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ID0907915900

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    Plenarprotokoll 9/79 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 79. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksache 9/1188 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/1203 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/1207 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksache 9/1197 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksachen 9/771, 9/967, 9/1261 — in Verbindung mit Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksache 9/1189 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 4593 D Westphal SPD 4601A Gärtner FDP 4606 C Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 4612A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 4618A Grobecker SPD 4624 B Frau Matthäus-Maier FDP 4626 D Glos CDU/CSU 4630 C Frau Simonis SPD 4637 C Dr. Haussmann FDP 4642 B Kiep CDU/CSU 4644 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 4651 C Reuschenbach SPD 4657 D Dr. Hackel CDU/CSU 4661 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 4664 B Funke FDP 4667 B II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 9/1190 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 4668 B Frau Zutt SPD 4674 C Bredehorn FDP 4677 D Ertl, Bundesminister BML 4679 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksache 9/1192 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 4685A Wieczorek (Duisburg) SPD 4688A Dr. Zumpfort FDP 4692 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 9/1193 — Dr. Friedmann CDU/CSU 4695 C Paterna SPD 4697 C Merker FDP 4700 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksache 9/1199 — Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 4701 C Sieler SPD 4704 A Frau Noth FDP 4706 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 9/1198 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . 4709 C Esters SPD 4713A Gärtner FDP 4713 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . . . 4716 B Frau Luuk SPD 4718 D Dr. Vohrer FDP 4720 D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 4723 A Dr. Pinger CDU/CSU 4725 B Nächste Sitzung 4726 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 4727*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4727* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Januar 1982 4593 79. Sitzung Bonn, den 20. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Feinendegen 21. 1. Frau Huber 22. 1. Dr. Köhler (Duisburg) 20. 1. Frau Krone-Appuhn 20. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Lemmrich 20. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Mischnick 20. 1. Möllemann 22. 1. Dr. Müller* 20. 1. Müller (Bayreuth) 20. 1. Reddemann* 20. 1. Rösch* 20. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. Januar 1982 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Entwurf für einen Beschluß des Rates über eine konzertierte Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet der landseitigen Hilfen für die Navigation und Empfehlung für einen Beschluß des Rates zur Ermächtigung der Kommission, eine Vereinbarung über die Durchführung einer konzertierten Aktion „Hilfssysteme für die Seeschifffahrt von der Küste aus" zwischen der Gemeinschaft und den an der Europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (COST) beteiligten Drittstaaten auszuhandeln (Drucksache 9/934 Nr. 32) Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Auswirkungen von Behandlungen auf die physikalischen Eigenschaften von Lebensmitteln (Aktion COST 90 bis) (Drucksache 9/934 Nr. 33)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walther Leisler Kiep


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Verehrter Herr Kollege, ich glaube, soviel verstehen Sie j a wohl von Länderfinanzpolitik, daß Sie die Nettoneuverschuldung eines Landes oder einer Kommune — wie auch die des Bundes — immer auch sehen müssen in Relation zum Haushaltsvolumen. Das ist doch die entscheidende Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn Sie diesen Prozentsatz ermitteln, werden Sie feststellen, daß ich hier nicht die Unwahrheit gesagt habe.

    (Jungmann [SPD]: Eine Ausrede ist das! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zu der gegenwärtigen Debatte über die Frage von Beschäftigungsprogrammen zurückkommen, die auch von verschiedenen Rednern der Koalition angeschnitten wurde. Wir erleben zur Zeit eine Verunsicherungskampagne durch die Koalitionsparteien,

    (Zuruf von der SPD: Durch Sie!)

    die sicherlich nicht dazu angetan ist, das Vertrauen der Bevölkerung und derjenigen, die investieren sollen, zu stärken.
    Die Freien Demokraten betreiben seit vergangenen Montag ein erstaunliches Spiel, indem sie zunächst eine Mehrwertsteuererhöhung für die Finanzierung von Investitionszulagen in Aussicht stellten. Diese Aussage vom Montag ist inzwischen vom Bundeswirtschaftsminister, der an der Beratung teilgenommen hat, dementiert worden.
    Wir fragen uns, was dieses Spiel eigentlich soll. Wenn ich dann auch noch erfahre, daß der Bundeswirtschaftsminister heute morgen in einem Interview erklärte, man habe darüber gesprochen, man habe den Gedanken ventiliert, man habe ihn zur Diskussion gestellt, während er heute mittag erklärte, nunmehr sei dieses Thema vom Tisch, dann frage ich mich, was eigentlich die Wirtschaft, was die arbeitenden Menschen, was auch diejenigen, die von der gegenwärtigen Wirtschaftskrise so besonders betroffen sind, von einer solchen Politik halten sollen.
    Graf Lambsdorff, das FDP-Präsidium ist in diesem Augenblick doch kein Seminar, bei dem Gedanken ventiliert und in die Welt gesetzt werden, sondern es ist, wenn überhaupt, eine Vereinigung, die ihren Minister bei seinem Handeln im Interesse der Allgemeinheit zu unterstützen hat. Deshalb finde ich, daß uns dieser Beitrag in gar keiner Weise weiterhilft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Kiep
    Das Schwarze-Peter-Spiel, das hier vorgeführt wurde, hat dazu geführt, daß ein nicht näher bekanntes Mitglied des FDP-Präsidiums nach dem Ende der Sitzung dieses Gremiums erklärt haben soll — ich zitiere —: „Was heute nicht richtig ist, kann morgen schon falsch sein."

    (Heiterkeit)

    Ich meine, daß wir mit solchen Aussagen dem Ernst der Lage in gar keiner Weise gerecht werden.
    Nun behaupten einige Redner der Koalition, die CDU/CSU sei sich in bezug auf ein wie auch immer geartetes Programm nicht einig. Ich darf Sie daran erinnern, daß der CDU-Bundesvorstand am vergangenen Montag in Anwesenheit der Ministerpräsidenten Stoltenberg und Albrecht, des Fraktionsvorsitzenden Kohl, des Ministerpräsidenten Späth und auch in meiner Anwesenheit einen Beschluß gefaßt hat, der eine völlig eindeutige Position zu diesem Thema einnimmt.

    (Dr. Spöri [SPD]: Gegen Strauß?)

    — Dies ist veröffentlicht worden. Dies deckt sich auch voll und ganz mit der Meinung des Ministerpräsidenten von Bayern, Franz Josef Strauß.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    Ich will dieses Papier hier nicht im einzelnen zitieren.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    Sie können es ohne weiteres nachlesen. Ich darf Sie daran erinnern, daß es bei uns zu dieser Frage des Beschäftigungsprogramms sehr wohl die Bejahung der Notwendigkeit einer Handlungsbereitschaft für den Staat gibt. Keiner von uns — ich sagte es vorhin schon — ist angesichts steigender Arbeitslosenziffern in diesem Lande so töricht, so zu tun, als ob wir überhaupt nichts zu unternehmen brauchten.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich möchte Sie alle daran erinnern — auch im Hinblick auf Bemerkungen von heute morgen —, daß wir die Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbundes für ein Investitionsprogramm sehr ernst nehmen.

    (Zurufe von der SPD: Aha! — Bravo!)

    Ich lege Wert auf die Feststellung, daß dieses Investitionsprogramm nicht mehr eines dieser Beschäftigungsprogramme ist, wie wir sie früher oft hatten und von denen wir inzwischen gemeinsam feststellen, daß sie ja nichts bewirken.

    (Zuruf von der SPD)

    — Es wäre ja noch schöner, es wäre unverständlich, wenn nicht Gewerkschaften, wenn nicht Parlament, wenn nicht Parteien angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit über Wege nachdächten, wie wir zur Lösung dieses Problems gemeinsam beitragen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bravo! — Rufe und weitere Zurufe von der SPD)

    Aber die entscheidende Frage bleibt doch: Wie wollen wir dieses Programm finanzieren?

    (Dr. Spöri [SPD]: Also sagen Sie was dazu!)

    Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir im CDU-Bundesvorstand gesagt und sage ich Ihnen heute hier: es gibt in der gegenwärtigen Situation ganz einfach keinen Weg an der Tatsache vorbei, daß zunächst die Konsolidierung der Staatsfinanzen festgelegt werden muß.

    (Zurufe von der SPD)

    Der Sachverständigenrat mit seinem 7-MilliardenProgramm — eine ernst zu nehmende Vorstellung — hat davon gesprochen, daß zwei Prämissen erfüllt werden müßten, wenn wir einen Vorgriff auf die Mehreinnahmen der kommenden Jahre oder durch Neuverschuldung machen wollen. Erste Prämisse, es muß die mittelfristige Konsolidierung des Haushalts festgelegt sein. Diese Prämisse ist bis zur Stunde nicht erfüllt. Zweite Prämisse, die Gewerkschaften müssen sich auf eine Tarifpolitik verständigen, die unterhalb der Erhaltung der Realeinkommen der Arbeitnehmer liegt, eine, wie ich weiß, außerordentlich schwer zu erfüllende Forderung für die Gewerkschaften. Nur unter diesen Prämissen, meine Damen und Herren, haben sich die Sachverständigen letzten Endes bereit gefunden, einen Vorgriff zuzulassen.

    (Dr. Spöri [SPD]: Und das akzeptieren Sie?)

    Dieser Meinung haben sich ja wohl, wenn ich die Kommuniqués richtig verstehe, der Wirtschaftsminister, der Finanzminister, Herr Hoppe und auch der Bundeskanzler angeschlossen. Ich habe den Eindruck, daß wir vor dieser Hürde stehen: Wie wollen wir das finanzieren? Wenn wir uns darauf verständigen könnten, Finanzierungsmasse dafür zu finden, dann, glaube ich, haben wir eine Fülle von Programmvorschlägen, wie wir diese Mittel in einer möglichst effizienten Weise einsetzen könnten.
    Ich wollte dies in aller Klarheit sagen, damit auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD, vielleicht aufhören, in Debatten so zu tun, als ob wir menschlich, politisch, gesellschaftlich, unberührt von dem Phänomen der Arbeitslosigkeit, der Meinung wären, hier könnte business as usual praktiziert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß heute in dieser Debatte für die Bundesregierung, insbesondere für den Bundeswirtschaftsminister, die Gelegenheit gegeben ist, eine klare und deutliche Aussage über seine künftige Politik und über seine Überzeugungen in puncto Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu machen. Ich will dabei daran erinnern — auch das gehört in den Kontext einer solchen Rede —, daß der Tarifpolitik des kommenden Jahres selbstverständlich eine entscheidende Bedeutung zukommt. Bundesaußenminister Genscher hat gestern kritisch darauf hingewiesen, daß sich die Opposition zu diesem Thema eigentlich nicht geäußert habe. Ich möchte deshalb in aller



    Kiep
    Deutlichkeit sagen, daß hier ein entscheidender, wenn nicht der entscheidendste Beitrag zur Erreichung unserer wirtschaftspolitischen Ziele in unserem gemeinsamen Interesse an der Erhaltung der Arbeitsplätze und Schaffung neuer Arbeitsplätze geleistet werden kann. Ich glaube, daß auch in weiten Kreisen der Bevölkerung — wenn man Umfragen glauben darf —, diese Einsicht inzwischen besteht und die Bereitschaft der Menschen, eine solche Politik mitzutragen, inzwischen weit verbreitet ist.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch ein letztes Wort zu dem Thema Vertrauen sagen. Der Bundeskanzler hat einmal, wie ich finde, völlig zu Recht, davon gesprochen

    (Zurufe von der SPD: Er spricht meistens zu Recht! Immer!)

    — wie meistens, immer —, daß bei einer gegebenen wirtschaftlichen Lage 50 % Fakten und Probleme und 50 % Psychologie und Vertrauen sind. Ich glaube, daß diese Aussage richtig ist. Ich habe den Eindruck, daß der Vertrauensprozentsatz, der notwendig ist, um die Dinge wieder in Gang zu bringen, heute sogar eher noch höher ist. Da möchte ich an die Bundesregierung appellieren zu erkennen, welche entscheidende Rolle sie in diesem Bereich zu spielen hat und wie sehr sie es bisher durch ihr Handeln, durch ihr Auftreten, durch ihre Selbstdarstellung versäumt hat, auch nur den Schatten eines Vertrauens in der Bevölkerung zu erwecken, daß es mit dieser Regierung einen notwendigen wirtschaftspolitischen und finanzpolitischen Neuanfang geben kann.
    Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler hat anläßlich seiner Rede in Oslo nach den Bemerkungen über die psychologische Bedeutung des Vertrauens dann zum Schluß gesagt: „Vielleicht liegt dieser Mangel an Vertrauen daran, daß wir den Leuten nur sehr vorsichtig die Wahrheit sagen." Ich glaube, Herr Bundeskanzler, auch diese Aussage ist richtig, und ich meine, daß die Bundesregierung aufgefordert ist, nun hier in dieser Haushaltsdebatte 1982, wenn sie dazu imstande ist, Klarheit über den Kurs zu schaffen, mit einem Wintertheater nach einem Sommertheater Schluß zu machen. Ich möchte an die FDP appellieren, nun unter gar keinen Umständen nach der SPD im Sommertheater gewissermaßen die Regie im Wintertheater durch sich ständig widersprechende Aussagen zu übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben, wie ich meine, eine Situation vor uns — ich glaube, auch das gehört zu der notwendigen Einsicht in dieser Stunde —, in der ohne jeden Zweifel gewaltige konkrete Probleme und Schwierigkeiten zu überwinden sind, die zu einem ganz großen Teil auch von außen auf uns eindringen, von denen aber auch ein großer Teil unser Handeln dort erfordert, wo wir es durch politische Entscheidungen zu Hause erbringen können. Gerade auch die von Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, ständig gemachten Vergleiche mit dem Ausland, wo alles viel schlimmer sei, sollte eigentlich dazu führen, daß wir erkennen, daß wir auf Grund dieser besseren Position eine Chance haben, mit den Schwierigkeiten
    auch tatsächlich fertig zu werden, wenn wir nur zu entschlossenem Handeln bereit sind. Dieser Eindruck ist im zurückliegenden Jahr 1981 durch das Handeln dieser Bundesregierung nicht entstanden. Die sie tragenden Parteien haben einen weiteren Vertrauensverlust zu verzeichnen. Die entscheidende Aufgabe der Haushaltskonsolidierung und der Festsetzung längerfristig gültiger Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft steht noch aus. Sie sind als Regierung aufgefordert zu handeln.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nicht weil es einer guten Übung, sondern weil es meiner Überzeugung entspricht, möchte ich mich zunächst beim Haushaltsausschuß für die konstruktive Zusammenarbeit bei der Beratung des Einzelhaushalts 09 sehr herzlich bedanken.
    Herr Glos, Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß das Volumen minus 20 % gegenüber dem Soll des Haushaltes 1981 ist. Es wird keine einfache Aufgabe sein, damit zurechtzukommen. Aber wir alle haben eingesehen, daß man von Konsolidierung nicht nur reden und sprechen kann, sondern daß man auch selber die Konsequenzen tragen und sich darum bemühen muß, dieser Notwendigkeit gerecht zu werden. Wir werden uns darum bemühen.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich bin mit Ihnen der Meinung, meine Damen und Herren — die Opposition hat das angesprochen —, daß es bedauerlich ist, daß im Rahmen dieser Konsolidierungsbemühungen gerade auch die Mittel für die Erdölbevorratung so arg zusammengestrichen werden mußten. Aber auch das fällt unter den Leitsatz, den ich eingangs gesagt habe. Wenn man wirklich ernsthaft sparen will, geht das leider nicht ab, ohne daß auch in Bereichen gespart wird, in denen es schmerzhaft ist.
    Ich bin nicht der Meinung — aber das kann erst die Entwicklung dieses Jahres erweisen —, daß der Ansatz von 570 Millionen DM für die Kokskohle zu niedrig gewählt ist. Aber das kann, wie ich sagte, erst der Verlauf dieses Jahres erweisen, weil das von vielen außenwirtschaftlichen Faktoren abhängig ist, nämlich vom Weltmarktpreis der Kohle und vom DMark-Dollar-Verhältnis.
    Ich möchte in aller Offenheit im Plenum wiederholen, was ich schon im Haushaltsausschuß gesagt habe: Man muß wählen einerseits zwischen der Gefahr, im Ansatz des Haushalts an der untersten Grenze dessen zu bleiben, was man für notwendig hält, und andererseits der Gefahr, die Ansätze vielleicht zu großzügig zu bemessen und damit nicht nur haushaltswirtschaftlich etwas zu tun, was nicht den Gesetzen dieser Zeit entspricht, sondern auch den Erwartungshorizont derer hebt, die eines Tages antreten, die Hand aufhalten und sagen: wir möchten die Mittel haben. Sie werden uns dann erklären: das steht j a schon im Haushalt drin, das ist j a schon ge-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    gessen; wir reden nur noch über das, was wir darüber hinaus brauchen.
    In dem Sinne, Herr Kiep, möchte ich ausdrücklich bestätigen, daß es aus meiner Sicht im Haushalt 09 haushaltswirtschaftliche Risiken im Verlaufe des Jahres 1982 geben kann — nicht geben muß. Ich habe dem Haushaltsausschuß und erst recht dem Bundesfinanzminister gegenüber nie einen Hehl daraus gemacht. Wir alle wissen doch zum Beispiel, wie schwierig die Situation in der deutschen Stahlindustrie ist. Wer wird sich unterfangen, heute zu sagen: dies ist auf die Mark genau der Betrag, mit dem wir da auskommen werden? Aber ihn zu hoch anzusetzen — ich wiederhole das —, heißt natürlich, die Vorstellung zu erwecken: das haben die schon ausgegeben, darüber brauchen wir eigentlich gar nicht mehr ernsthaft zu reden.
    Meine Damen und Herren, die wirtschaftspolitische Diskussion dieser Tage wird ja nicht nur bei uns im Lande geführt, sie wird weltweit geführt. Es werden Vergleiche angestellt. Die wirtschaftspolitische Diskussion über die Bundesrepublik Deutschland endet bei sehr vielen Betrachtern und Beurteilern unserer Szene mit dem Ergebnis: Die haben sich trotz großer Wortgefechte seit vielen Jahren in der Bundesrepublik immer auf einem relativ mittleren Wege verständigt — Sozialpartner, politische Parteien, Regierung und Opposition —, und schlecht ist ihnen das nicht bekommen. Ich habe nichts gegen die Wortgefechte. Sie sind notwendig, um Klarheit zu schaffen, wo es Unklarheiten gibt. Aber ich meine, daß wir uns von Zeit zu Zeit — ich glaube, Herr Kiep, Ihre Rede war durchaus ein Beweis für die Richtigkeit dieser Grundhaltung — wieder darüber verständigen müßten und die Einsicht aufbringen sollten, daß wir, insgesamt gesehen, mit dem Ansatz, den wir in der Bundesrepublik seit vielen, vielen Jahren für die Wirtschaftspolitik und für unsere politische Diskussion auf diesem Felde gewählt haben, gar nicht so schlecht gefahren sind.
    Nun ist es schwer, davon zu sprechen, man sei nicht schlecht gefahren, wenn man die bedrückenden Zahlen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, sieht.
    Wir werden im Jahre 1982 — aber das soll dann der Jahreswirtschaftsbericht im einzelnen beantworten; ich will das nicht vorwegnehmen — eine bessere wirtschaftliche Entwicklung vor uns sehen.
    Herr Glos, Sie haben heute morgen gesagt, das zweite Halbjahr 1981 habe uns enttäuscht. Das ist nicht richtig. Die Tatsache, daß wir 1981 einen Wachstumsverlust von nur 0,3 % — ich setze das „nur" gedanklich in Anführungsstriche — gehabt haben, ist darauf zurückzuführen, daß sich das zweite Halbjahr besser entwickelt hat, als wir gedacht hatten. Aber alles das ändert nichts daran — und deswegen ist Ihre Frage, Herr Kiep, zu Recht gestellt: wie sieht es denn mit den Vorstellungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit aus? —, daß wir nicht schnell von den hohen Arbeitslosenzahlen herunterkommen werden.
    Obwohl das im Verlauf der Debatte hier schon mehrfach geschehen ist, muß ich Ihre Frage „Wollt ihr denn da nichts tun? Was habt ihr denn vor?" mit dem Hinweis beantworten: Erst am 1. Januar dieses Jahres, also vor knapp drei Wochen ist das Haushaltsstrukturgesetz in Kraft getreten. Niemand kann von einer solchen Gesetzgebung innerhalb von knapp drei Wochen Wunderbares erwarten. Der Kollege Haussmann hat es — wie viele andere auch — gesagt: Hier muß man Geduld und die notwendigen Nerven aufbringen, wenngleich das in dieser Lage und in dieser Diskussion schwerfällt.
    Ich möchte, nachdem auch von Ihnen, Herr Kiep, mit großem Recht auf die Ernsthaftigkeit des Problems der Arbeitslosigkeit hingewiesen worden ist, eine persönliche Erfahrung beitragen, die mich davon überzeugt hat — Sie können auch sagen: die mich darüber belehrt hat —, daß es zwar nach wie vor richtig bleibt, Mißbrauchsmöglichkeiten abzubauen, einzuschränken und zu verhindern. Vieles davon ist ja am 1. Januar in Kraft getreten. Vieles von dem, was uns gestern in der Debatte als noch bestehende Mißbrauchsmöglichkeiten angekreidet wurde, ist — das ist von dem einen oder anderen Redner übersehen worden; es ist wirklich so, Herr Kohl — abgeschafft oder eingegrenzt worden,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das stimmt doch einfach nicht!)

    wenngleich wir alle wissen, daß es ein hundertprozentiges Abschotten der Inanspruchnahme von Leistungen, von Transferleistungen gegen Mißbrauch in keinem Bereich und niemals geben kann.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das ist noch nicht einmal ein 30 %iges Abschotten!)

    Als ich vor einigen Monaten auf einer Betriebsversammlung der Hoesch-Werke — dort ist die Arbeitsplatzbedrohung nun wirklich groß und aktuell — war, habe ich nur ein einziges Mal lauten Widerspruch der 18 000 Versammlungsteilnehmer — so viele waren es, glaube ich — erfahren. Die Versammlungsteilnehmer haben mich im übrigen durch ihre Disziplin, ihre Ernsthaftigkeit und ihre Sachlichkeit stark beeindruckt. Als ich von den Mißbrauchsmöglichkeiten der Kombination von Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit und besser leben, wie man es landläufig in anderen Gegenden tut, gesprochen habe, kam plötzlich Widerspruch, nämlich von solchen Menschen, die damit rechnen müssen, alsbald arbeitslos zu werden, und die die für sie dann geltenden Regelungen nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs, sondern unter dem Gesichtspunkt des sehr notwendigen und rechtmäßigen Gebrauchs sehen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Reuschenbach [SPD])

    — Dort komme ich gerne hin. Das wissen Sie, Herr Reuschenbach. Wenn Sie mich einladen, komme ich immer.
    Herr Kollege Kiep, ich möchte zu ein paar Punkten Stellung nehmen, die Sie heute eingebracht haben, bevor ich Ihre Grundfrage kurz zu beantworten versuche. Wir halten den Ertragseinbruch alle für kritisch. Ich glaube das jedenfalls, denn es bleibt ja



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    dabei: Nur gut verdienende Unternehmen können sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen.

    (Zustimmung des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Ich lege hier Wert auf das Wort „schaffen". Wir brauchen in den nächsten Jahren zusätzliche, neue Arbeitsplätze. Es geht doch nicht um die Umverteilung der vorhandenen Arbeitsplätze.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Bitte führen Sie diesen Ertragseinbruch aber nicht monokausal auf Erdöl und Energie zurück. Natürlich spielen auch — prozentual ist das schwer abzugrenzen — die hohen Zinsen eine Rolle. Ebenso spielen eine Rolle die Konkurrenz der Schwellenländer und — ich komme auf diesen Gesichtspunkt in einem anderen Zusammenhang noch zurück — die Tatsache, daß andere Länder sich heute in ähnlicher Weise darum bemühen, ihre Wettbewerbsfähigkeit an den internationalen Märkten zu erhalten, die das früher nicht so getan haben und denen gegenüber wir deshalb einen gewissen dauerhaften Vorsprung besessen haben.
    Sie haben gesagt, die unverkennbare Exportverbesserung der deutschen Wirtschaft sei ausschließlich auf die verbesserten Wechselkurse — vor allem ausgedrückt im Verhältnis zwischen D-Mark und Dollar — zurückzuführen. Dies, so meine ich, unterschätzt und unterbewertet die Anstrengungen der deutschen Unternehmen und der Arbeitnehmer. Wenn es nicht die Mentalität gäbe, sich auf den Märkten der Welt zu behaupten, wären diese Verbesserungen der Wechselkurse in die Ertragssituation der Unternehmen eingegangen. Die Unternehmen hätten ihre Erträge verbessert. In Wahrheit haben sie aber bei dieser Lage die Mengenkonjunktur benutzt und unsere Exporte erhöht.
    Schließlich zum Bundesbankgewinn. Es ist in der Tat richtig, daß ich zunächst der Auffassung war — dann bin ich von der Bundesbank, was ich im übrigen auch mehrfach öffentlich, sogar in einer Debatte hier, gesagt habe, aber in anderem Sinne überzeugt worden —, daß es sich um einen Vorgang der Geldmengenschöpfung handelt. Dies ist nicht richtig. Es ist vor allem deswegen nicht richtig, weil, wie sich in Ihrem Zwischenfragespiel mit dem Herrn Bundeskanzler zutreffend ergeben hat, der bei weitem größte Teil des Bundesbankgewinnes — und es kommt jetzt gar nicht darauf an, daß der gesetzlich abzuliefern ist; wir reden über die ökonomischen Konsequenzen — auf Zinseinnahmen zurückzuführen ist, nicht etwa auf die Höherbewertung stiller Reserven von Währungsbeständen und ähnlichem — dann müßte man in der Tat Fragezeichen setzen —, sondern auf echte Einnahmen, nämlich realisierte Kursgewinne und Zinseinnahmen. Dies ist, was Inflationswirkung und Geldmengenschöpfung anlangt, völlig in Ordnung. Es ist aber ein Problem darin enthalten — das sehen wir alle, das sieht auch die Bundesbank —, nämlich daß es eine Frage der Geldmengenvermehrung ist. Diese Frage wird die Bundesbank zu berücksichtigen haben. Sie hat erklärt, sie werde das tun. Es ist in konjunkturell schwieriger Zeit gerechtfertigt, diesen Bundesbankgewinn, der so entstanden ist, einzustellen.
    Wenn wir mit unseren amerikanischen Freunden, wo unsere Hauptanlagen und die Währungsreserven der Bundesbank liegen, darüber sprechen: Senkt doch bitte eure Zinsen, dann betreiben wir eine Politik, die dazu führt, daß der Bundesfinanzminister im nächsten Jahr, wenn es gut geht, wenn diese Politik erfolgreich ist, weniger Zinseinnahmen und weniger Bundesbankgewinne zur Verfügung gestellt bekommt. Wir alle wollen das.
    Nun zu Ihrer Frage, Herr Kiep: Ich glaube, daß die akute Wachstumsschwäche und die sich auch mittelfristig abzeichnenden Beschäftigungsprobleme nur durch eine mehrjährige wachstums- und beschäftigungspolitische Strategie überwunden werden können. Im Mittelpunkt dieser Strategie muß eine Verstärkung der Investitionen, der Innovationen und des Produktivitätsanstiegs stehen. Diese Aktivitäten müssen dabei die ganze Breite der volkswirtschaftlichen Angebotspalette erfassen. Nur durch eine solche breit angelegte Modernisierung und Ausweitung des Produktionspotentials können in den nächsten Jahren genügend Arbeitsplätze erhalten und, was wichtiger ist, neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Akzeptiert das die SPD?)

    Für die Investitions- und Innovationsentscheidungen in der Wirtschaft und die Abschätzung der Absatzchancen spielt nicht nur der tatsächlich gegebene Sachverhalt, sondern spielen die Perspektiven für die Entwicklung der Zins-, der Arbeits- und der Materialkosten sowie der Belastung durch die öffentliche Hand eine große Rolle. Sie beeinflussen und sie formen letztlich die Erwartungen und damit auch die Entscheidungen der Investoren. Die wachstums- und die beschäftigungspolitischen Bemühungen müssen deshalb vorrangig darauf gerichtet sein, das Vertrauen in eine positive Entwicklung dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu stärken.
    Eine dauerhafte Verbesserung von Wachstum und Beschäftigung kann nur durch eine gemeinsame Anstrengung aller für die Wirtschaft Verantwortlichen erzielt werden. Deshalb müssen sich alle staatlichen Ebenen, die Gewerkschaften, die Wirtschaftsverbände und erst recht die Unternehmen selbst an der Lösung dieser Aufgabe beteiligen. Niemand ist von der Verantwortung frei, in seinem Bereich auf Bedingungen hinzuarbeiten, die neues Wirtschaftswachstum und damit mehr Arbeitsplätze bringen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Dies, so meine ich, meine Damen und Herren, ist die sehr kurz zusammengefaßte Grundphilosophie. Ich will gerne noch fünf kurze Orientierungspunkte nennen.
    Erstens. Um die notwendige Zinssenkung zu ermöglichen, müssen die durch Leistungsbilanzverbesserungen und Finanzpolitik geschaffenen Bedingungen für eine Entspannung an den Kapitalmärkten und eine größere Unabhängigkeit vom internationalen Zinsniveau verbessert und dauerhaft abgesichert werden.
    Meine Damen und Herren, darf ich Sie aber bitte darauf aufmerksam machen, daß dies nichts ist, was



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    hundertprozentig, ausschließlich und allein, in unserer Hand liegt? Wirtschaftlich, durch Anstrengung, durch Arbeit, durch Bemühen dem Rechnung zu tragen, das ist unsere Sache. Aber außenwirtschaftliche und politische Einflüsse, die wir nicht ausschalten können und die ihre wirtschaftlichen Konsequenzen haben, können Sie, meine Damen und Herren, in keiner Perspektive, in keiner Prognose, in keiner Beantwortung einer solchen Frage, wie Herr Kiep sie hier gestellt hat, einfangen.
    Ich kann nicht vorhersagen — und Sie auch nicht —, wie sich der D-Mark-Dollar-Kurs wegen der Ereignisse in Polen entwickeln wird, was das für Auswirkungen auf die Zinsentwicklung haben kann. Man kann nicht vorhersagen — Sie haben das Thema Sanktionen in Richtung Polen angesprochen, Herr Kiep —, was das für Auswirkungen auf unsere wirtschaftliche Entwicklung haben kann.
    Aber ich möchte doch zwei Bemerkungen dazu machen. Der Bundesaußenminister hat Herrn Wörner gestern gefragt, ob er im Zusammenhang mit den Sanktionsbemühungen, -bestrebungen und -überlegungen für einen Eingriff in abgeschlossene, gültige, schwebende Verträge sei oder nicht. Es würde uns schon interessieren, die Meinung der Opposition dazu zu erfahren.
    Ich möchte eine weitere Überlegung anheimgeben, meine Damen und Herren, um deutlich zu machen, wie schwierig die Abgrenzung zwischen dem, was man für sanktionsfähig und -möglich halten kann, und dem ist, wo man dann anfängt, große Zweifel zu bekommen. Wir alle sagen: Nahrungsmittelhilfe: nicht daran rühren; humanitäre Hilfe: nicht daran rühren. Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren: Ist die Lieferung von Ersatzteilen für den polnischen Bergbau oder für polnische Industrieanlagen, die sonst stehenbleiben, humanitäre Hilfe? Sie ist sicher keine Nahrungsmittelhilfe. Aber: Kommen die Ersatzteile nicht, geht die Produktion nicht weiter; läuft die Produktion nicht, wird keine Steinkohle gefördert; wird keine Steinkohle gefördert, fällt der wichtigste Exportartikel aus; hat man keinen Exportartikel, kann man keine Devisen einnehmen und keine Nahrungsmittel bezahlen. Dies, meine Damen und Herren, ist nur ein Fall der großen Schwierigkeiten, die Sie hinsichtlich aller Sanktions- und Beschränkungsvereinbarungen zu überlegen haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Was immer wir vereinbaren und auf Papier schreiben — wir wollen uns, damit hier überhaupt kein Zweifel entsteht, an alle Vereinbarungen halten, die gemeinsam getragen werden; ich unterstreiche das Wort „gemeinsam" —, es bleibt letztlich eine von Fall zu Fall zu treffende politische Entscheidung. Den Nürnberger Trichter, in den man oben etwas hineinwirft und wo man unten die zutreffende Antwort bekommt, den gibt es auch hier nicht.
    Zweiter zentraler Orientierungspunkt: Die durch die Finanzpolitik der Bundesregierung eingeleitete Umstrukturierung des Sozialproduktes von konsumtiven zu mehr investiven Verwendungen muß auch durch entsprechende Entscheidungen und Vereinbarungen der Tarifparteien fortgesetzt und unterstützt werden. Hier kann, Herr Kollege Kohl, vermögenspolitische Initiative in der Tat eine verteilungspolitische Erleichterung und verteilungspolitische Hilfe bringen; dies sei unbestritten. Sie haben gestern die Frage gestellt, was denn wohl die Initiativen, die auf dem Tisch gelegen haben und teilweise noch liegen, haushaltswirksam kosten könnten. Es gab verschiedene Initiativen; sie liegen alle etwa in der schwer abzuschätzenden Größenordnung von jährlichen Haushaltsbelastungen — verteilt auf Bund und Länder — von zweimal 0,5 Milliarden DM. Dies war j a auch der Grund, warum wir dann zum Ende der vorigen Legislaturperiode gesagt haben: Wir können zusätzliche Haushaltsbelastungen derzeit nicht auf uns nehmen. Das ändert nichts daran, daß man sich mit dieser grundlegenden Frage, ob man verteilungspolitische Hilfe anbieten kann, in einem Prozeß, der in diesem Jahr — die vorigen Jahre haben es schon gezeigt — wieder außerordentlich schwierig werden wird, nämlich im Prozeß der Einkommensverteilung, intensiv befassen muß und daß wir zu einer Diskussion hierzu bereit sind.
    Aber man muß, wenn man hier ehrlich diskutieren will, auch die Frage hinzufügen, wie groß die praktischen Aussichten sind, mit solchen Initiativen Erfolg zu haben in einer Zeit, in der reale Einkommensverluste kaum zu vermeiden sind, der einzelne am Ende des Jahres also ohnehin weniger Kaufkraft mit nach Hause genommen hat und sich die Frage verstärkt stellen wird: Kannst du es dir denn — lassen Sie es mich einmal so sagen — aus Liquiditätsüberlegungen überhaupt leisten, nun auch noch auf Bargeld zu verzichten und vermögenspolitische Vorteile dafür in Anspruch zu nehmen?

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sage das nur, um die ganze Palette abzurunden. Es ändert überhaupt nichts an meiner grundsätzlich positiven Einstellung.
    Drittens. Aus Sicherheits-, Wettbewerbs- und Leistungsbilanzgründen muß der erfolgreich eingeleitete Prozeß der Einsparung von Energie sowie des Ausbaus und der Diversifizierung des Energieangebots fortgesetzt und verstärkt werden.
    Viertens — und dies halte ich für ganz wichtig. Um die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen für junge Menschen zu verbessern und die Möglichkeiten der beruflichen Qualifikation generell zu verstärken, müssen die Bemühungen um eine vermehrte Bereitstellung von Ausbildungsplätzen sowie um die berufliche Fortbildung und Umschulung verstärkt werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Und schließlich fünftens. Zur Verbesserung der Beschäftigungschancen und zur Erweiterung der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten sollten sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich flexiblere Arbeitszeit- und Beschäftigungsregelungen angestrebt werden. Dies ist Verteilung vorhandener Arbeitsplätze, es ist nicht die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Aber es kann wenigstens für einen



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff Übergangszeitraum helfen, das eine oder andere Problem zu erleichtern. Es löst das Problem nicht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir werden zu Einzelheiten in diesem Sinne im Jahreswirtschaftsbericht Stellung nehmen und dann das, was Sie, Herr Kiep, gefragt haben, ausführlicher beantworten, als ich das hier in wenigen Worten und in der begrenzten Zeit, die zur Verfügung steht, tun kann.
    Nun, meine Damen und Herren, ich muß leider — der Kollege Zimmermann ist zwar nicht hier — auf seine Eröffnungsrede in der Debatte zurückkommen, die ich zu beanstanden habe. Ich habe wieder zu beanstanden, daß die Zitierkünste von Herrn Zimmermann, deretwegen ich schon einmal mit ihm zusammengerasselt bin, sich nach wie vor nicht gebessert haben.

    (Zuruf von der SPD: Old Schwurhand!)

    Er hat es nicht nur in seiner Rede vorgetragen, sondern er hat bei der Rede des Kollegen Willy Brandt auch noch eine Zwischenfrage gestellt, in der er sich wie folgt geäußert hat. Es ging aus, meine Damen und Herren, vom 6,3-Milliarden-DM-Kreditprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau, das ich für richtig gehalten habe, dessen Zinsverbilligung ich beim Zentralbankrat der Deutschen Bundesbank befürwortet habe. Es wird aus dem Haushalt bezuschußt. Herr Zimmermann hat gesagt und mich damit zitiert — angeblich —:
    Von dem berühmten 6,3-Milliarden-Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau seien 2,5 Milliarden DM immer noch nicht abgerufen worden.
    — Das hätte ich gesagt. —
    Mit anderen Worten:
    — wieder Zitat Lambsdorff, also mein Ausspruch —
    Das Geld fließt nicht mehr ab. Die Bedingungen sind nicht attraktiv.
    In Wahrheit habe ich gesagt:
    Das Geld fließt nicht mehr ab. Die Bedingungen sind nicht mehr attraktiv.
    Und dies genau ist der Punkt, meine Damen und Herren. Als wir dieses Programm aufgelegt haben, waren die Zinsen attraktiv. Inzwischen hat es eine Zinssenkung durch die Deutsche Bundesbank gegeben. Am Tage, an dem sich dort ein Zinssenkungstrend zeigte, ist die Nachfrage bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau nach diesem Programm, das vernünftig war — ich betone das noch einmal —, zurückgegangen, weil die Zinserwartungen der Investoren nach unten gerichtet sind. Aber so sollte man dann doch — wenn ich darum bitten darf — nicht zitieren. Denn mit dem einen ausgelassenen Wort wird der Sinn verdreht.
    Nun, meine Damen und Herren, das Stichwort „Beschäftigungsprogramm" ist auch heute gefallen. Um Verwechslungen und Mißinterpretationen zu vermeiden, würde ich lieber von beschäftigungspolitischen Alternativen sprechen, über die nachgedacht werden muß. Auch diese Debatte hat ergeben daß auf der ganzen Breite des Hauses überhaupt kein Zweifel daran zu bestehen scheint, daß wir neben den privaten Investitionen, die die Wirtschaft und deren erwünschten Aufschwung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze tragen müssen, selbstverständlich auch öffentliche Investitionen brauchen Daß öffentliche Investitionen andererseits allein vom Volumen her die privaten Investitionen nicht ersetzen können, wird jemand, der noch einigermaßen rechnen kann, auch nicht bestreiten. Die Frage die sich stellt und die beantwortet werden muß, heißt aber: Wie denn nun finanzieren? Und hier Vorteile und Nachteile gegeneinander abzuwägen, das, in der Tat, meine Damen und Herren, ist schwierig.
    Sie haben einen Diskussionspunkt angesprochen Ich will dazu einige wenige Worte sagen, Herr Kiep Ich will ganz gewiß keine Verwirrung stiften, sondern Verwirrung aus der Welt bringen, wenn sie entstanden ist; denn Verwirrung ist schädlich, erzeugt Attentismus, und das ist etwas, was wir nicht brauchen.
    Wir haben im Wirtschaftsministerium selbstverständlich in der Weihnachtspause darüber nachgedacht, was beschäftigungspolitisch sinnvoll getan und sauber finanziert werden könnte. Dazu sind wir schließlich da, insbesondere wenn es um die Vorbereitung des Jahreswirtschaftsberichts geht. Eine dieser Überlegungen — Frau Matthäus hat sie heute morgen angesprochen — ist auch öffentlich diskutiert worden, nämlich die Frage, ob eine auf das Jahr 1982 beschränkte Investitionszulage durch eine Mehrwertsteuererhöhung um einen Punkt per 1. Juli 1983 finanziert werden könnte, die am 1. Januar 1984 im Rahmen einer dann vielleicht nötigen Änderung bei der Lohn- und Einkommensteuer verrechnet werden könnte. Es sollte nicht etwa eine zusätzliche steuerliche Dauerbelastung übrigbleiben. Nach gründlicher Diskussion bin ich zu dem Ergebnis gekommen, daß auch bei diesem Modell die Nachteile die Vorteile überwiegen.
    Dies scheint mir die Grundfrage zu sein, die wir uns von Fall zu Fall überlegen müssen: Finanzieren wir etwas auf eine Art und Weise, was dann in seinen Auswirkungen durch die Art der Finanzierung schädlicher und abträglicher dem ist, was wir eigentlich erreichen wollen? Das ist doch keine Frage von Ideologie, das ist auch keine Frage von vorgedruckten Programmen und auch keine Frage, die man aus einem Kochbuch ablesen kann. Auch der Jahreswirtschaftsbericht kann hierfür kein Rezeptbuch werden. Es ist vielmehr eine Frage von Zweckmäßigkeit, der Überlegung: Wie reagieren die Wirtschaftssubjekte? Dies ist heute — ich komme darauf sofort, meine Damen und Herren — eine der schwersten Fragen, die man gestellt bekommen kann.
    Wir nehmen beschäftigungspolitische Anstöße ernst. Das gilt, ebenso wie Sie es für sich gesagt haben, Herr Kiep, für die Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes, das gilt auch für die Vorstellung, die 38 Professoren Anfang dieser Woche abgegeben haben. Aber ich sage auch da, mir fehlt bei diesem Vorschlag die Finanzierungsseite. Die Fi-



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    nanzierungsseite, die dort genannt wird, nämlich Kreditaufnahme, sieht aus, als lebten wir ohne außenwirtschaftliche Bezüge. Die Schäden, die dann entstehen könnten, sind von den Professoren nicht behandelt worden.
    Eines allerdings, meine Damen und Herren, hat mich in diesen Tagen amüsiert. Ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten. Es gibt gelegentlich auch skurrile Argumente in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Niemand hier im Hause wird meinen — ich glaube, auch Sie nicht —, daß sie sich zu den reinen Monetaristen zählen wollen. Wir sind in der Bundesrepublik übrigens ganz gut gefahren — ich habe vorhin vom Stil der Debatte auf einem mittleren Wege gesprochen —, daß wir weder reine Monetaristen noch reine Keynesianer gewesen sind, sondern uns auf eine pragmatische Mittellinie geeinigt haben. Aber wenn Professor Friedmann, der Altvater der Monetaristen im Interview einer Hamburger Illustrierten sagt: „Tatsache ist jedoch, daß die gegenwärtigen hohen Zinssätze nicht auf das Budget-Defizit in den Vereinigten Staaten zurückzuführen sind", und dann auf die Frage: „Welche Erklärung haben denn Sie für die hohen Zinssätze parat?" sagt: „Ich weiß nicht, wie die hohen Zinssätze in den vergangenen zwölf Monaten zu erklären sind, aber sie können weder durch die Budget-Defizite noch durch die Geldpolitik erklärt werden", dann, meine Damen und Herren, geht mir der Monetarismus etwas zu weit.

    (Heiterkeit)

    Andererseits darf ich viele von uns und, wie ich glaube, auch viele von Ihnen, Herr Kohl und Herr Kiep, ohne daß ich das kritisch bemerken wollte — ich habe selbst dazugehört —, erinnern: Haben wir nicht alle vor zehn oder 15 Jahren gesagt — das liegt nun mehr auf der keynesianischen Seite —: Langfristige Investitionen muß man zu einem guten Teil auch durch Fremdmittel finanzieren, und wenn das Investitionen sind, die in die nächste Generation hineinreichen, dann muß auch die nächste Generation sie mitbezahlen; das ist doch korrekt, das ist doch vernünftig?

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Absolut war das immer eine Ausrede!)

    Wir haben gesehen, meine Damen und Herren, daß uns die Schulden schneller eingeholt haben, als die nächsten Generationen herangewachsen sind, und vor dem Problem stehen wir doch.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich sage das ohne jeden kritischen Ansatz; denn, meine Damen und Herren, ich habe selber in diese Richtung gedacht und argumentiert und frage mich heute, ob das richtig war, ob man das fortsetzen darf.

    (Glos [CDU/CSU]: Wie hieß denn der Wirtschaftsminister?)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende noch folgende Gedanken ausführen. Es ist eines der eingängigsten Argumente in unserer wirtschaftspolitischen Diskussion — ich sage „eingängigsten", und zwar auch für die Menschen draußen
    im Lande —, daß jemand sagt: Ihr zahlt da 10 oder 20 Milliarden DM für Arbeitslose. Warum um Himmels willen setzt ihr die Menschen mit diesem Geld nicht ein, warum finanziert ihr davon nicht Beschäftigungsprogramme? Denn das finanziert sich doch zu einem ganz großen Teil selbst. — Das ist eingängig.

    (Dr. Warnke [CDU/CSU]: Willy Brandt!)

    Herr Warnke, ich will das gar nicht personifizieren.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Aber er sagt das!)

    Da gibt es viele, ernst zu nehmende politische Diskutanten. Lassen wir das bitte doch zunächst einmal als eine unstreitige Behauptung stehen. Diese Diskussionsbeiträge gibt es von vielen Seiten.

    (Dr. Warnke [CDU/CSU]: Von einer Seite!)

    — Nein, nicht nur von einer Seite. Das stimmt nicht, Herr Warnke.
    Nun haben unsere Institute, und zwar fast alle, an Hand von Modellen nachgerechnet, ob eine solche Rechnung eigentlich wirklich aufgeht. Ich kann Ihnen das hier nicht im einzelnen vortragen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat das getan, und das Rheinisch-Westfälische Institut hat es auch getan. Die Bundesbank hat eine dieser Rechnungen überprüft und kommt zu etwas abweichenden Ergebnissen. Alle Ergebnisse sind alles andere als ermutigend für eine solche Theorie.
    Ich darf zwei Sätze zitieren, die das Ifo-Institut als Ergebnis seiner Untersuchungen zu Papier gebracht hat:
    Unsere Modellrechnungen zeigen, daß möglicherweise auftretende Zinssteigerungen einen bedeutenden Teil der ursprünglichen Wachstums- und Beschäftigungswirkungen zunichte machen. Unter diesem Aspekt ist es bei angespannter außenwirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Situation in der Tat günstiger und für den Staat zweifellos billiger, die Voraussetzungen für die Möglichkeit von Zinssenkungen zu schaffen, als massive Beschäftigungsprogramme aufzulegen.
    Dies, meine Damen und Herren, ist eine der Leitlinien, die die Bundesregierung, nicht zuletzt — nein, zuerst — der Bundeskanzler, immer wieder vertreten hat. Wir dürfen und können nichts tun, was den Zinssenkungsprozeß unterbricht.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Das beste Beschäftigungsprogramm ist eine nachhaltige und massive Zinssenkung.

    (Beifall bei der FDP, bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich füge hinzu: Wer ein bißchen von Psychologie versteht, der enthalte sich — und, meine Damen und Herren, ich bitte herzlich darum, das zu befolgen —



    Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
    öffentlicher Kritik an der Bundesbank in dieser Frage!

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Bravo! — Roth! — Grobecker!)

    Diese Bitte äußere ich — das habe ich hier schon einmal gesagt — nicht, weil die Bundesbank sakrosankt wäre — sie ist autonom, aber nicht sakrosankt —, sondern weil Sie damit beim Zentralbankrat das genaue Gegenteil von dem erreichen, was Sie mit dieser Kritik erreichen wollen. Deswegen diese meine herzliche Bitte!

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist kein Argument, sondern eine Unterstellung! Die handeln nach anderen Kriterien!)

    Meine Damen und Herren, es kommt ein weiterer Umstand hinzu. Ich möchte davor warnen, die Erfahrungen der Vergangenheit, was beschäftigungspolitische Anstöße jeder Art angeht, auf unsere gegenwärtige Situation zu übertragen. Es hat sich nach meiner Überzeugung zuviel geändert, und deswegen treffen diese Überlegungen mindestens nicht mehr im gleichen Ausmaß wie früher zu.
    Ich darf nur zwei Punkte erwähnen. International gesehen, gibt es Konjunkturschwäche bei unseren Handelspartnern und Strukturumbruch auch dort wegen Energie- und Technologieproblemen. Die Schwellenländer und Japan sind neue Konkurrenten. Es gibt Antiinflationspolitik in Ländern, die in dieser Frage immer etwas laxer waren als wir und uns unseren Stabilitätsvorsprung ließen, was für den Außenwert unserer Währung höchst wichtig war.
    Eines möchte ich Ihnen, Frau Simonis, sagen. Geschmeichelt hat uns die Lokomotivtheorie auf dem Weltwirtschaftsgipfel 1978 — den Sie, ich weiß nicht, aus welchen Gründen, nach Bremen verlegt haben; er hat hier in Bonn stattgefunden — wahrlich nicht.
    Aber ich möchte noch einmal — vielleicht ein bißchen unter Berufung auf Bismarck, der mal gesagt hat: Bei den Deutschen ist nichts so kurz wie das Gedächtnis — an die Adresse aller sagen: Wir standen im Jahr 1978 bei diesem Bonner Weltwirtschaftsgipfel unter einem außenpolitischen Druck, der es aus vielen anderen Gründen — nicht aus ökonomischen; da waren wir nämlich nicht sehr begeistert und gar nicht geschmeichelt — unmöglich gemacht hat, uns der Forderung zu entziehen: Gebt mehr deficit spending in der Größe von einem Prozent eures Bruttosozialprodukts im Jahr 1979 aus.