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    5. Bundesaußenminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 4477 A Begrüßung des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und seiner Begleitung 4487 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 911181 — 4477 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 9/1182 — 4477 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 9/1183 — Borchert CDU/CSU 4477 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts — Drucksache 9/1184 — Metz CDU/CSU 4478 A Löffler SPD 4479 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 4480 B Brandt SPD 4487 D Hoppe FDP 4494 D Dr. Abelein CDU/CSU 4501A Genscher, Bundesminister AA 4508 D Schmidt, Bundeskanzler 4515A Dr. Kohl CDU/CSU 4521 B Wischnewski SPD 4530 D Dr. Wörner CDU/CSU 4535 A Schäfer (Mainz) FDP 4541 D Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 4545 B Erklärungen nach § 30 GO Dr. Abelein CDU/CSU 4549 B Wurbs FDP 4549 D Namentliche Abstimmung 4550 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 9/1194 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 9/1205 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 4552 B Hansen fraktionslos 4556 A Frau Traupe SPD 4558 A Würzbach CDU/CSU 4565 B Dr. Zumpfort FDP 4570 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 9/1185 — Voigt (Frankfurt) SPD 4575 C Picard CDU/CSU 4577 C Frau Schuchardt FDP 4579 A Genscher, Bundesminister AA 4580 C Coppik SPD (Erklärung nach § 31 GO) 4582A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 9/1200 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 4582 D Nehm SPD 4585 C Franke, Bundesminister BMB 4587 A Nächste Sitzung 4589 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4591*A Anlage 2 Empfehlung des britischen Staatsministers Douglas Hurd, eine gemeinsame NATO-Strategie für die Entwicklung einer „neuen Weltinformationsordnung" zu erarbeiten MdlAnfr 43 08.01.82 Drs 09/1252 Weirich CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* B Anlage 3 Staaten, die den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 noch nicht ratifiziert haben; Angebot einer Nichtangriffserklärung der USA an Nicaragua MdlAnfr 48 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* C Anlage 4 Druck der Proklamation des in Polen verhängten Kriegsrechts in der Sowjetunion MdlAnfr 52 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* D Anlage 5 Haltung der Bundesregierung zur Lage in Polen MdlAnfr 53 08.01.82 Drs 09/1252 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592*A Anlage 6 Auffassung der Bundesregierung über die Verantwortung der Sowjetunion für die Vorgänge in Polen; Aussagen des Bundeskanzlers Schmidt und des französischen Staatspräsidenten Mitterrand über den Vertrag von Jalta und die Teilung Europas MdlAnfr 55, 56 08.01.82 Drs 09/1252 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 4477 78. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 20. 1. Echternach 19. 1. Fischer (Hamburg) 19. 1. Günther 19. 1. Handlos 19. 1. Frau Dr. Hellwig 19. 1. Frau Krone-Appuhn 20. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22. 1. Dr. Müller * 19. 1. Müller (Bayreuth) 19. 1. Reddemann ** 20. 1. Rösch ** 20. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Wendig 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Weirich (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 43): Ist die Bundesregierung bereit, der in der Zeitschrift „NATO REVIEW" von dem Staatsminister im britischen Außenministerium, Douglas Hurd, geäußerten Empfehlungen zu folgen, der Westen müsse im Rahmen der NATO angesichts der Versuche der Sowjetunion und der Staaten der Dritten Welt, über die UNO eine „neue Weltinformationsordnung" zu entwickeln, verstärkt eine gemeinsame Strategie erarbeiten? Auch die Bundesregierung hält eine engere Koordinierung des Westens und die Erarbeitung gemeinsamer Ziele und einer gemeinsamen Strategie durch die westlichen Staaten für notwendig, um in der Diskussion über eine „Neue Weltinformations- und Kommunikationsordnung" in der UNESCO und in den VN dem vom Westen vertretenen Grundsatz der grenzüberschreitenden Informationsfreiheit die ihm gebührende Geltung zu verschaffen. Für die Koordinierung innerhalb des Westens ist indes die NATO nur eines unter mehreren Foren; wichtig sind vor allem auch EPZ, UNESCO, VN und Europarat. Zur Verbesserung der Koordination des Westens in medienpolitischen Fragen der UNESCO - zu denen insbesondere auch die NWICO-ProbleAnlagen zum Stenographischen Bericht matik gehört - wurde auf Initiative der Bundesregierung vom Herbst 1981 in Paris eine ständige Konsultationsgruppe der westlichen Vertreter bei der UNESCO eingerichtet, die sich mit der Gesamtheit der medienpolitischen Fragen im Rahmen der UNESCO befaßt. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 48): Welche amerikanischen Staaten haben den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 bisher nicht ratifiziert, und hat die Bundesregierung Kenntnis von der Tatsache, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 eine auf diesem Rio-Pakt basierende feierliche Nichtangriffserklärung angeboten hat, die von der nicaraguanischen Regierung nicht akzeptiert worden ist? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen haben folgende amerikanische Staaten den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand von 1947 (sog. Rio-Pakt) weder unterzeichnet noch ratifiziert: Barbados, Grenada, Jamaica, Guyana, Belize, Dominicana, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Antigua und Barbuda. Kuba hat im März 1960 bekanntgegeben, daß es sich nicht mehr an den Rio-Pakt gebunden erachte; Kanada ist dem Pakt lediglich als Beobachter beigetreten. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 angeboten hat, sich gegenseitig die Zusage der Nichteinmischung und der Nichtintervention zu geben. Diese Zusage sollte für die USA in bezug auf Nicaragua, für Nicaragua in bezug auf benachbarte zentralamerikanische Länder gelten. Die nicaraguanische Regierung ist nach Wissen der Bundesregierung bisher auf dieses Angebot nicht eingegangen. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 52): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der von Präsident Reagan in seiner Fernsehansprache vom 23. Dezember 1981 bekanntgegebenen Tatsache, daß die Proklamation für das in Polen im Dezember verhängte Kriegsrecht bereits im September in der Sowjetunion gedruckt wurde? Die Bundesregierung hat keine nähere Kenntnis der Informationen, die zu der von Ihnen zitierten Äußerung des Präsidenten der Vereinigten Staaten geführt haben. Sie geht aber ebenso wie die amerikanische Regierung davon aus, daß die Sowjetunion 4592* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 seit langem schweren Druck auf die polnischen Reformbestrebungen ausgeübt hat. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 53): Trifft es zu, daß Art und Umfang der Kreditgewährung und die wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber der Volksrepublik Polen u. a. Ursachen dafür sind, daß sich die Bundesregierung jetzt in ihrer Haltung zur Lage in Polen im Gegensatz zu allen führenden westeuropäischen Staaten und der USA so zurückhaltend verhält und nach Pressekommentaren eine sogenannte Politik der Leisetreterei vertritt? Die Feststellung in Ihrer Frage, daß die Bundesregierung sich gegenüber den Entwicklungen in Polen zurückhaltend verhalte, ist unzutreffend. Einen Vorwurf der „Politik der Leisetreterei" weise ich entschieden zurück. Die Bundesregierung hat nach der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 die ihr zur Verfügung stehenden und als angemessen erscheinenden Mittel eingesetzt, um der polnischen und der sowjetischen Führung die eigene Auffassung unmißverständlich darzulegen. Sie hat eindringlich dazu aufgefordert, zu einer Politik der Erneuerung und der Reform zurückzukehren bzw. diese nicht zu behindern. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Erklärungen von Bundeskanzler Schmidt im Deutschen Bundestag vom 18. Dezember, die Bundestags-Entschließung vom gleichen Tage, die von der Bundesregierung mitgetragen wird, sowie auf die Briefe, die Bundeskanzler Schmidt am 25. Dezember 1981 sowohl an General Jarulzelski als auch an Generalsekretär Breschnew gerichtet hat. Bundesminister Genscher hat am 30. Dezember die Auffassungen der Bundesregierung Vize-Premier Rakowski mit Nachdruck erläutert, nachdem er vorher schon die Resolution des Deutschen Bundestages dem polnischen Geschäftsträger ausführlich dargelegt hatte. Die Haltung der Bundesregierung kommt ferner in der deutsch-amerikanischen Erklärung vom 5. Januar 1982 sowie in den Abschlußerklärungen des EG-Außenministertreffens vom 4. Januar und des NATO-Außenministertreffens vom 11. Januar 1982 in aller Deutlichkeit zum Ausdruck. Auch die beiden letztgenannten Erklärungen sind unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung zustandegekommen. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 54 und 55): Auf Grund welcher Erkenntnisse ist die Bundesregierung zu der von den USA und anderen NATO-Ländern abweichenden Ansicht gelangt, daß Moskau in Polen bei der Verhängung des Kriegsrechts keinen Einfluß genommen habe, und wie ist diese ursprüngliche Bewertung der Vorgänge wiederum mit der Äußerung von Bundesaußenminister Genscher in Einklang zu bringen, daß die Sowjetunion für die Vorgänge in Polen Verantwortung trage? Muß aus der Aussage von Bundeskanzler Schmidt, in Jalta sei Europa in Einflußsphären geteilt worden und jede Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse müßte Krieg bedeuten, der Schluß gezogen werden, daß nach Ansicht des deutschen Regierungschefs die ohne Mitwirkung der osteuropäischen Völker zustandegekommene Einbeziehung in den kommunistischen Machtbereich erhalten bleiben und für die 17 Millionen Deutschen in der DDR das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes keine Gültigkeit mehr haben solle, während andererseits der französische Staatspräsident Mitterrand in seiner Neujahrsrede den Wunsch geäußert hat, den Vertrag von Jalta und die sich daraus ergebende Teilung Europas zu überwinden? Zu Frage 54: Die Bundesregierung hat von Anfang an mit großer Sorge den schweren Druck der Sowjetunion auf die innere Entwicklung in Polen beobachtet. Aus dieser Sorge heraus hat sich der Bundeskanzler bereits am 25. Dezember 1981 an Generalsekretär Breschnew gewandt und damit unmißverständlich die Verantwortung der Sowjetunion deutlich gemacht. Diese weiterhin gültige Bewertung der Vorgänge in Polen durch die Bundesregierung ist zuletzt in der von ihr mitgetragenen und unter ihrer Mitwirkung entstandenen Erklärung der NATO-Außenminister vom 11. Januar 1982 eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Zu Frage 55: Diese Frage beantworte ich mit „nein", ohne daß ich mir damit Ihre Wiedergabe der Äußerungen des Bundeskanzlers zu eigen mache. Die Politik der Bundesregierung zielt, und zwar in voller Übereinstimmung und mit Unterstützung aller ihrer westlichen Partner, darauf ab, die Trennungslinie, die Europa teilt, zu überwinden. Ein Meilenstein dieser Politik des friedlichen Wandels ist die Schlußakte von Helsinki. Im übrigen hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, wie es im Brief zur deutschen Einheit im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag und dem Grundvertrag mit der DDR seinen Niederschlag gefunden hat, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helga Schuchardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Herr Würzbach hat vorhin beim Verteidigungsetat davon gesprochen, daß jede Chance genutzt werden sollte, die NATO zu stützen und zu stabilisieren. Deshalb möchte ich auch noch einige Worte zu dem NATO-Partner Türkei sagen.
    Ich glaube, wir müssen uns darüber klar sein, daß es an der Südostflanke der NATO ein Land gibt, in dem keine Demokratie herrscht, in dem Menschenrechte verletzt werden — das reicht bis hin zur Folter — und in dem die Volksgruppe, die im südöstlichen Teil des Landes lebt, seit langem unterdrückt wird. Wer hier nicht massiv versucht, diese Verhältnisse zu Menschenrechtsbeachtung und Demokratie hinzuführen, der gefährdet die Sicherheit insgesamt, die nicht durch Rüstung erreicht werden kann.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Deshalb möchte ich vielleicht noch auf eines hinweisen: Herr Voigt hat auf die Einstimmigkeit hinsichtlich der Türkei-Entschließung verwiesen, und Sie, Herr Picard, haben gesagt, es sei schade, daß es nicht auch bei der letzten Polen-Entschließung zur Einstimmigkeit gekommen sei. Ich darf Sie daran erinnern, daß wir auch zu Polen einstimmig eine Entschließung verabschiedet haben, die aber dann von Ihnen anders gesehen wurde und die zu korrigieren Sie Anlaß sahen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sehr subjektiv gesehen!)

    Ich darf dazu nur eines sagen: Wenn man die Diskussion im Auswärtigen Ausschuß um die Türkei noch in Erinnerung hat — jedenfalls diejenigen, die dem Ausschuß angehören — und das, was dort zu Polen von seiten der Union gesagt worden ist, komme ich nicht umhin, zumindest der Mehrheit unter Ihnen Einseitigkeit bei der Bewertung von Menschenrechtsverletzungen vorzuwerfen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Das ist ein unerhörter Vorwurf, den ich schärfstens zurückweise!)

    — Das können Sie gerne tun. Aber trotzdem erhalte
    ich ihn aufrecht. Genau das gleiche hat Herr Voigt
    zur anderen Seite hin gesagt, was ich selbstverständlich übernehme.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Da müssen Sie mal Ihren eigenen Minister fragen! Der sollte sich mal äußern!)

    Herr Voigt und ich sind gescholten worden, als wir, nachdem wir aus der Türkei zurückgekommen waren, eine sehr differenzierte Haltung eingenommen haben. Natürlich hätten viele von uns eine sehr rigorose Haltung erwartet und gewünscht. Ich glaube, daß man heute sehen kann, wie wichtig es war, gerade in dieser Frage mehr zu versuchen, wie man im Laufe von Zusammenarbeit Verhältnisse verbessern kann, statt einen rigorosen Standpunkt einzunehmen, mit der nur sehr viel geringeren Chance, Situationen zu verbessern.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, die Delegation des Bundestages, die in der Türkei war, ist zu der Überzeugung gekommen, daß in massiver Weise Menschenrechte verletzt werden, vor allem durch das 90Tage-Gesetz, nach dem Menschen verhaftet werden können und 90 Tage völlig unter Ausschluß der Öffentlichkeit dem Militär überlassen sind, mit allen Folgen, die daraus entstehen.

    (Würtz [SPD]: Jetzt 45!)

    — Dies wurde inzwischen auf 45 Tage reduziert. Ich hätte es auch noch erwähnt.
    Für die Delegation bestand Anlaß, zu empfehlen, daß dieser Bundestag Erwartungen aussprechen sollte, die er erfüllt wissen möchte, um die massive wirtschaftliche Zusammenarbeit und überhaupt Zusammenarbeit aufrechterhalten zu können. Bundesminister Genscher wird Ende Februar in den Ausschüssen, die für diesen Bereich zuständig sind, einen Bericht erstatten. Wir werden dann jeweils von Zeit zu Zeit beobachten müssen, ob eigentlich das, was uns von den Militärs angekündigt und versprochen wurde, auch tatsächlich ernsthaft verfolgt wird.
    Heute ist viel mit großer Empörung über die Menschenrechtsverletzungen in Polen gesprochen worden. Ich schließe mich dem voll an. Für meine Partei kann ich sagen, daß sie die gleiche Empörung über die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei empfindet und deshalb versuchen wird, ihrerseits Einäugigkeit in Menschenrechtsfragen zu vermeiden, weil diese den Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen mit Sicherheit erheblich erschweren würde.
    Ich möchte dem, was Herr Voigt gesagt hat, noch einen Gedanken hinzufügen, nämlich den Gedanken, daß es nun einmal eklatante Unterschiede zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt gibt. Die NATO und alle NATO-Partner haben sich in der Präambel des Vertrages auf Freiheit, Demokratie und Menschenrechte verpflichtet. Die NATO-Partner sind verpflichtet, dieses auch in ihren Ländern einzuführen. Wenn die NATO ihrerseits nun keine Einbußen an Glaubwürdigkeit erleiden will, werden wohl alle Mitgliedstaaten darauf drängen müssen, daß zwischen dem Anspruch und der Wirklichkeit keine Diskrepanz besteht.



    Frau Schuchardt
    Ich wünschte, daß die türkische Militärregierung die Voraussetzungen dafür schaffen wird, daß wir die Hilfe fortsetzen können. Ich möchte an dieser Stelle an ein Gespräch erinnern, das die Delegation des Bundestages mit Herrn Ecevit hatte, der uns darauf hingewiesen hat, daß es sehr schwierig sein wird, ein demokratisches Pflänzchen, das wieder entstehen soll, im Rahmen verheerender wirtschaftlicher und sozialer Situationen gedeihen zu lassen. Er hat uns sogar aufgefordert, die wirtschaftliche Hilfe nicht abzubrechen. Dennoch muß man sagen, daß wir, die wir damals dort waren, wohl sehr enttäuscht darüber sind, daß man die Ankündigungen, verhältnismäßig schnell gerade im Bereich der Menschenrechtsverletzungen und der Folter etwas tun zu wollen, nicht durchgehalten hat. Das war ja auch der Grund, weshalb die Mittel noch nicht im Juni letzten Jahres freigegeben wurden, sondern erst nachdem die Regierung das sogenannte 90-Tage-Gesetz geändert und eine 45-Tage-Regelung eingeführt hatte.
    Man hört immer wieder von empfindlichen Reaktionen des Militärs und der Militärregierung in der Türkei, wenn man von außen her mit moralischen Ansprüchen käme. Nun ist aber gerade dieses Militär mit der Zielsetzung angetreten — und ich bin immer noch geneigt, dieses zu glauben —, die Demokratie in diesem Lande wiederherzustellen und auf stabile Füße zu stellen. Auch hier muß ich noch einmal Ecevit zitieren, der gesagt hat: Drängt nicht nur auf den Zeitpunkt, sondern auch auf das, was die Verfassung ausmacht, denn davon wird es abhängen, ob sie lange halten wird oder nicht.
    Ganz ohne Frage hatten die Parteien ihre Autorität völlig eingebüßt, bevor sie von der Militärregierung aufgelöst wurden. Ich glaube aber, es ist das Entscheidende, daß wir — und zwar alle drei Fraktionen — damals in der Türkei darauf hingewiesen haben, daß wir es als selbstverständliche Aufgabe empfinden, daß das Militär seine Autorität einsetzt, um während der Zeit, in der es kein demokratisches System gibt, Menschenrechtsverletzungen und Folter auf jeden Fall zu verhindern. Dieses Militär hat mit seiner Autorität größere Möglichkeiten, dies zu verhindern, als sie die Regierungen vorher hatten. Ich glaube, daß man die Glaubwürdigkeit, ob man den Weg zurück zur Demokratie finden will, auch ein bißchen daran messen kann, ob man die Übergangszeit ohne Menschenrechtsverletzungen zu überstehen versucht.
    Die Delegation der Beratenden Versammlung des Europarates, die die Türkei besucht hat — Herr Bardens war mit ihr dort —, wird möglicherweise — ich weiß es nicht — empfehlen, diesen Fall vor die Menschenrechtskommission in Straßburg zu bringen. Nun befürchten einige — wieder muß ich anspielen auf die Vermutung der Empfindlichkeit —, daß die Türkei ähnlich reagieren könnte wie damals Griechenland, nämlich daß sie austritt, bevor ein Urteil gefällt ist.
    Ich würde es für außerordentlich unlogisch halten, wenn die türkischen Militärs das täten. Denn sie haben uns gegenüber immer wieder betont, der wesentliche Unterschied zwischen dem Militärregime der Türkei und dem Militärregime in Griechenland liege darin, daß das Militär in Griechenland die Macht übernommen hatte, um sie nicht wieder aus der Hand zu geben, während das Militärregime der Türkei die Macht übernommen hätte, um sie wieder aus der Hand zu geben. Insofern glaube ich, daß man von der türkischen Militärregierung, wenn es zutrifft, daß es diesen Unterschied gibt, auch einen Unterschied in der Reaktion erwarten kann.
    Meine Damen und Herren, die Entschließung des Bundestages ist einstimmig gefaßt worden. Aber sie würde wertlos, wenn wir den Eindruck erweckten, als nähmen wir die Erwartungen, die wir in ihr ausgesprochen haben und die von Herrn Voigt noch einmal erwähnt worden sind, nicht ernst. Damit würden wir unseren gesamten Entschließungsantrag, glaube ich, ad absurdum führen. Meine Fraktion nimmt diesen Entschließungsantrag ernst, sie hofft aber ganz intensiv, daß die türkische Regierung uns durch eine positive Entwicklung die Möglichkeit gibt, weiterhin bei der Zusammenarbeit zu bleiben. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesaußenminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mancher, der unserer Aussprache zuhört, wird sich sicher die Frage stellen, warum beim Etat des Außenministers in solcher Breite über die Entwicklung in der Türkei gesprochen wird. Eine berechtigte Frage. Aber ich denke, die Behandlung dieses Themas steht dem Deutschen Bundestag gut an. Sie steht ihm deshalb gut an, weil sie zeigt, daß die Verletzung von Menschenrechten, gleichgültig von wem sie begangen werden und wen es trifft, von uns ernstgenommen wird. Da liegt der Wert dieser Debatte. Wenn wir hier über den Verbündeten Türkei sprechen, so tun wir das aus diesem Grunde.
    Ich fand, daß für alle diejenigen, die nicht im Saal sind, die Rede unseres Kollegen Karsten Voigt nachlesenswert ist mit einer sehr differenzierten Aussage zu der Frage: Was bedeutet Militärherrschaft in der Türkei einerseits, in der Volksrepublik Polen andererseits? Er hat das verständlich gemacht, was auch Frau Schuchardt noch einmal unterstrichen hat: Dieses westliche Verteidigungsbündnis — wir haben es von den verschiedenen Seiten des Hauses hier vom Rednerpult oft gesagt — ist mehr als eine Militärallianz alten Stils. Dieses westliche Verteidigungsbündnis findet seine eigentliche Kraft, seine moralische Rechtfertigung und seine Perspektive darin, daß es auch eine Wertgemeinschaft ist im Bekenntnis zu Freiheit, Menschenrechten und Demokratie.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Deshalb müssen wir in erster Linie darauf achten, daß gerade in diesem Bündnis das alles nicht in Frage gestellt wird.
    Dabei verkennen wir in keiner Weise, was der Übernahme der Militärherrschaft in der Türkei vor-



    Bundesminister Genscher
    ausging: 25 Tote an jedem Tag und manchmal mehr.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Ich denke, hier liegt der Unterschied zur Entwicklung in Polen, wo eine freie Gewerkschaftsbewegung mit friedlichen Mitteln bemüht war, die Gesellschaft zu reformieren, wo es Tote erst nach Übernahme der Militärherrschaft gab. Diesen Unterschied sehen wir ganz genau und ganz deutlich.
    Frau Schuchardt hat es schon gesagt: Wir setzen Erwartungen in das, was die Militärs angekündigt haben, in das, was General Evren am 30. Dezember darüber gesagt hat, daß im Herbst 1982 die Verfassung vorliegen soll, daß es über sie eine Abstimmung des Volkes geben soll und daß 1983 freie Wahlen stattfinden sollen. Das nehmen wir ernst. Der Bericht, der bis Ende Februar zu erstatten ist, muß sich mit der seither eingetretenen Entwicklung in der Türkei auseinandersetzen.
    Es war schon wichtig, daß sich der Bundeskanzler — ich sage es jetzt zum drittenmal von diesem Rednerpult aus — in seinen Besorgnissen über die Entwicklung in der Volksrepublik Polen nicht nur an Herrn Jaruzelski, sondern auch an Herrn Breschnew, also an den Mann gewandt hat, der an der Spitze der Sowjetunion steht, weil die polnische Entwicklung ihre Ursache in dem Verhalten, den Erwartungen, den Drohungen, den Pressionen der Sowjetunion hat. Hier ist der zweite fundamentale Unterschied, auf den Herr Karsten Voigt hingewiesen hat, nämlich daß die türkische Entwicklung aus sich heraus ohne Druck der Verbündeten von außen stattgefunden hat. Der fundamentale moralische Unterschied besteht in den Bündnissen gerade darin, daß in Polen die Verbündeten auf die Einsetzung der Militärherrschaft hingewirkt haben, während wir erwarten, daß die Militärherrschaft in der Türkei beendet wird. Hier liegt der Wertunterschied.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Hier liegt das, was diese beiden Bündnisse voneinander unterscheidet.
    Meine Kollegen, wenn wir über Menschenrechte reden, wären wir unvollständig, wenn wir nur über die Verletzung von Menschenrechten in Polen oder in der Türkei sprechen würden. Es gibt sie vielerorts in dieser Welt: in Lateinamerika, in Asien; es gibt sie in Europa, es gibt sie in Afrika, es gibt sie auch in Südafrika.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Insbesondere in der Sowjetunion!)

    Nichts ist schlimmer, als Menschenrechte einäugig zu sehen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Und im anderen Teil Deutschlands!)

    — Das wird niemand bestreiten. Lesen Sie nach, was die Bundesregierung auf Ihre Anfrage, Herr Kollege, dazu gesagt hat! Nichts leidet mehr unter Einäugigkeit als die Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen. Auch das wollen wir offen sagen. Da müssen wir — das ist, glaube ich, eine der Verpflichtungen aus der deutschen Geschichte — diejenigen
    sein, die immer an der Seite der Leidenden, der Verfolgten sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das ist der moralische Anspruch, den wir zu erfüllen haben.
    Weil sich der Kollege Picard hier über das Versagen von Kanzler und Außenminister in der Außenpolitik geäußert hat, möchte ich dazu noch ein Wort sagen. Herr Kollege Picard, die Bedeutung der Vereinigten Staaten für unsere Sicherheit ist ganz unbestritten. Das ergibt sich aus der Wertgemeinschaft unseres Bündnisses, von der ich soeben gesprochen habe. Das ergibt sich aus der Freundschaft zwischen Deutschen und Amerikanern, die nicht erst in diesen Tagen entdeckt wird, sondern die für mich ihre sinnfälligste Erfüllung gefunden hat, als es darum ging, die Freiheit Berlins zu garantieren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das ist in diesem Lande unvergessen, und das ist eine ganz große moralische Kraft für diese Zusammenarbeit. Das sage ich an die Adresse derjenigen, die so tun, als ob es da zwei Großmächte gebe, die gleich weit von uns entfernt seien oder von denen wir gleich weit entfernt seien. Ich sage es aber auch an die Adresse derjenigen, die in Amerika glauben, sie müßten Zweifel in das setzen, was wir wollen und was wir tun. Nein, diese Freundschaft, diese Zusammenarbeit, dieses Bündnis ist für uns unverzichtbar. Es ist eine Grundlage aller Möglichkeiten, die wir haben, um auch für unsere Landsleute in der DDR zu handeln. Das ergibt sich übrigens auch aus dem Deutschland-Vertrag. Aber, Herr Kollege Picard, die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten veranlaßt uns nicht — eigentlich ist das Gegenteil richtig —, das so mit einer Handbewegung wegzuwerfen, was Sie mit der Formulierung „lieb Kind bei 130 Staaten" andeuteten. Da haben Sie die Entwicklungsländer gemeint. Sie haben gemeint — das mag j a sein, das konnte man hinter Ihren Worten vermuten —, daß wir da eine ganz gute Adresse seien. Nein, Herr Kollege Picard, das ist kein Gegensatz. Man kann ein Freund, ein Verbündeter, ein enger Partner der Vereinigten Staaten und gleichzeitig ein Freund, ein Verbündeter der Staaten sein, die soeben ihre nationale Selbständigkeit gewonnen haben, die durch unsere Hilfe zu wirtschaftlicher, zu sozialer Gerechtigkeit finden werden und die über wirtschaftliche Gleichberechtigung den Weg zu politischer Gleichberechtigung, zu einem gleichberechtigten Mitglied unter den Staaten dieser Welt gehen wollen, ohne die es Frieden nicht geben wird, ohne die es Demokratie nicht geben kann, ohne die es Gleichberechtigung und Menschenrechte nicht geben kann.
    Also bitte, tun wir nicht so, als ob wir vor der Alternative stünden, Freunde der Amerikaner oder Freunde der Dritten Welt zu sein. Ich sage Ihnen: Unsere Sicherheit beruht auf dem Bündnis mit den Vereinigten Staaten. Aber wir haben eine große moralische Aufgabe, als ein führendes Industrieland des Nordens dafür zu sorgen, daß die Staaten der Dritten Welt ihre sozialen, ihre wirtschaftlichen Probleme überwinden können. Wenn wir etwas tun kön-



    Bundesminister Genscher
    nen, um die moralische Herausforderung zu bestehen, die unserem Land nach einer manchmal schlimmen Geschichte gestellt ist, dann auch, daß wir Anwalt der gleichberechtigten Interessen der Staaten der Dritten Welt in der westlichen Welt sind. — Danke schön.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Alles völlig unbestritten!)