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ID0908011300

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    Plenarprotokoll 9/80 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 80. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4770 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 9/1191 — Dr. Friedmann CDU/CSU 4729 B Grobecker SPD 4734 C Cronenberg FDP 4737 C Franke CDU/CSU 4740 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA 4745 D, 4755 D Dr. Blüm, Senator des Landes Berlin . 4749 D Lutz SPD 4757 B Schmidt (Kempten) FDP 4759 C Erklärungen nach § 30 GO Dr. Friedmann CDU/CSU 4762 D Lutz SPD 4763 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 9/1195 — Dr. Rose CDU/CSU 4763 C Erklärungen nach § 32 GO Lutz SPD 4769 C Dr. Friedmann CDU/CSU 4769 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 4770A Eimer (Fürth) FDP 4774C Zander, Parl. Staatssekretär BMJFG . 4776 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 9/1201 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 4779 B Vosen SPD 4781C Dr. Zumpfort FDP 4784 D Dr. von Bülow, Bundesminister BMFT 4788 A Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 9/1186 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 9/1206 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/1204 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 Gerster (Mainz) CDU/CSU 4791 D Kühbacher SPD 4797 B Dr. Hirsch FDP 4800 B Borchert CDU/CSU 4803 D Dr. Nöbel SPD 4805 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 4807 B Baum, Bundesminister BMI 4808 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 9/1187 — 4816 B Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/1196 — 4816B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 9/1202 — Dr. Rose CDU/CSU 4816 C Wallow SPD 4819 D Frau von Braun-Stützer FDP 4822 D Engholm, Bundesminister BMBW . . . 4825 D Haushaltsgesetz 1982 — Drucksachen 9/1208, 9/1257 — . . . . 4829A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Waigel, Dr. Köhler (Wolfsburg), Grunenberg, Ewen, Funke, Dr. von Geldern, Kittelmann, Dr. Klejdzinski, Rapp (Göppingen) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus — Drucksache 9/1074 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1176 — 4829A Nächste Sitzung 4829 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4831*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 80. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1982 4729 80. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 77. Sitzung, Seite 4475, Anlage 1: In die Liste der entschuldigten Abgeordneten ist der Name „Dr. Böhme" und das Datum „15. 1." einzufügen. 78. Sitzung, Seite 4499 C: In Zeile 5 ist „26 770 000 000 DM" und in Zeile 8 ist „23 660 000 000 DM" zu lesen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Eimer 21. 1. Ertl 22. 1. Feinendegen 21. 1. Ganz 21. 1. Frau Huber 22. 1. Frau Krone-Appuhn 21. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Liedtke 21. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22.1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Verehrter Herr Kollege, ich kann Ihnen nur antworten: Wir reden über das, was real ist, nicht über das, was kommt.

    (Lachen bei der SPD — Zuruf von der SPD: Ist das, was Sie sagen, real?)

    Das, was real ist, ist, daß Sie uns in eine Situation gebracht haben, in der die Lage der Familien schlechter ist als vor wenigen Jahren, als wir noch an der Regierung waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, vielleicht noch ein anderes Beispiel, bei dem die Leute ja auf Grund der schlechten Entwicklung des Haushalts und der Bundesfinanzen auch betroffen sind. Ich meine die höheren Zinsen. Schauen wir uns doch den Familenvater draußen an, der sich mit viel Mühe und oft mit Eigenleistung seiner Familienangehörigen ein Eigenheim bauen und leisten wollte.

    (Hoffmann [Saarbrücken] [SPD]: Und an den Zinsen ist Frau Huber schuld?)

    Schauen wir uns an, wie er jetzt von den gestiegenen Zinsen betroffen wird! Wir sind ja nahe daran, daß es eine Reihe von Familien gibt, die leider Gottes daran denken müssen, ihre Häuser zu verkaufen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schlimm! — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Und wer kauft sie? Die „Neue Heimat"!)

    weil Sie mit Ihrer Politik familienfeindlich operiert haben.
    Meine Damen und Herren, alle diese Punkte muß man zusammenzählen, auch wenn es jetzt nicht unbedingt etwas mit dem Haushalt des Familienministeriums zu tun hat; aber es gehört zu Ihrer Familienpolitik. Ich kann nur sagen, die wahre Lage der Familien im Jahre 1982 ist trostlos geworden.
    Wundert sich da noch jemand darüber, daß die Attraktivität, eine Familie mit Kindern zu haben, schon allein aus materiellen Gründen abnimmt? Zum Vergleich sei nur erwähnt, daß bei den Franzosen das Familieneinkommen ganz anders bewertet wird und daß dort durch eine kluge Steuerpolitik das Bruttogehalt praktisch auch das Nettogehalt ist. Zumindest war es bei den Franzosen so; jetzt ist ja der Sozialist Mitterrand dran, und vielleicht ergeben sich dann dieselben Verhältnisse, wie wir sie seit Jahren haben.

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist zu befürchten!)

    Bei uns verstärkt sich das Gefühl, daß alles andere wichtig ist, bloß nicht die Bestrebung, die Grundgesetzaussage zu realisieren, die da heißt, daß die Familie nicht bloß zu schützen, sondern auch zu fördern ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im Gegenteil, meine Damen und Herren, die Familie wird zum vorrangigen Opfer der sozialliberalen Gesellschaftspolitik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Es soll offensichtlich nur mehr eine bestimmte Form der Familie geben, bei der beide Elternteile berufstätig sind, bei der die Kinder ganztägig betreut werden, bei der das abendliche Freizeitverhalten gesellschaftsrelevant sein soll und bei der dann auch noch durch eine steuerliche Umgestaltung, z. B. durch die Aufhebung des Familiensplittings, andere Lebensformen attraktiv gemacht werden.
    Meine Damen und Herrn, ich möchte hier das alte Thema der „Nur-Hausfrau" nicht zu sehr in den Vordergrund stellen. Aber mir ist aufgefallen, daß immer häufiger auch diskutiert wird, daß es so falsch nicht sein kann, wenn sich eine Mutter zu Hause auf die Kindererziehung konzentriert und dadurch auf Zusatzverdienst, auf Rente und auf Freiheit — denn es heißt j a immer: wer arbeitet, ist freier
    — verzichtet. Immerhin aber tritt der umgekehrte Fall zunehmend auf, daß nämlich der Mann zum Hausmann wird. Wenn man dem „Stern" vom 22. Oktober 1981 glauben darf, denkt schon jeder vierte verheiratete Mann an eine Rolle als Hausmann.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Also ich nicht! — Glos [CDU/CSU]: Wir nicht!)

    — Sicher gibt es viele, die nicht dazugehören, und auch ich gehöre nicht dazu.

    (Zustimmung des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Aber ich will den „Stern" auch nicht in allen Punkten anzweifeln. Denn er schreibt sogar mit Bewunderung weiter: „Gute Väter sind sie alle, die Hausmänner."
    Meine Damen und Herren, was ich damit sagen will, ist folgendes. Wenn sich immer mehr Leute aus der Berufswelt, aus dem Streß zurückziehen und die Erziehung der Kinder, das Zusammenleben mit den Kindern bevorzugen, wenn also jetzt auch Männer soweit sind, dann kann es doch so falsch nicht sein, wenn auf der anderen Seite gesagt wird: Die Frauen, die diese Arbeit übernehmen, brauchen eine besondere Förderung durch den Staat, weil sie eben, wie ich vorhin erwähnt habe, auf wesentliche Voraussetzungen verzichten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Wex [CDU/CSU]: Auch die Männer!)

    Genau das ist es, was wir immer gesagt haben. Und die Gleichberechtigung geht soweit, daß der Mann das dann natürlich auch bekommen soll.
    Wir unterstützen Sie, meine Damen und Herren, j a in Ihrer Arbeit für die gesetzliche Absicherung der Gleichberechtigung der Frauen. Nur, bezogen auf das Familienministerium und auf die Frau Minister, die heute leider nicht da sein kann — —


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege, eine Sekunde, bitte! Ich möchte dem Hause nur mitteilen,



Vizepräsident Frau Renger
daß die Frau Minister erkrankt ist. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär vertritt sie. Ich bitte darum, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Glos [CDU/CSU]: Wir wünschen ihr gute Besserung!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Wir wünschen ihr von dieser Stelle aus gute Besserung!

    (Beifall)

    Ich habe vorhin bei dieser Bemerkung natürlich nicht aus diesem Grunde eine Kritik angefügt; sie kann eben leider nicht da sein. Sie werden ihr das bitte bestellen.
    Aber die Kritik kann ich ihr oder ihrem Hause trotzdem nicht ersparen, daß man bei den Bestrebungen um die Gleichberechtigung der Frau im Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit offensichtlich nicht weiter gekommen ist, weil es immer wieder heißt, das Innenministerium habe hier die Federführung. Da frage ich mich, warum wir dieses Familienministerium für diese Aufgaben überhaupt noch brauchen.
    Meine Damen und Herren, ich möchte festhalten, der Schutz der Familie ist das elementarste Menschenrecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieses Recht wird einem allerdings erst richtig bewußt, wenn Menschen, wie z. B. die zur Zeit rund 11 Millionen politischen Flüchtlinge, die wir in Südostasien, in Afrika und in Südamerika haben, brutal an der Erhaltung dieses Rechts gehindert werden. Wenn wir uns in die Situation dieser Menschen vertiefen, wird uns auch das Wertvolle, was Familie bedeutet, bewußt. Wer in Not ist, wendet sich j a zuerst an seine Verwandten und nicht an irgendwelche Beratungsstellen psychosozialer Art. Man braucht die Familie. Erst in solchen Situationen wird sich der einzelne bewußt, um was es geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang den Wohlfahrtsverbänden ein Lob aussprechen, die in vorbildlicher Weise mit Mitteln des Bundesprogramms für ausländische Flüchtlinge und aus kirchlichen Eigenmitteln in derzeit 13 Modellzentren ausländische Flüchtlinge in der Bundesrepublik betreuen.

    (Zuruf von der SPD: Das sind doch auch Beratungsstellen!)

    — Ja, aber nicht für die Deutschen, verehrter Herr Kollege, sondern für die Ausländer, die hierher gekommen sind; die brauchen natürlich diese Hilfe.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das versteht der doch gar nicht!)

    Die paar Millionen Mark, die der Bundeshaushalt 1982 für dieses Programm vorsieht, sind aus humanitärer Sicht gut angelegt. Die Regierung hat hier unsere volle Zustimmung.
    Lassen Sie mich jetzt den zweiten Bereich des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit anschneiden, das ist die Gesundheitspolitik.

    (Glos [CDU/CSU]: Auch die ist krank!)

    Man erinnert sich bestimmt der Aussagen der letzten Jahre. — Der Zuruf, auch diese Gesundheitspolitik sei krank, ist richtig. Ich habe das bereits in meiner letzten Haushaltsrede gesagt. Es hat sich kaum etwas verändert, zumindest nicht zum Besseren.
    Die Kompetenz des Gesundheitsministeriums wird immer stärker angezweifelt, wozu der Richtungsstreit nicht bloß mit dem Innenministerium, wie ich vorhin schon sagte, sondern auch mit dem Arbeitsministerium besonders beiträgt. Die Auseinandersetzungen um die Gesundheitskosten und die Krankenhausfinanzierung sind nur das bekannteste Beispiel für die Überlegenheit des letzteren.
    In der Öffentlichkeit wird zur Zeit aber ein Thema besonders behandelt, über das ich hier ein paar Sätze sagen möchte. Das ist zwar emotionell nicht lösbar, aber es bedarf zumindest einer Klärung, weil auch hier die Frau Ministerin betroffen ist. Es geht um den Tierschutz, genauer gesagt, um die Tierversuche zu medizinischen Zwecken.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Die gehören endlich eingestellt!)

    Ich schließe mich jener Aussage an — und es gibt sicherlich viele Kollegen, die sich ebenfalls dieser Meinung anschließen —, daß jede unnötige Tierquälerei vermieden werden muß. Praktisch ist jede Tierquälerei unnötig.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich bin sicher, daß die Zukunft Lösungsmöglichkeiten bringen wird, die weitgehend auf Experimente an Tieren verzichten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Man muß aber wie überall die Kirche im Dorf lassen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der Punkt!)

    Wenn es nämlich um die Forschung für die Gesundheit von Menschen geht, dann kommen meiner Meinung nach Tierversuche immer noch vor Versuchen an Menschen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Die sollen weniger rauchen und trinken, dann bleiben sie gesund! — Weitere Zurufe und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich sage das deshalb, weil ich die selbstanklagende Haltung der Frau Minister bei einer Auseinandersetzung um diese Tierversuche z. B. am letzten Sonntag in „Bild am Sonntag" nicht verstehe, wenn gleichzeitig der neue Präsident des Bundesgesundheitsamtes bessere und mehr Versuche an Menschen fordert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Das war selbst Ihrem Kollegen und Pfarrer Fiebig zuviel, wie seine Anfragen in diesem Deutschen Bundestag beweisen.
    Damit habe ich ein Stichwort: das ist das Gesundheitsamt in Berlin.

    (Hoffmann [Saarbrücken] [SPD]: Jetzt kommt es!)




    Dr. Rose
    Meine Damen und Herren, dieses Bundesgesundheitsamt bedarf unserer besonderen Betreuung. — Kollege Hoffmann, ich hoffe, Sie machen das dann genauso. Es bedarf unserer besonderen Betreuung zum einen, damit der an sich gute Ruf dieser weltweit bekannten Gesundheitseinrichtung ausgebaut wird, Betreuung zum anderen aber auch, damit das Bundesgesundheitsamt nicht noch mehr auf dem zuletzt eingeschlagenen Weg fortfährt und zu einer Gängelungsanstalt für das freie Gesundheitswesen wird.
    Inzwischen ist das Bundesgesundheitsamt bekanntlich zu einer Riesenbehörde mit über 1 600 Mitarbeitern aufgestiegen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Wieviel?)

    — Über 1 600 Mitarbeiter.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das darf doch nicht wahr sein!)

    Immer neue Aufgaben erfand die Bundesregierung für diese Behörde. Immer neue Verwaltungs- und Überwachungsplanstellen wurden ihr zugewiesen. Ich erwähne nur den Zusammenhang mit dem Arzneimittel- oder Chemikaliengesetz. Das Amt ist inzwischen so groß, daß man glaubt, von dem bisher sparsamen Weg bei den Planstellen abgehen und neben dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten auch noch einen Zentralabteilungsleiter bestellen zu müssen.

    (Glos [CDU/CSU]: Arbeitsbeschaffung für Genossen!)

    — Ich habe im vorigen Jahr in ähnlicher Weise argumentiert, Kollege Glos: Arbeitsbeschaffungsprogramm für Genossen! Wir haben uns im Haushaltsausschuß j a auch darüber unterhalten, wer berufen werden sollte. Ich hoffe nur, daß diese Methoden durch diese öffentlichen Äußerungen endlich ein Ende finden.

    (Zustimmung des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Bisher war im Bundesgesundheitsamt eine Personalunion immer ausreichend. Aber jetzt ist eben der neue Präsident weiterhin in Bayern ansässig, und da braucht man offensichtlich zusätzliche Leute, die ihm in der Amtsführung zur Seite stehen.

    (Zuruf des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Daß diese Leute nach alter Erfahrung aus einem bestimmten Spektrum kommen, ist nichts Neues. Man kann in diesem Zusammenhang sicherlich dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Herrn Benda, dankbar sein, als er von der „Ämterpatronage" sprach.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Wie ist der denn dahin gekommen?)

    Es gibt kaum ein Ministerium und kaum eine öffentliche Behörde wie das Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, wo in den letzten Jahren eine derartige Zunahme an Genossen innerhalb der Verwaltung zu verzeichnen ist.

    (Zuruf des Abg. Roth [SPD])

    Wir brauchen uns nicht bloß die politischen Beamten an der Spitze anzusehen, sondern wir können heruntergehen bis zu den Referentenstellen, wo dafür zusätzliche Stellen geschaffen wurden. Auch das sollte man immer wieder sagen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Roth [SPD])

    Meine Damen und Herren, bei einer Haushaltsdebatte, bei der es um Sparen geht, ist es doch richtig, auch einmal diese öffentliche Verschwendung beim Namen zu nennen, zumal sie wie beispielsweise beim Bundesgesundheitsamt in Berlin nur die Verwaltung fördert und nicht die Forschung. Wir wollen aber mehr Forschung, mehr eigene Anstrengungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, und nicht nur administrative Handlangereien zu ideologischen Zwecken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich und meine Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion haben bei unserem letzten Besuch in Berlin mit großem Interesse die erneuten Klagen der verantwortlichen Institutsleiter gehört. Sie alle wünschen sich mehr Freiheit zur Forschung. Wir, das Parlament, sollten endlich, wenn gespart werden muß, nicht an der Forschung sparen, sondern an der Verwaltung, die sowieso überwuchert ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich habe vorhin den Richtungsstreit mit dem Bundesarbeitsministerium erwähnt. Darauf will ich nochmals kurz zurückkommen. Es gibt inzwischen ein weiteres Beispiel, wie dem Gesundheitsministerium Zuständigkeiten entzogen werden. Ich nenne das Gebiet des Arzneimittelwesens. Hier hat das Arbeitsministerium die Zuständigkeit übernommen, was durch die Weiterfinanzierung der sogenannten Greiser-Liste, einer bewertenden Arzneimittelklassifikation, und durch die Vollfinanzierung des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin — allein der Name spricht ja schon Bände — bewiesen wird. Es ist ein einzigartiger Vorgang, daß das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eine Mitfinanzierung der wissenschaftlich wenig einwandfreien Liste schon seit 1976 übernimmt, dann die Sozialdemokratische Partei Deutschlands einschaltet und diese am 10. Juli 1981 über das Arbeitsministerium das ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanzierte Projekt der Öffentlichkeit vorstellt.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Das ist typisch!)

    Mir ist nicht bekannt, daß das Parlament darüber jemals unterrichtet wurde, denn bis heute gibt es keine uns zugeleitete Abrechnung über dieses sogenannte Forschungsprojekt. Ich fordere daher das



    Dr. Rose
    Haus auf, endlich eine wahrheitsgemäße und vollständige Abrechnung vorzulegen.

    (Glombig [SPD]: Das hat wohl geschmerzt!)

    Ich komme zu einem weiteren Punkt, nämlich dem Vollzug des Arzneimittelgesetzes. — Das sind Punkte, warum wir zu einer Mißwirtschaft bei den öffentlichen Finanzen gekommen sind. Ich könnte Beispiele genug aufführen. Ich zitiere nur Beispiele aus diesem Ministerium, das reicht schon.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Löffler [SPD])

    Ober das Arzneimittelgesetz hätte nach seinen Bestimmungen der Bundesgesundheitsminister nach Ablauf von vier Jahren, also zum 31. Dezember 1981, dem Parlament einen Erfahrungsbericht vorlegen müssen. Auch das ist bisher nicht geschehen. Ich will gar nicht einmal die Gründe wissen, warum das Haus dieser gesetzlichen Verpflichtung noch nicht nachgekommen ist.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das wäre schon interessant!)

    Wir hoffen nur, daß Sie, verehrter Herr Staatssekretär — wenn nicht heute, dann bald — eine Antwort wissen. Sonst vertieft sich der Eindruck, daß Sie auch auf diesem Feld in den Hintergrund geschoben wurden, weil der Bundesarbeitsminister nämlich andere Fristenregelungen anstrebt, als ursprünglich festgelegt.

    (Glos [CDU/CSU]: Wieder eine Fristenregelung!)

    Wenn ich die eben geschilderten Fehlentwicklungen zusammenfasse, ergibt sich ein trauriges Bild dieser Regierung.
    Diese Regierung hat aber auch auf dem dritten Feld, der Jugendpolitik, versagt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben in diesem Parlament viele, viele Aussprachen gehabt, in denen es um ernste Sorgen der Jugend ging: die Jugendarbeitslosigkeit, die Zukunftschancen der jungen Generation, der Jugendalkoholismus und die Jugendkriminalität. Alle diese Sorgen bestehen heute noch, obwohl viele, viele Millionen Mark ausgegeben wurden. Man hat offensichtlich am falschen Ende gespart und hat das Falsche bevorzugt.
    Aber inzwischen werden die Klagen der Jugendverbände, die die Arbeit für die Jugendlichen leisten, auch immer lauter. Die Mittel des Bundesjugendplans reichen, wenn überhaupt, nur mehr zur Erfüllung der notwendigsten Aufgaben.

    (Zuruf von der SPD: Sind die auch gekürzt worden?)

    — Ich bin für diesen Hinweis sehr dankbar. Diese Mittel sind zufälligerweise nicht gekürzt worden.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Wenn Sie sich die Zahlen ansehen, könnte man meinen, daß der Posten sogar eine Steigerung um 2,5
    Millionen DM enthält. Der Herr Kollege Mitberichterstatter wird Ihnen das sogar genau sagen können.

    (Eimer [Fürth] [FDP]: 3,5 Millionen DM!)

    — Durch eine weitere Aufstockung inzwischen 3,5 Millionen DM. Aber welche Mittel sich darin verbergen, ist j a inzwischen bekannt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen — das ist eine Sache, die noch nicht ganz abgehandelt ist —, was hier umgeschichtet wurde.
    Nur, das ändert nichts an den Klagen der Jugendverbände selber, die im einzelnen für ihre Aufgaben nicht mehr Geld bekommen, sondern deren Mittel meistens auf dem Stand des Vorjahres bleiben. Sie haben aber gestiegene Kosten zu verzeichnen, die diese Bundesregierung auch zu verantworten hat: Kosten für die Fahrkarten der Bahn, wenn man auf Tagungen muß; Kosten für die Dienste der Post, Kosten in vielen anderen Bereichen.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ich nehme die Klagen der Jugendverbände ernst. Ich hoffe, Sie, die jetzt Zwischenrufe machen, tun das auch. Täten Sie es nicht, wäre das sehr schade; denn Sie haben sich früher j a immer als Partei der Jugend bezeichnet.

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist lange vorbei!)

    Der Bundesjugendplan und viele andere Bereiche zeigen uns eines: Diese Regierung hat weder für die Familie noch für die Jugend mehr etwas übrig.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Glos [CDU/ CSU]: Und gesund ist sie auch nicht!)

    Wenn Sie etwas für die Jugend übrig haben, ist es immer eine besondere Gattung von Jugendlichen. Dann sind es immer jene, die auf der Straße gehen, die demonstrieren und randalieren. Berichte werden immer nur mit Blick auf Personengruppen gemacht, die sich — egal, mit welchen Maßnahmen — manchmal sogar an den Rand der Legalität gestellt haben. Ich wünsche mir — sicherlich wir alle; sonst wären wir hier fehl am Platz —, daß wir endlich auch von der Jugend sprechen, die im überwiegenden Maß staatsbejahend ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Sie reden nur und tun nichts!)

    daß wir endlich von der Jugend sprechen, die zu 90 %
    — das haben Forschungsergebnisse erwiesen — auch die alten Tugenden hochhalten, als da sind

    (Glos [CDU/CSU]: Die sind in Ordnung! — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Bewährte deutsche Tugenden!)

    die Tugenden der Ehrlichkeit, der Hilfsbereitschaft,

    (Glos [CDU/CSU]: Des Fleißes!)

    der Freundschaft — auch des Fleißes — und vor allen Dingen der Solidarität mit den Schwachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Man sollte mit den vielen Jugendlichen sprechen, die bereit sind, Arbeit zu leisten im musischen, im sozialen oder im sportlichen Bereich. Wir müssen



    Dr. Rose
    uns der Jugendlichen mehr annehmen, die bereit sind, an den Schulen fleißig zu lernen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die ihre Arbeit in den Betrieben leisten, die auch an den Hochschulen ihre Abschlüsse zustande bringen, ohne dem Staat oder den Eltern viele Jahre lang auf der Tasche zu liegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Das sind nämlich die meisten!)

    Ich sage zum Schluß: Das ist die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen. Wenn wir uns dieser Jugendlichen in Zukunft nicht besonders annehmen, brauchen wir uns nicht zu wundern, daß die Zahl der Jugendkrawalle und Jugendproteste immer mehr zunimmt; denn dadurch wird j a auch das Rechtsbewußtsein verschoben. In der Jugend könnte sich nämlich die Meinung festsetzen, man müsse unbedingt zu jenen gehören, die demonstrieren und Autos demolieren, man habe keine Zukunft vor sich, wenn man wirklich mit eigener Arbeit, mit eigenem Fleiß und mit Verantwortungsbewußtsein etwas leistet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zusammenfassend möchte ich sagen: Kollege Brandt war am Dienstag der Meinung, die letzten Wochen hätten ihm bewiesen, daß die Bundesrepublik die Sozialliberalen bräuchte.

    (Demonstrativer Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Riedl [München] [CDU/ CSU]: Das glaubt auch nur er!)

    Ich sage: Wer die derzeitige Jugend-, Familien- und Gesundheitspolitik in diesem Land kennt, hat den Beweis, daß die Bundesrepublik eine andere Regierung, aber nicht die Sozialliberalen braucht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wissen — heute vormittag war schon davon die Rede: ein Mann, ein Wort — um die Fehlleistungen. Warum soll die Gleichberechtigung nicht so weit gehen, daß man auch sagen kann: Eine Frau, ein Wort? Auch dieses Ministerium verdient eine andere Führung.
    Wir insgesamt, meine Damen und Herren, lehnen den Einzelplan 15 ab.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das war eine Ministrantenrede! — Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Das war eine sehr gute Rede!)