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ID0910101300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6089 A Bestimmung des Abg. Dr. Bötsch zum ordentlichen Mitglied im Gemeinsamen Ausschuß 6089 B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Asylverfahren (Asylverfahrensgesetz) — Drucksachen 9/221, 9/875 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 9/1649 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/1630 — Dr. Bötsch CDU/CSU 6089 C Dr. Schöfberger SPD 6093 B Engelhard FDP 6097 A Dr. Vogel, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 6099 D Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 6102 D Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . 6104A Lummer, Senator des Landes Berlin . 6106A Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 6108 B Baum, Bundesminister BMI 6112 B Fellner CDU/CSU 6115 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 6117 D Dr. Hirsch FDP 6120 C Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU . . . 6122 B Coppik fraktionslos 6124A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Sommerzeit in den Jahren 1980 und 1981 — Drucksachen 9/1583, 9/1646 — . . . 6126C Nächste Sitzung 6126 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6127*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6127* B Anlage 3 Einleitung von Berufungsverfahren durch den Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten nach erstinstanzlicher Anerkennung des Rechts auf Asyl MdlAnfr 48, 49 07.05.82 Drs 09/1631 Topmann SPD SchrAntw StSekr Dr. Hartkopf BMI . . 6127* D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 Anlage 4 Grund für den Kriegswaffenlieferstopp gegenüber Argentinien; Anwendung des Kriegswaffenkontrollgesetzes bei künftigen friedenstörenden Handlungen MdlAnfr 79 07.05.82 Drs 09/1631 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* B Anlage 5 Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes hinsichtlich der Waffenlieferungen an Argentinien; Beratung über Ausnahmegenehmigungen im Bundestag MdlAnfr 80, 81 07.05.82 Drs 09/1631 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6128* C Anlage 6 Umfang der noch nicht abgewickelten Waffengeschäfte mit Argentinien; Zahlungsfähigkeit Argentiniens MdlAnfr 83 07.05.82 Drs 09/1631 Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*A Anlage 7 Höhe des Strompreises aus Kernkraftwerken bei Einbeziehung der Aufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie; Entwicklung des Anteils der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 MdlAnfr 88, 89 07.05.82 Drs 09/1631 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129* B Anlage 8 Nutzung der Westkredite an Polen zur billigen Beschaffung westlicher Güter durch die Sowjetunion MdlAnfr 90, 91 07.05.82 Drs 09/1631 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 6129*C Anlage 9 Wettbewerbsverzerrung durch spezielle Agrarkreditsysteme in einigen Bundesländern MdlAnfr 92 07.05.82 Drs 09/1631 Borchert CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130*A Anlage 10 Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs Gallus über die Schließung von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik; Koordinierung der Forschung der Bundesländer über die Ursachen des Tannensterbens MdlAnfr 93, 94 07.05.82 Drs 09/1631 Paintner FDP SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6130* B Anlage 11 Verbot von Fleischimporten aus Dänemark angesichts der dort herrschenden Maul-und Klauenseuche MdlAnfr 95, 96 07.05.82 Drs 09/1631 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131*A Anlage 12 Verbot der Verwendung von Endrin und Lindan angesichts des Vogelsterbens am Bodensee MdlAnfr 97, 98 07.05.82 Drs 09/1631 Bindig SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 6131* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6089 101. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 5. Dr. van Aerssen * 14. 5. Bahr 14. 5. Böhm (Melsungen) ** 14. 5. Conrad (Riegelsberg) 14. 5. Dallmeyer 14. 5. Dr. Dregger 14. 5. Dr. Ehmke 14. 5. Dr. Ehrenberg 14. 5. Dr. Emmerlich 14. 5. Dr. Enders ** 14. 5. Francke (Hamburg) 14. 5. Frau Fuchs 14. 5. Gattermann 14. 5. Frau Geier 14. 5. Gerlach 14. 5. Glos 14. 5. Dr. Götz 14. 5. Handlos 14. 5. Frau Dr. Hellwig 14. 5. Herterich 14. 5. Frau Huber 14. 5. Ibrügger 14. 5. Dr. Kohl 14. 5. Dr. Kreile 14. 5. Frau Dr. Martiny 14. 5. Müller (Bayreuth) 14. 5. Neuhaus 14. 5. Neumann (Bramsche) 14. 5. Frau Dr. Neumeister 14. 5. Offergeld 14. 5. Dr. Pinger 14. 5. Dr. Rumpf 14. 5. Dr. Schneider 14. 5. Frau Schuchardt 14. 5. Dr. Solms 14. 5. Stockleben 14. 5. Voigt (Frankfurt) 14. 5. Dr. von Wartenberg 14. 5. Wehner 14. 5. Frau Dr. Wex 14. 5. Frau Dr. Wilms 14. 5. Frau Dr. Wisniewski 14. 5. Dr. Wörner 14. 5. Dr. Zumpfort 14. 5. Zywietz 14. 5. • für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Anlagen zum Stenographischen Bericht Bericht der Bundesregierung über ihre Maßnahmen zur Förderung der ostdeutschen Kulturarbeit gemäß § 96 BVFG in den Jahren 1979 und 1980 (Drucksache 9/1589) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Bericht der Bundesregierung über die künftige Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" hier: Rahmenplan 1983 bis 1986 (Drucksache 9/1597) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zum Bau eines Tunnels unter dem Ärmelkanal (Drucksache 9/1638) zuständig: Ausschuß für Verkehr Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 12. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine zweite Richtlinie des Rates zur Regelung der Sommerzeit (Drucksache 9/405 Nr. 25) Entwurf einer Richtlinie des Rates über die von den Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über die Verdienste der ständig und saisonal in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter (Drucksache 9/1041 Nr. 15) Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mit Schreiben vom 8. Mai 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Abschluß des Übereinkommens über den grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen (ASOR) (Drucksache 9/1272 Nr. 45) Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Fragen des Abgeordneten Topmann (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 48 und 49): Stimmt die Behauptung, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten grundsätzlich auf Formblatt Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eines Verwaltungsgerichts einlegt, wenn darin einem Asylbewerber das Recht auf Asyl zugestanden wird, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls eine solche Vorgehensweise unter dem Gesichtspunkt, Asylverfahren beschleunigt abzuwickeln? Wie hoch ist die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Berufungsverfahrens, das der Bundesbeauftragte nach einem erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsurteil anstrengt, und um welchen Zeitraum wird dadurch ein Asylverfahren verlängert? Zu Frage 48: Die Behauptung, der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten würde gegen jedes erstinstanzliche Urteil, mit dem einem Asylsuchenden das Asylrecht zuerkannt wird, grundsätzlich Berufung einlegen, trifft nicht zu. Die Dienststelle des Bundesbeauftragten ist schon aus personellen Gründen nicht in der Lage, jede Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Hauptaufgabe des Bundesbeauftragten liegt 6128* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 heute darin, im Rahmen seiner Beteiligung und ggf. durch Rechtsmitteleinlegung einem Auseinanderlaufen der Rechtsprechung der verschiedenen Verwaltungsgerichte entgegenzuwirken und bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen. Im Rahmen dieser Aufgabenstellung erfolgt auch die Berufungseinlegung. Die 1980 erfolgte Dezentralisierung der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit hat allerdings eine Zunahme der Zahl der eingelegten Berufungen zur Folge. Zwar erfolgt die Berufungseinlegung — schon aus Gründen der Fristwahrung — überwiegend formularmäßig; die Berufungsbegründung erfolgt jedoch individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Zu Frage 49: Von den in den Jahren 1980 bis 1982 eingelegten Berufungen des Bundesbeauftragten wurden bisher 42 entschieden. In 40 Fällen wurde der Berufung des Bundesbeauftragten stattgegeben, lediglich in 2 Fällen wurde die Berufung zurückgewiesen. Der Zeitraum, um den sich ein Asylverfahren durch Einlegung der Berufung verlängert, ist unterschiedlich und hängt von der durchschnittlichen Dauer des Berufungsverfahrens bei den einzelnen Oberverwaltungsgerichten ab. Bei der hohen Erfolgsquote der Berufungen des Bundesbeauftragten kommt der Verfahrensverlängerung unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Entscheidung keine Bedeutung zu. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 79): Warum hat die Bundesregierung erst am 7. April 1982 einen Lieferstopp für Kriegswaffen, Munition und Rüstungsgüter verhängt, und ist gewährleistet, daß bei zukünftigen friedenstörenden Handlungen das Kriegswaffenkontrollgesetz unverzüglich Anwendung finden kann? Argentinien hat am 2. April 1982 die Falkland-Inseln besetzt. Danach wurde unverzüglich geprüft, ob Ausfuhren anstehen, die Argentinien Waffen vermittelt hätten, die in dem Konflikt — mithin bei einer friedenstörenden Handlung — verwendet werden könnten. Der Bundesminister für Wirtschaft hat zudem — und zwar bereits am Montag, dem 5. April 1982 — das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft angewiesen, ab sofort und bis auf weiteres keine neuen Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter nach Argentinien zu erteilen. Gleichzeitig wurde geprüft, welche weitergehenden Maßnahmen getroffen werden sollten. Diese Prüfung — auch in engem Kontakt mit Großbritannien und den übrigen EG- und Bündnispartnern — führte dann zu dem von Ihnen zitierten Beschluß der Bundesregierung vom 7. April 1982, der u. a. vorsieht, Waffenlieferungen an Argentinien zu verhindern. Im Anschluß an diesen Beschluß wurde dann umgehend durch geeignete Maßnahmen wie Anweisungen an die Zollämter und Auflagen zu erteilten Genehmigungen sichergestellt, daß keine Waffenlieferungen nach Argentinien erfolgen. Die dargestellte Chronologie der einzelnen Maßnahmen macht deutlich, daß die Bundesregierung unverzüglich auf die Ereignisse im Südatlantik reagiert hat und dabei insbesondere auch den Erfordernissen des Kriegswaffenkontrollgesetzes gerecht geworden ist. Die Bundesregierung sieht hiernach keine Veranlassung zu weitergehenden Vorkehrungen für etwaige künftige friedenstörende Handlungen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 80 und 81): Wann wird die Bundesregierung in bezug auf Waffenlieferungen für Argentinien die zur Einhaltung des Kriegswaffenkontrollgesetzes notwendigen Maßnahmen nach § 7 des Kriegswaffenkontrollgesetzes beschließen, oder ist eine Änderung des Gesetzes mit rückwirkender Kraft beabsichtigt? In welcher Weise werden nach den neuen Waffenexportrichtlinien in Zukunft Einzelentscheidungen über die Ausnahmen von der restriktiven Exportpolitik Gegenstand der Beratungen im Parlament sein? Zu Frage 80: Nach § 7 Kriegswaffenkontrollgesetz können Genehmigungen nach dem KWKG jederzeit widerrufen werden. Sie müssen widerrufen werden — und darauf scheint Ihre Frage abzustellen —, wenn ein zwingender Versagungsgrund nachträglich eingetreten ist. Ein zwingender Versagungsgrund bei den in Frage stehenden Argentinien-Genehmigungen setzt zweierlei voraus: Es muß eine friedenstörende Handlung vorliegen und es muß die Gefahr bestehen, daß die Kriegswaffen bei einer friedenstörenden Handlung verwendet werden. Die erste Voraussetzung ist gegeben; die zweite insofern nicht, als Argentinien aufgrund keiner der noch offenen Genehmigungen in den Besitz von Kriegswaffen gelangen könnte, die aus heutiger Sicht im Falklandkonflikt eingesetzt werden könnten. Zu Frage 81: Es ist von der Bundesregierung angeregt worden, künftig in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Einzelfällen des Rüstungsexports, die im Bundessicherheitsrat zur Entscheidung anstehen, die Fraktionsvorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und einen weiteren von den Fraktionsvorsitzenden zu bestimmenden Abge- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6129* ordneten vorab zu informieren und die Einzelfälle mit ihnen zu erörtern. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretär Grüner auf die Frage des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 9/1631 Frage 83): Auf welche Summe beziffern sich noch nicht abgewickelte Waffengeschäfte Argentiniens mit deutschen Lieferanten und wie beurteilt die Bundesregierung die Zahlungsfähigkeit Argentiniens? Ob, und in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Firmen von erteilten Genehmigungen Gebrauch machen, kann nur durch umfangreiche Recherchen festgestellt werden. Ich kann Ihnen deshalb keine Angaben darüber machen, welcher wertmäßige Lieferumfang bisher noch nicht abgewickelt ist. Die Frage der Zahlungsfähigkeit eines Landes wird bei Entscheidungen über Bürgschaften und Garantien stets sorgfältig beobachtet. Das gilt auch für Argentinien. Verläßliche Angaben über die Wirtschafts- und Devisenlage Argentiniens seit Anfang April liegen gegenwärtig nicht vor. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Durcksache 9/1631 Fragen 88 und 89): Um wieviel müßte sich das Kilowatt Strom aus Kernkraftwerken verteuern, wenn die 13,6 Milliarden DM, die bisher als finanzielle Gesamtaufwendungen zur Erforschung und Entwicklung der Atomenergie von der öffentlichen Hand insgesamt aufgebracht wurden, in die Preiskalkulation der Energieversorgungsunternehmen eingingen? Wie hat sich der Anteil der privaten Haushalte am Stromverbrauch seit 1970 jährlich entwickelt? Zu Frage 88: Die öffentliche Hand wendet in vielen Bereichen erhebliche Mittel für Forschung und Entwicklung, aber auch — z. B. bei der Steinkohle — zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftszweiges auf. Diese Leistungen können, wenn überhaupt, nur in sehr beschränktem Maße den Produktionskosten der jeweiligen Güter zugerechnet werden. Dies gilt auch für die von Ihnen genannten 13,6 Mrd. DM an Kernenergieaufwendungen der öffentlichen Hand. Dieser Betrag umfaßt, wie sich aus der Antwort des BMFT auf Ihre Fragen am 28. April 1982 ergibt, außerdem unterschiedliche Fördergegenstände wie z. B. auch die Aufwendungen der öffentlichen Hand für fortgeschrittene Reaktorlinien, insbesondere SNR und THTR, die technologische Optionen weiterer kernenergetischer Entwicklungen offenhalten sollen. Wie bei anderen Forschungssubventionen auch ergäbe sich hier das Problem der Aufteilung auf eine zukünftige Produktion aus einer unbekannten Zahl von Anlagen und Jahren. Forschungs-und Entwicklungsaufwendungen haben zudem industriepolitische Aspekte; sie dienen dem Ausbau eines technischen Potentials, dessen künftige Nutzung ungewiß und nicht unbedingt auf einen bestimmten Bereich der Energiewirtschaft bzw. die Energiewirtschaft überhaupt beschränkt ist. Eine von Methode und Ergebnis befriedigende Zurechnung der 13,6 Mrd. DM auf die Stromerzeugungskosten aus Kernenergie ist daher nicht möglich. Zu Frage 89: Der Stromverbrauch der privaten Haushalte ist von 43 075 GWh im Jahre 1970 auf 67 810 GWh im Jahre 1975 und 85 551 GWh im Jahre 1980 angestiegen. Der Gesamtstromverbrauch betrug zum Vergleich 218 576 GWh im Jahre 1970, 274 871 GWh im Jahre 1975 und 336 919 GWh im Jahre 1980. Der Haushaltsanteil ist damit von 19,7 % auf 25,4 % gestiegen. Die jährliche Verbrauchssteigerung im Haushaltsbereich hat sich dabei aber sehr stark von mehr als 10 % Anfang der 70er Jahre auf weniger als 3 % 1980 abgeflacht. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 9/ 1631 Fragen 90 und 91): Ist sich die Bundesregierung der Tatsache bewußt, daß etwa seit dem Jahr 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt worden ist, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen, indem diese von Polen im Westen gekauft und an die Sowjetunion weitergeliefert werden mußten? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Sowjetunion bei eigenen Warenkäufen im Westen einen realistischen Wechselkurs von rund 2 Rubel für einen Dollar aufbringen muß, daß aber bei Käufen in Polen oder anderen Staatshandelsländern von der Sowjetunion nur ein sogenannter Transferrubel auf der Basis von 0,62 Rubel für 1 Dollar gezahlt wird und daß hierdurch eine wirtschaftliche Ausbeutung Polens in gigantischem Ausmaß verursacht worden ist? Zu Frage 90: Der Bundesregierung sind keine Fakten bekannt, die darauf hindeuten, daß seit 1976 der überwiegende Teil der Westkredite an Polen dazu benutzt wurde, für die Sowjetunion hochspezialisierte Güter westlicher Produktion billig zu beschaffen. Zu Frage 91: Der Rubel ist, wie die Währungen der anderen RGW-Staaten, nicht konvertibel. Die UdSSR ist daher gezwungen, bei Warenkäufen in westlichen Ländern in Hartwährungen zu kontrahieren, so daß die Frage des Wechselkurses sich nicht stellt. Zur Frage, ob die interne Bewertung des Transferrubels angemessen ist, kann die Bundesregierung keine gesicherte Feststellung treffen. Soweit die Bundesregierung Kenntnis von der Praxis des RGW-internen Handels hat, nimmt sie an, daß ent- 6130* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 sprechend dem dort angewandten besonderen Preisfestsetzungsmechanismus weder die Exporte Polens in die UdSSR noch die sowjetischen Exporte nach Polen in allen Fällen zu Weltmarktpreisen erfolgen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Borchert (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Frage 92): Ist es der Bundesregierung bekannt, daß es in einigen Bundesländern landeseigene spezielle Argarkreditsysteme bzw. landwirtschaftliche Existenzsicherungsprogramme gibt, und was gedenkt die Bundesregierung gegen die hierdurch auftretenden Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu tun? Die Bundesländer sind berechtigt, unterschiedliche Landesförderungsmaßnahmen außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" durchzuführen. Von dieser Möglichkeit haben insbesondere die Flächenstaaten mit landeseigenen Agrarkreditprogrammen bzw. landwirtschaftlichen Existenzsicherungsprogrammen Gebrauch gemacht. Der Subventionswert der Agrarkreditprogramme ist — gemessen an den Konditionen des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms — gering. Die Agrarkreditprogramme sind in erster Linie auf Landwirte ohne Betriebsentwicklungsplan ausgerichtet. Bei dieser Ausgestaltung sind Wettbewerbsverzerrungen nicht zu erwarten. Im übrigen wird auf Bundesebene seit 1978 der Bereich investiver Maßnahmen durch das spezielle Agrarkreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau abgedeckt, das sich für die Jahre 1982 und 1983 auf 370 Mio. belaufen wird. Die in einigen Ländern bestehenden Konsolidierungsprogramme beschränken sich im wesentlichen auf die Umschuldung kurzfristiger Verbindlichkeiten stark verschuldeter Betriebe. Wettbewerbsverzerrungen scheiden bei dem im Grunde sozialen Charakter dieser Maßnahmen aus. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Paintner (FDP) (Drucksache 9/1631 Fragen 93 und 94): Trifft es zu, wie vom baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Weiser behauptet, daß der Parlamentarische Staatssekretär Gallus die Aufgabe von 100 000 Betrieben als einzige Alternative der Agrarpolitik ansieht, und was hat es mit diesen 100 000 Betrieben wirklich auf sich? Hat die Bundesregierung einen Überblick darüber, was auf dem Gebiet der Ursachenforschung für das „Tannensterben" tatsächlich geschieht, nachdem — wie in der Fernsehsendung „Report" im März behauptet — in Sachen „Tannensterben" jedes einzelne Bundesland unkoordiniert nach den Ursachen forschen läßt? Zu Frage 93: Die Behauptung trifft nicht zu. In der Landwirtschaft findet weiterhin ein mehr oder minder starker struktureller Wandel statt, der von den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den landwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten abhängt. Dieser Wandel äußert sich u. a. in der Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe sowie im Übergang von der Vollerwerbslandwirtschaft zu einer nebenberuflichen Landbewirtschaftung. Davon betroffen sind in erster Linie einkommensschwache Vollerwerbsbetriebe. Bei einer Gliederung der Vollerwerbsbetriebe nach der Höhe ihrer Einkommen wurden im Wirtschaftsjahr 1979/80 etwa 100 000 und 1980/81 noch rd. 90 000 Betriebe ermittelt, deren durchschnittlicher Gewinn im Wirtschaftsjahr 1979/80 bei 7 590 DM und im besonders ungünstigen Wirtschaftsjahr 1980/81 bei 640 DM je Familien-AK lag. Die Bundesregierung geht davon aus, daß dieser Gruppe von einkommensschwachen Betrieben — auch wenn sie kein einheitliches Bild darstellt und ein Teil der Betriebe im Zeitablauf in Gruppen mit höherem Einkommen aufsteigt — nur in geringem Umfang mit den Mitteln der Markt- und Preispolitik ein zufriedenstellendes Einkommen zu ermöglichen ist. Trotz der angespannten Arbeitsmarktlage wird der Strukturwandel in der Landwirtschaft weitergehen, nicht zuletzt deshalb, weil für zahlreiche Betriebe ein Hofnachfolger fehlt. Im übrigen bleibt es der Entscheidung des Hofnachfolgers überlassen, ob er den Hof im Vollerwerb oder im Nebenerwerb weiter bewirtschaften möchte. Zu Frage 94: Die Bundesregierung ist über die laufenden Vorhaben zur Erforschung der Ursachen der auftretenden Waldschäden informiert. Sie unterrichtet ihrerseits die Bundesländer über diese Vorhaben. Der Bundesernährungsminister hat mit Sachverständigen der forstlichen Forschung einen „Rahmenplan zur Erforschung umweltbedingter Schäden am Wald" erstellt, der Bund und Ländern zur Koordinierung der Vergabe von Forschungsvorhaben und den Forschungseinrichtungen untereinander zur Koordinierung ihrer Forschungsaktivitäten dient. Das Tannensterben tritt seit 1980 mit besonderer Heftigkeit im natürlichen Verbreitungsgebiet der Weißtanne, d. h. in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg auf. Deshalb haben insbesondere diese beiden Bundesländer auch ihrerseits Vorhaben zur Klärung der Krankheitsursachen vergeben. Die anderen Länder, so z. B. auch das Land Hamburg haben Vorhaben zur Klärung der an anderen Baumarten aufgetretenen Schäden finanziert. Auch zur Durchführung der „immissionsökologischen Waldzustandserfassung" haben die Bundesländer ein einheitliches Verfahren beschlossen. Diese Waldzustandserfassung dient der fortlaufenden Beobachtung der Immissionsbelastung des Wal- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1982 6131* des und erlaubt Rückschlüsse auf die Waldschadenssituation. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/1631 Fragen 95 und 96): Wird die Bundesregierung ihre Haltung in bezug auf eine Sperrung der Grenze nach Dänemark für Fleischimporte überprüfen, nachdem feststeht, daß die Maul- und Klauenseuche nicht nur auf Fünen, sondern auch auf Seeland ausgebrochen ist? Wenn die Bundesregierung die Grenze nach Dänemark wegen der dort herrschenden Maul- und Klauenseuche nicht sperrt, ist sie dann bereit, die volle Haftung bei Folgeschäden zu übernehmen? Der Maul- und Klauenseucheausbruch im Südwesten der dänischen Insel Seeland am 4. Mai 1982 ist der erste Fall außerhalb des bisherigen Seuchengebietes auf der Insel Fünen. Das Ergebnis der epidemiologischen Bewertung dieser neuen Entwicklung hat mich veranlaßt, sofort eine Rechtsverordnung aufgrund § 7 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes zu erlassen, mit der insbesondere die Einfuhr und Durchfuhr lebender Klauentiere sowie die Einfuhr frischen Fleisches mit Herkunft vom gesamten Gebiet der dänischen Inseln Fünen und Seeland verboten werden. Die Verordnung vom 6. Mai 1982 wurde im Bundesanzeiger Nr. 86 vom 8. Mai verkündet und ist am 9. Mai in Kraft getreten. Die Verbotsmaßnahmen erfüllen das Gebot der Verhältnismäßigkeit und sind fachlich ausreichend, um den verfolgten Zweck der Seuchenabwehr zu gewährleisten. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 9/1631 Fragen 97 und 98): Kann die Bundesregierung angesichts des großen Vogelsterbens am Bodensee, welches auf die Verwendung des hochgiftigen Mittels Endrin zurückzuführen ist, angeben, in welcher Menge in der Bundesrepublik Deutschland chlorierte Kohlenwasserstoffe (Endrin, Lindan) verwendet werden? Ist die Bundesregierung bereit, den Vertrieb, die Einfuhr und die Verwendung von Endrin und Lindan zu verbieten, und wann kann eine solche Verbotsregelung frühestens wirksam werden? In der Bundesrepublik Deutschland werden nach Angaben des Industrieverbandes Pflanzenschutz 10-20 t Endyin und 170-180 t Lindan jährlich im Pflanzenschutz angewandt. ,Es besteht der begründete Verdacht, daß das Vogelsterben am Bodensee Sauf die Anwendung von Endrin zur Bekämpfung von Wühlmäusen in Obstanlagen zurückzuführen ist. Ein Zusammenhang zwischen der Anwendung des Pflanzenschutzmittels Lindan und dem Vogelsterben kann dagegen wohl ausgeschlossen werden. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft prüft derzeit im Rahmen ihrer Aufgabenstellung nach dem Pflanzenschutzgesetz intensiv die Sachlage. Das Land Baden-Württemberg wurde deshalb gebeten, seine einschlägigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, so plant die Bundesregierung, die für Endrin seit langem bestehende Anwendungsbeschränkung ehestmöglich in ein Anwendungsverbot umzuwandeln. Vorsorglich wird bereits jetzt ein entsprechender Entwurf zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung mit den Ländern, deren Zustimmung hier erforderlich ist, beraten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans A. Engelhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der ersten Lesung des Koalitionsentwurfs am 22. Oktober des letzten Jahres haben wir einiges Prinzipielle über die Bedeutung des Asylrechts gesagt, auch für unser eigenes staatliches Selbstverständnis als Bundesrepublik Deutschland. Ich möchte das nicht wiederholen und brauche es nicht; die grundsätzliche Übereinstimmung aller drei Fraktionen dieses Hauses ist zu Protokoll festgehalten.
    Wir waren uns damals aber auch darüber einig, daß, auf Dauer gesehen, das Asylrecht auch in der Zustimmung der Bevölkerung nur dann Bestand haben kann, wenn es gelingt, dieses Grundrecht vom vieltausendfachen Mißbrauch zu befreien. Bei diesem Versuch habe ich mich j a nicht nur mit Ihnen, Herr Kollege Dr. Bötsch, und Ihren politischen Freunden auseinanderzusetzen, sondern ich sehe sehr wohl, daß es auch durchaus ernst zu nehmende, seriöse Stimmen gibt, die da sagen, es werde jetzt darangegangen, überhaupt den Rechtsschutz für den Bürger in dieser Republik zurechtzustutzen und zurückzudrehen, und das was wir hier beim Asylrecht unternehmen, sei j a erst ein Beginn. Ich glaube, auch solchen Ängsten muß man mit allem Nachdruck entgegentreten, ganz einfach deswegen, weil das auf dem Mißverständnis beruht, als könne der Rechtsstaat allein durch Abzählen der Gerichtsinstanzen beurteilt werden, ob er ein guter oder ein weniger guter Rechtsstaat ist.
    Wir legen umgekehrt Wert darauf: wenn wir jetzt einen neu beratenen Entwurf zum Asylverfahren vorlegen, soll dies kein Präjudiz für alle Verfahrensordnungen sein, insbesondere auch nicht für die Verwaltungsprozeßordnung. Der Grund solcher Unterscheidung liegt nicht darin, daß wir sagen, im sonstigen Verwaltungsrecht sind die Kläger meist Deutsche, im Asylrecht sind die Kläger Ausländer, die
    muß man aus diesem Grunde nicht so ernst nehmen und ganz anders behandeln. Nein, der Grund ist ein ganz sachgerechter, wenn man es sich richtig überlegt.
    Die lange Verfahrensdauer bei unseren Gerichten mag für die Betroffenen in vielen Fällen materielle und immaterielle Schäden bedeuten. Das bringt Ärger. Das kann auch für die ganze Rechtsgemeinschaft zum Ärgernis werden. Aber das Besondere im Asylrecht ist doch dies, daß die Verfahrensdauer identisch ist mit jenem Zeitraum, währenddessen auch ein schließlich oft nach vielen Jahren erst endgültig abgelehnter Antragsteller das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet hat, und dies auf Kosten der Sozialhilfe; dies kommt hinzu. Und wir wissen auch: je später er dann schließlich in sein Heimatland abgeschoben wird, desto mehr schließt diese Maßnahme die Gefahr der Inhumanität in sich. Deswegen meine ich, wir hätten es nie — auch in früheren Zeiten — überhaupt je so weit kommen lassen dürfen.

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Da sind nicht nur wir und ist nicht nur diese Bundesregierung angesprochen, sondern ich will es ganz klar sagen. Wir sollten einmal über den Tag hinaus darüber nachdenken, woher es eigentlich kommt, daß unser Handlungsbedarf immer nur aus dem Druck der Verhältnisse erwächst.
    Sollte man eigentlich — das hätte vor ganz vielen Jahren aus den von mir geschilderten prinzipiellen Erwägungen geschehen müssen — nicht etwas rechtzeitig tun, nicht, weil man in Druck ist, sondern weil man es als das Richtige, das Sachgerechte für diesen Staat und seine Bürger, aber auch für die . betroffenen Asylbewerber erkannt hat? Und daher ist, glaube ich, der Streit jetzt müßig, und der Stolz des Bundesrats, einige Monate früher mit einem Entwurf — einem höchst lückenhaften! — dagewesen zu sein, schmilzt doch zu einem fast lächerlichen Stolz zusammen, wenn man die Dimension sieht, daß alle politischen Kräfte dieses Landes, als es noch nicht so viele Asylbewerber waren, keinen Anlaß gesehen haben, aus grundsätzlichen Erwägungen dieses Verfahren anders und sachgerechter zuzuschneiden.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Seit 1977 haben wir darauf hingewiesen!)

    Das soll doch mal zurechtgerückt werden.
    Die entscheidende Wende bei den Beratungen im Rechtsausschuß war ganz sicher das Hearing vom 12. März 1982.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Bei Ihnen vielleicht! — Bohl [CDU/CSU]: Für wen denn? — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Seien Sie vorsichtig mit der Wende! — Bohl [CDU/ CSU]: Für wen war es denn eine Wende? — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: So lange hat das gedauert!)

    — Ich denke, die Bedeutung des Hearings richtig
    einzuschätzen, ehrt denjenigen, der das tut, und ich
    glaube, Sie sind nicht gut beraten, wenn Sie dieses



    Engelhard
    Ereignis herunterspielen. Wir waren ganz einfach an einem Punkt angelangt, wo wir doch alle — das müssen wir zugeben, wenn wir ehrlich sind — das Gefühl hatten: Jetzt kommt es nicht allein darauf an, was wir in unserem Engagement und in unserer Klugheit, die wir uns sicher zuschreiben, für richtig halten, sondern jetzt ist die Meinung hoher und höchster Praktiker gefragt, und wir brauchen die Meinung der Richter, besonders was die Realisierung der einzelnen Vorstellungen anlangt.
    Ich muß sagen: Ich bin selten so offen in ein Hearing gegangen, und ich weiß aus Gesprächen mit Kollegen, daß auch sie gesagt haben: Wir halten uns offen. Wenn wir uns in einem Hearing von denen, die angehört werden, natürlich auch nicht diktieren lassen nach dem Motto: Jetzt werden wir euch sagen, was ihr formulieren sollt. Nein! Aber wir waren entschlossen, das ernst zu nehmen und alles, was uns dort überzeugend und glaubwürdig und handfest dargelegt wird, bitter ernst zu nehmen und danach zu handeln. Ich stehe deswegen nicht an, das Hearing als ein bedeutendes rechtspolitisches Ereignis anzusprechen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Schönrederei! Warum haben Sie es nicht früher durchgeführt? — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Da ist Ihnen das aufgegangen?)

    — Ich freue mich ja nicht deswegen so, Herr Kollege Bohl, und ich finde so freundliche Worte für das Hearing nicht deswegen, weil der Bundesratsentwurf dort so schlecht abgeschnitten hat. Nein! Diese Schadenfreude habe ich nicht.

    (Dr. Langner [CDU/CSU]: Aber Sie bringen das trotzdem gern mal an!)

    Ich übersehe j a überhaupt nicht, daß auch der Koalitionsentwurf, Herr Kollege, dort ganz schön gerupft worden ist und daß einige — auch in den Reihen der Koalition — eine ganze Reihe ihrer Vorstellungen nach diesem Hearing nicht länger aufrechterhalten konnten.
    Ich denke, dieses Zusammenstreichen liebgewordener Vorstellungen auf beiden Seiten sollte es uns eigentlich erleichtern, jetzt noch, auch in diesen Stunden noch, zusammenzukommen. Erste Schritte sind ja bei den Beratungen im Rechtsausschuß bereits getan worden.
    Nun ist es heute an der Opposition und morgen, und in naher Zukunft, am Bundesrat, ernsthaft zu überlegen, ob man guten Gewissens an der eigenen Auffassung festhalten und sich über das Votum des Hearings hinwegsetzen kann.
    Ich gehe bloß auf die wichtigsten Punkte ein. Es ist ja eine ganz klare Absage dem Plan erteilt worden, stärkere Kompetenzen auf die Ausländerbehörden zurückzuverlagern, weg vom Bundesamt. Es ist dargelegt worden, daß die Sachaufklärung, die beim Bundesamt besser geleistet werden kann, die Voraussetzung dafür ist, daß die Gerichte bei ihrer Arbeit nicht erst beim Punkt null beginnen müssen, sondern daß sie zügig, aufbauend auf dem, was für sie aufbereitet worden ist, arbeiten können.
    Wir haben weiter auch gehört, welche Ergebnisse es bringt — und das müssen wir jetzt in der ganzen Breite verwirklichen —, wenn man dieses Bundesamt dezentralisiert. Der Modellversuch in Hamburg hat gezeigt, daß die Verfahrensdauer im Verwaltungsverfahren von durchschnittlich einem ganzen Jahr auf die Dauer von nur zwei Monaten zurückgeschraubt werden konnte. Das sind klare, durch die Praxis ausgewiesene Erfolge.
    Dann ist es eine ganz andere Frage — und hier sind wir gerne entgegengekommen —, daß die Ausländerbehörden dafür zuständig sein sollen, unbeachtliche Folgeanträge erst gar nicht dem Bundesamt vorzulegen, um dieses Bundesamt nun nicht seinerseits zu überschwemmen und in seiner sonstigen Tätigkeit zu behindern.
    Sie haben zu Recht, Herr Kollege Dr. Bötsch, darauf hingewiesen, daß der Einzelrichter im Ausschuß gar nicht wieder aufgegriffen worden ist. Aber es ist gesagt worden, im Bundesrat habe man sich davon noch nicht verabschiedet. Ich unterstreiche, was Kollege Dr. Schöfberger sagte. Es ist deutlich geworden, daß die Gerichte, nicht etwa nur aus standespolitischen Überlegungen, sondern einfach von der täglichen Praxis her, zu dem Ergebnis kämen, dann weniger Fälle als „offensichtlich unbegründet" einzustufen, weil viele Richter als Einzelrichter das Gefühl hätten: Da möchte ich schon noch einen über mir zur Kontrolle haben.
    Und vollständig war — hier muß man schon von einem Verriß sprechen - das Votum im Hearing gegen das Eilverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung. Das waren einmal verfassungsrechtliche Bedenken, die zum Ausdruck brachten, daß zumindest eine volle gerichtliche Instanz notwendig sei. Und dann bringt das Eilverfahren von der Beschleunigung her nichts, weil die Richter nicht mitspielen. Sie lassen vom Gesetzgeber nicht alles mit sich machen. Ich halte dies für gut, für richtig und für notwendig, gerade in einem Rechtsstaat. Das ist nicht so grob gesagt worden; aber ich will es hier einmal so ausdrücken: Die Gewährung von Rechtsschutz ist eben etwas anderes als Kartoffeln sortieren oder Rüben verziehen. Und die Richter spielen nicht mit, nur so im Vorbeigehen den berühmten Blick im Eilverfahren auf eine Sache zu werfen und blitzschnell in nicht einmal vernünftig aufbereiteten Fällen zu entscheiden, weil sich der Gesetzgeber dies vielleicht so einbildet und er es für notwendig erachtet. Ich halte es durchaus für gut, daß wir Richter haben, die von ihrem richterlichen Selbstverständnis her bereit sind, in der Arbeitsbelastung und auch in der Art, wie sie arbeiten, bis an die Grenze des Äußersten zu gehen. Und wer neulich im „Spiegel" in dem Interview mit dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts nachgelesen hat, wie dort heute in Asylsachen gearbeitet werden muß, der wird doch zugeben, daß dies konträr zu dem ist, was man von der Arbeitsweise eines obersten Gerichts erwartet und was man ihm zubilligen muß. — Aber die Gerichte sind dazu bereit. Jedoch auch für die Richter läuft eine Grenze. Und diese Grenze müssen wir bei unseren Entscheidungen beachten.



    Engelhard
    Jetzt liegt uns ein Entwurf vor, der voll das Grundrecht auf Asyl bewahrt, der den vollen Rechtsschutz garantiert und der gleichzeitig auf eine wesentliche Beschleunigung der Verfahren angelegt ist. In dem neuen Entwurf, der Grundlage unserer Beratungen im Rechtsausschuß in den letzten Tagen war, ist jetzt sowohl das Verwaltungs- wie das Gerichtsverfahren umfassend, verständlich, in systematischer und übersichtlicher Ordnung dargestellt. Ich möchte ausdrücklich dem Kollegen Dr. Schöfberger danken — auch für unsere ganze Fraktion —, daß er sich als Berichterstatter der Mühe unterzogen hat, in der Osterpause diesen neuen Entwurf zu fertigen, der uns die Arbeit ganz wesentlich erleichtert hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Mir bleibt zum Schluß nur, die Frage zu stellen, wie es jetzt weitergehen soll. Dies ist ein Zustimmungsgesetz, und wir benötigen die Einigung von Bundestag und Bundesrat. Das Votum der Opposition heute ist nicht ausschlaggebend, aber ich möchte um Ihre Zustimmung bitten und werben, weil ich meine, daß diese Zustimmung ein Signal auch für den weiteren Verlauf des Verfahrens wäre. Es muß entschieden werden, ob die drängenden Probleme gelöst werden oder ob alles wieder hängenbleibt. Und diese Entscheidung liegt dann schließlich allein beim Bundesrat.
    Vielleicht, meine Damen und Herren, wird Ihnen auf der Bundesratsseite die Entscheidung dadurch etwas erleichtert, daß dies keine Frage der parteipolitischen Konfrontation ist,

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Das hat Herr Schöfberger hier unter Beweis gestellt!)

    ganz einfach deswegen, weil sich, wie ich weiß, nicht nur die Mitglieder des Bundesrates aus den unionsregierten Ländern schwertun, sondern auch manche der anderen politischen Couleur, die dem Bundesratsentwurf einst teilweise angehangen sind und heute noch anhängen, viele Bedenken haben und auch sie in der Überlegung sind. Aber vielleicht erleichtert dies das Geschäft.
    Ich sage Ihnen — und dies macht die enorme Schwierigkeit aus —: Der Spielraum für den Vermittlungsausschuß ist doch gering. Er ist nicht deswegen so gering, weil wir rechthaberisch wären und sagten: „Lieber lassen wir den ganzen Gesetzentwurf baden gehen, lieber verzichten wir darauf, als etwas von unseren Überzeugungen aufzugeben" — das ist nicht das Problem. Vielmehr tritt an uns doch jetzt, da wir im Hearing beinahe in einer Front in den wesentlichen Punkten gerade dessen, was Sie zentral wollen, eines Besseren belehrt worden sind, die Frage heran, ob wir in und nach einem Vermittlungsverfahren gegen unser besseres Wissen, gegen unsere neu gewonnene Überzeugung, gegen das Votum wichtigster Fachleute und Praktiker unsere Stimme abgeben können. Ich glaube, es ist genügend Zeit — es ist an Ihnen, dies zu tun —, noch einmal darüber nachzudenken, ob auch Sie eigentlich in der Lage sind, sehenden Auges und in Kenntnis der Ergebnisse des Hearings das unzweideutig Falsche zu tun. Umgekehrt ist im Detail auch noch etwas Spielraum vorhanden.
    Der Kollege Dr. Bötsch hat das Identitätsverfahren angeschnitten. Als ich neulich las — um dieses Beispiel noch zu bringen —, daß die Unterlagen, die bei der Identitätsfeststellung gewonnen werden, bereits fünf Jahre nach rechtskräftiger Ablehnung eines Bewerbers vernichtet werden sollen, habe ich sofort darauf hingewirkt und auch die Zustimmung beider Berichterstatter dazu gefunden, daß diese Frist selbstverständlich auf zehn Jahre verlängert werden muß. Wo sind wir eigentlich, daß wir einerseits dem Mißbrauch die Türe versperren wollen und andererseits durch eine laxe und zu kurz bedachte Handhabung etwas tun, was dem Mißbrauch wieder Tür und Tor öffnet? In dieser Hinsicht sind wir bereit, auf alles einzugehen und über alles mit uns sprechen zu lassen.
    Wir können uns doch aber schlecht über das Voturm derjenigen, die die Dinge Tag für Tag handhaben, die kundig sind, die uns ihre Auffassung dargelegt haben, die nicht nur unter verfassungsrechtlichem Aspekt, sondern auch von der Praxis her gesagt haben, was machbar ist und was nicht, einfach hinwegsetzen. Die Frage, ob Sie dies können, richtet sich jetzt an Sie. Ich hoffe dies nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt das Vergnügen, nacheinander sechs Herren vom Bundesrat bzw. von der Bundesregierung zu hören. Sie haben uns versprochen, daß sie sich möglichst jeweils an eine Redezeit von zehn Minuten halten werden. Das wäre sehr hilfreich. Herzlichen Dank schon im voraus.
Das Wort hat der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Herr Dr. Vogel.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutschen Bundesländer und die Kommunen sind in vielfacher Hinsicht von den Folgen der Einreise und des Aufenthalts von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland betroffen. Erlauben Sie mir deswegen, daß ich zu diesem Thema heute hier das Wort nehme und in meiner Eigenschaft als gegenwärtiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz im Namen aller deutschen Bundesländer dringend an Sie den Appell richte, uns zu helfen, mit einem der schwierigsten und bedrückendsten Probleme fertig zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir brauchen dazu Ihre Hilfe. Das ist auch der Grund, warum heute bei der Debatte über dieses Thema hier zahlreiche Länder vertreten sind und warum mehrere meiner Kollegen vom Recht Gebrauch machen möchten, hierzu vor Ihnen zu sprechen, von einem Recht, das uns die Verfassungsväter in kluger Voraussicht dankenswerterweise eingeräumt haben.
    Ich möchte gleich sagen, daß wir heute nach meiner Beurteilung einen wichtigen Schritt auf eine Lösung hin tun werden und daß ich im Gegensatz zu manchem, was in der letzten Stunde hier gesagt worden ist, der sicheren Erwartung bin, daß wir in sehr kurzer Zeit zu einer endgültigen Lösung, was diese



    Ministerpräsident Dr. Vogel (Rheinland-Pfalz) Gesetzesvorlage betrifft, nicht was das ganze Thema betrifft, kommen werden.
    Was mich in meiner Eigenschaft als rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten betrifft, so muß ich daran erinnern, daß die Auseinandersetzungen in einem Mainzer Studentenheim bei mir nicht ganz außer acht bleiben können. Ich weise aber darauf hin, daß sie nur einen, wenn auch besonders bedrükkenden Aspekt der Ausländerproblematik in Deutschland darstellen. Meine Damen und Herren, es darf nicht dazu kommen, daß rivalisierende politische Gruppen anderer Länder auf deutschem Boden mit Gewalt ihre unterschiedlichen Ansichten ausdrücken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP)

    Es darf aber auch nicht dazu kommen, daß durch diese Dinge die Verhaltensweise und das Zusammenleben von Ausländern in Deutschland mit Deutschen belastet werden, weil die übergroße Mehrheit aller Ausländer mit Dingen dieser Art nichts zu tun hat.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Darum werde ich auf diese Frage hier in diesem Zusammenhang auch nicht weiter eingehen.