; Beratung über Ausnahmegenehmigungen im Bundestag MdlAnfr 80, 81 07.05.82 Drs 09/1631 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* C Anlage 6 Umfang der noch nicht abgewickelten Waffengeschäfte mit Argentinien; Zahlungsfähigkeit Argentiniens MdlAnfr 83 07.05.82 Drs 09/1631 Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*A Anlage 7 Höhe des Strompreises aus Kernkraftwerken bei Einbeziehung der Aufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie; Entwicklung des Anteils der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 MdlAnfr 88, 89 07.05.82 Drs 09/1631 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129* B Anlage 8 Nutzung der Westkredite an Polen zur billigen Beschaffung westlicher Güter durch die Sowjetunion MdlAnfr 90, 91 07.05.82 Drs 09/1631 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*C Anlage 9 Wettbewerbsverzerrung durch spezielle Agrarkreditsysteme in einigen Bundesländern MdlAnfr 92 07.05.82 Drs 09/1631 Borchert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130*A Anlage 10 Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs Gallus über die Schließung von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik; Koordinierung der Forschung der Bundesländer über die Ursachen des Tannensterbens MdlAnfr 93, 94 07.05.82 Drs 09/1631 Paintner FDP SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130* B Anlage 11 Verbot von Fleischimporten aus Dänemark angesichts der dort herrschenden Maul-und Klauenseuche MdlAnfr 95, 96 07.05.82 Drs 09/1631 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131*A Anlage 12 Verbot der Verwendung von Endrin und Lindan angesichts des Vogelsterbens am Bodensee MdlAnfr 97, 98 07.05.82 Drs 09/1631 Bindig SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6089 101. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 5. Dr. van Aerssen * 14. 5. Bahr 14. 5. Böhm (Melsungen) ** 14. 5. Conrad (Riegelsberg) 14. 5. Dallmeyer 14. 5. Dr. Dregger 14. 5. Dr. Ehmke 14. 5. Dr. Ehrenberg 14. 5. Dr. Emmerlich 14. 5. Dr. Enders ** 14. 5. Francke (Hamburg) 14. 5. Frau Fuchs 14. 5. Gattermann 14. 5. Frau Geier 14. 5. Gerlach 14. 5. Glos 14. 5. Dr. Götz 14. 5. Handlos 14. 5. Frau Dr. Hellwig 14. 5. Herterich 14. 5. Frau Huber 14. 5. Ibrügger 14. 5. Dr. Kohl 14. 5. Dr. Kreile 14. 5. Frau Dr. Martiny 14. 5. Müller (Bayreuth) 14. 5. Neuhaus 14. 5. Neumann (Bramsche) 14. 5. Frau Dr. Neumeister 14. 5. Offergeld 14. 5. Dr. Pinger 14. 5. Dr. Rumpf 14. 5. Dr. Schneider 14. 5. Frau Schuchardt 14. 5. Dr. Solms 14. 5. Stockleben 14. 5. Voigt (Frankfurt) 14. 5. Dr. von Wartenberg 14. 5. Wehner 14. 5. Frau Dr. Wex 14. 5. Frau Dr. Wilms 14. 5. Frau Dr. Wisniewski 14. 5. Dr. Wörner 14. 5. Dr. Zumpfort 14. 5. Zywietz 14. 5. • für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Anlagen zum Stenographischen Bericht Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der ostdeutschen Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1979 und 1980 (Drucksache 9/1589) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" hier: Rahmenplan 1983 bis 1986 (Drucksache 9/1597) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zum Bau eines Tunnels unter dem Ärmelkanal (Drucksache 9/1638) zuständig: Ausschuß für Verkehr Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 12. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine zweite Richtlinie des Rates zur Regelung der Sommerzeit (Drucksache 9/405 Nr. 25) Entwurf einer Richtlinie des Rates über die von den Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über die Verdienste der ständig und saisonal in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter (Drucksache 9/1041 Nr. 15) Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mit Schreiben vom 8. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Abschluß des Übereinkommens über den grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen (ASOR) (Drucksache 9/1272 Nr. 45) Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Topmann (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 48 und 49): Stimmt die Behauptung, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten grundsätzlich auf Formblatt Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eines Verwaltungsgerichts einlegt, wenn darin einem Asylbewerber das Recht auf Asyl zugestanden wird, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls eine solche Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt, Asylverfahren beschleunigt abzuwickeln? Wie hoch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Berufungsverfahrens, das der Bundesbeauftragte nach einem erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsurteil anstrengt, und um welchen Zeitraum wird dadurch ein Asylverfahren verlängert? Zu Frage 48: Die Behauptung, der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten würde gegen jedes erstinstanzliche Urteil, mit dem einem Asylsuchenden das Asylrecht zuerkannt wird, grundsätzlich Berufung einlegen, trifft nicht zu. Die Dienststelle des Bundesbeauftragten ist schon aus personellen Gründen nicht in der Lage, jede Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Hauptaufgabe des Bundesbeauftragten liegt 6128* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 heute darin, im Rahmen seiner Beteiligung und ggf. durch Rechtsmitteleinlegung einem Auseinanderlaufen der Rechtsprechung der verschiedenen Verwaltungsgerichte entgegenzuwirken und bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen. Im Rahmen dieser Aufgabenstellung erfolgt auch die Berufungseinlegung. Die 1980 erfolgte Dezentralisierung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit hat allerdings eine Zunahme der Zahl der eingelegten Berufungen zur Folge. Zwar erfolgt die Berufungseinlegung — schon aus Gründen der Fristwahrung — überwiegend formularmäßig; die Berufungsbegründung erfolgt jedoch individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Zu Frage 49: Von den in den Jahren 1980 bis 1982 eingelegten Berufungen des Bundesbeauftragten wurden bisher 42 entschieden. In 40 Fällen wurde der Berufung des Bundesbeauftragten stattgegeben, lediglich in 2 Fällen wurde die Berufung zurückgewiesen. Der Zeitraum, um den sich ein Asylverfahren durch Einlegung der Berufung verlängert, ist unterschiedlich und hängt von der durchschnittlichen Dauer des Berufungsverfahrens bei den einzelnen Oberverwaltungsgerichten ab. Bei der hohen Erfolgsquote der Berufungen des Bundesbeauftragten kommt der Verfahrensverlängerung unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Entscheidung keine Bedeutung zu. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 79): Warum hat die Bundesregierung erst am 7. April 1982 einen Lieferstopp für Kriegswaffen, Munition und Rüstungsgüter verhängt, und ist gewährleistet, daß bei zukünftigen friedenstörenden Handlungen das Kriegswaffenkontrollgesetz unverzüglich Anwendung finden kann? Argentinien hat am 2. April 1982 die Falkland-Inseln besetzt. Danach wurde unverzüglich geprüft, ob Ausfuhren anstehen, die Argentinien Waffen vermittelt hätten, die in dem Konflikt — mithin bei einer friedenstörenden Handlung — verwendet werden könnten. Der Bundesminister für Wirtschaft hat zudem — und zwar bereits am Montag, dem 5. April 1982 — das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft angewiesen, ab sofort und bis auf weiteres keine neuen Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Argentinien zu erteilen. Gleichzeitig wurde geprüft, welche weitergehenden Maßnahmen getroffen werden sollten. Diese Prüfung — auch in engem Kontakt mit Großbritannien und den übrigen EG- und Bündnispartnern — führte dann zu dem von Ihnen zitierten Beschluß der Bundesregierung vom 7. April 1982, der u. a. vorsieht, Waffenlieferungen an Argentinien zu verhindern. Im Anschluß an diesen Beschluß wurde dann umgehend durch geeignete Maßnahmen wie Anweisungen an die Zollämter und Auflagen zu erteilten Genehmigungen sichergestellt, daß keine Waffenlieferungen nach Argentinien erfolgen. Die dargestellte Chronologie der einzelnen Maßnahmen macht deutlich, daß die Bundesregierung unverzüglich auf die Ereignisse im Südatlantik reagiert hat und dabei insbesondere auch den Erfordernissen des Kriegswaffenkontrollgesetzes gerecht geworden ist. Die Bundesregierung sieht hiernach keine Veranlassung zu weitergehenden Vorkehrungen für etwaige künftige friedenstörende Handlungen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 80 und 81): Wann wird die Bundesregierung in bezug auf Waffenlieferungen für Argentinien die zur Einhaltung des Kriegswaffenkontrollgesetzes notwendigen Maßnahmen nach § 7 des Kriegswaffenkontrollgesetzes beschließen, oder ist eine Änderung des Gesetzes mit rückwirkender Kraft beabsichtigt? In welcher Weise werden nach den neuen Waffenexportrichtlinien in Zukunft Einzelentscheidungen über die Ausnahmen von der restriktiven Exportpolitik Gegenstand der Beratungen im Parlament sein? Zu Frage 80: Nach § 7 Kriegswaffenkontrollgesetz können Genehmigungen nach dem KWKG jederzeit widerrufen werden. Sie müssen widerrufen werden — und darauf scheint Ihre Frage abzustellen —, wenn ein zwingender Versagungsgrund nachträglich eingetreten ist. Ein zwingender Versagungsgrund bei den in Frage stehenden Argentinien-Genehmigungen setzt zweierlei voraus: Es muß eine friedenstörende Handlung vorliegen und es muß die Gefahr bestehen, daß die Kriegswaffen bei einer friedenstörenden Handlung verwendet werden. Die erste Voraussetzung ist gegeben; die zweite insofern nicht, als Argentinien aufgrund keiner der noch offenen Genehmigungen in den Besitz von Kriegswaffen gelangen könnte, die aus heutiger Sicht im Falklandkonflikt eingesetzt werden könnten. Zu Frage 81: Es ist von der Bundesregierung angeregt worden, künftig in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Einzelfällen des Rüstungsexports, die im Bundessicherheitsrat zur Entscheidung anstehen, die Fraktionsvorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und einen weiteren von den Fraktionsvorsitzenden zu bestimmenden Abge- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6129* ordneten vorab zu informieren und die Einzelfälle mit ihnen zu erörtern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretär Grüner auf die Frage des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 83): Auf welche Summe beziffern sich noch nicht abgewickelte Waffengeschäfte Argentiniens mit deutschen Lieferanten und wie beurteilt die Bundesregierung die Zahlungsfähigkeit Argentiniens? Ob, und in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Firmen von erteilten Genehmigungen Gebrauch machen, kann nur durch umfangreiche Recherchen festgestellt werden. Ich kann Ihnen deshalb keine Angaben darüber machen, welcher wertmäßige Lieferumfang bisher noch nicht abgewickelt ist. Die Frage der Zahlungsfähigkeit eines Landes wird bei Entscheidungen über Bürgschaften und Garantien stets sorgfältig beobachtet. Das gilt auch für Argentinien. Verläßliche Angaben über die Wirtschafts- und Devisenlage Argentiniens seit Anfang April liegen gegenwärtig nicht vor. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Durcksache 9/1631 Fragen 88 und 89): Um wieviel müßte sich das Kilowatt Strom aus Kernkraftwerken verteuern, wenn die 13,6 Milliarden DM, die bisher als finanzielle Gesamtaufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie von der öffentlichen Hand insgesamt aufgebracht wurden, in die Preiskalkulation der Energieversorgungsunternehmen eingingen? Wie hat sich der Anteil der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 jährlich entwickelt? Zu Frage 88: Die öffentliche Hand wendet in vielen Bereichen erhebliche Mittel für Forschung und Entwicklung, aber auch — z. B. bei der Steinkohle — zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftszweiges auf. Diese Leistungen können, wenn überhaupt, nur in sehr beschränktem Maße den Produktionskosten der jeweiligen Güter zugerechnet werden. Dies gilt auch für die von Ihnen genannten 13,6 Mrd. DM an Kernenergieaufwendungen der öffentlichen Hand. Dieser Betrag umfaßt, wie sich aus der Antwort des BMFT auf Ihre Fragen am 28. April 1982 ergibt, außerdem unterschiedliche Fördergegenstände wie z. B. auch die Aufwendungen der öffentlichen Hand für fortgeschrittene Reaktorlinien, insbesondere SNR und THTR, die technologische Optionen weiterer kernenergetischer Entwicklungen offenhalten sollen. Wie bei anderen Forschungssubventionen auch ergäbe sich hier das Problem der Aufteilung auf eine zukünftige Produktion aus einer unbekannten Zahl von Anlagen und Jahren. Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen haben zudem industriepolitische Aspekte; sie dienen dem Ausbau eines technischen Potentials, dessen künftige Nutzung ungewiß und nicht unbedingt auf einen bestimmten Bereich der Energiewirtschaft bzw. die Energiewirtschaft überhaupt beschränkt ist. Eine von Methode und Ergebnis befriedigende Zurechnung der 13,6 Mrd. DM auf die Stromerzeugungskosten aus Kernenergie ist daher nicht möglich. Zu Frage 89: Der Stromverbrauch der privaten Haushalte ist von 43 075 GWh im Jahre 1970 auf 67 810 GWh im Jahre 1975 und 85 551 GWh im Jahre 1980 angestiegen. Der Gesamtstromverbrauch betrug zum Vergleich 218 576 GWh im Jahre 1970, 274 871 GWh im Jahre 1975 und 336 919 GWh im Jahre 1980. Der Haushaltsanteil ist damit von 19,7 % auf 25,4 % gestiegen. Die jährliche Verbrauchssteigerung im Haushaltsbereich hat sich dabei aber sehr stark von mehr als 10 % Anfang der 70er Jahre auf weniger als 3 % 1980 abgeflacht. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/ 1631 Fragen 90 und 91): Ist sich die Bundesregierung der Tatsache bewußt, daß etwa seit dem Jahr 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt worden ist, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen, indem diese von Polen im Westen gekauft und an die Sowjetunion weitergeliefert werden mußten? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Sowjetunion bei eigenen Warenkäufen im Westen einen realistischen Wechselkurs von rund 2 Rubel für einen Dollar aufbringen muß, daß aber bei Käufen in Polen oder anderen Staatshandelsländern von der Sowjetunion nur ein sogenannter Transferrubel auf der Basis von 0,62 Rubel für 1 Dollar gezahlt wird und daß hierdurch eine wirtschaftliche Ausbeutung Polens in gigantischem Ausmaß verursacht worden ist? Zu Frage 90: Der Bundesregierung sind keine Fakten bekannt, die darauf hindeuten, daß seit 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt wurde, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen. Zu Frage 91: Der Rubel ist, wie die Währungen der anderen RGW-Staaten, nicht konvertibel. Die UdSSR ist daher gezwungen, bei Warenkäufen in westlichen Ländern in Hartwährungen zu kontrahieren, so daß die Frage des Wechselkurses sich nicht stellt. Zur Frage, ob die interne Bewertung des Transferrubels angemessen ist, kann die Bundesregierung keine gesicherte Feststellung treffen. Soweit die Bundesregierung Kenntnis von der Praxis des RGW-internen Handels hat, nimmt sie an, daß ent- 6130* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 sprechend dem dort angewandten besonderen Preisfestsetzungsmechanismus weder die Exporte Polens in die UdSSR noch die sowjetischen Exporte nach Polen in allen Fällen zu Weltmarktpreisen erfolgen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Borchert (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Frage 92): Ist es der Bundesregierung bekannt, daß es in einigen Bundesländern landeseigene spezielle Argarkreditsysteme bzw. landwirtschaftliche Existenzsicherungsprogramme gibt, und was gedenkt die Bundesregierung gegen die hierdurch auftretenden Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Die Bundesländer sind berechtigt, unterschiedliche Landesförderungsmaßnahmen außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" durchzuführen. Von dieser Möglichkeit haben insbesondere die Flächenstaaten mit landeseigenen Agrarkreditprogrammen bzw. landwirtschaftlichen Existenzsicherungsprogrammen Gebrauch gemacht. Der Subventionswert der Agrarkreditprogramme ist — gemessen an den Konditionen des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms — gering. Die Agrarkreditprogramme sind in erster Linie auf Landwirte ohne Betriebsentwicklungsplan ausgerichtet. Bei dieser Ausgestaltung sind Wettbewerbsverzerrungen nicht zu erwarten. Im übrigen wird auf Bundesebene seit 1978 der Bereich investiver Maßnahmen durch das spezielle Agrarkreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau abgedeckt, das sich für die Jahre 1982 und 1983 auf 370 Mio. belaufen wird. Die in einigen Ländern bestehenden Konsolidierungsprogramme beschränken sich im wesentlichen auf die Umschuldung kurzfristiger Verbindlichkeiten stark verschuldeter Betriebe. Wettbewerbsverzerrungen scheiden bei dem im Grunde sozialen Charakter dieser Maßnahmen aus. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Paintner (FDP) (Drucksache 9/1631 Fragen 93 und 94): Trifft es zu, wie vom baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Weiser behauptet, daß der Parlamentarische Staatssekretär Gallus die Aufgabe von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik ansieht, und was hat es mit diesen 100 000 Betrieben wirklich auf sich? Hat die Bundesregierung einen Überblick darüber, was auf dem Gebiet der Ursachenforschung für das „Tannensterben" tatsächlich geschieht, nachdem — wie in der Fernsehsendung „Report" im März behauptet — in Sachen „Tannensterben" jedes einzelne Bundesland unkoordiniert nach den Ursachen forschen läßt? Zu Frage 93: Die Behauptung trifft nicht zu. In der Landwirtschaft findet weiterhin ein mehr oder minder starker struktureller Wandel statt, der von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den landwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten abhängt. Dieser Wandel äußert sich u. a. in der Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe sowie im Übergang von der Vollerwerbslandwirtschaft zu einer nebenberuflichen Landbewirtschaftung. Davon betroffen sind in erster Linie einkommensschwache Vollerwerbsbetriebe. Bei einer Gliederung der Vollerwerbsbetriebe nach der Höhe ihrer Einkommen wurden im Wirtschaftsjahr 1979/80 etwa 100 000 und 1980/81 noch rd. 90 000 Betriebe ermittelt, deren durchschnittlicher Gewinn im Wirtschaftsjahr 1979/80 bei 7 590 DM und im besonders ungünstigen Wirtschaftsjahr 1980/81 bei 640 DM je Familien-AK lag. Die Bundesregierung geht davon aus, daß dieser Gruppe von einkommensschwachen Betrieben — auch wenn sie kein einheitliches Bild darstellt und ein Teil der Betriebe im Zeitablauf in Gruppen mit höherem Einkommen aufsteigt — nur in geringem Umfang mit den Mitteln der Markt- und Preispolitik ein zufriedenstellendes Einkommen zu ermöglichen ist. Trotz der angespannten Arbeitsmarktlage wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft weitergehen, nicht zuletzt deshalb, weil für zahlreiche Betriebe ein Hofnachfolger fehlt. Im übrigen bleibt es der Entscheidung des Hofnachfolgers überlassen, ob er den Hof im Vollerwerb oder im Nebenerwerb weiter bewirtschaften möchte. Zu Frage 94: Die Bundesregierung ist über die laufenden Vorhaben zur Erforschung der Ursachen der auftretenden Waldschäden informiert. Sie unterrichtet ihrerseits die Bundesländer über diese Vorhaben. Der Bundesernährungsminister hat mit Sachverständigen der forstlichen Forschung einen „Rahmenplan zur Erforschung umweltbedingter Schäden am Wald" erstellt, der Bund und Ländern zur Koordinierung der Vergabe von Forschungsvorhaben und den Forschungseinrichtungen untereinander zur Koordinierung ihrer Forschungsaktivitäten dient. Das Tannensterben tritt seit 1980 mit besonderer Heftigkeit im natürlichen Verbreitungsgebiet der Weißtanne, d. h. in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg auf. Deshalb haben insbesondere diese beiden Bundesländer auch ihrerseits Vorhaben zur Klärung der Krankheitsursachen vergeben. Die anderen Länder, so z. B. auch das Land Hamburg haben Vorhaben zur Klärung der an anderen Baumarten aufgetretenen Schäden finanziert. Auch zur Durchführung der „immissionsökologischen Waldzustandserfassung" haben die Bundesländer ein einheitliches Verfahren beschlossen. Diese Waldzustandserfassung dient der fortlaufenden Beobachtung der Immissionsbelastung des Wal- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6131* des und erlaubt Rückschlüsse auf die Waldschadenssituation. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Fragen 95 und 96): Wird die Bundesregierung ihre Haltung in bezug auf eine Sperrung der Grenze nach Dänemark für Fleischimporte überprüfen, nachdem feststeht, daß die Maul- und Klauenseuche nicht nur auf Fünen, sondern auch auf Seeland ausgebrochen ist? Wenn die Bundesregierung die Grenze nach Dänemark wegen der dort herrschenden Maul- und Klauenseuche nicht sperrt, ist sie dann bereit, die volle Haftung bei Folgeschäden zu übernehmen? Der Maul- und Klauenseucheausbruch im Südwesten der dänischen Insel Seeland am 4. Mai 1982 ist der erste Fall außerhalb des bisherigen Seuchengebietes auf der Insel Fünen. Das Ergebnis der epidemiologischen Bewertung dieser neuen Entwicklung hat mich veranlaßt, sofort eine Rechtsverordnung aufgrund § 7 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes zu erlassen, mit der insbesondere die Einfuhr und Durchfuhr lebender Klauentiere sowie die Einfuhr frischen Fleisches mit Herkunft vom gesamten Gebiet der dänischen Inseln Fünen und Seeland verboten werden. Die Verordnung vom 6. Mai 1982 wurde im Bundesanzeiger Nr. 86 vom 8. Mai verkündet und ist am 9. Mai in Kraft getreten. Die Verbotsmaßnahmen erfüllen das Gebot der Verhältnismäßigkeit und sind fachlich ausreichend, um den verfolgten Zweck der Seuchenabwehr zu gewährleisten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 97 und 98): Kann die Bundesregierung angesichts des großen Vogelsterbens am Bodensee, welches auf die Verwendung des hochgiftigen Mittels Endrin zurückzuführen ist, angeben, in welcher Menge in der Bundesrepublik Deutschland chlorierte Kohlenwasserstoffe (Endrin, Lindan) verwendet werden? Ist die Bundesregierung bereit, den Vertrieb, die Einfuhr und die Verwendung von Endrin und Lindan zu verbieten, und wann kann eine solche Verbotsregelung frühestens wirksam werden? In der Bundesrepublik Deutschland werden nach Angaben des Industrieverbandes Pflanzenschutz 10-20 t Endyin und 170-180 t Lindan jährlich im Pflanzenschutz angewandt. ,Es besteht der begründete Verdacht, daß das Vogelsterben am Bodensee Sauf die Anwendung von Endrin zur Bekämpfung von Wühlmäusen in Obstanlagen zurückzuführen ist. Ein Zusammenhang zwischen der Anwendung des Pflanzenschutzmittels Lindan und dem Vogelsterben kann dagegen wohl ausgeschlossen werden. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft prüft derzeit im Rahmen ihrer Aufgabenstellung nach dem Pflanzenschutzgesetz intensiv die Sachlage. Das Land Baden-Württemberg wurde deshalb gebeten, seine einschlägigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, so plant die Bundesregierung, die für Endrin seit langem bestehende Anwendungsbeschränkung ehestmöglich in ein Anwendungsverbot umzuwandeln. Vorsorglich wird bereits jetzt ein entsprechender Entwurf zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung mit den Ländern, deren Zustimmung hier erforderlich ist, beraten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Hans Hugo Klein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Hirsch, ich leugne überhaupt nicht, daß Sie diese Erkenntnisse, die Sie hier zum wiederholten Male zitieren, erst nach dem 12. März dieses Jahres gewonnen haben. Ich leugne natürlich auch überhaupt nicht, daß an dem Entwurf des Bundesrates schon vorher Kritik geübt worden ist. Nur bestreite ich, daß die sachlichen Gesichtspunkte mit denen Kritik geübt worden ist bzw. mit denen Sie Ihre jetzige Auffassung fundieren, vorher noch nicht in der Welt gewesen wären.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Das ist der entscheidende Gesichtspunkt.

    Meine Damen und Herren, wir wollen — ich zögere, den Ausdruck zu verwenden, der in der zweiten der heute morgen gehaltenen Reden j a mit bedenklichen Assoziationen eingeführt worden ist — keinen kurzen Prozeß in jenem diffamatorischen, denunziatorischen Sinne, in dem der Begriff hier gebraucht wurde. Aber wir wollen um der Wirksamkeit des Asylrechts wegen gründliche, aber dabei schnell abzuwickelnde Verfahren.
    An diesem Maßstab gemessen, ist der uns vorliegende Entwurf — ich befinde mich in dieser Beurteilung in mir zur Genugtuung gereichender Übereinstimmung mit den Ministerpräsidenten der Länder Bremen und Hessen — zwar ein erster, aber eben kein hinreichender Schritt. Die zurückhaltende Würdigung, die die beiden praktischer Erfahrungen j a nicht ermangelnden Regierungschefs der genannten Länder hier dem Koalitionsentwurf haben zuteil werden lassen, sollte Ihnen von der Koalition zu denken geben.
    Die Frage der Ausländerbehörden könnte ja auf den ersten Blick — wenn ich diesen letzten Gesichtspunkt hier noch anfügen darf — als eine nur mehr äußerliche Differenz erscheinen. Auf der einen Seite wollen die Länder, wenn ich es richtig sehe, eine zentralisierte Zuständigkeit der Ausländerbehörden in ihrem Bereich; auf der anderen Seite gibt es eine gewisse — haushaltsrechtlich freilich noch nicht fundierte — Bereitschaft des Bundes, eine Dezentralisierung des Bundesamtes vorzunehmen. Da gibt es wahrscheinlich, was die Zahl der zuständigen Stellen angeht, am Ende keine sehr grundlegenden Differenzen mehr.
    Nur sind natürlich folgende Fragen zu stellen: erstens die, ob die Ankündigung bei der bekannten Finanzenge des Bundes eingehalten werden kann. Zweitens gibt es — darauf haben wir in den Beratungen des Rechtsausschusses aufmerksam gemacht — verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Realisierbarkeit des Planes, das Bundesamt mit einem dezentralisierten Unterbau auszustatten. Es erscheint also überaus zweifelhaft, ob dieses Vorhaben in die Realität umgesetzt werden kann.
    Zweifelhaft erscheint mir auch — dies ist hier in der Frage geäußert worden —, ob die Ausländerbehörden fähig sind, sich mit den nach den Vorstellungen der Länder auf sie zukommenden Problemen sachlich auseinanderzusetzen. Ich darf daran erinnern, daß das hier schon mehrfach zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr des vergangenen Jahres ja eben jene Praxis für mangels gesetzlicher Grundlage verfassungswidrig erklärt hat, für die wir jetzt die gesetzliche Grundlage schaffen wollen. Mit anderen Worten, eine Zuständigkeit der Ausländerbehörden in diesen Fragen gab es ja zuvor auch. Man kann also jetzt wohl nicht an der Sachkompetenz der Ausländerbehörden oder daran zweifeln, daß sich diese binnen angemessener Frist herstellen ließe.



    Dr. Klein (Göttingen)

    Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wir würdigen vor dem Hintergrund des Ausgangspunktes der Koalitionsparteien zu Beginn des parlamentarischen Beratungsprozesses die Schritte, die Sie mit diesem Entwurf in Richtung auf das, was notwendigerweise zu tun ist, unternommen haben, aber wir betrachten sie nicht als hinreichend. Da wir die Fortsetzung jener Flickschusterei, die der Herr Kollege Engelhard hier für die letzten Jahre mit Recht gegeißelt hat, nicht wünschen, treten wir dafür ein, jetzt mit diesem Gesetz die entscheidenden Schritte zu tun, so daß wir aus der Gesamtproblematik der Ausländerpolitik wenigstens dieses Problem für die nächsten Jahre abschließend regeln können. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Coppik.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Coppik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, über das wir heute abstimmen, wird vor einem ganz bestimmten gesellschaftlichen Hintergrund beraten. Der gesellschaftliche Hintergrund ist eine seit ein paar Jahren ansteigende Welle von Ressentiments gegen Ausländer in der Bundesrepublik. Wir alle kennen das; mit entsprechenden Bemerkungen und Ansichten werden wir allenthalben konfrontiert. Herr Minister Baum hat das vorhin kurz angesprochen.
    Die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, Frau Funcke, hat sich neulich veranlaßt gesehen, vor Ausländerfeindlichkeit zu warnen, und hat das mit dankenswerter Deutlichkeit getan. Nur, meine Damen und Herren, die Ausländerfeindlichkeit entwickelt sich bei uns nicht deshalb, weil die Leute bei uns plötzlich böse geworden wären und deshalb nicht mehr wahrhaben wollten, daß der millionste Gastarbeiter — wie es damals noch hieß — mit ganz großem Bahnhof in unserem Lande begrüßt wurde. Nein, die Ausländerfeindlichkeit entwickelt sich nicht deshalb. Darum werden auch bloße Beschwörungen sie nicht beseitigen. Die Ausländerfeindlichkeit hat ganz konkrete gesellschaftliche Ursachen: Angst um den Arbeitsplatz, Konflikte im Wohnbereich, wo in manchen Großstädten regelrechte Gettobildung zu beobachten ist, Konflikte im Schulbereich, die durch völlig unzureichende Lehrerversorgung und dadurch unerträgliche Schulverhältnisse in Stadtvierteln mit hohem Ausländeranteil entstehen; Herr Kollege Hirsch hat darauf hingewiesen. Wir sollten uns dann aber auch an die Beseitigung dieser gesellschaftlichen Ursachen der Ausländerfeindlichkeit begeben.

    (Beifall des Abg. Hansen [fraktionslos])

    Aber was geschieht statt dessen? Man erinnert sich daran, daß es noch das Gewerbe der Gesetzesmacher gibt, und beginnt neue Paragraphen auszuhecken. Dabei greift man sich eine Ausländergruppe heraus, von der man weiß, daß sie im öffentlichen Ansehen besonders schlecht dasteht, die sogenannten Asylanten. In unserem Land, aus dem vor einigen Jahrzehnten Tausende von Menschen wegen politischer Verfolgung flüchten mußten, hat das eine besondere Bedeutung. Auf diese geschichtlichen Zusammenhänge wurde heute mehrfach hingewiesen.
    Nur ändert das nichts daran, daß auch heute oder heute schon wieder politische Flüchtlinge, zumal aus außereuropäischen Ländern, in manchen Kreisen der Bevölkerung nicht allzu viel gelten. Ja, mitunter trifft man sogar auf die Meinung, daß politisch Verfolgte eigentlich selbst an ihrer Verfolgung schuld sind. Denn wozu betätigen sie sich politisch in einem Land, wo das verboten ist? Dann sind auch noch die vielen sogenannten Wirtschaftsasylanten darunter. Kurzum alles Leute, die man in Lagern kasernieren, bei denen man für das Verlassen der Unterkunft bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vorsehen, die man zu Sonderarbeitseinsatz heranziehen muß — alles Maßnahmen, die auf breite Zustimmung stoßen.
    Aber gibt es wirklich Grund, Menschen zu hassen, die sich aus Ländern, in denen sie unter zum Teil menschenunwürdigen sozialen Bedingungen leben, auf den Weg machen in ein anderes Land, in dem sie arbeiten und menschenwürdig leben möchten? Herr Kollege Schöfberger hat das angesprochen. Ich kann dem, was er gesagt hat, und auch dem, was Kollege Hirsch gesagt hat, eigentlich nur zustimmen.
    Auch ich weiß natürlich, daß wir nicht in der Lage sind, allen Elenden dieser Welt zu helfen. Wir sind eines der am dichtesten besiedelten Ländern. Und insgesamt entwicklungspolitisch gesehen, ist die Wanderungsbewegung in die Metropolen eine Fehlentwicklung, der wir entgegentreten müssen. Aber wir sollten das Problem mit Verständnis und nicht mit kurz angebundener Bravour, mit Sorgfalt und nicht in einem kurzen Prozeß behandeln. Für sachgemäße Entscheidungen reicht aber das geltende Recht vollkommen aus.

    (Beifall des Abg. Hansen [fraktionslos])

    Es mag sein, daß durch das vorliegende Gesetz das Asylverfahren in manchen Fällen verkürzt wird. Das wird zwar auf die Ausländerproblematik in der Bundesrepulik schon allein zahlenmäßig überhaupt keine Auswirkungen haben. Auch darauf hat Herr Minister Baum hingewiesen. Wohl aber wird es die Gefahr von Fehlentscheidungen erheblich erhöhen. Dabei könnte das Asylverfahren auch in anderer, die Sorgfalt der Entscheidung nicht beeinträchtigender Weise verkürzt werden: durch vorübergehende personelle Verstärkung der Entscheidungsgremien und durch ein anderes Verhalten der zuständigen Bundesbehörden. Denn es sind keineswegs nur Asylanten, die das Verfahren verzögern.
    Vor wenigen Tagen erhielt ich ein Schreiben eines Kurden, der vom Verwaltungsgericht Minden als politisch Verfolgter, als Asylberechtigter anerkannt wurde. Der Betroffene hat in der Türkei in Kurdistan Unterricht in kurdischer Sprache erteilt, was dort strafrechtlich nach § 142 des türkischen Strafgesetzbuches verfolgt wird, weil es die Absicht beinhaltet, das Nationalgefühl zu unterdrücken und zu schwächen. Das Auswärtige Amt hat in manchen Stellungnahmen zu Asylverfahren von Kurden den Eindruck erweckt, als ob so etwas legitime Strafverfolgung und deshalb keine politische Verfolgung sei. Der Kampf um das Recht auf eigene Muttersprache



    Coppik
    I als strafwürdiges Verbrechen? Das Verwaltungsgericht Minden sagt dazu:
    Nach dem Wertesystem der Rechtsstaaten ist es erlaubt, sich in Ausübung der allgemeinen Meinungsäußerung mit friedlichen Mitteln für die Rechte einer völkischen Minderheit innerhalb des Staatswesens einzusetzen. Eine Bestrafung derartiger Bestrebungen wäre deshalb rechtsstaatwidrig.
    Das Gericht erkannte den Asylbewerber an. Was war die Folge? Die Folge war, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten Berufung gegen das Urteil einlegte. Herr Baum, wem untersteht eigentlich dieser Beauftragte? Wenn Sie da keine Weisungsmöglichkeiten haben, wenn also die gesetzliche Lage so ist, daß Sie insoweit der politischen Verantwortung entzogen sind, dann sollte man vielleicht dieses und nicht andere Gesetze ändern.
    Meine Damen und Herren, wer in Anbetracht dieser Mißverständnisse über das Wesen und die Bedeutung des Asylrechts das Verfahren auf Teufel komm raus verkürzen will, nimmt zwangsläufig Fehlentscheidungen in Kauf, die für die Betroffenen Entscheidungen über Leben und Tod sein können. Dieser Verantwortung kann und darf sich niemand von uns entziehen.
    In Anbetracht der Stimmungslage, die ich vorher angesprochen hatte, mag es für einen Politiker eine große Versuchung sein, zu Maßnahmen zu greifen, die populär sind, die die gesellschaftlichen Probleme allerdings nicht lösen, wohl aber das Verfassungsrecht des Art. 16 des Grundgesetzes nach und nach aushöhlen. Diese Versuchung mag für die Opposition besonders groß sein

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Zur Opposition gehören Sie j a neuerdings auch!)

    — ja —, weil alles, worüber es Unmut in der Bevölkerung gibt, tendenziell der Opposition nützt und sie deshalb dazu neigt, besonders forsch Maßnahmen zu fordern.
    Nur, meine Damen und Herren von der Opposition, welchen Preis wollen Sie dafür zahlen, oder, besser gesagt, was wollen Sie alles dafür preisgeben? Wie schnell wird aus dem Ausnutzen von Stimmungen ein Schüren von Stimmungen, um aus Stimmungen Stimmen zu machen! Ich habe heute hier einiges gehört, auch von Ihnen, Herr Kollege Bötsch, von den Fällen von Berlin mit Zurückreisen und Drogenhandel. Sie wissen ganz genau, daß diese Fälle nach dem geltenden Recht durchaus gelöst werden können. Das Zitieren solcher Fälle, an deren Richtigkeit ich jetzt überhaupt nicht zweifle, kann nur die Funktion haben, Ressentiments zu schüren. Ich bedaure es sehr, daß es geschieht. Das gilt auch für die absurden Untätigkeitsvorwürfe, die Sie in diesem Zusammenhang gegen die Bundesregierung erheben. Wissen Sie eigentlich, welche Geister Sie da rufen? Das gleiche gilt für die Fälle in Mainz, wo es wirklich nicht um politisch Verfolgte, sondern um Leute geht, die gerade im Interesse eines ausländischen Terrorregimes gehandelt haben, also gerade das Gegenteil von politisch Verfolgten. Herr Lummer hat heute hier mehr oder weniger deutlich zu erkennen gegeben, daß er beim Druck der Verhältnisse sogar zu allem bereit wäre. Man muß sich davor fürchten, wie dann draußen gesprochen wird, wenn hier schon solche Töne zu hören sind.
    Was die Regierungskoalition betrifft, so erinnert mich der Vorgang an frühere Auseinandersetzungen in diesem Hause über Einschränkungen verfassungsmäßiger Rechte. Die Opposition forderte mehr Einschränkung. Die Regierungskoalition sagte: So nicht, auf keinen Fall, aber wir müssen natürlich etwas machen, natürlich nur bis an die Grenzen des rechtsstaatlich Vertretbaren. Nur schien niemand diese Grenzen zu kennen; denn die zweite Novelle ging weiter als die erste, die dritte weiter als die zweite. Herr Kollege Schöfberger hat heute hier gesagt: Wir machen nur das, was notwendig, aber auch nur das, was rechtsstaatlich vertretbar ist. Herr Minister Schmude hat Erich Maria Remarque hier angesprochen. Auch ich habe diese Berichte gelesen, und ich war zutiefst über das betroffen, was Sie hier gesagt haben. Ich will an der Redlichkeit dieses Erwähnens überhaupt nicht zweifeln. Nur, wenn man vom Anrühren spricht, dann sind wir auch alle angerührt; dann verstehe ich nicht, wie man gleichzeitig bei diesen Worten und Bekenntnissen Schritt für Schritt vor dem Druck von rechts zurückweichen kann und immer weiter ein Gesetz nach dem anderen machen kann, was auf eine Verschärfung des Asylverfahrensrechts hinausläuft.
    Denn was haben wir denn in den letzten Jahren gehabt? 1978 gab es das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz. Natürlich wurde nur in rechtsstaatlich vertretbarem Rahmen beschleunigt. 1980 wurde das beschleunigte Verfahrensgesetz wiederum durch ein Beschleunigungsgesetz beschleunigt, natürlich auch wiederum nur in rechtsstaatlich vertretbarem Rahmen. Aber dieser Rahmen war schon wieder weiter als 1978. Die Zahl der Asylbewerber ging zwar um mehr als die Hälfte zurück, aber nicht die Stimmung in Teilen der Bevölkerung und deshalb auch nicht die Forderungen der Opposition. Also mußte man wieder ein neues Gesetz machen, bei dem das beschleunigte beschleunigte Asylverfahrensgesetz nun wiederum beschleunigt wird, natürlich im Rahmen des rechtsstaatlich Vertretbaren. Da frage ich mich: Worin rast man nun mit dem beschleunigten beschleunigten beschleunigten Gesetzestext im Rahmen des rechtsstaatlich Vertretbaren weiter?
    Ich bezweifle, ob man auf diesem Wege Stimmungen auffangen kann, so redlich dieses Bemühen auch sein mag. Man verstärkt sie nur. Wir müssen offensiv der Ausländerfeindlichkeit und jenen entgegentreten, die darauf ihr politisches Süppchen kochen wollen. Wir müssen deutlich machen, daß nicht die bösen Ausländer, sondern die menschenunwürdigen Lebensbedingungen in ihren Heimatländern schuld sind. Es ist kein Zufall, daß nach Ende der Franco-Diktatur viele Spanier in ihre Heimat zurückgekehrt sind und die Zahl der Spanier in der Bundesrepublik kontinuierlich abnimmt. Es ist kein Zufall, daß nach dem Ende des Obristenregimes in Griechenland viele Griechen in ihre Heimat zurückgekehrt sind und die Zahl der Griechen in unserem Land kontinuierlich zurückgeht. Probleme haben



    Coppik
    wir mit der Türkei. Aber dann sollten wir unseren Beitrag dazu leisten, daß in der Türkei die Militärdiktatur ein Ende nimmt. Wir sollten endlich aufhören, diese Militärdiktatur zu unterstützen, und sollten für Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in der Türkei eintreten. Dann werden nämlich die Türken nicht zu uns hierherkommen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Afghanistan, Laos, Kambodscha, Vietnam, Polen, DDR haben Sie noch vergessen!)

    — Wollen Sie diese Asylbewerber abweisen, Herr Kollege Stark?

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Nein!)

    — Ach so. Warum machen Sie dann ein neues Gesetz, wenn Sie die nicht abweisen wollen? Wir reden doch über das Gesetz, über das wir heute hier befinden wollen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Ich wollte Ihre Aufzählung ergänzen!)

    — Wenn Sie über Fälle sprechen wollen, die nicht im Zusammenhang mit diesem Gesetz stehen, können wir das bei anderer Gelegenheit tun.
    Wir sollten versuchen, für menschenwürdige Lebensbedingungen überall in der Welt einzutreten.

    (Hansen [fraktionslos]: Sehr richtig!)

    Die gesellschaftlichen Fragen, die sich auf Grund des hohen Anteils von über viereinhalb Millionen Ausländern in der Bundesrepublik ergeben, werden nicht dadurch gelöst, daß sich ein paar tausend Asylbewerber ein Jahr kürzer in der Bundesrepublik aufhalten. Diese Probleme müssen dort gelöst werden, wo sie sich für Ausländer wie gleichermaßen für Deutsche stellen: in der Beschäftigungspolitik, in der Städtebaupolitik, in der Schulpolitik. Wir dürfen der aufkommenden Ausländerfeindlichkeit nicht dadurch nachgeben, daß wir sinnlose, überflüssige Gesetze produzieren, die die gesellschaftlichen Probleme nicht lösen, aber nach und nach in der Praxis das Verfassungsrecht des Art. 16 des Grundgesetzes aushöhlen.
    Als demokratischer Sozialist lehne ich das vorliegende Gesetz ab.

    (Beifall des Abg. Hansen [fraktionslos])