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ID0907932900

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    Plenarprotokoll 9/79 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 79. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 9/1188 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/1203 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/1207 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 9/1197 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksachen 9/771, 9/967, 9/1261 — in Verbindung mit Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 9/1189 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 4593 D Westphal SPD 4601A Gärtner FDP 4606 C Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 4612A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 4618A Grobecker SPD 4624 B Frau Matthäus-Maier FDP 4626 D Glos CDU/CSU 4630 C Frau Simonis SPD 4637 C Dr. Haussmann FDP 4642 B Kiep CDU/CSU 4644 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 4651 C Reuschenbach SPD 4657 D Dr. Hackel CDU/CSU 4661 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 4664 B Funke FDP 4667 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 9/1190 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 4668 B Frau Zutt SPD 4674 C Bredehorn FDP 4677 D Ertl, Bundesminister BML 4679 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksache 9/1192 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 4685A Wieczorek (Duisburg) SPD 4688A Dr. Zumpfort FDP 4692 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 9/1193 — Dr. Friedmann CDU/CSU 4695 C Paterna SPD 4697 C Merker FDP 4700 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1199 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 4701 C Sieler SPD 4704 A Frau Noth FDP 4706 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 9/1198 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 4709 C Esters SPD 4713A Gärtner FDP 4713 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 4716 B Frau Luuk SPD 4718 D Dr. Vohrer FDP 4720 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 4723 A Dr. Pinger CDU/CSU 4725 B Nächste Sitzung 4726 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 4727*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4727* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 4593 79. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Feinendegen 21. 1. Frau Huber 22. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 20. 1. Frau Krone-Appuhn 20. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Lemmrich 20. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Mischnick 20. 1. Möllemann 22. 1. Dr. Müller* 20. 1. Müller (Bayreuth) 20. 1. Reddemann* 20. 1. Rösch* 20. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. Januar 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Entwurf für einen Beschluß des Rates über eine konzertierte Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet der landseitigen Hilfen für die Navigation und Empfehlung für einen Beschluß des Rates zur Ermächtigung der Kommission, eine Vereinbarung über die Durchführung einer konzertierten Aktion „Hilfssysteme für die Seeschifffahrt von der Küste aus" zwischen der Gemeinschaft und den an der Europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (COST) beteiligten Drittstaaten auszuhandeln (Drucksache 9/934 Nr. 32) Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Auswirkungen von Behandlungen auf die physikalischen Eigenschaften von Lebensmitteln (Aktion COST 90 bis) (Drucksache 9/934 Nr. 33)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Offergeld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten uns auch bei dieser Debatte vor Augen halten, daß die Bundesrepublik Deutschland für die Dritte Welt immer noch als eine Insel der Glückseligen erscheint. Im Vergleich zum Hunger, zu den Gewalttaten, dem Flüchtlingselend in der Dritten Welt erscheinen den Außenstehenden die Probleme, über die wir hier diskutieren, relativ geringfügig.
    Für uns alle muß auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gelten, daß die Solidarität mit den Schwachen und Hungernden über nationale Grenzen hinausreicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir selber ausländische Hilfe erhalten, die uns mit geholfen hat, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Heute sind wir — und wir werden das auch trotz unserer Probleme bleiben — einer der wirtschaftlich stärksten und reichsten Staaten der Welt. Wir sind moralisch wie humanitär verpflichtet, den Menschen in der Dritten Welt zu helfen.
    Ich betone aber mit Nachdruck: Es ist nicht nur eine Frage der moralischen Verpflichtung, der Dritten Welt zu helfen, sondern es ist auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, sind wirtschaftlich außerordentlich eng mit den Entwicklungsländern verflochten. Wie eng, ist den meisten im Lande nicht bekannt. Fast 20 % unserer Exporte gehen heute in die Dritte Welt. Fast ein Viertel unserer Importe kommt aus der Dritten Welt, kommt aus den Entwicklungsländern. Ich will nur eine Vergleichszahl nennen. Aus den Staatshandelsländern einschließlich China beziehen wir etwa 5 % unserer Importe, und dorthin gehen auch etwa 51)/0 unserer Exporte. Mit anderen Worten: Das Volumen des Handels mit der Dritten Welt ist etwa viermal so groß wie das Volumen des Handels mit den Staatshandelsländern einschließlich China.
    Durch den Export in die Entwicklungsländer werden über eine Million Arbeitsplätze in unserem Lande gesichert. Deshalb ist es auch für uns, für unsere eigenen Interessen wichtig, daß die Dritte Welt nicht ständig von Erschütterungen und Konflikten bedroht ist. Es liegt im gemeinsamen Interesse von Nord und Süd, die Kaufkraft in den Entwicklungsländern breit verteilt zu heben, die Märkte in diesen Ländern auszuweiten. Es wird auch für uns langfristig nur dann möglich sein, Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitsplätze in der Dritten Welt zu schaffen, wenn der Handel breiter wird, wenn die Märkte offengehalten werden, wenn die wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Dritten Welt stärker werden, ausgeweitet werden.
    Die Ausgaben des Einzelplans 23 übersteigen erstmals 6 Milliarden DM. Wir haben das Volumen dieses Einzelplans in den letzten fünf Jahren verdoppelt, von etwa 3 Milliarden DM auf über 6 Milliarden DM gesteigert. Das ist eine ganz erhebliche Leistung. Daraus werden Prioritäten deutlich, Prioritäten der Bundesregierung wie auch des Parlaments. Was die für dieses Jahr vorgesehene Steigerungsrate angeht, so will ich mich nicht in einen Disput mit Herrn Gärtner darüber einlassen, ob wir jetzt das Ist mit dem Soll oder das Soll mit dem Soll — wie auch immer — vergleichen sollten. Ich glaube, wir sind uns einig, daß die Steigerungsrate die Entwicklungspolitiker nicht voll befriedigen kann. Aber auch wir sind an die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gebunden. Wir können immerhin darauf hinweisen, daß wir unsere Hilfe weiter deutlich steigern, während andere Geber ihre Hilfe einschränken. Unsere entwicklungspolitische Zusammenarbeit wird weiter ausgebaut.
    Nach der heutigen Diskussion, Herr Schröder und Herr Dr. Köhler, ist mir die Position der Opposition nicht klarer geworden. Es gibt unübersehbare Widersprüche.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist Ihr Problem, Herr Minister! — Das ist aber nicht unsere Schuld!)

    — Vielleicht kann ich es hier noch einmal zur Diskussion stellen. Dies ist aber auch Ihr Problem. Sie müssen sich z. B. an Äußerungen des Herrn Michael Glos erinnern lassen. Ich kann wörtlich zitieren. Er meldet sich zu Wort, schriftlich — „CSU-Presse-Mitteilungen". Zu den Meldungen über ein von der Bundesregierung beabsichtigtes, dann auch vorgeschlagenes überproportionales Wachstum der Ausgaben für Entwicklungshilfe meinte Herr Glos — ich zitiere auszugsweise —:
    Der Bürger . .. wird für die Aufblähung — die Aufblähung! —
    des Entwicklungshilfeetats ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt kein Verständnis aufbringen. Wenn es keine Tabus für Sparmaßnahmen und Kürzungen geben soll, muß dies auch für den Etat von Bundesminister Offergeld gelten . .. Dazu genügt es, die Zahlungen einzustellen, die zur Unterstützung der Mißwirtschaft kommunistischer oder sozialistischer Systeme — hier ist beispielsweise an Nicaragua und Tansania zu denken — dienen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Er hat völlig recht!)

    — „Er hat völlig recht", das bestätigt, daß die Haltung der Opposition nicht klar ist. Herr Glos wendet sich hier gegen die Aufblähung des Entwicklungshilfeetats. — Herr Dr. Köhler, auch von Ihnen der Vergleich mit den Krokodilen nicht gefallen mag, muß ich hier den Begriff der Krokodilstränen wiederholen; denn der paßt genau auf das, was uns die Opposition hier bietet.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Diskussion über die Verpflichtungsermächtigungen, die Herr Schröder hier eröffnet hat, deutet genau in die gleiche Richtung. Wir alle wissen, daß Entwicklungspolitik ein langfristiges Geschäft ist. Die Vorbereitung eines vernünftigen Projekts, z. B. des Baus eines Staudamms, auch eines kleineren Projekts, braucht Zeit. Die Durchführung der Projekte dauert dann mehrere Jahre — bei der finanziellen Zusammenarbeit bis zu zehn, elf Jahre. Das



    Bundesminister Offergeld
    Deutsche Institut für Entwicklungspolitik — Sie ha-
    ben sich auf ein Gutachten bezogen — hat sogar vor-
    geschlagen, die Finanzierungsdauer auf 14 Jahre an-
    , zusetzen. Entwicklungspolitik ist also ein ganz langfristiges Geschäft.
    Wie anders sollte das denn betrieben werden als auf Grund von Verpflichtungsermächtigungen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist gar nicht die Frage!)

    Das geht doch gar nicht anders. Wenn man langfristige Entwicklungsarbeit betreiben will, braucht man Verpflichtungsermächtigungen. Wenn wir unsere Leistungen künftig steigern wollen, brauchen wir natürlich heute steigende Verpflichtungsermächtigungen. Deswegen kann Ihre mehrfach erhobene Forderung, Herr Schröder — ich kann es mir sparen, sie zu zitieren —, die Verpflichtungsermächtigungen müßten hinunter, nur so gedeutet werden, nur das Resultat haben, daß in den künftigen Jahren auch die Barausgaben zurückgehen sollen.

    (Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Das ist üble Polemik! Wenn Sie die Verpflichtungsermächtigungen steigern und die Baransätze senken, gehen Sie bankrott! — Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Das begreift der Mann nicht!)

    — Wo senken wir denn Baransätze, Herr Dr. Köhler? Wir haben doch gerade über die Steigerungsraten gesprochen.
    Ich wiederhole: Wer die Verpflichtungsermächtigungen senken will — „Die Verpflichtungsermächtigungen müssen hinunter, dann können die im Entwicklungsministerium auch nicht mehr so viel Politik machen", Originalzitat Schröder und Glos —, der redet auch einer Senkung der Entwicklungshilfe das Wort.

    (Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Nein!)

    Ich fordere die Opposition nochmals auf, hier endlich ihre Position klarzumachen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Aber Sie tun es doch gar nicht!)

    Wir haben — und damit komme ich zu einigen Schwerpunkten; ich muß mich knapp fassen; ich habe Verständnis dafür, daß die Kollegen, die den ganzen Tag hier diskutiert haben, auf die Uhr sehen — den Anteil der Zusagen für die ärmsten Länder — das ist auch eine Antwort auf die Kritik der Opposition — ganz deutlich gesteigert. Wir liegen im Hinblick auf die ärmsten Länder besser als die meisten anderen Geberländer. Die armen und die ärmeren Länder erhalten dieses Jahr über 50 % unserer Zusagen. Diese Konzentration ist richtig und wird beibehalten; denn diese Länder, die kaum Zugang zu den Kapitalmärkten haben, müssen durch die öffentliche Hilfe verstärkt unterstützt werden.
    Wir werden ganz konsequent und langfristig — und da kann man nicht modischen Strömungen von einer Woche auf die andere nachkommen — unsere Schwerpunkte weiterverfolgen, die da lauten: Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung, um den Hunger zu bekämpfen, um die Landflucht zu bekämpfen — da sind wir uns einig, da gibt es keine Meinungsunterschiede, Herr Köhler —, Förderung konventioneller und nichterschöpflicher Energiequellen, um die Abhängigkeit der Entwicklungsländer vom importierten 01 zu verringern, und schließlich — ein weiterer außerordentlich wichtiger, immer mehr an Gewicht gewinnender Schwerpunkt — Schutz der natürlichen Ressourcen in der Dritten Welt, um die zunehmende Erosion und Wüstenbildung aufzuhalten. Wir wollen damit dazu beitragen, daß die weitere Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen der Menschen — auch da sind unsere eigenen Interessen mit betroffen — aufgehalten wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden unsere Schwerpunkte auch in anderen Feldern deutlich setzen; von der Verstärkung der technischen Zusammenarbeit ist bereits die Rede gewesen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU])

    — Ja, Herr Köhler, ich weiß nicht, was Sie wollen. Wenn Sie die Verstärkung der personellen Hilfe wollen — das kann man auch so nennen, das ist plastischer; das gebe ich Ihnen zu —, so darf ich darauf hinweisen, daß wir das seit einigen Jahren ganz konsequent tun. Wenn Sie also, wie gesagt, hier davon reden, wir sollten die personelle Hilfe verstärken, dann kann ich Ihnen nur antworten: Wir tun das. Wir haben damit begonnen, bevor die Opposition es gefordert hat.

    (Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Das fordern wir doch schon seit zehn Jahren!)

    Sie springen hier aufs Trittbrett des fahrenden Zuges, Herr Köhler; das ist die Wahrheit.
    Im übrigen gibt es auch — modischen Trends folgend — immer wieder die Forderung der Opposition, man müsse mehr kleine Projekte statt größerer fördern. Meine Damen und Herren, nicht von der Größe des Projekts hängt seine Qualität ab. Vielmehr hängt sie von seinen sozialen und ökonomischen Auswirkungen ab. Wenn wir die Infrastruktur der Entwicklungsländer fördern wollen — die Basis für jede ökonomische Entwicklung —, wenn wir z. B. Straßen, Eisenbahnen und Staudämme zur Energieversorgung bauen, sind das naturgemäß größere Projekte. Aber Sie wissen, daß wir auch zahlreiche kleine Projekte fördern. Ich erinnere beispielsweise an die Förderung der nichtstaatlichen, der gesellschaftlichen Gruppen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. In einem Jahr sind von den Kirchen, Stiftungen und den anderen zahlreichen Organisationen mit Hilfe der Bundesregierung mehr als 1 800 Projekte gefördert worden. Das alles sind zu Recht gelobte „Graswurzel-Projekte".
    Ein anderer Schwerpunkt — letzte Anmerkung von meiner Seite —: Wir haben uns im vergangenen Jahr ganz besonders bemüht, die Flüchtlingshilfe zu verstärken. Mein Ministerium hat die Mittel für die Flüchtlingshilfe in verschiedenen Schwerpunktlän-



    Bundesminister Offergeld
    dern mehr als verdoppelt, natürlich auch vor allem für Afghanistan-Flüchtlinge. Hier ist ein deutlicher Schwerpunkt gesetzt worden. Diese neue Schwerpunktbildung im vergangenen Jahr straft Sie Lügen, wenn Sie sagen, es gebe keinen Bewegungsspielraum, keine Flexibilität mehr. Natürlich gibt es Bewegungsspielraum! Wir haben, als es darum ging, in Simbabwe eine friedliche Entwicklung zu fördern, unsere Hilfe ganz massiv angeboten — vorbildlich, wie die Regierung dieses neuen Staates anerkannt hat. Wir haben uns bemüht — trotz Ihrer entgegenstehenden Forderungen werden wir uns auch weiterhin bemühen —, z. B. die Entwicklung in Nicaragua positiv zu beeinflussen, dort die Option zum Pluralismus möglich zu machen. Das alles zeigt, daß es in meinem Etat Bewegungsmöglichkeiten gibt; die werden wir auch in Zukunft nutzen.
    Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren: Die Entwicklungspolitik trägt dazu bei, Spannungen in der Welt abzubauen. Die Entwicklungspolitik ist eine wesentliche Säule der deutschen Friedenspolitik. Sicherheit und Stabilität auf unserer immer kleiner werdenden Erde hängen nicht allein vom militärischen Gleichgewicht ab — so wichtig das ist —, sie hängen auch davon ab, daß wir die drängenden Nord-Süd-Probleme lösen können. Angesichts der gewaltigen Entwicklungsaufgaben in der Dritten Welt bieten nur beharrliche und stetige Anstrengungen, bietet Partnerschaft mit den Staaten der Dritten Welt, bietet vertrauensvolle Zusammenarbeit Aussicht auf Erfolg. Der Haushalt des kommenden Jahres gibt der Regierung die Möglichkeit, diese Politik fortzuführen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pinger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Winfried Pinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Minister hat gemeint, er habe die Ausführungen des Kollegen Schröder bezüglich der Verpflichtungsermächtigungen nicht verstanden. Ich habe sie durchaus verstanden; vielleicht darf ich sie deshalb einmal wiederholen.

    (Wehner [SPD]: Sie sollten aber langsam reden, damit man es auch versteht!)

    Wenn die Verpflichtungsermächtigungen sehr viel stärker steigen, als die Baransätze steigen können, weil die Haushaltslage das nicht zuläßt, dann zieht man einen Wechsel, den man nicht einlösen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Das nennt man Wechselreiterei!)

    — Das ist dann Wechselreiterei. Des weiteren: Selbst wenn die Verpflichtungsermächtigungen so stark steigen wie die derzeitigen Baransätze, dann verliert man in der Zukunft jeglichen Spielraum für Veränderungen und Akzentsetzungen in der Entwicklungspolitik. Gerade solche Veränderungen und Akzentsetzungen halten wir aber für notwendig.
    Herr Minister, Sie haben gesagt: Wir steigern unsere Hilfe deutlich weiter. Ich verstehe nicht, wie Sie dazu kommen. Der Entwicklungsetat steigt zwar um 3,3 %. Da wir aber einen Geldwertschwund von mehr als 6 % haben, sind das real 3 % weniger. Das heißt natürlich, daß Projekte und Programme gekürzt werden müssen und real eben weniger ausgegeben werden kann.

    (Dr. Köhler [Wolfsburg] [CDU/CSU]: Das weiß er auch! — Dr. Hüsch [CDU/CSU]: Aber so rechnete der immer schon!)

    Herr Minister, die Steigerungsrate Ihres Haushalts ist, wie ich glaube, deshalb so gering, weil Ihre Entwicklungspolitik wenig effektiv und erfolgreich ist. Das Parlament ist offenbar nicht davon überzeugt, daß Sie Hunger und Elend in der Welt mit Ihren Projekten und Ihren Programmen wirksam bekämpfen, und die Bevölkerung ist es auch nicht. Die Zustimmung zu Ihrer Entwicklungspolitik ist in den letzten zwei Jahren von 53 % auf 47 % abgesunken. Wenn unsere Kollegen — Sie nannten den Kollegen Glos — Bedenken gegen Ihre Entwicklungspolitik und das Geld haben, das Sie ausgeben, dann denken Sie eben daran, daß allzu viele Gelder in bodenlose Fässer sozialistischer Mißwirtschaft gehen. Das Stichwort Tansania ist j a in dem Zusammenhang gefallen.

    (Bindig [SPD]: Ei, belegen Sie das mal!)

    Ich will an einem Beispiel aufzeigen, warum Ihre Entwicklungspolitik so enttäuschend ist, warum Anspruch und Wirklichkeit so sehr auseinandergehen. Als vorrangige Aufgabe der deutschen Entwicklungspolitik bezeichnen Sie in Ziffer 10 der Grundlinien die Bekämpfung der Massenarmut in den Entwicklungsländern. Aber in Wirklichkeit betreiben Sie keine zielgruppenorientierte Entwicklungspolitik, also keine Entwicklungspolitik, die als Zielgruppe die Armsten der Armen in der Welt hat.
    Wo sind denn, Herr Minister, Ihre Programme zur Förderung von Kleinhandwerk, von Kleingewerbe und von kleinbäuerlichen Betrieben des informellen Sektors, womit Sie Wirtschaftskreisläufe in Gang setzen können? Wo fördern Sie Hilfe zur Selbsthilfe? Bekämpfung der absoluten Armut kann doch nicht Almosenverteilung, Dauersubvention oder Wohlfahrtspolitik sein. Dann nämlich würden wir hinter einem Zug herlaufe, der immer schneller fährt.
    Kampf gegen die Massenarmut kann doch nur heißen: Stärkung der Eigeninitiative, die bei kleinbäuerlichen Betrieben, bei Handwerk und Kleinindustrien, vor allem in ländlichen Regionen, und in den Slums der Großstädte einsetzt. Wir haben die Bundesregierung gefragt, in welcher Höhe sie Handwerker und Kleinunternehmer direkt oder über Entwicklungsbanken fördert.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Fehlanzeige!)

    Der Umfang der Hilfe war weniger als 1 % des Entwicklungshaushalts. Bezeichnender noch ist die
    Zahl der Betriebe, die Endkredite erhielten. Es wa-



    Dr. Pinger
    ren nur einige paar Hundert. Im Jahre 1980 waren es ganze 441 Betriebe in allen Entwicklungsländern.

    (Zuruf von der SPD: Das ist eine ganze Menge!)

    Dabei hat der Minister vor einem Jahr hier — zu Recht — erklärt, daß jährlich 25 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssen.
    Wichtiger noch ist, sich die Art der Betriebe anzusehen, die gefördert worden sind. Der Durchschnittskredit betrug mehr als 120 000 Mark. Herr Minister, das können keine kleinindustriellen Betriebe, schon gar keine handwerklichen Betriebe gewesen sein. Fragen Sie einmal die Träger, die an der Basis arbeiten; dafür wären Beträge zwischen 1 200 und 1 500 Mark ausreichend.
    Herr Minister, dieses Beispiel zeigt: Ihre Entwicklungspolitik hat einen falschen Ansatz; sie kommt unten nicht an; Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander; die öffentliche Entwicklungshilfe ist viel zu sehr die Hilfe von Bürokratie zu Bürokratie;

    (Beifall des Abg. Glos [CDU/CSU])

    sie schafft keine Freiräume für Eigeninitiative und Kreativität. Das, Herr Minister, ist der große Fehler in Ihrer Politik.
    Für die Entwicklungspolitik zu Beginn der 80er Jahre, die Sie zu vertreten haben, komme ich zu folgenden deprimierenden Feststellungen.
    Es ist kein Ansatz erkennbar, wie diese Bundesregierung das real sinkende Volumen ihrer Entwicklungshilfe durch steigende Effektivität und Qualität ausgleichen will.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Minister, sorgen Sie für diese Qualität, dann werden wir Ihnen bei dem Versuch helfen, die Entwicklungspolitik aus ihrer festgefahrenen Situation herauszuführen. Aber das, Herr Minister, kann natürlich nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)