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ID0910103400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6089 A Bestimmung des Abg. Dr. Bötsch zum ordentlichen Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 6089 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Asylverfahren (Asylverfahrensgesetz) — Drucksachen 9/221, 9/875 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/1649 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/1630 — Dr. Bötsch CDU/CSU 6089 C Dr. Schöfberger SPD 6093 B Engelhard FDP 6097 A Dr. Vogel, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 6099 D Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 6102 D Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . 6104A Lummer, Senator des Landes Berlin . 6106A Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 6108 B Baum, Bundesminister BMI 6112 B Fellner CDU/CSU 6115 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 6117 D Dr. Hirsch FDP 6120 C Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU . . . 6122 B Coppik fraktionslos 6124A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Sommerzeit in den Jahren 1980 und 1981 — Drucksachen 9/1583, 9/1646 — . . . 6126C Nächste Sitzung 6126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6127*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6127* B Anlage 3 Einleitung von Berufungsverfahren durch den Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten nach erstinstanzlicher Anerkennung des Rechts auf Asyl MdlAnfr 48, 49 07.05.82 Drs 09/1631 Topmann SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 6127* D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Anlage 4 Grund für den Kriegswaffenlieferstopp gegenüber Argentinien; Anwendung des Kriegswaffenkontrollgesetzes bei künftigen friedenstörenden Handlungen MdlAnfr 79 07.05.82 Drs 09/1631 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* B Anlage 5 Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes hinsichtlich der Waffenlieferungen an Argentinien; Beratung über Ausnahmegenehmigungen im Bundestag MdlAnfr 80, 81 07.05.82 Drs 09/1631 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* C Anlage 6 Umfang der noch nicht abgewickelten Waffengeschäfte mit Argentinien; Zahlungsfähigkeit Argentiniens MdlAnfr 83 07.05.82 Drs 09/1631 Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*A Anlage 7 Höhe des Strompreises aus Kernkraftwerken bei Einbeziehung der Aufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie; Entwicklung des Anteils der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 MdlAnfr 88, 89 07.05.82 Drs 09/1631 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129* B Anlage 8 Nutzung der Westkredite an Polen zur billigen Beschaffung westlicher Güter durch die Sowjetunion MdlAnfr 90, 91 07.05.82 Drs 09/1631 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*C Anlage 9 Wettbewerbsverzerrung durch spezielle Agrarkreditsysteme in einigen Bundesländern MdlAnfr 92 07.05.82 Drs 09/1631 Borchert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130*A Anlage 10 Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs Gallus über die Schließung von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik; Koordinierung der Forschung der Bundesländer über die Ursachen des Tannensterbens MdlAnfr 93, 94 07.05.82 Drs 09/1631 Paintner FDP SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130* B Anlage 11 Verbot von Fleischimporten aus Dänemark angesichts der dort herrschenden Maul-und Klauenseuche MdlAnfr 95, 96 07.05.82 Drs 09/1631 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131*A Anlage 12 Verbot der Verwendung von Endrin und Lindan angesichts des Vogelsterbens am Bodensee MdlAnfr 97, 98 07.05.82 Drs 09/1631 Bindig SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6089 101. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 5. Dr. van Aerssen * 14. 5. Bahr 14. 5. Böhm (Melsungen) ** 14. 5. Conrad (Riegelsberg) 14. 5. Dallmeyer 14. 5. Dr. Dregger 14. 5. Dr. Ehmke 14. 5. Dr. Ehrenberg 14. 5. Dr. Emmerlich 14. 5. Dr. Enders ** 14. 5. Francke (Hamburg) 14. 5. Frau Fuchs 14. 5. Gattermann 14. 5. Frau Geier 14. 5. Gerlach 14. 5. Glos 14. 5. Dr. Götz 14. 5. Handlos 14. 5. Frau Dr. Hellwig 14. 5. Herterich 14. 5. Frau Huber 14. 5. Ibrügger 14. 5. Dr. Kohl 14. 5. Dr. Kreile 14. 5. Frau Dr. Martiny 14. 5. Müller (Bayreuth) 14. 5. Neuhaus 14. 5. Neumann (Bramsche) 14. 5. Frau Dr. Neumeister 14. 5. Offergeld 14. 5. Dr. Pinger 14. 5. Dr. Rumpf 14. 5. Dr. Schneider 14. 5. Frau Schuchardt 14. 5. Dr. Solms 14. 5. Stockleben 14. 5. Voigt (Frankfurt) 14. 5. Dr. von Wartenberg 14. 5. Wehner 14. 5. Frau Dr. Wex 14. 5. Frau Dr. Wilms 14. 5. Frau Dr. Wisniewski 14. 5. Dr. Wörner 14. 5. Dr. Zumpfort 14. 5. Zywietz 14. 5. • für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Anlagen zum Stenographischen Bericht Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der ostdeutschen Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1979 und 1980 (Drucksache 9/1589) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" hier: Rahmenplan 1983 bis 1986 (Drucksache 9/1597) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zum Bau eines Tunnels unter dem Ärmelkanal (Drucksache 9/1638) zuständig: Ausschuß für Verkehr Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 12. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine zweite Richtlinie des Rates zur Regelung der Sommerzeit (Drucksache 9/405 Nr. 25) Entwurf einer Richtlinie des Rates über die von den Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über die Verdienste der ständig und saisonal in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter (Drucksache 9/1041 Nr. 15) Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mit Schreiben vom 8. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Abschluß des Übereinkommens über den grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen (ASOR) (Drucksache 9/1272 Nr. 45) Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Topmann (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 48 und 49): Stimmt die Behauptung, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten grundsätzlich auf Formblatt Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eines Verwaltungsgerichts einlegt, wenn darin einem Asylbewerber das Recht auf Asyl zugestanden wird, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls eine solche Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt, Asylverfahren beschleunigt abzuwickeln? Wie hoch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Berufungsverfahrens, das der Bundesbeauftragte nach einem erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsurteil anstrengt, und um welchen Zeitraum wird dadurch ein Asylverfahren verlängert? Zu Frage 48: Die Behauptung, der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten würde gegen jedes erstinstanzliche Urteil, mit dem einem Asylsuchenden das Asylrecht zuerkannt wird, grundsätzlich Berufung einlegen, trifft nicht zu. Die Dienststelle des Bundesbeauftragten ist schon aus personellen Gründen nicht in der Lage, jede Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Hauptaufgabe des Bundesbeauftragten liegt 6128* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 heute darin, im Rahmen seiner Beteiligung und ggf. durch Rechtsmitteleinlegung einem Auseinanderlaufen der Rechtsprechung der verschiedenen Verwaltungsgerichte entgegenzuwirken und bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen. Im Rahmen dieser Aufgabenstellung erfolgt auch die Berufungseinlegung. Die 1980 erfolgte Dezentralisierung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit hat allerdings eine Zunahme der Zahl der eingelegten Berufungen zur Folge. Zwar erfolgt die Berufungseinlegung — schon aus Gründen der Fristwahrung — überwiegend formularmäßig; die Berufungsbegründung erfolgt jedoch individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Zu Frage 49: Von den in den Jahren 1980 bis 1982 eingelegten Berufungen des Bundesbeauftragten wurden bisher 42 entschieden. In 40 Fällen wurde der Berufung des Bundesbeauftragten stattgegeben, lediglich in 2 Fällen wurde die Berufung zurückgewiesen. Der Zeitraum, um den sich ein Asylverfahren durch Einlegung der Berufung verlängert, ist unterschiedlich und hängt von der durchschnittlichen Dauer des Berufungsverfahrens bei den einzelnen Oberverwaltungsgerichten ab. Bei der hohen Erfolgsquote der Berufungen des Bundesbeauftragten kommt der Verfahrensverlängerung unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Entscheidung keine Bedeutung zu. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 79): Warum hat die Bundesregierung erst am 7. April 1982 einen Lieferstopp für Kriegswaffen, Munition und Rüstungsgüter verhängt, und ist gewährleistet, daß bei zukünftigen friedenstörenden Handlungen das Kriegswaffenkontrollgesetz unverzüglich Anwendung finden kann? Argentinien hat am 2. April 1982 die Falkland-Inseln besetzt. Danach wurde unverzüglich geprüft, ob Ausfuhren anstehen, die Argentinien Waffen vermittelt hätten, die in dem Konflikt — mithin bei einer friedenstörenden Handlung — verwendet werden könnten. Der Bundesminister für Wirtschaft hat zudem — und zwar bereits am Montag, dem 5. April 1982 — das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft angewiesen, ab sofort und bis auf weiteres keine neuen Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Argentinien zu erteilen. Gleichzeitig wurde geprüft, welche weitergehenden Maßnahmen getroffen werden sollten. Diese Prüfung — auch in engem Kontakt mit Großbritannien und den übrigen EG- und Bündnispartnern — führte dann zu dem von Ihnen zitierten Beschluß der Bundesregierung vom 7. April 1982, der u. a. vorsieht, Waffenlieferungen an Argentinien zu verhindern. Im Anschluß an diesen Beschluß wurde dann umgehend durch geeignete Maßnahmen wie Anweisungen an die Zollämter und Auflagen zu erteilten Genehmigungen sichergestellt, daß keine Waffenlieferungen nach Argentinien erfolgen. Die dargestellte Chronologie der einzelnen Maßnahmen macht deutlich, daß die Bundesregierung unverzüglich auf die Ereignisse im Südatlantik reagiert hat und dabei insbesondere auch den Erfordernissen des Kriegswaffenkontrollgesetzes gerecht geworden ist. Die Bundesregierung sieht hiernach keine Veranlassung zu weitergehenden Vorkehrungen für etwaige künftige friedenstörende Handlungen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 80 und 81): Wann wird die Bundesregierung in bezug auf Waffenlieferungen für Argentinien die zur Einhaltung des Kriegswaffenkontrollgesetzes notwendigen Maßnahmen nach § 7 des Kriegswaffenkontrollgesetzes beschließen, oder ist eine Änderung des Gesetzes mit rückwirkender Kraft beabsichtigt? In welcher Weise werden nach den neuen Waffenexportrichtlinien in Zukunft Einzelentscheidungen über die Ausnahmen von der restriktiven Exportpolitik Gegenstand der Beratungen im Parlament sein? Zu Frage 80: Nach § 7 Kriegswaffenkontrollgesetz können Genehmigungen nach dem KWKG jederzeit widerrufen werden. Sie müssen widerrufen werden — und darauf scheint Ihre Frage abzustellen —, wenn ein zwingender Versagungsgrund nachträglich eingetreten ist. Ein zwingender Versagungsgrund bei den in Frage stehenden Argentinien-Genehmigungen setzt zweierlei voraus: Es muß eine friedenstörende Handlung vorliegen und es muß die Gefahr bestehen, daß die Kriegswaffen bei einer friedenstörenden Handlung verwendet werden. Die erste Voraussetzung ist gegeben; die zweite insofern nicht, als Argentinien aufgrund keiner der noch offenen Genehmigungen in den Besitz von Kriegswaffen gelangen könnte, die aus heutiger Sicht im Falklandkonflikt eingesetzt werden könnten. Zu Frage 81: Es ist von der Bundesregierung angeregt worden, künftig in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Einzelfällen des Rüstungsexports, die im Bundessicherheitsrat zur Entscheidung anstehen, die Fraktionsvorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und einen weiteren von den Fraktionsvorsitzenden zu bestimmenden Abge- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6129* ordneten vorab zu informieren und die Einzelfälle mit ihnen zu erörtern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretär Grüner auf die Frage des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 83): Auf welche Summe beziffern sich noch nicht abgewickelte Waffengeschäfte Argentiniens mit deutschen Lieferanten und wie beurteilt die Bundesregierung die Zahlungsfähigkeit Argentiniens? Ob, und in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Firmen von erteilten Genehmigungen Gebrauch machen, kann nur durch umfangreiche Recherchen festgestellt werden. Ich kann Ihnen deshalb keine Angaben darüber machen, welcher wertmäßige Lieferumfang bisher noch nicht abgewickelt ist. Die Frage der Zahlungsfähigkeit eines Landes wird bei Entscheidungen über Bürgschaften und Garantien stets sorgfältig beobachtet. Das gilt auch für Argentinien. Verläßliche Angaben über die Wirtschafts- und Devisenlage Argentiniens seit Anfang April liegen gegenwärtig nicht vor. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Durcksache 9/1631 Fragen 88 und 89): Um wieviel müßte sich das Kilowatt Strom aus Kernkraftwerken verteuern, wenn die 13,6 Milliarden DM, die bisher als finanzielle Gesamtaufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie von der öffentlichen Hand insgesamt aufgebracht wurden, in die Preiskalkulation der Energieversorgungsunternehmen eingingen? Wie hat sich der Anteil der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 jährlich entwickelt? Zu Frage 88: Die öffentliche Hand wendet in vielen Bereichen erhebliche Mittel für Forschung und Entwicklung, aber auch — z. B. bei der Steinkohle — zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftszweiges auf. Diese Leistungen können, wenn überhaupt, nur in sehr beschränktem Maße den Produktionskosten der jeweiligen Güter zugerechnet werden. Dies gilt auch für die von Ihnen genannten 13,6 Mrd. DM an Kernenergieaufwendungen der öffentlichen Hand. Dieser Betrag umfaßt, wie sich aus der Antwort des BMFT auf Ihre Fragen am 28. April 1982 ergibt, außerdem unterschiedliche Fördergegenstände wie z. B. auch die Aufwendungen der öffentlichen Hand für fortgeschrittene Reaktorlinien, insbesondere SNR und THTR, die technologische Optionen weiterer kernenergetischer Entwicklungen offenhalten sollen. Wie bei anderen Forschungssubventionen auch ergäbe sich hier das Problem der Aufteilung auf eine zukünftige Produktion aus einer unbekannten Zahl von Anlagen und Jahren. Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen haben zudem industriepolitische Aspekte; sie dienen dem Ausbau eines technischen Potentials, dessen künftige Nutzung ungewiß und nicht unbedingt auf einen bestimmten Bereich der Energiewirtschaft bzw. die Energiewirtschaft überhaupt beschränkt ist. Eine von Methode und Ergebnis befriedigende Zurechnung der 13,6 Mrd. DM auf die Stromerzeugungskosten aus Kernenergie ist daher nicht möglich. Zu Frage 89: Der Stromverbrauch der privaten Haushalte ist von 43 075 GWh im Jahre 1970 auf 67 810 GWh im Jahre 1975 und 85 551 GWh im Jahre 1980 angestiegen. Der Gesamtstromverbrauch betrug zum Vergleich 218 576 GWh im Jahre 1970, 274 871 GWh im Jahre 1975 und 336 919 GWh im Jahre 1980. Der Haushaltsanteil ist damit von 19,7 % auf 25,4 % gestiegen. Die jährliche Verbrauchssteigerung im Haushaltsbereich hat sich dabei aber sehr stark von mehr als 10 % Anfang der 70er Jahre auf weniger als 3 % 1980 abgeflacht. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/ 1631 Fragen 90 und 91): Ist sich die Bundesregierung der Tatsache bewußt, daß etwa seit dem Jahr 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt worden ist, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen, indem diese von Polen im Westen gekauft und an die Sowjetunion weitergeliefert werden mußten? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Sowjetunion bei eigenen Warenkäufen im Westen einen realistischen Wechselkurs von rund 2 Rubel für einen Dollar aufbringen muß, daß aber bei Käufen in Polen oder anderen Staatshandelsländern von der Sowjetunion nur ein sogenannter Transferrubel auf der Basis von 0,62 Rubel für 1 Dollar gezahlt wird und daß hierdurch eine wirtschaftliche Ausbeutung Polens in gigantischem Ausmaß verursacht worden ist? Zu Frage 90: Der Bundesregierung sind keine Fakten bekannt, die darauf hindeuten, daß seit 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt wurde, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen. Zu Frage 91: Der Rubel ist, wie die Währungen der anderen RGW-Staaten, nicht konvertibel. Die UdSSR ist daher gezwungen, bei Warenkäufen in westlichen Ländern in Hartwährungen zu kontrahieren, so daß die Frage des Wechselkurses sich nicht stellt. Zur Frage, ob die interne Bewertung des Transferrubels angemessen ist, kann die Bundesregierung keine gesicherte Feststellung treffen. Soweit die Bundesregierung Kenntnis von der Praxis des RGW-internen Handels hat, nimmt sie an, daß ent- 6130* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 sprechend dem dort angewandten besonderen Preisfestsetzungsmechanismus weder die Exporte Polens in die UdSSR noch die sowjetischen Exporte nach Polen in allen Fällen zu Weltmarktpreisen erfolgen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Borchert (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Frage 92): Ist es der Bundesregierung bekannt, daß es in einigen Bundesländern landeseigene spezielle Argarkreditsysteme bzw. landwirtschaftliche Existenzsicherungsprogramme gibt, und was gedenkt die Bundesregierung gegen die hierdurch auftretenden Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Die Bundesländer sind berechtigt, unterschiedliche Landesförderungsmaßnahmen außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" durchzuführen. Von dieser Möglichkeit haben insbesondere die Flächenstaaten mit landeseigenen Agrarkreditprogrammen bzw. landwirtschaftlichen Existenzsicherungsprogrammen Gebrauch gemacht. Der Subventionswert der Agrarkreditprogramme ist — gemessen an den Konditionen des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms — gering. Die Agrarkreditprogramme sind in erster Linie auf Landwirte ohne Betriebsentwicklungsplan ausgerichtet. Bei dieser Ausgestaltung sind Wettbewerbsverzerrungen nicht zu erwarten. Im übrigen wird auf Bundesebene seit 1978 der Bereich investiver Maßnahmen durch das spezielle Agrarkreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau abgedeckt, das sich für die Jahre 1982 und 1983 auf 370 Mio. belaufen wird. Die in einigen Ländern bestehenden Konsolidierungsprogramme beschränken sich im wesentlichen auf die Umschuldung kurzfristiger Verbindlichkeiten stark verschuldeter Betriebe. Wettbewerbsverzerrungen scheiden bei dem im Grunde sozialen Charakter dieser Maßnahmen aus. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Paintner (FDP) (Drucksache 9/1631 Fragen 93 und 94): Trifft es zu, wie vom baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Weiser behauptet, daß der Parlamentarische Staatssekretär Gallus die Aufgabe von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik ansieht, und was hat es mit diesen 100 000 Betrieben wirklich auf sich? Hat die Bundesregierung einen Überblick darüber, was auf dem Gebiet der Ursachenforschung für das „Tannensterben" tatsächlich geschieht, nachdem — wie in der Fernsehsendung „Report" im März behauptet — in Sachen „Tannensterben" jedes einzelne Bundesland unkoordiniert nach den Ursachen forschen läßt? Zu Frage 93: Die Behauptung trifft nicht zu. In der Landwirtschaft findet weiterhin ein mehr oder minder starker struktureller Wandel statt, der von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den landwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten abhängt. Dieser Wandel äußert sich u. a. in der Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe sowie im Übergang von der Vollerwerbslandwirtschaft zu einer nebenberuflichen Landbewirtschaftung. Davon betroffen sind in erster Linie einkommensschwache Vollerwerbsbetriebe. Bei einer Gliederung der Vollerwerbsbetriebe nach der Höhe ihrer Einkommen wurden im Wirtschaftsjahr 1979/80 etwa 100 000 und 1980/81 noch rd. 90 000 Betriebe ermittelt, deren durchschnittlicher Gewinn im Wirtschaftsjahr 1979/80 bei 7 590 DM und im besonders ungünstigen Wirtschaftsjahr 1980/81 bei 640 DM je Familien-AK lag. Die Bundesregierung geht davon aus, daß dieser Gruppe von einkommensschwachen Betrieben — auch wenn sie kein einheitliches Bild darstellt und ein Teil der Betriebe im Zeitablauf in Gruppen mit höherem Einkommen aufsteigt — nur in geringem Umfang mit den Mitteln der Markt- und Preispolitik ein zufriedenstellendes Einkommen zu ermöglichen ist. Trotz der angespannten Arbeitsmarktlage wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft weitergehen, nicht zuletzt deshalb, weil für zahlreiche Betriebe ein Hofnachfolger fehlt. Im übrigen bleibt es der Entscheidung des Hofnachfolgers überlassen, ob er den Hof im Vollerwerb oder im Nebenerwerb weiter bewirtschaften möchte. Zu Frage 94: Die Bundesregierung ist über die laufenden Vorhaben zur Erforschung der Ursachen der auftretenden Waldschäden informiert. Sie unterrichtet ihrerseits die Bundesländer über diese Vorhaben. Der Bundesernährungsminister hat mit Sachverständigen der forstlichen Forschung einen „Rahmenplan zur Erforschung umweltbedingter Schäden am Wald" erstellt, der Bund und Ländern zur Koordinierung der Vergabe von Forschungsvorhaben und den Forschungseinrichtungen untereinander zur Koordinierung ihrer Forschungsaktivitäten dient. Das Tannensterben tritt seit 1980 mit besonderer Heftigkeit im natürlichen Verbreitungsgebiet der Weißtanne, d. h. in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg auf. Deshalb haben insbesondere diese beiden Bundesländer auch ihrerseits Vorhaben zur Klärung der Krankheitsursachen vergeben. Die anderen Länder, so z. B. auch das Land Hamburg haben Vorhaben zur Klärung der an anderen Baumarten aufgetretenen Schäden finanziert. Auch zur Durchführung der „immissionsökologischen Waldzustandserfassung" haben die Bundesländer ein einheitliches Verfahren beschlossen. Diese Waldzustandserfassung dient der fortlaufenden Beobachtung der Immissionsbelastung des Wal- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6131* des und erlaubt Rückschlüsse auf die Waldschadenssituation. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Fragen 95 und 96): Wird die Bundesregierung ihre Haltung in bezug auf eine Sperrung der Grenze nach Dänemark für Fleischimporte überprüfen, nachdem feststeht, daß die Maul- und Klauenseuche nicht nur auf Fünen, sondern auch auf Seeland ausgebrochen ist? Wenn die Bundesregierung die Grenze nach Dänemark wegen der dort herrschenden Maul- und Klauenseuche nicht sperrt, ist sie dann bereit, die volle Haftung bei Folgeschäden zu übernehmen? Der Maul- und Klauenseucheausbruch im Südwesten der dänischen Insel Seeland am 4. Mai 1982 ist der erste Fall außerhalb des bisherigen Seuchengebietes auf der Insel Fünen. Das Ergebnis der epidemiologischen Bewertung dieser neuen Entwicklung hat mich veranlaßt, sofort eine Rechtsverordnung aufgrund § 7 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes zu erlassen, mit der insbesondere die Einfuhr und Durchfuhr lebender Klauentiere sowie die Einfuhr frischen Fleisches mit Herkunft vom gesamten Gebiet der dänischen Inseln Fünen und Seeland verboten werden. Die Verordnung vom 6. Mai 1982 wurde im Bundesanzeiger Nr. 86 vom 8. Mai verkündet und ist am 9. Mai in Kraft getreten. Die Verbotsmaßnahmen erfüllen das Gebot der Verhältnismäßigkeit und sind fachlich ausreichend, um den verfolgten Zweck der Seuchenabwehr zu gewährleisten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 97 und 98): Kann die Bundesregierung angesichts des großen Vogelsterbens am Bodensee, welches auf die Verwendung des hochgiftigen Mittels Endrin zurückzuführen ist, angeben, in welcher Menge in der Bundesrepublik Deutschland chlorierte Kohlenwasserstoffe (Endrin, Lindan) verwendet werden? Ist die Bundesregierung bereit, den Vertrieb, die Einfuhr und die Verwendung von Endrin und Lindan zu verbieten, und wann kann eine solche Verbotsregelung frühestens wirksam werden? In der Bundesrepublik Deutschland werden nach Angaben des Industrieverbandes Pflanzenschutz 10-20 t Endyin und 170-180 t Lindan jährlich im Pflanzenschutz angewandt. ,Es besteht der begründete Verdacht, daß das Vogelsterben am Bodensee Sauf die Anwendung von Endrin zur Bekämpfung von Wühlmäusen in Obstanlagen zurückzuführen ist. Ein Zusammenhang zwischen der Anwendung des Pflanzenschutzmittels Lindan und dem Vogelsterben kann dagegen wohl ausgeschlossen werden. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft prüft derzeit im Rahmen ihrer Aufgabenstellung nach dem Pflanzenschutzgesetz intensiv die Sachlage. Das Land Baden-Württemberg wurde deshalb gebeten, seine einschlägigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, so plant die Bundesregierung, die für Endrin seit langem bestehende Anwendungsbeschränkung ehestmöglich in ein Anwendungsverbot umzuwandeln. Vorsorglich wird bereits jetzt ein entsprechender Entwurf zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung mit den Ländern, deren Zustimmung hier erforderlich ist, beraten.
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    Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Flughafen Frankfurt ist Einfallstor für Asylbewerber. Das Land Hessen ist daher von dem Zustrom der Asylbewerber besonders betroffen. Obgleich die Zahl der Asylbewerber seit 1980 rückläufig ist, hat Hessen immer noch einen Überhang von 1 500 Asylbewerbern. Im Jahr 1981 hat das Land allein auf Grund sei-



    Ministerpräsident Börner (Hessen)

    nes Aufnahmegesetzes 22,4 Millionen DM für die Asylbewerber aufzubringen gehabt. Die von uns in Eschborn errichtete Gemeinschaftsunterkunft war alsbald überbelegt.
    Die Landesregierung hat sich daher für den im Dezember 1980 vom Bundesrat einstimmig eingebrachten Gesetzentwurf eingesetzt, um das Asylverfahren zu beschleunigen.
    Obwohl die Länder immer wieder eine baldige Verabschiedung dieser gemeinsamen Bundesratsinitiative gefordert haben, berät der Bundestag leider erst heute abschließend über die Neuregelung des Asylrechts. Diese Verzögerung hat bei Ländern und Gemeinden gelegentlich den Eindruck erweckt, daß Mitglieder dieses Hohen Hauses über die Schwierigkeiten vor Ort nicht hinreichend unterrichtet sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bundestag und Bundesrat sollten sich nunmehr rasch auf gesetzliche Regelungen verständigen, welche die Dauer der Asylverfahren unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze abkürzen und dem Mißbrauch des Asylrechts vorbeugen.
    Ich sehe in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen einen gangbaren Weg, auch wenn er nicht in jeder Hinsicht den Vorstellungen der hessischen Landesregierung entspricht; dies gilt insbesondere für die Einführung des Einzelrichters, die wir gefordert haben.
    Meine Damen und Herren, die Ausgestaltung des Asylverfahrens darf das vom Grundgesetz gewährleistete Asylrecht für politisch Verfolgte nicht antasten.

    (Lambinus [SPD]: Sehr gut!)

    Dieses Grundrecht spiegelt eine leidvolle Erfahrung unserer Geschichte wider. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht von ungefähr das einzige Land der Welt, das politisch Verfolgten einen einklagbaren Schutzanspruch gewährt. Die Väter unserer Verfassung haben in der Nazizeit erlebt, was es heißt, politischer Verfolgung ausgesetzt zu sein, und was es bedeutet, Aufnahme in einem anderen Land zu finden. Sie wollten gewährleisten, daß die Bundesrepublik diese Aufnahme anderen politisch Verfolgten vergilt. Sie wollten mit dem Recht auf Asyl neue Maßstäbe internationaler Humanität setzen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sage deshalb: Unser Land muß daher auch künftig politisch Verfolgten offenstehen.
    In den letzten Jahren suchen jedoch zunehmend Bewerber um Asyl nach, die nicht wegen politischer Verfolgung, sondern aus anderen, vornehmlich wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Wir sind daher gefordert, für ein zugleich zügiges und sorgfältiges Asylverfahren Sorge zu tragen. Zu einem rechtsstaatlichen Verfahren gehört auch, daß Rechtsschutz in angemessener Zeit gewährt wird. Ich möchte hier nicht erörtern, inwieweit der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen diesen Erfordernissen gerecht wird. Dies möchte ich den Beratungen des Bundesrates vorbehalten.
    Auf eine Regelung allerdings möchte ich eingehen. Der Gesetzentwurf sieht vor, daß Asylbewerber künftig nach Quoten auf alle Länder verteilt werden. Ich begrüße diese Regelung, weil sie auch die Länder in die Pflicht nimmt, die sich einer Aufnahme von Asylbewerbern bisher verschlossen haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mit dieser Regelung entfällt allerdings ersatzlos die Vorschrift des Ausländergesetzes, nach der die Bundesregierung die Sammellager für Asylbewerber bestimmt. Die finanziellen Konsequenzen dieser Vorschrift sind bisher nicht ausgelotet. Sie können jedoch Bedeutung in dem Prozeß gewinnen, den die Stadt Frankfurt derzeit gegen das Land Hessen mit dem Ziel führt, sich die Aufwendungen für die Betreuung der Asylbewerber erstatten zu lassen. Zu diesem Prozeß ist der Bund beigeladen.
    Ich möchte dazu zweierlei bemerken: Erstens. Wenn die Bestimmung über die Sammellager künftig ersatzlos entfällt, bedeutet das nicht, daß der Bund damit von finanziellen Verpflichtungen aus der Vergangenheit entbunden ist. Zweitens. Da der Bund nach dem Gesetzentwurf keinerlei Kosten für die Betreuung der Asylbewerber zu tragen hat, sind die Belastungen der Länder bei den bevorstehenden Umsatzsteuerverhandlungen zu berücksichtigen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, da ich eingangs den Flughafen Frankfurt erwähnt habe und nun bei den Finanzen bin, möchte ich — vor allen Dingen Ihnen gegenüber, Herr Bundesinnenminister — auf eine weitere Sorge des Landes hinweisen. Der Bund unterstützt das Land bei der Sicherung des Flugverkehrs durch den Grenzschutz. Wegen der nationalen und internationalen Bedeutung des Frankfurter Flughafens hat er seit 1970 darauf verzichtet, dem Land für diesen Einsatz Mehrkosten in Rechnung zu stellen. Diesen Verzicht haben Sie, Herr Bundesminister Baum, nunmehr widerrufen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Ich halte diesen Schritt nicht für einen geeigneten Beitrag zur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben von übergeordneter Bedeutung durch Bund und Länder und gehe davon aus, daß das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich schließen. Eine Beschleunigung der Asylverfahren ist dringend. Wir sollten jedoch die notwendige Diskussion darüber nicht mit den Problemen der ausländischen Arbeitnehmer verquicken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wer diesen Weg geht, leistet einen nicht zu verantwortenden Beitrag dazu, die leider zunehmenden Vorbehalte gegen Ausländer zu fördern und die Integrationsbemühungen zu erschweren.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich halte es für notwendig, über vernünftige Verfahrensregelungen zu streiten. Ich halte es für vertretbar, in diesem Hohen Hause Unmut wegen einer zu zögerlichen Beratung einer Gesetzesinitiative des Bundesrates zu äußern. Ich halte es jedoch für



    Ministerpräsident Börner (Hessen)

    unverantwortlich, Asyl- und Ausländerprobleme zu parteipolitischen Schlagstöcken für Demagogen zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Streiten wir, meine Damen und Herren, daher in den bevorstehenden Debatten um die vernünftigste Verfahrensregelung, um nicht mehr, aber auch um nicht weniger!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Bundesminister Schmude.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Jürgen Schmude


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! An die Schlußbemerkung des Ministerpräsidenten Börner kann ich sogleich anknüpfen, wenn ich sage: Wir sind auch den Ausländern, die zu uns kommen, Gerechtigkeit schuldig, und dazu gehört die Bereitschaft, Ungleiches zu unterscheiden, statt es kurzerhand über einen Leisten zu schlagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Unter den hier lebenden Ausländern macht — das hat Herr Börner nicht erwähnt, aber es gehört zu seiner Bemerkung — die Gruppe der Asylbewerber nur einen kleinen Prozentsatz aus, die der anerkannten Asylanten einen noch viel kleineren. Der Druck des sogenannten Ausländerproblems darf uns also nicht dazu verleiten, es gerade im Asylbereich lösen zu wollen. Hier gelten besondere Grundsätze, vor allem besondere Rechtsnormen, und was hier Recht ist, muß ganz und gar unabhängig davon festgestellt werden, ob z. B. am Arbeitsmarkt gerade ein Bedarf an ausländischen Arbeitskräften oder ein Überschuß besteht.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP)

    „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." Mit diesen knappen Worten legt unser Grundgesetz den unverrückbaren Rahmen auch für das Asylverfahren fest. Das heißt, der politisch Verfolgte muß schnell und zuverlässig geschützt werden. Dem Bewerber, der aus anderen Gründen bei uns Aufenthalt sucht, muß — auch in seinem Interesse — bald gesagt werden, daß er kein Asyl erhält.
    Der heute vorliegende Entwurf eines Asylverfahrensgesetzes wird beiden Zielen gerecht. Seine Regelungen werden das Verfahren beschleunigen und gleichwohl die Rechte des politisch Verfolgten wirksam schützen.
    Dieser Entwurf ist das Ergebnis intensiver parlamentarischer Beratungen. Die dafür aufgewendete Zeit ist mit Gewinn für gründliche Überlegungen und Beratungen genutzt worden.

    (Beifall bei der SPD — Bohl Wir mußten in drei Tagen beraten!)

    „Mit Gewinn", das sage ich auch an die Adresse des Ministerpräsidenten Vogel, der uns aus triftigem Grund für einige Zeit verlassen mußte.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Na, na? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Er hat die — wie er es sieht — Verzögerung beanstandet, aber er mag zur Kenntnis nehmen: In dieser Beratungszeit sind entscheidende Verbesserungen in den Entwurf hineingekommen. Wenn er im übrigen die Initiative der Bundesregierung vermißt, so wird j a Ihnen allen in diesem Hause klar sein, daß die Bundesregierung am Zustandekommen des Koalitionsentwurfes und auch an den Beratungen ihren Anteil hat. Nun noch eine besondere Initiative zu ergreifen, hätte nichts beschleunigt.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Wesentliche Impulse hat bei diesen Beratungen die schon von Herrn Engelhard gewürdigte öffentliche Anhörung von Praktikern vor dem Rechtsausschuß am 12. März erbracht. Die dabei gegebenen Anregungen wurden aufgegriffen. Der Gesetzentwurf ist dadurch entscheidend verbessert worden; übrigens hat auch seine Sprache gewonnen. Dem hohen Rang der betroffenen Rechte ist diese sorgfältige Sachbehandlung durchaus angemessen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Wir mußten in drei Tagen beraten!)

    Im übrigen hat die Anhörung Aufschluß über Verfahrensverzögerungen aus organisatorischen und verwaltungstechnischen Gründen erbracht — Herr Schöfberger hat darauf schon hingewiesen —, aus Gründen, die durch gesetzgeberische Maßnahmen nicht auszuräumen sind. Die Praktiker berichten, daß Verfahren sich um viele Monate nur deshalb verzögern, weil es an Schreibkräften und Dolmetschern fehlt. Solche und ähnliche Schwachstellen können und müssen beseitigt werden. An den Kosten darf das nicht scheitern. Es wäre unverantwortlich, den Rechtsschutz in den für die Betroffenen existenzwichtigen Asylverfahren drastisch einzuschränken, weil man die Geldmittel für die verwaltungstechnische Verfahrensbeschleunigung nicht aufwenden will.
    Der vorliegende Entwurf enthält überzeugende Lösungen sowohl für das Verwaltungs- als auch für das Gerichtsverfahren. Das Verwaltungsverfahren wird so ausgestaltet, daß das gerichtliche Verfahren zügiger ablaufen kann. Durch die Pflicht der Behörde, den Asylbewerber persönlich anzuhören, wird vermieden, daß vor Gericht das nachgeholt werden muß, was zweckmäßigerweise schon im Verwaltungsverfahren erfolgt.
    Auch die Vorschriften über die Zustellung haben eine erheblich beschleunigende Wirkung. Der relativ häufige Wohnsitzwechsel hat in der Vergangenheit bei Asylbewerbern zu beträchtlichen Verzögerungen geführt, weil die neue Anschrift nicht ermittelt werden konnte. Dieser Zeitverlust wird entfallen, wenn der Asylbewerber künftig Zustellungen und Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die er angegeben hat, gegen sich gelten lassen muß.
    Die Bundesregierung begrüßt besonders, daß die Zulassungsberufung allseits als ein geeignetes Mittel angesehen wird, um das gerichtliche Verfahren zu straffen. Der Katalog der Zulassungsgründe soll auf die unumgänglich notwendigen Fälle der grundsätzlichen Bedeutung, der Divergenz und der schwerwiegenden Verfahrensmängel beschränkt



    Bundesminister Dr. Schmude
    werden. Diese Zulassungsberufung wird darüber hinaus die dringend erforderliche Entlastung des Bundesverwaltungsgerichts bringen. Den Richtern des Bundesverwaltungsgerichts danke ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihren engagierten Arbeitseinsatz. Nach der Einführung der Zulassungsberufung im Asylrecht wird das Gericht seiner eigentlichen Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu wahren und das Recht fortzuentwickeln, wieder verstärkt Aufmerksamkeit widmen können.
    Über die im Entwurf vorgesehene Regelung für offensichtlich unzulässige oder offensichtlich unbegründete Klagen bestehen — wir haben das auch in dieser Debatte wieder gehört — unterschiedliche Auffassungen. Rechtsausschuß und Bundesregierung sind sich allerdings darin einig, daß für Asylbegehren, die erkennbar aussichtslos sind, ein selbstverständlich rechtsstaatliches, aber gestrafftes Verfahren zur Verfügung stehen muß. Nur so kann den Ausländern wirksam begegnet werden, die zu asylfremden Zwecken einreisen und hier Aufenthalt suchen.
    Die Opposition und einige Länder möchten in den offensichtlich unbegründeten Fällen den Rechtsschutz auf das Eilverfahren über den Aufschub der Vollstreckung beschränken, ohne die sonst in diesen Verfahren übliche Beschwerdemöglichkeit. Für die erste Prüfung soll dabei dann auch noch die Ausländerbehörde zuständig sein. In der öffentlichen Anhörung haben sich die schon vorher bestehenden Zweifel an einem derartigen Rechtsschutzmodell weiter verstärkt. Keiner der angehörten Richter verspricht sich davon eine Beschleunigung der Verfahren. Im Gegenteil, die Praxis befürchtet, daß die Gerichte durch die von Bundesrat und Bundestagsopposition empfohlene Lösung letztlich in noch größerem Umfang belastet werden würden. In vielen Fällen werde das einstweilige Verfahren faktisch zu einem Hauptsacheverfahren werden, weil es unvermeidlich sei, den Asylbewerber anzuhören und Beweise zu erheben. Zudem sei absehbar, daß sich nicht selten an das einstweilige Verfahren nach dessen Abschluß ein Verfahren in der Hauptsache anschließen werde.
    Der für das einstweilige Verfahren vom Bundesrat wie von der Opposition vorgeschlagene Rechtsmittelausschluß würde gerade in dem sensiblen Bereich des Asylrechts eine Nachprüfung der Entscheidung völlig ausschließen und damit gerade hier ein ausgeprägtes Sonderrecht schaffen. Wir sollten es doch nicht erst darauf ankommen lassen, daß uns nach Fehlentscheidungen und Abschiebungen die schrecklichen Folgen für die Betroffenen in der Presse vorgeführt werden, sondern von vornherein eine gewisse Korrekturmöglichkeit belassen. Sonst würden wir auch in Kauf nehmen, daß der Rechtsmittelausschluß zu einer nicht mehr kalkulierbaren Belastung des Bundesverfassungsgerichts führt. Entfiele die Möglichkeit einer Nachprüfung der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung, würde das ohnehin stark belastete Bundesverfassungsgericht nach aller Voraussicht mit Verfassungsbeschwerden von Asylbewerbern überhäuft, die sich auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör berufen. Nur die Möglichkeit, Verfahrensfehler innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu beheben, hält das Bundesverfassungsgericht von einem Geschäftsanfall frei, den es nach seiner Aufgabenstellung und auch nach seiner Ausstattung gar nicht bewältigen könnte.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das kann natürlich sowieso kommen!)

    Das ist in der gegenwärtigen Zeit nicht der Fall; aber wir würden einen neuen Strom von Verfassungsbeschwerden dorthin lenken. Dieser Punkt ist bisher in der Debatte noch nicht erwähnt worden, und ich empfehle ihn deshalb nachdrücklich Ihrer Aufmerksamkeit. Deshalb ist die Regelung des vorliegenden Gesetzentwurfs unverzichtbar, die eine vollständige gerichtliche Überprüfung des Asylbescheids und die weitere Überprüfung dieser Entscheidung zumindest in einem kurzen Beschwerdeverfahren ermöglicht, in dem es darum geht, ob in der ersten Instanz ein schwerwiegender Verfahrensfehler geschehen ist.
    Namens der Bundesregierung danke ich dem Rechtsausschuß für seine gründliche und überaus ergiebige Arbeit. In seiner vorliegenden Gestalt wird der Entwurf eine weitgehende Beschleunigung der Asylverfahren ermöglichen. Gleichzeitig verwirklicht er in ausreichendem Maß das vom Grundgesetz verbürgte Recht auf wirksamen Rechtsschutz. Den sprichwörtlichen kurzen Prozeß, zu dem uns Herr Schöfberger schon einige einprägsame Worte gesagt hat, wird es dabei nicht geben, und es darf ihn auch nicht geben. Wer den rigorosen Abbau des Rechtsschutzes im Verfahren über das Asylrecht fordert, mag auch die Präzedenzwirkung bedenken und scheuen. Wo es dann um weniger wichtige andere Rechte geht, würde man sich der Forderung nach gleichartigen und auch weiter reichenden Einschnitten in den Rechtsschutz nicht entziehen können

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Bedenken wir bitte, daß der Asylanspruch in der Bundesrepublik Deutschland aus guten Gründen den hohen Rang eines Grundrechts erhalten hat. Ich bin Herrn Ministerpräsidenten Börner dankbar dafür, daß er an diese Gründe erinnert hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nicht nur er!)

    Allzu viele haben diese Gründe, die notvollen Erlebnisse deutscher Emigranten während der Naziherrschaft leider vergessen oder verdrängt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Bohl [CDU/CSU]: Nennen Sie doch mal Namen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wen meinen Sie denn da?)

    Erich Maria Remarque schildert solche Emigrantennot in seinem Buch „Die Nacht von Lissabon" mit den Worten:
    Der Emigrant muß verbluten im Gestrüpp der verweigerten Ein- und Ausreisevisa, der unerreichbaren Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen, der Internierungslager, der Bürokratie, der Einsamkeit, der Fremde und der entsetzlichen allgemeinen Gleichgültigkeit gegen das Schicksal des einzelnen, die stets die Folge von Krieg,



    Bundesminister Dr. Schmude
    Angst und Not ist. Der Mensch ist nichts mehr, ein gültiger Paß ist alles.
    Lassen wir uns, meine Damen und Herren, bitte von diesen Worten anrühren und daran erinnern, daß es beim Asylrecht auch um unsere eigene Sache geht, um Grundsätze und Maßstäbe, an denen wir messen lassen müssen, was wir aus unserer Vergangenheit gelernt haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Lassen wir uns nicht durch eine Diskussion über Zahlen und Probleme davon ablenken, daß es bei den Asylbewerbern um Menschen geht, um viele und doch jeweils einzigartige menschliche Schicksale. Daß wir das wissen und ernsthaft Konsequenzen daraus ziehen, muß, ob es nun im Einzelfall zur Ablehnung oder Anerkennung kommt, auch künftig in unserem Asylrecht und in unserer Asylpraxis sichtbar sein. Ich bin der Überzeugung, daß der vorliegende Gesetzentwurf das gewährleistet, und empfehle ihn deshalb nachdrücklich zur Annahme.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)