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ID0908012200

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    Plenarprotokoll 9/80 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4770 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/1191 — Dr. Friedmann CDU/CSU 4729 B Grobecker SPD 4734 C Cronenberg FDP 4737 C Franke CDU/CSU 4740 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA 4745 D, 4755 D Dr. Blüm, Senator des Landes Berlin . 4749 D Lutz SPD 4757 B Schmidt (Kempten) FDP 4759 C Erklärungen nach § 30 GO Dr. Friedmann CDU/CSU 4762 D Lutz SPD 4763 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 9/1195 — Dr. Rose CDU/CSU 4763 C Erklärungen nach § 32 GO Lutz SPD 4769 C Dr. Friedmann CDU/CSU 4769 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 4770A Eimer (Fürth) FDP 4774C Zander, Parl. Staatssekretär BMJFG . 4776 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 9/1201 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 4779 B Vosen SPD 4781C Dr. Zumpfort FDP 4784 D Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT 4788 A Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 9/1186 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 9/1206 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/1204 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 Gerster (Mainz) CDU/CSU 4791 D Kühbacher SPD 4797 B Dr. Hirsch FDP 4800 B Borchert CDU/CSU 4803 D Dr. Nöbel SPD 4805 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 4807 B Baum, Bundesminister BMI 4808 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 9/1187 — 4816 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/1196 — 4816B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 9/1202 — Dr. Rose CDU/CSU 4816 C Wallow SPD 4819 D Frau von Braun-Stützer FDP 4822 D Engholm, Bundesminister BMBW . . . 4825 D Haushaltsgesetz 1982 — Drucksachen 9/1208, 9/1257 — . . . . 4829A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Waigel, Dr. Köhler (Wolfsburg), Grunenberg, Ewen, Funke, Dr. von Geldern, Kittelmann, Dr. Klejdzinski, Rapp (Göppingen) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus — Drucksache 9/1074 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1176 — 4829A Nächste Sitzung 4829 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4831*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 4729 80. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 77. Sitzung, Seite 4475, Anlage 1: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist der Name „Dr. Böhme" und das Datum „15. 1." einzufügen. 78. Sitzung, Seite 4499 C: In Zeile 5 ist „26 770 000 000 DM" und in Zeile 8 ist „23 660 000 000 DM" zu lesen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Eimer 21. 1. Ertl 22. 1. Feinendegen 21. 1. Ganz 21. 1. Frau Huber 22. 1. Frau Krone-Appuhn 21. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Liedtke 21. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22.1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1.
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    Rede von Hans-Joachim Hoffmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Mittagspause läßt es sich immer nicht ganz so spontan an. Aber wenn ich an die letzten Ausführungen meines verehrten Kollegen Dr. Rose anknüpfen darf,

    (Glos [CDU/CSU]: Gute Ausführungen!)

    — sehr gute Ausführungen! —, kann ich nur sagen, Herr Dr. Rose: Wenn man Klischees aneinanderreiht, wird daraus noch nicht ein Profil.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn ich das etwas literarischer ausdrücken darf

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Platte wird langsam unerträglich!)

    — das haben Sie vielleicht noch nicht gehört; es ist von Goethe —: Getretener Quark wird breit, nicht stark.
    Das trifft wohl ein bißchen auf die Halbideologie zu, die dort vertreten worden ist. Ich kann mich entsinnen, daß das eine Arie war, die wir hier im Hause mit Sicherheit schon mehrmals gehört haben: über Sinn und Unsinn der Familie.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihrer Familienpolitik!)

    Es kann doch gar keine Zweifel geben, daß wir uns völlig einig darüber sind, daß die Familie innerhalb unserer demokratischen Gesellschaft einen Kernpunkt darstellt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und es kann überhaupt nicht die Rede davon sein, daß da irgend etwas vergesellschaftet, sozialisiert, gleichgeschaltet werden soll. Das ist nicht unsere Position. Deshalb prügeln Sie hier ein Phänomen, das nicht vorhanden ist. Ein Phänomen ist eben nicht da.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)


    (Löffler [SPD]: Und daß all die Werte, die er aufgezählt hat, mit 2 Mark 50 zu bezahlen sind! Ende der Vorstellung!)

    — So ist das.
    Ich möchte nur noch eine Vorbemerkung machen, bevor ich zu Zahlen des Einzelplans 15 komme. Ich finde, Herr Dr. Rose, das, was Sie über das Bundesgesundheitsamt gesagt haben, wird der Aufgabe dieses Amts wirklich nicht gerecht. Es ist nicht sehr fair, wenn man hier — ich hab mir das mal aufgeschrieben — Vokabeln gebraucht wie „Gängelung des Gesundheitswesens", festgemacht am Bundesgesundheitsamt. Das geht doch völlig an der Realität vorbei. Ich halte es auch nicht für nötig, mich im Detail mit diesen Vorwürfen zu beschäftigen. Ich habe das Bundesgesundheitsamt besucht. Ich kenne auch die Details, auf die Sie angespielt haben. Ich finde dabei nur, daß Sie zwar — was ich hoch respektiere
    — ein hervorragender Fußballspieler sind, aber sich in dieser Frage im Abseits bewegen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was sagen Sie zur Forschungseinschränkung?)

    Jetzt möchte ich gern eine Grundsatzbemerkung zum Einzelplan 15 machen. Da ich ihn zum erstenmal behandle, ist mir aufgefallen, daß es dabei eine gewisse Schwierigkeit gibt. Haushälter sind oft in der Situation, sich mit dem gesamten Sachverstand gleichzusetzen. Das geht sehr schnell. Denn wenn man etwas an der Finanzmasse operieren kann, hat man so ein gewisses Hochgefühl.

    (Zuruf des Abg. Löffler [SPD])

    — Hin und wieder mag das auch stimmen. Ich glaube aber, daß wir sehr schnell in der Gefahr sind, unsere finanziellen Einsichten prioritätenhaft über die inhaltliche Aussage zu stellen. Das kann zumindest hin und wieder passieren.
    Deshalb bitte ich darum, daß die Zusammenarbeit, die mit einigen Kolleginnen und Kollegen des Fachausschusses begonnen hat, auf diese Art und Weise fortgesetzt wird. Ich bedanke mich für viele Ratschläge. Ich möchte in diesen Dank auch Frau Minister Huber einbeziehen,

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Gar nicht da!)

    der ich wünsche, daß es ihr bald wieder gut geht. Wir haben heute morgen gehört, warum sie nicht dasein kann.

    (Beifall)

    Ich beziehe in diesen Dank auch ausdrücklich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses mit ein, die mir bei der Bearbeitung des Einzelplans 15 sehr hilfreich gewesen sind. Dies gilt ebenfalls für die Behörden, mit denen ich bisher zu tun hatte, insbesondere auch für das Bundesgesundheitsamt. Der intensive Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen, um die es hier geht, steht noch aus, da ich ihn in dieser kurzen Zeit nicht bewältigen konnte. Das ist eine dauerhafte Aufgabe.



    Hoffmann (Saarbrücken)

    Damit bin ich schon bei einem der Hauptprobleme dieses Etats. Dieser Haushalt spricht unglaublich viele wichtige gesellschaftspolitische Themen an; aber er verfügt nicht über eine Finanzmasse, die eine große Umverteilung in der Gesellschaft ermöglicht, sondern er bezieht sich mit einem ganz großen Brocken auf das Kindergeld, über das ich jetzt nicht rede, weil darüber schon im Zusammenhang mit dem Haushaltsstrukturgesetz sehr viel geredet worden ist.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Weil es unangenehm ist!)

    — Das wird heute noch einmal behandelt werden. Verlassen Sie sich darauf!
    Wenn man die Kindergeldbeträge aus dem Etat 15 herauszieht,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bleibt nichts übrig!)

    bleibt praktisch ein Rest von 1,4 Milliarden DM. Wenn man diesen Betrag wiederum um die üblichen Personal- und Verwaltungsausgaben vermindert, sieht man, daß der finanzielle Bewegungsspielraum in diesem Haushalt relativ gering ist. Um so wichtiger ist es, daß mit diesen relativ geringen Mitteln die gesellschaftspolitischen Anstöße gegeben werden, die wir für richtig halten. Ich möchte deshalb zuerst eine kurze Finanzübersicht geben und dann versuchen, in einigen wichtigen Schwerpunkten Aussagen zu treffen.
    Es folgen kurz einige Daten zum Einzelplan 15. Die Kriegsgräberfürsorge wurde um knapp 5 Millionen DM auf 28,6 Millionen DM erhöht. Die Unterhaltsvorschußkasse wurde, entsprechend dem vorausberechneten Bedarf, auf 55 Millionen DM festgesetzt. Quasi in Klammern darf ich dazu sagen, daß wir damit der ideologischen Vorstellung begegnet sind, die nicht in den Berichterstattergesprächen, sondern in der Presse geäußert wurde — auch das ist Familienpolitik —, wir könnten hier einsparen. In der Presse gab es viele Meldungen darüber, daß die Unterhaltszuschußkasse einmal entsprechend getilgt werden könnte.

    (Jaunich [SPD]: Das ist ein Vorschlag des Bundesrates!)

    — Das ist ein sehr guter Hinweis. — Ich bin sehr froh darüber, daß wir das unbeschadet so halten konnten, wie das im Gesetz vorgegeben ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich meine, Sie sollten sich damit auseinandersetzen, daß beispielsweise auch alleinstehende Mütter mit Kindern Familien sind

    (Grobecker [SPD]: Für den Bundesrat sind das Randgruppen!)

    und daß man nicht so tun sollte, als gebe es nur die sogenannte heilige Familie und nicht auch die Problembereiche und die Menschen, die besonders auf Hilfe angewiesen sind.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich komme zum dritten Punkt, zur Familienplanung. Nach Auslaufen eines Programms sind die
    Mittel auf 8 Millionen DM festgesetzt worden. Auch hier gibt es eine Diffamierungskampagne, die wir Gott sei Dank nicht in den Berichterstattergesprächen zu bewältigen hatten. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß hierunter auch die gesamte Diskussion über Pro Familia fällt. Auch hier bin ich sehr froh, daß das unbeschadet über die Bühne gebracht worden ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Viertens komme ich zu den Zuschüssen an Wohlfahrtsverbände, die sich mit etwa 36 Millionen DM gut gehalten haben.
    Der fünfte Bereich, die frühkindliche Sozialisation, wurde um etwa 1 Million DM auf 3,3 Millionen DM erhöht.
    Sechstens haben wir die gesundheitlichen Modellaktionen auf dem Vorjahresniveau gehalten.
    Siebentens. Für zentrale Jugendstätten erhöht sich der Ansatz auf gut 10 Millionen DM.
    Achtens folgt schließlich die Stiftung Hilfswerk für das behinderte Kind. Hier haben wir eine Kürzung vorgenommen, aber nicht etwa in den Inhalten oder den Leistungen, sondern auf Anraten des Bundesrechnungshofes, dem ich an dieser Stelle für diesen Hinweis danke. Wir konnten hier eine Korrektur durchsetzen, die nicht die Leistungen dieser Stiftung tangiert.
    Neuntens wurde der Betrag für die Weltgesundheitsorganisation von 37,5 Millionen DM auf über 41 Millionen DM angehoben.
    Schließlich sind die nachfolgenden Kapitel 15 03 und folgende nicht gravierend verändert worden. Ich brauche sie also in dieser kurzen Auflistung nicht anzusprechen.
    Ich komme damit zu den von mir ausgewählten Schwerpunkten dieses Etats und möchte als ersten den Garantiefonds für junge Zuwanderer ansprechen. Hier steht ein noch völlig unbewältigter Problemkreis vor uns. In den vergangenen Jahren ist aus diesem Etat viel Hilfe an junge Zuwanderer geflossen. Es hat sie für einen völlig unterschiedlichen Personenkreis gegeben, für Menschen, die aus dem Osten Europas zu uns gekommen sind, und Menschen, die aus völlig anderen Erdteilen kamen und politisches Asyl beantragt haben. Es gab zwischen Bund und Ländern nur einen Streit darüber, ob dies denn verfassungsgemäß überhaupt Aufgabe des Bundes sein könne und ob hier nicht eine Bereinigung stattzufinden hätte. Auf Grund dieser Diskussion wurde dann von der Bundesregierung zuerst einmal eine erhebliche Kürzung vorgeschlagen, nämlich von 153 Millionen DM auf 115 Millionen DM.
    Ich muß sagen, das bedeutet zum Teil sehr harte Einschnitte in die Leistungen, die an die betroffenen Menschen gehen. Aber wir können feststellen, daß die Grundlinie einigermaßen durchzuhalten ist. Allerdings muß man berücksichtigen, daß in der Zwischenzeit eine völlig veränderte statistische Situation auf uns zugekommen ist. Wir wissen, daß aus Polen in den letzten Monaten viele Bürger zu uns gekommen sind, denen wir keine Hilfestellung, zu der



    Hoffmann (Saarbrücken)

    wir j a verpflichtet sind, hätten geben können, wenn der Etat auf diesem Niveau von 115 Millionen DM geblieben wäre. Wir haben ihn deshalb in den Beratungen einvernehmlich um ungefähr 24 Millionen DM heraufgesetzt.
    Ich kann das Thema „Asyl" hier nicht ausweiten. An dieser Stelle möchte ich nur darauf aufmerksam machen, daß diese Frage manchmal mit viel Zynismus belegt ist. Unser Grundanliegen muß sein: Die Bundesrepublik Deutschland muß für alle politisch verfolgten Menschen ein Land des politischen Asyls bleiben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Für alle?)

    — Für Menschen, die bei uns politisches Asyl suchen, weil sie verfolgt werden und weil ihre Menschenrechte verletzt werden. Dies ist eine Erfahrung aus der Zeit des Naziterrors bei uns; denn wenn es damals nicht möglich gewesen wäre, daß viele Deutsche in anderen Staaten Asyl gefunden hätten, wären sie schlicht und einfach ermordet worden. Ich glaube, daß das eine historische Begründung für unsere Position ist, politisches Asyl zu gewährleisten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das kann natürlich nicht heißen, daß jegliche Begründung herangezogen werden kann. Ich will dieses Problem nicht ausdehnen. Ich möchte nur auf den folgenden Zynismus aufmerksam machen: Man darf nicht in die Versuchung geraten, bei den politisch Verfolgten zwischen geliebten und ungeliebten Verfolgten zu unterscheiden. Ich will das einmal auf zwei Staaten zuspitzen: geliebt in der Weise, daß polnische Bürger, bei denen wir Not und Menschenrechtsverletzungen sehen, bei uns aufgenommen werden, chilenische Bürger aber Schwierigkeiten hätten. Wenn das so wäre, wäre das ein politischer Skandal. Deshalb warne ich davor, daß man diese Asylfrage so vordergründig an bestimmten Nationen festmacht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der zweite Schwerpunkt, den ich ansprechen möchte, ist der Bundesjugendplan. Hier hat es im vergangenen Jahr durch die 10 %ige Mittelsperre erhebliche Schwierigkeiten gegeben. Daß sie so spät gekommen ist, war für einige Organisationen und einige Gruppen, die inhaltliche Arbeit machen wollen, ein angesprochen starkes Handicap. Wir haben eingesehen, daß wir da etwas tun müssen. Wir haben diesen 10 % niedrigeren Ansatz nicht als Ausgangsposition für das neue Jahr gewählt, sondern haben hier im Vergleich zum Vorjahr einiges drauflegen können. Wir werden dafür jetzt 128,3 Millionen DM aufwenden.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Wann kommt die Haushaltssperre?)

    Ich glaube, daß wir in dieser Frage deutlich machen können, daß Dialogbereitschaft nicht nur formuliert wird, sondern auch finanziell belegt ist.
    Ich höre gerade den Zwischenruf: Wann kommt die nächste globale Minderausgabe bzw. Sperre?

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Wann kommt die Haushaltssperre, so wie im letzten Jahr?)

    Haushaltssperren, wie sie im letzten Jahr vollzogen worden sind — das sage ich Ihnen ganz ehrlich —, könnte ich nicht gutheißen, wenn sie noch einmal in einer solchen Höhe und so spät kämen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Man wird unter den gegebenen finanziellen Möglichkeiten prüfen müssen, ob sich so etwas vermeiden läßt. Ich hoffe, daß wir das vermeiden können; denn der Haushaltsausschuß hat sich sehr viel Mühe im Detail gemacht. Vielleicht kommen wir dann um dieses Problem herum.
    In diesem Zusammenhang sind wir angeschrieben worden vom Bundesjugendkuratorium, von Frau Mechthild Merfeld. Ich möchte nur zwei Sätze aus diesem Brief zitieren, weil er gerade aktuell ist und diese Frage einbezieht:
    Das Kuratorium befürchtet, daß angesichts vieler drängender Probleme, insbesondere arbeitsmarkt- und sozialpolitischer, die Förderung und Unterstützung der Jugendhilfe ins Hintertreffen gerät.
    Man bezieht sich auf eine langjährige Reihe, die ausdrückt, was für diesen Bereich der Jugendpolitik finanziell getan worden ist. Und es stimmt: Dieser Bereich ist sehr knapp bemessen worden. Das muß man sagen. Wir haben allerdings in diesem Jahr — das habe ich schon mit Zahlen belegt — versucht, etwas Luft zu schaffen. Deshalb freue ich mich besonders, daß sich in diesem Brief auch folgendes findet:
    Das Bundesjugendkuratorium begrüßt deshalb alle Bemühungen, die darauf gerichtet waren und sind, den Ansatz für den Bundesjugendplan im Haushaltsjahr 1982 zu erhöhen und damit unter anderem zu dokumentieren, daß jugendpolitischen Fragen größeres Gewicht beigemessen werden soll.
    Ich bedanke mich dafür. Ich sehe schon, daß wir hier
    in einen bestimmten Dialog weiter hineinkommen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es wäre sehr reizvoll, diese Frage auszudehnen. Das kann ich leider in dieser Zeit nicht. Ich möchte nur betonen, daß für mich sehr viele Anregungen aus den Dokumenten zu sehen waren, die die Eidgenössische Kommission für Jugendfragen, Bern, veröffentlicht hat. Es gibt eine Broschüre, die neulich, im September 1981, noch einmal aufgelegt worden ist. Ich zitiere daraus nur die Schlagworte: Interessenkonflikte offen austragen — Autorität ja, Fassade nein — Rücksicht j a, Anbiederung nein — Umdenken ja, Zickzack nein — Realismus ja, aber auch Utopie. Ich glaube, daß das eine gewisse Orientierung dafür geben kann, wie wir weiter versuchen müssen, den Dialog zu führen. Wir können ihn sicher nicht von hier über die Jugendlichen, sondern wir müssen ihn im Detail mit Jugendlichen vollziehen. Deshalb bin ich immer ein bißchen skeptisch,



    Hoffmann (Saarbrücken)

    wenn man irgendwo große Foren veranstaltet und glaubt, daß das bereits der Dialog selbst sei.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn es darum geht, ob wir „Dialog" ehrlich meinen, ist eine der ganz wesentlichen Fragen, wie wir uns mit dem Zivildienst beschäftigen. In der Behandlung dieser Frage ist inzwischen die Bewegungsfähigkeit etwas gewachsen. Ich wünsche sehr, daß wir noch in dieser Legislaturperiode, sehr bald, zu einem Ergebnis entsprechend der Leitlinie kommen, die die SPD-Bundestagsfraktion dazu veröffentlicht hat. Wir bekennen uns zu der Position, daß das Gewissen nicht prüfbar sein kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir müssen Regelungen finden, damit diese — ich sage das jetzt einfach einmal — perverse Situation, daß man glaubt, man könnte Jugendliche dadurch kontrollieren und ihre Glaubwürdigkeit testen, daß man sie einen bestimmten Fragenkatalog beantworten läßt und einem bestimmten Verfahren unterzieht, verändert wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun wissen wir, daß hier gesetzliche Grenzen vorgegeben sind, in denen wir uns bewegen müssen.

    (Grobecker [SPD]: Richterliche!)

    Aber eines muß völlig klar sein: Es kann nicht so sein, daß eine Bestrafungsaktion für die Menschen stattfindet, die im Zivildienst arbeiten wollen. Das heißt für die SPD-Bundestagsfraktion: Die Inanspruchnahme eines Grundrechts kann und darf nicht durch Bestrafung geahndet werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies gibt weder das Grundgesetz noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts her.
    Nun ist dieser Bereich Zivildienstleistende neu in den Etat 15 übernommen worden. Wir werden uns an anderer Stelle länger damit auseinandersetzen können. Ich bin ganz sicher, daß in Zusammenarbeit mit dem Ministerium mit frischem Elan an diese Frage herangegangen wird. Ich habe dieses Problem von meinem lieben Kollegen Grobecker geerbt. Er wird uns in dieser Frage sicher mit Sachverstand zur Seite stehen.
    Ich möchte betonen, daß es auch interessante Anregungen zu dieser Frage aus dem Bereich der FDP gibt, beispielsweise den Hinweis, wenn man schon von Veränderungen des Zivildienstes spreche, auch die Frage aufzugreifen, ob es dort bessere Berufsqualifikationen geben könne — eingebunden in den Zivildienst. Ich glaube also, daß das eine interessante Anregung ist.
    Ich möchte zum nächsten Thema übergehen, übrigens auch einem, das mit dem Zivildienst in Verbindung steht, nämlich: Wie gehen wir mit bestimmten benachteiligten Gruppen innerhalb unserer Gesellschaft um? Ich greife eine heraus — das Problem der psychisch kranken Menschen. Dies ist für mich ein besonders ernstes Thema. Ich bin deshalb sehr froh, daß im Ausschuß auch von seiten der CDU ein Signal gegeben worden ist, daß man dieses Problem ebenfalls für wichtig halte.
    Die Frage der Psychiatrie ist in der Psychiatrie-Enquete aufgenommen worden. Diesen Daten ist nichts hinzuzufügen. Sie haben zwar einige Schärfen verloren, aber im Grundsatz ist dieses Problem nach wie vor eines der bedrängendsten unserer Gesellschaft überhaupt.
    Ich freue mich sehr, daß wir im Haushalt 15 diesmal den Ansatz für diesen Bereich von 40 Millionen DM auf 55 Millionen DM aufgestockt haben. Gemessen an der Finanzknappheit unserer Zeit ist das ein Signal, sicher nicht dazu dienend, das gesamte Problem der Psychiatrie zu lösen, aber immerhin doch ein Signal dafür, daß wir uns dieser Gruppe mit Ernst annehmen wollen,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    und dies, meine Damen und Herren, auch dann, wenn CDU/CSU-regierte Länder diese Frage immer noch boykottieren. Ich kann nur dazu aufrufen, endlich die vorhandenen Vorbehalte aufzugeben. Ich freue mich, daß zumindest in einem Land, das von der CDU mitregiert wird,

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: „Mitregiert" ist gut! Jetzt ist es aber bald genug!)

    nämlich im Saarland, aus dem ich komme, die dortige FDP-Ministerin dieses Signal aufgenommen hat und mit uns trägt. Ich bedanke mich herzlich dafür.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In diesem Bereich wird es zwingend notwendig sein, daß wir uns mit dem gesamten Problem der gemeindenahen Psychiatrieversorgung auseinandersetzen.
    Mangels Zeit gebe ich nur dieses Stichwort und gehe gleich zu meinem nächsten Schwerpunkt mit folgender Überleitung über. Ich kann mir nicht denken, daß sich unsere Gesellschaft als demokratisch bezeichnen würde, wenn sie nicht diese demokratische Qualifikation in der Behandlung ihrer Minderheiten nachweist; das muß sie in sämtlichen Bereichen machen. Auf der anderen Seite ist sicher richtig, daß Demokratie nicht nur aus Minderheitenschutz besteht, sondern daß man auch sehen muß, daß es benachteiligte Mehrheiten innerhalb der Bevölkerung gibt. Das ist das Thema, das jetzt— leider Gottes parallel zu unserer Diskussion — in anderen Räumen des Bundestages diskutiert wird, nämlich die Frage der Gleichberechtigung der Frauen in unserer Gesellschaft. Ich glaube, daß die Aussage leider noch zutrifft, daß es hier eine Mehrheit innerhalb unserer Gesellschaft gibt, die in vielen Teilbereichen noch immer unter Diskriminierungen leidet.
    Meine Kolleginnen von der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen haben eine Liste mit Maßnahmen vorgelegt, von denen sie meinen, daß sie wichtig seien. Ich kann sie zwar im einzelnen jetzt leider nicht mehr aufnehmen, weil meine Zeit hier bereits zu Ende geht, aber ich möchte wenigstens einen ganz kleinen Bereich herausgreifen. Von zentraler Bedeutung ist mit Sicherheit die Frage-



    Hoffmann (Saarbrücken)

    stellung: Wie werden Frauen respektiert? Welche Möglichkeiten haben sie im Arbeitsleben? Dazu zitiere ich nur kurz die Fraueninitiative „6. Oktober". Sie beklagt in ihrem Informationsdienst vom Januar 1982: „Versäumnisse und Halbherzigkeiten waren die Markenzeichen Bonner Frauenpolitik." Natürlich würde ich jetzt furchtbar gern vehement protestieren und sagen: Das haben wir alles schon erledigt. Aber leider Gottes — und das geht an einige Richtungen des Hauses — haben wir uns diesen Vorwurf zumindest in einem bestimmten Gesetzentwurf verdient; ich nenne das EG-Anpassungsgesetz. Jeder von Ihnen, der die Diskussion noch im Ohr hat, erinnert sich, daß einige von uns gesagt haben: Wir werden, wenn wir hier nicht das nachvollziehen, was auf europäischer Ebene gefordert worden ist, nämlich Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz, eine Klage bekommen — und die steht jetzt vor der Tür. Ich weiß, an wen das geht. Nun gibt es in der FDP sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die dieser Frage aufgeschlossen gegenüberstehen. Deshalb bitte ich: Helfen auch Sie mit, ein bißchen über die Regierungsbank hinüberzugucken und dann festzustellen, daß wir die entsprechenden Korrekturen unbedingt durchsetzen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun habe ich leider nicht mehr die Möglichkeit, Ausführungen über die anderen Bereiche zu machen, wie ich mir das vorgestellt hatte. — Ich komme sehr schnell zum Schluß, Herr Präsident. — Allerdings möchte ich, damit wir auch dieses Signal wirklich senden und empfangen können, noch betonen: Die Finanzmittel des Arbeitsstabes Frauenpolitik, der viel umstritten gewesen ist, sind von 2,8 Millionen DM auf 3,8 Millionen DM aufgestockt worden. Wir versuchen damit insbesondere solche Projekte wie „Frauenhaus im ländlichen Bereich" — es geht hier um das Thema Gewalt gegen Frauen — zu fördern. Ich glaube, das ist ein so ernstes Problem, daß ich es mir verkneifen möchte, jetzt in ein paar Stichworten dazu etwas zu sagen.
    Zum Schluß, meine Damen und Herren: Heute morgen — ich sage das jetzt einmal ein bißchen flott — habe ich manchmal richtig Beklemmungen gehabt, als ich hier gehört habe, mit welcher Verve der Herr Senator Blüm so seine lockeren Sprüche zu Fragen der Familie losgelassen hat. Ich verkneife es mir wegen der Zeit, zu zitieren, was er zum Thema Frau und Familie, Frau und Arbeitsplatz gesagt hat. Lesen Sie es bitte einmal nach im „Weltbild" vom 30. Oktober 1981; Sie werden erstaunt sein. Selbst der Papst mit seinen Formulierungen

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Was heißt: „selbst der Papst"?)

    in Familiaris consortio ist viel progressiver als das, was Herr Blüm hier losgelassen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich würde mich freuen, wenn die Frauen innerhalb
    der CDU/CSU diese Herausforderung auch im Plenum wirklich einmal offensiv aufnehmen würden. — Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Eimer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Eimer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob ich mich jemals daran gewöhnen kann, daß bei Haushaltsberatungen wie diesen über das gesamte Spektrum der Politik geredet wird, aber nicht oder nur am Rande über den Haushalt, d. h. über das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben, und darüber, wie man beides in Einklang bringen kann und wo die Schwerpunkte liegen können. Ich hätte mir z. B. von dem Haushälter, Herrn Rose, eine andere Rede gewünscht,

    (Grobecker [SPD]: Wir auch!)

    etwa so, wie dies Herr Hoffmann hier gezeigt hat. Ich erwarte nicht, daß Sie uns zustimmen, ich meine, nur vom Thema her.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Einer der wenigen richtigen Grundsätze und eine sehr richtige Aussage zum Haushalt 1982 war in einer Bemerkung des bayerischen Landesgruppenchefs Zimmermann enthalten, der sinngemäß sagte, daß die Ausgaben vom Konsumtiven zum Investiven hin verlagert werden müßten. Ich kann ihm da nur recht geben, und jeder Bürger wird das für gut halten. Ich frage mich aber, ob jeder weiß, was das auf gut deutsch heißt. Konsumtiv sind im Haushalt Ausgaben für Soziales, für Löhne und Gehälter und natürlich auch für Kindergeld. Meinte Zimmermann vielleicht nicht die öffentlichen Ausgaben im Haushalt, sondern Ausgaben im privaten Bereich, d. h. weniger konsumtive Ausgaben, mehr sparen, einschränken im privaten Verbrauch, eventuell niedrigere Löhne oder vielleicht auch höhere Preise, weil durch höhere Preise höhere Abschreibungen erzielt werden und mehr investiert werden kann? Ganz gleich, was Zimmermann meint, er hatte sicher recht. Er sagt es nur in einer Sprache, die die konkreten Auswirkungen nicht deutlich werden läßt, während er in seiner gleichen Rede und nach ihm alle seine Kollegen, unter anderem auch Herr Rose, diese konkreten Folgerungen aus seiner Rede ablehnten.
    Man kann nicht in einer Fachsprache das Richtige fordern und gleichzeitig in der Sprache des Alltags das gleiche weit von sich weisen, weil es dann vielleicht nicht mehr ganz so populär ist. Nein, wenn man das Richtige will und das Notwendige fordert, nämlich weniger Konsum und mehr Investitionen, dann muß man auch zugeben, daß das mitunter wehtun kann.
    Ich frage mich, wo das hinführt, wenn wir in dieser Weise den Bürgern nicht ehrlich gegenübertreten; wir, das Parlament, die Politik, wir alle, Sie von der Opposition und wir von der Koalition werden unglaubwürdig. Manche spüren das indirekt, manche erkennen das sehr deutlich.



    Eimer (Fürth)

    Ich habe hier eine Zeitschrift, aus der schon zitiert worden ist, nämlich „Die Familie" vom Januar 1982, und da steht folgendes:
    Politische Mißachtung haben wir Ende 1980 von SPD und FDP erfahren, als sie nach überkommenen Schablonen der Einfallslosigkeit ausgerechnet den seit Kriegsende zu kurz gekommenen Familienlastenausgleich nochmals zu kürzen vorschlugen. Enttäuschender noch ist die Haltung der CDU/CSU, in der drei prominente Länderchefs sich einen Dreck um die von der Gesamtpartei proklamierte Festigkeit in Sachen Familienausgleich kümmerten und dem faulsten Kompromiß der Kürzung des Kindergeldes zustimmten, wohlwissend, daß damit der formale Einspruch des Bundesrates gegen die Kürzung des Kindergeldes nichts mehr ausrichten würde. Die Erkenntnis daraus:
    — das wurde bereits zitiert —
    Von einer CDU/CSU-Regierung werden die Familien nichts Besseres zu erwarten haben.
    Warum zitiere ich das? Zum einen, weil der erste Teil des Zitats, wo wir gerupft werden sollen, leicht zu widerlegen ist. Bis 1974, zu einer Zeit, wo der von seiten der Union konzipierte Familienlastenausgleich Gültigkeit hatte, gab es nur einen sehr geringen Ausgleich. Diese Koalition hat durch Einführung des Kindergeldes diese Beträge kräftig erhöht. Ich will Ihnen einige Zahlen nennen: beim Erstkindergeld um 164 %, beim Zweitkindergeld und 94 %, beim Drittkindergeld um 149 %, beim Viertkindergeld um 171 % und bei dem Fünftkindergeld und jedem weiteren Kind um 144 %.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Und '80 versprochen und '81 zurückgenommen!)

    — Herr Kollege, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß sich diese Zahlen auf die jetzt gültigen Kindergeldregelungen beziehen. Sie sehen, daß diese Erhöhungen noch immer dreimal so hoch sind wie das, was an Lebenshaltungskosten, an Belastungen auf die Familie zugekommen ist.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Der hat 'ne Ahnung!)

    Ich zitiere diese wenig schmeichelhaften Texte zum zweiten deshalb, weil die Auseinandersetzung hier im Hause und in der Öffentlichkeit weder uns noch Ihnen Punkte bringt. Nein, die Verlierer sind wir alle hier. Diese Art der Angriffe macht uns alle unglaubwürdig — die Parteien, das Parlament, die Demokratie.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit kein Mißverständnis aufkommt: Wir verlangen von Ihnen keine Zustimmung. Nein, Kritik ist uns auch recht. Aber wir hätten gerne um der Glaubwürdigkeit dieses Parlaments willen, daß Herr Zimmermann auch sagt, was es bedeutet, wenn er davon spricht, im konsumtiven Bereich solle gekürzt werden, auch wenn es dann in der Öffentlichkeit vielleicht weh tun mag. Wir erwarten, daß in all den Auseinandersetzungen für den Bürger deutlich wird, daß wir — Regierung und Opposition — miteinander oder gegeneinander ringen um die beste
    Lösung. Der Bürger muß spüren, daß es uns um die Sache geht und nicht um die persönliche Profilierung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die eigentliche Frage der Politik ist aber — vor allem hier im Haushalt —: Wo sollen Schwerpunkte gesetzt werden bei den Ausgaben im sozialen Bereich, wo müssen wir dem Bürger Unangenehmes zumuten? Um das drückt sich die Opposition. Damit verkümmert diese Politik zu einer Stammtischdiskussion.
    Ich will ganz kurz auf das eingehen, was Herr Blüm heute vormittag zu der Mehrwertsteuer gesagt hat. Ich glaube, dieses Beispiel zeigt deutlich, wie leicht man sich Beifall holen kann. Herr Blüm sprach davon, daß die Mehrwertsteuer die Kinderreichen besonders trifft. Dies ist ein Märchen, das sehr oft erzählt wird, aber dennoch falsch ist. Ich frage, ob Herr Blüm nicht weiß, daß die Mehrwertsteuer in zwei Sätzen erhoben wird, nämlich einem halben Satz für die Lebensmittel und einem ganzen Satz für die übrigen Ausgaben. Ich frage mich, ob Herr Blüm nicht weiß, daß Familien, die ein geringes Einkommen oder viele Kinder haben, prozentual einen höheren Anteil an Ausgaben für Lebensmittel haben.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Denen geht es dann besser?)

    Ich frage mich, ob Herr Blüm nicht selbst ausrechnen kann, daß gerade bei Kinderreichen und Familien mit einem geringen Einkommen dann der Durchschnittssatz bei der Mehrwertsteuer geringer ist als bei denen, die wenig Kinder oder ein hohes Einkommen haben.
    Die Mehrwertsteuer wirkt durchaus sozial und progressiv. Wir könnten diese Maßnahme, Herr Kollege, noch verstärken, wenn die Mehrwertsteuer anders konzipiert wird, nämlich so, daß der Unterschied zwischen Lebensmittelsteuersatz und Steuersatz für alles andere noch weiter auseinandergezogen wird. Das wäre durchaus eine familienpolitisch sehr wirkungsvolle Maßnahme. Wenn Sie das nicht glauben wollen, bin ich gerne bereit, Herr Kollege, das dann auszurechnen. Ich habe einen Taschenrechner dabei. Sie dürfen sogar die Zahlen dazu nennen.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Löffler [SPD]: Wer Vorurteile hat, braucht nicht zu rechnen!)

    Das, was Herr Blüm sagte, war nicht nur falsch, sondern der Stil reiht sich auch in das ein, was wir bisher von ihm gewöhnt waren.

    (Beifall bei der SPD — Schwarz [CDU/ CSU]: Der war genauso gut wie sonst!)

    Bei dieser Diskussion von Stilfragen kommen wir zum zweiten Schwerpunktbereich dieses Ministeriums, zur Jugendpolitik. Der Bundestag hat die Enquete-Kommission „Jugendpolitik im demokratischen Staat" eingerichtet. Bei der Diskussion zu dieser Einrichtung sprach ich am 10. April sehr selbstkritisch über unsere Fehler, unser Verhalten hier im Bundestag und in der Öffentlichkeit. Ich hatte sehr



    Eimer (Fürth)

    viel Beifall, auch von den Kollegen der CDU/CSU. Man kann sehr leicht von Stil sprechen; es kommt aber darauf an, daß wir es hier auch praktizieren.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Jawohl, vor allem der Bundeskanzler!)

    Die wesentlichen Schwierigkeiten, die dieser Staat und diese Gesellschaft mit der Jugend hat, werden wir nicht mit Geld aus diesem Haushalt lösen, sondern nur durch unser Verhalten ändern können. Die Beispiele von gestern abend und auch heute sind nicht dazu angetan, mir Hoffnung zu machen.
    Ein Kollege der Union hatte gestern abend sehr viel Beifall — der Herr Kollege Rose hat das Rezept heute auch wieder angewandt —, weil er darauf hinwies, wie wenig Kollegen hier im Bundeshaus und auf der Regierungsbank säßen.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Die Regierung ist gefragt, nicht das Parlament; die muß dasein!)

    Wir wissen alle, Herr Kollege Rose, daß diejenigen Kollegen, die nicht hier sind, nicht faul sind, daß unser Arbeitstag lang ist. Wir wissen das alle. Wir haben heute schon ein paarmal gehört, daß parallel zu dieser Sitzung im Bundestag auch eine Anhörung stattfindet zu einem Thema, das für uns hier auch sehr wichtig ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer hat denn auf der Überschneidung bestanden?)

    Kein Mensch, meine Kollegen von der Opposition, weiß heute, einen Tag später, wer gestern diese Vorwürfe von einem leeren Plenum gesprochen hat, kein Mensch weiß, welcher Partei der Vorwurf gegolten hat — und heute wird uns das allen angerechnet! Ich meine also, durch solche Reden wider besseres Wissen diffamieren wir uns alle selber, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn sich die Bürger, vor allem die Jugendlichen, von uns abwenden

    (Schwarz [CDU/CSU]: Dafür, daß sie sich von Ihnen abwenden, habe ich Verständnis!)

    und wenn Parlamentarismus und Demokratie kein Ansehen haben.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Lassen Sie mich jetzt aber zu erfreulicheren Dingen kommen. Die Kollegen des Haushaltsausschusses haben nach einigem Drängen Mittel für die Enquete-Kommission „Jugendprotest" bewilligt, damit wir vernünftig arbeiten können. Auch im Bereich des Bundesjugendplans ist es, glaube ich, notwendig, daß wir einen Dank aussprechen, vor allem dem Kollegen Hoffmann, der sich sehr für diesen Bereich eingesetzt hat. Diesen Dank möchte ich ausdrücklich auch auf die Kollegen der Opposition beziehen; hier zeigte sich deutlich, daß die Schwierigkeiten, die wir auf diesem Gebiet haben, wesentlich leichter zu lösen sind, wenn wir zusammenarbeiten.
    Ich wäre froh, wenn dieses gemeinsame Bemühen um die Dinge in dieser Debatte etwas deutlicher geworden wäre. Auch die Opposition hat — z. B. über den Vermittlungsausschuß — an der Gestaltung dieses Haushalts Anteil genommen. Ich meine, es würde Ihnen gut stehen, wenn Sie diesem Haushalt zustimmen würden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Schwarz [CDU/CSU]: Der Kindergeldkürzung?)