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ID0907808200

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    Plenarprotokoll 9/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 4477 A Begrüßung des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und seiner Begleitung 4487 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 911181 — 4477 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 9/1182 — 4477 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 9/1183 — Borchert CDU/CSU 4477 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts — Drucksache 9/1184 — Metz CDU/CSU 4478 A Löffler SPD 4479 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 4480 B Brandt SPD 4487 D Hoppe FDP 4494 D Dr. Abelein CDU/CSU 4501A Genscher, Bundesminister AA 4508 D Schmidt, Bundeskanzler 4515A Dr. Kohl CDU/CSU 4521 B Wischnewski SPD 4530 D Dr. Wörner CDU/CSU 4535 A Schäfer (Mainz) FDP 4541 D Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 4545 B Erklärungen nach § 30 GO Dr. Abelein CDU/CSU 4549 B Wurbs FDP 4549 D Namentliche Abstimmung 4550 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 9/1194 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 9/1205 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 4552 B Hansen fraktionslos 4556 A Frau Traupe SPD 4558 A Würzbach CDU/CSU 4565 B Dr. Zumpfort FDP 4570 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 9/1185 — Voigt (Frankfurt) SPD 4575 C Picard CDU/CSU 4577 C Frau Schuchardt FDP 4579 A Genscher, Bundesminister AA 4580 C Coppik SPD (Erklärung nach § 31 GO) 4582A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 9/1200 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 4582 D Nehm SPD 4585 C Franke, Bundesminister BMB 4587 A Nächste Sitzung 4589 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4591*A Anlage 2 Empfehlung des britischen Staatsministers Douglas Hurd, eine gemeinsame NATO-Strategie für die Entwicklung einer „neuen Weltinformationsordnung" zu erarbeiten MdlAnfr 43 08.01.82 Drs 09/1252 Weirich CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* B Anlage 3 Staaten, die den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 noch nicht ratifiziert haben; Angebot einer Nichtangriffserklärung der USA an Nicaragua MdlAnfr 48 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* C Anlage 4 Druck der Proklamation des in Polen verhängten Kriegsrechts in der Sowjetunion MdlAnfr 52 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* D Anlage 5 Haltung der Bundesregierung zur Lage in Polen MdlAnfr 53 08.01.82 Drs 09/1252 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592*A Anlage 6 Auffassung der Bundesregierung über die Verantwortung der Sowjetunion für die Vorgänge in Polen; Aussagen des Bundeskanzlers Schmidt und des französischen Staatspräsidenten Mitterrand über den Vertrag von Jalta und die Teilung Europas MdlAnfr 55, 56 08.01.82 Drs 09/1252 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 4477 78. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 20. 1. Echternach 19. 1. Fischer (Hamburg) 19. 1. Günther 19. 1. Handlos 19. 1. Frau Dr. Hellwig 19. 1. Frau Krone-Appuhn 20. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22. 1. Dr. Müller * 19. 1. Müller (Bayreuth) 19. 1. Reddemann ** 20. 1. Rösch ** 20. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Wendig 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Weirich (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 43): Ist die Bundesregierung bereit, der in der Zeitschrift „NATO REVIEW" von dem Staatsminister im britischen Außenministerium, Douglas Hurd, geäußerten Empfehlungen zu folgen, der Westen müsse im Rahmen der NATO angesichts der Versuche der Sowjetunion und der Staaten der Dritten Welt, über die UNO eine „neue Weltinformationsordnung" zu entwickeln, verstärkt eine gemeinsame Strategie erarbeiten? Auch die Bundesregierung hält eine engere Koordinierung des Westens und die Erarbeitung gemeinsamer Ziele und einer gemeinsamen Strategie durch die westlichen Staaten für notwendig, um in der Diskussion über eine „Neue Weltinformations- und Kommunikationsordnung" in der UNESCO und in den VN dem vom Westen vertretenen Grundsatz der grenzüberschreitenden Informationsfreiheit die ihm gebührende Geltung zu verschaffen. Für die Koordinierung innerhalb des Westens ist indes die NATO nur eines unter mehreren Foren; wichtig sind vor allem auch EPZ, UNESCO, VN und Europarat. Zur Verbesserung der Koordination des Westens in medienpolitischen Fragen der UNESCO - zu denen insbesondere auch die NWICO-ProbleAnlagen zum Stenographischen Bericht matik gehört - wurde auf Initiative der Bundesregierung vom Herbst 1981 in Paris eine ständige Konsultationsgruppe der westlichen Vertreter bei der UNESCO eingerichtet, die sich mit der Gesamtheit der medienpolitischen Fragen im Rahmen der UNESCO befaßt. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 48): Welche amerikanischen Staaten haben den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 bisher nicht ratifiziert, und hat die Bundesregierung Kenntnis von der Tatsache, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 eine auf diesem Rio-Pakt basierende feierliche Nichtangriffserklärung angeboten hat, die von der nicaraguanischen Regierung nicht akzeptiert worden ist? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen haben folgende amerikanische Staaten den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand von 1947 (sog. Rio-Pakt) weder unterzeichnet noch ratifiziert: Barbados, Grenada, Jamaica, Guyana, Belize, Dominicana, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Antigua und Barbuda. Kuba hat im März 1960 bekanntgegeben, daß es sich nicht mehr an den Rio-Pakt gebunden erachte; Kanada ist dem Pakt lediglich als Beobachter beigetreten. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 angeboten hat, sich gegenseitig die Zusage der Nichteinmischung und der Nichtintervention zu geben. Diese Zusage sollte für die USA in bezug auf Nicaragua, für Nicaragua in bezug auf benachbarte zentralamerikanische Länder gelten. Die nicaraguanische Regierung ist nach Wissen der Bundesregierung bisher auf dieses Angebot nicht eingegangen. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 52): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der von Präsident Reagan in seiner Fernsehansprache vom 23. Dezember 1981 bekanntgegebenen Tatsache, daß die Proklamation für das in Polen im Dezember verhängte Kriegsrecht bereits im September in der Sowjetunion gedruckt wurde? Die Bundesregierung hat keine nähere Kenntnis der Informationen, die zu der von Ihnen zitierten Äußerung des Präsidenten der Vereinigten Staaten geführt haben. Sie geht aber ebenso wie die amerikanische Regierung davon aus, daß die Sowjetunion 4592* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 seit langem schweren Druck auf die polnischen Reformbestrebungen ausgeübt hat. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 53): Trifft es zu, daß Art und Umfang der Kreditgewährung und die wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber der Volksrepublik Polen u. a. Ursachen dafür sind, daß sich die Bundesregierung jetzt in ihrer Haltung zur Lage in Polen im Gegensatz zu allen führenden westeuropäischen Staaten und der USA so zurückhaltend verhält und nach Pressekommentaren eine sogenannte Politik der Leisetreterei vertritt? Die Feststellung in Ihrer Frage, daß die Bundesregierung sich gegenüber den Entwicklungen in Polen zurückhaltend verhalte, ist unzutreffend. Einen Vorwurf der „Politik der Leisetreterei" weise ich entschieden zurück. Die Bundesregierung hat nach der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 die ihr zur Verfügung stehenden und als angemessen erscheinenden Mittel eingesetzt, um der polnischen und der sowjetischen Führung die eigene Auffassung unmißverständlich darzulegen. Sie hat eindringlich dazu aufgefordert, zu einer Politik der Erneuerung und der Reform zurückzukehren bzw. diese nicht zu behindern. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Erklärungen von Bundeskanzler Schmidt im Deutschen Bundestag vom 18. Dezember, die Bundestags-Entschließung vom gleichen Tage, die von der Bundesregierung mitgetragen wird, sowie auf die Briefe, die Bundeskanzler Schmidt am 25. Dezember 1981 sowohl an General Jarulzelski als auch an Generalsekretär Breschnew gerichtet hat. Bundesminister Genscher hat am 30. Dezember die Auffassungen der Bundesregierung Vize-Premier Rakowski mit Nachdruck erläutert, nachdem er vorher schon die Resolution des Deutschen Bundestages dem polnischen Geschäftsträger ausführlich dargelegt hatte. Die Haltung der Bundesregierung kommt ferner in der deutsch-amerikanischen Erklärung vom 5. Januar 1982 sowie in den Abschlußerklärungen des EG-Außenministertreffens vom 4. Januar und des NATO-Außenministertreffens vom 11. Januar 1982 in aller Deutlichkeit zum Ausdruck. Auch die beiden letztgenannten Erklärungen sind unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung zustandegekommen. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 54 und 55): Auf Grund welcher Erkenntnisse ist die Bundesregierung zu der von den USA und anderen NATO-Ländern abweichenden Ansicht gelangt, daß Moskau in Polen bei der Verhängung des Kriegsrechts keinen Einfluß genommen habe, und wie ist diese ursprüngliche Bewertung der Vorgänge wiederum mit der Äußerung von Bundesaußenminister Genscher in Einklang zu bringen, daß die Sowjetunion für die Vorgänge in Polen Verantwortung trage? Muß aus der Aussage von Bundeskanzler Schmidt, in Jalta sei Europa in Einflußsphären geteilt worden und jede Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse müßte Krieg bedeuten, der Schluß gezogen werden, daß nach Ansicht des deutschen Regierungschefs die ohne Mitwirkung der osteuropäischen Völker zustandegekommene Einbeziehung in den kommunistischen Machtbereich erhalten bleiben und für die 17 Millionen Deutschen in der DDR das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes keine Gültigkeit mehr haben solle, während andererseits der französische Staatspräsident Mitterrand in seiner Neujahrsrede den Wunsch geäußert hat, den Vertrag von Jalta und die sich daraus ergebende Teilung Europas zu überwinden? Zu Frage 54: Die Bundesregierung hat von Anfang an mit großer Sorge den schweren Druck der Sowjetunion auf die innere Entwicklung in Polen beobachtet. Aus dieser Sorge heraus hat sich der Bundeskanzler bereits am 25. Dezember 1981 an Generalsekretär Breschnew gewandt und damit unmißverständlich die Verantwortung der Sowjetunion deutlich gemacht. Diese weiterhin gültige Bewertung der Vorgänge in Polen durch die Bundesregierung ist zuletzt in der von ihr mitgetragenen und unter ihrer Mitwirkung entstandenen Erklärung der NATO-Außenminister vom 11. Januar 1982 eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Zu Frage 55: Diese Frage beantworte ich mit „nein", ohne daß ich mir damit Ihre Wiedergabe der Äußerungen des Bundeskanzlers zu eigen mache. Die Politik der Bundesregierung zielt, und zwar in voller Übereinstimmung und mit Unterstützung aller ihrer westlichen Partner, darauf ab, die Trennungslinie, die Europa teilt, zu überwinden. Ein Meilenstein dieser Politik des friedlichen Wandels ist die Schlußakte von Helsinki. Im übrigen hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, wie es im Brief zur deutschen Einheit im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag und dem Grundvertrag mit der DDR seinen Niederschlag gefunden hat, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
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    Rede von Dr. Manfred Wörner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, jetzt möchte ich weitermachen.

    (Lachen bei der SPD)

    — Sie lachen! Als mir heute morgen der Herr Außenminister eine Zwischenfrage abgelehnt hat, haben Sie nicht gelacht. Ich beanspruche für mich dasselbe Recht, obwohl ich ihm einmal diese Möglichkeit gegeben habe.
    Im übrigen wäre ich dankbar, wenn mir das auf die Redezeit angerechnet würde.
    Nun aber zur zweiten Frage. Die Sicherheit beruht auf unserer Verteidigungskraft. Diese Verteidigungskraft hat auch etwas mit der Stimmung im Bündnis zu tun; denn die Unstimmigkeiten im Bündnis werden durch den Eindruck verschärft, daß die Europäer und insbesondere die Deutschen die Lasten der Verteidigung immer stärker auf die USA abwälzen und nicht mehr genug für die gemeinsame Sicherheit tun. Die entscheidende Frage an die Bundesregierung, und zwar nicht nur an den Verteidigungsminister, lautet: Tun wir noch genug für unsere Sicherheit?
    Lassen wir zunächst die Fakten sprechen. Seit 1978 haben Sie allein im Beschaffungsbereich um annähernd 25 Milliarden DM gekürzt. Sie haben in über 120 Beschaffungsvorhaben eingegriffen. Das führte den Generalinspekteur der Bundeswehr schon am 1. Juni 1979 zu der Feststellung — ich zitiere —, daß eine Reihe von Aufgaben der Teilstreitkräfte ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch eingeschränkt wahrgenommen werden.
    Dann heißt es:
    Das vorliegende Planungsergebnis des Fünfjahresprogramms 1984 ist aus militärischer Sicht die unterste Grenze dessen, was erforderlich ist, um die Fähigkeit der Streitkräfte zur Aufgabenerfüllung mittelfristig entsprechend der erkannten Bedrohung zu erhalten.
    Nach dieser Feststellung kam es zu drei einschneidenden Streichungsaktionen. Das veranlaßte den Generalinspekteur am 28. Mai 1980 zu der Feststellung — ich zitiere wieder wörtlich —, „daß es nicht mehr möglich ist, innerhalb des vorgesehenen Finanzrahmens eine zweckmäßige, durchführbare, annehmbare Planung zu bewerkstelligen".
    Der Öffentlichkeit gegenüber betonen der Verteidigungsminister und der Bundeskanzler bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder, die Bundeswehr sei und bleibe voll einsatzbereit. Dabei lag dem Verteidigungsminister Anfang Oktober 1980 eine Studie seines eigenen Planungsstabes vor, deren Ergebnisse man als alarmierend bezeichnen muß. Die Studie kommt zu dem Schluß, daß die vorhersehbare Entwicklung der Bundeswehr — jetzt hören Sie gut zu: Das ist nicht die Meinung der CDU/ CSU, sondern die Meinung derer um Herrn Apel herum — dann, wenn Sie offen und ehrlich Bilanz ziehen,

    (Würzbach [CDU/CSU]: Selten!)

    mit der Zielsetzung der NATO und den Erwartungen der Partner nicht mehr vereinbar ist.
    Seit der Ausarbeitung dieser Analyse hat sich die Situation erneut verschärft. Es kam zu dem Finanzierungsdebakel des „Tornado", das im übrigen ein bezeichnendes Licht auf die Zustände im Verteidigungsministerium und auf die Führungsqualität des Ministers wirft. Dann kam die Rüstungsklausur 1981; wieder fielen wichtigste Vorhaben dem Rotstift zum Opfer. Danach legen Sie einen Haushalt 1982 vor, in dem die Verteidigungsaufwendungen real sinken. Dabei erklären Sie öffentlich, jetzt aber sei man am Ende der Fahnenstange angelangt. Wenig später kürzt das Kabinett Ihren Haushalt noch einmal um 200 Millionen DM, und Sie nehmen das schweigend hin. Die Koalitionsabgeordneten gehen noch weiter und streichen noch mehr heraus. Sie, Herr Apel, sitzen dabei: kommentarlos, passiv, resigniert.
    Wir haben mehr und mehr den Eindruck — ich formuliere das einmal sehr milde —, daß es Ihnen offenbar mehr um Ihr eigenes Überleben in diesem Hause, aber nicht mehr — wie jedem anderen Minister — um die Aufgabe, d. h. um Ihren Etat, geht. Sonst würden Sie — wie andere Minister auch — dafür eintreten und fechten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Apel, ich möchte Sie jetzt so unpolemisch, wie es in dieser Situation möglich ist, fragen: Wie wollen Sie das mit Ihrer Verantwortung für die Sicherheit nicht nur unserer Republik, sondern auch ihrer Bürger vereinbaren? Wie verträgt sich das mit Ihren Zusagen gegenüber dem Bündnis? Wie verträgt sich das mit dem, was Sie bei jeder Gelegenheit der deutschen Öffentlichkeit erklären? Seit 1979 verfügt das Verteidigungsministerium über keine von



    Dr. Wörner
    der Leitung offiziell genehmigte Programmplanung mehr. Das gibt es in keinem anderen Land der Welt, jedenfalls in keinem westlichen Land. Noch 1979 haben Sie selbst festgestellt: „Planung, eine der Kernaufgaben des Bundesministers der Verteidigung, ist der vorweggenommene Teil politischer und militärischer Führung in der Zukunft." Ich kann dazu nur sagen: Heute arbeiten Sie im wahrsten Sinne des Wortes plan-los; Sie leben von der Hand in den Mund. Jeder Manager, der eine mittlere Industriefirma nach diesen Maßstäben führen würde, würde entweder gefeuert oder aber pleitegehen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sind sichtbar. Ich habe Urteile aus Ihrem eigenen Hause von allen Inspekteuren notiert, vor allem solche, die intern abgegeben worden sind. Aus Zeitgründen kann ich sie nicht vorlesen. Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr — daran besteht kein Zweifel — kann, wie der Generalinspekteur schon vor diesen Streichungen gesagt hat, nicht mehr voll aufrechterhalten werden.
    Dabei wächst nach Ihren eigenen Darstellungen die Bedrohung. Jedes Jahr unterschreiben Sie im Bündnis neue Kommuniqués. In einem davon heißt es beispielsweise, Sie stellten mit Besorgnis fest, „daß zahlreiche Tendenzen im militärischen Kräfteverhältnis auch weiterhin den Warschauer Pakt begünstigen". Das stammt vom Mai 1979.
    Im Juni 1980 haben Sie geschrieben: „Das derzeitige militärische Ungleichgewicht droht sich in Europa noch weiter zu verschärfen ... höchste Besorgnis ..." — alles mit Ihrer Unterschrift.
    Auf der Frühjahrstagung 1981 heißt es: „Wir teilen die tiefe Besorgnis über die anhaltende Bedrohung der Sicherheit und der internationalen Stabilität." So reden Sie im Bündnis. Das sind nicht die Worte der CDU/CSU, das sind Ihre Worte.
    Sie versprechen jedes Mal feierlich, Ihre Anstrengungen zu erhöhen. Das könnte ich Ihnen auch herunterlesen, ich habe es zusammengeschrieben. Der Bundeskanzler ist bei Herrn Reagan zu Besuch und beschließt im Mai 1981 — da heißt es im Kommuniqué —: „Sie unterstrichen die Entschlossenheit der Bündnispartner, das Erforderliche zu tun, um in Zusammenarbeit mit ihren NATO-Partnern die westliche Verteidigung zu stärken." Das hat Herr Bundeskanzler Schmidt unterschrieben.
    Aber was geschieht denn in Wirklichkeit? Genau das Gegenteil. Sie haben umgeschaltet — ganz offiziell —, Herr Apel, als erster Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland von der bedrohungsorientierten Planung auf die finanzorientierte Planung. Gefragt wird nicht mehr: „Wieviel brauche ich, damit die Bundeswehr ihre Aufgabe bewältigen kann?", gefragt wird nur noch: „Wieviel kann ich gegenüber den Linken in meiner Fraktion äußerstenfalls noch durchsetzen?"

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist nicht die Frage, die die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland entscheiden darf.
    Sie haben doch ganz offen vor der Presse erklärt, es handele sich hier um politische Zahlen. Natürlich, Herr Apel. Ich sage das nicht nur Ihnen. Wir sind in einer Aussprache über den Kanzleretat. Ich sage das auch dem Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Natürlich war zu allen Zeiten die Bedrohung zwar der wichtigste, aber nicht der einzige Maßstab. Selbstverständlich spielte die Frage des finanziellen Machbaren zu allen Zeiten eine Rolle. Wer wüßte das nicht.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Wieviel Milliarden wollen Sie mehr ausgeben?)

    Was machbar ist, entscheidet sich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit unseres Staates, der im Haushalt seinen Ausdruck findet. Hier gibt es ganz nüchterne Zahlen. Ich möchte diese Haushaltsdebatte nutzen, um einmal, auch vor der Öffentlichkeit, deutlich zu machen, daß es sich hier nicht um eine Frage der Sparsamkeit handelt. Selbstverständlich kann die Bundeswehr vom Sparen nicht ausgenommen werden. Selbstverständlich muß auch die Bundeswehr sparen. Im übrigen hat sie kräftiger gespart als jeder andere Bereich. Aber hier geht es um etwas ganz anderes. Ich hoffe, es gelingt mir, das sichtbar zu machen:
    1967 betrug der Anteil der Verteidigungsausgaben am Gesamthaushalt noch 25,2 %, 1969 noch 23 % des Gesamthaushalts,

    (Würtz [SPD]: Wie sah es denn 1968 aus?)

    1974 noch 21,2 %. 1982 dagegen ist dieser Anteil auf 18,4 % abgesunken.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Jetzt komme ich zur Schlußfolgerung: Obwohl die Finanzkraft des Staates 1969 geringer und der Lebensstandard unserer Bürger niedriger war als heute, haben wir damals prozentual mehr für unsere Sicherheit aufgewendet. Ich sage heute — das muß man einmal vor unserem Volk und zu unserem Volk sagen —: Was in einer Zeit möglich war, als es bei den Leuten und beim Staat finanziell knapper zuging, wäre auch heute noch möglich, vor allen Dingen angesichts der nach Ihrer Meinung gestiegenen Bedrohung. Es ist nur deswegen nicht möglich, weil Sie nicht mehr bereit sind, unsere Sicherheit in der Werteskala des Haushaltes entsprechend ihrem Rang zu veranschlagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie messen der Sicherheit nicht mehr den Rang zu, den sie früher hatte.

    (Schulte [Unna] [SPD]: Glauben Sie das wirklich, Herr Wörner?)

    — Was heißt, ob ich das glaube! Ich lese es an den Zahlen ab.

    (Schulte [Unna] [SPD]: Das ist doch nicht der einzige Maßstab!)

    Wir unterhalten uns hier nicht über den Glauben.
    Damit Sie sehen, daß wir hier nicht alleine stehen, möchte ich ganz kurz zitieren, was zwei fachlich ausgewiesene Journalisten in der Bundesrepublik



    Dr. Wörner
    Deutschland geschrieben haben. Besser läßt es sich gar nicht ausdrücken. Rüdiger Moniac schreibt:
    Seit 1970 sank der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bundeshaushalt von rund 25 % auf heute 17 %! Apel beklagt das öffentlich, aber er hat nicht den Mut, der eigenen Partei klipp und klar zu sagen, was die Sicherheit des Landes kostet.
    Und jetzt kommt — —

    (Würtz [SPD]: Und jetzt kommt Herr Feldmeyer!)

    — Jawohl! Sie haben das völlig richtig geraten.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Herr Würtz, Sie und ich stimmen hoffentlich in der Bewertung dieses außerordentlich befähigten Journalisten überein. Er schreibt:
    Damit aber stellt sich nicht nur die Frage, wie sich die Bundesrepublik ihre Sicherheitspolitik und ihren Beitrag im Bündnis vorstellt und welche Priorität sie ihm gegenüber anderen Wünschen und Bedürfnissen zumißt. Es ist weniger eine Frage an den Verteidigungs- oder an den Finanzminister, sondern eine an die Bundesregierung, am Ende an alle den Staat tragenden Parteien. Die Frage nach dem politischen Willen ist es, das sicherheitspolitisch Notwendige zu tun und die dafür erforderlichen Anstrengungen auf sich zu nehmen.
    Und dann kommt der Satz, den ich übernehmen möchte:
    Entscheidend ist, ob die Verantwortlichen den Mut und die Kraft finden, der Öffentlichkeit unerwünschte Neuigkeiten zu eröffnen, um deren Unterstützung zu gewinnen.
    Wir wissen alle, Herr Apel, daß das nicht populär ist. Gerade die CDU/CSU hat sich nie gescheut, diese unpopulären Dinge unserem Volk zu sagen, um der Sicherheit und um des Friedens willen. Weil Sie mit Ihrem alten Lied kommen werden: „Wo sind eure Anträge?", sage ich Ihnen heute: Wir werden Sie unterstützen, auch in unpopulären Dingen, wenn Sie das für die Sicherheitspolitik erforderliche in diesem Hause und im Haushalt vorschlagen. Wir stehen an Ihrer Seite. Nur eines werden wir nicht, eine Aufgabenverteilung akzeptieren, wonach Sie für die Verteilung der Geschenke und der angenehmen Dinge zuständig sind und wir für die Abteilung Unpopuläres und für das Gemeinwohl.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist für mich eindeutig — und meine Freunde, die Kollegen Würzbach und Stavenhagen, werden das im einzelnen noch darlegen —, daß die Lage in der Bundeswehr heute so ist, daß wir nicht mehr davon ausgehen können, daß die Bundeswehr ihren Auftrag voll erfüllen kann. Ich sage nicht, daß sie ihn nicht erfüllen kann. Ich sage vor allen Dingen nicht, daß diese Armee eine schlechte Armee wäre. Die Schuld an dieser Entwicklung, die den Soldaten am meisten belastet, trägt nicht der Soldat. Die Soldaten zeigen eine bemerkenswerte Leistungsbereitschaft bis zum heutigen Tag. Die Schuld trägt die politische
    Führung, die dieser Bundeswehr nicht mehr gibt, was sie braucht, um ihren Auftrag durchzuführen. Das ist die nackte Wahrheit, entgegen all dem, was Sie in der Öffentlichkeit sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn die Stimmung im Kongreß der USA immer kritischer und immer unfreundlicher wird. Was sich hier anbahnt, ist mehr als gefährlich. Die Kollegen von der SPD, die nach Amerika fahren, wissen das noch genauer als ich. Ich kann und will die vielen, vielen Stimmen, die uns alle besorgt machen — von denen sicher die eine oder andere übertrieben ist —, nicht hier zitieren. Aber eines muß klar sein: In dem Augenblick, in dem der amerikanische Kongreß beschließt, Truppen aus Europa abzuziehen, ist es um unsere Sicherheit geschehen. Ich frage mich dann, wie unsere Bürger ruhig schlafen wollen, wenn die Amerikaner einmal nicht mehr die Garantie dafür darstellen, daß es nicht zum Krieg kommt, weil das Risiko zu hoch ist.
    Deswegen kann ich nur sagen: Tun wir alles, damit sich diese Stimmung im amerikanischen Kongreß nicht noch weiter ausbreitet. Die Konsequenzen wären verheerend, auch für unsere gesamte Abschreckungsstrategie. Wir könnten unsere Abschreckungsstrategie nicht mehr halten. Sie wird ohnehin immer brüchiger. Die Allergien gegen nukleare Waffen wachsen in unserem Lande. Wir können es j a alle beobachten.
    Die logische Konsequenz wäre — ich schaue jetzt Herrn Bahr an — eine Verstärkung der konventionellen Verteidigung in Europa. Aber statt dessen geschieht das Gegenteil. Was ist die Folge? Die Lücke klafft immer weiter, und am Schluß bleibt nur noch der Rückzug auf eine Strategie des Alles oder Nichts, der Drohung mit dem großen nuklearen Hammer, an die doch niemand mehr glaubt. Ich phantasiere das nicht daher. Es fällt mir schwer genug, das hier auszusprechen. Eine solche Strategie des Alles oder Nichts — wenn wir zurück müßten zu dieser Strategie der massiven nuklearen Vergeltung als einzigem Rettungsanker — würde Europa hilflos machen, allen Erpressungen preisgeben. Krisenanfällig würde Europa und instabil. — Nicht irgendeiner, sondern Kissinger hat das zum Ausdruck gebracht. Und er hat damit gesagt, was auch viele in der Regierung der USA denken. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten:
    Es besteht die große Gefahr, daß sich die atlantischen Nationen sowohl strategisch als auch diplomatisch entwaffnen. Wenn die Europäer das Konzept eines begrenzten nuklearen Krieges für die regionale Verteidigung ablehnen, und wenn die Partner auf beiden Seiten des Atlantik sich weigern, eine konventionelle Verteidigung aufzubauen, die ein Ersatz dafür sein könnte, wie wollen wir dann wohl der Erpressung oder der Demoralisierung entgehen?
    Wenn es also keine klar umrissene Theorie für eine gemeinsame Verteidigung gibt, wie lange wird der US-Kongreß unter diesen Umständen wohl noch erlauben, daß die USA in Europa eine



    Dr. Wörner
    Streitmacht von 350 000 Soldaten unterhalten? Zu welchem Zweck auch?
    So fragt Kissinger.
    Sind sie da, um unsere Verbündeten zu verteidigen oder nur als Abzugshebel für die Auslösung unseres Vergeltungspotentials? Früher oder später wird irgend jemand fragen, warum wir unsere größte Streitmacht eigentlich in einem Gebiet unterhalten, wo offenbar niemand an die Möglichkeit einer lokalen Verteidigung glaubt.
    Das ist mehr als ein Warnsignal — ich sage es noch einmal, weil Kissinger das ausspricht, was andere, auch in der Regierung, denken.
    Und deswegen gibt es gar keinen anderen Weg, wenn wir unsere Sicherheit erhalten wollen, wenn unsere Abschreckung glaubhaft bleiben soll, als unsere konventionelle Verteidigung zu verstärken. Dazu allerdings gehört nicht nur Finanzielles. Dazu gehört vor allen Dingen, daß wir in unserer Bevölkerung um Verständnis werben für die Männer, die den Uniformrock anziehen, insbesondere für unsere jungen Wehrpflichtigen. Dazu gehört, daß wir diese jungen Wehrpflichtigen auch in der Zukunft ihre Verpflichtung öffentlich, vor unserem Volk, ablegen lassen. Wenn andere demonstrieren, sollen sie für die Freiheit, den Frieden und die Verteidigung demonstrieren dürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe mit großer Aufmerksamkeit das gehört — und ich will es nicht madig machen —, was Brandt hier heute morgen zur Bundeswehr gesagt hat. Nur sage ich Herrn Wehner, Herrn Brandt und allen Kollegen von der SPD, die hier sitzen: Sorgen Sie dafür, daß diese Worte, goldene Worte, auch in Ihren Ortsverbänden, auch in Ihren Kreisvereinen endlich einmal durchgesetzt werden; denn draußen bekämpfen Mitglieder der SPD gerade auch die Soldaten der Bundeswehr und die Wehrpflichtigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Tägliche Erfahrung!)

    Ich meine also, daß es entscheidend ist für den Widerstandswillen, für den Freiheitswillen in unserem Volk, daß wir Schluß machen mit der Demoralisierung, Schluß machen auch mit dem Nicht-mehr-aussprechen-Wollen, mit dem Nicht-mehr-Wagen, die Dinge anzusprechen, daß wir Schluß machen mit einer Haltung, die die Soldaten und nicht nur die Soldaten, sondern die ganze junge Generation, verwirren muß. Ich möchte zu Ehren der jungen Generation, zu Ehren gerade auch der jungen Wehrpflichtigen sagen, daß sie weit besser sind als ihr Ruf, daß sie ihre Pflicht erfüllen, daß sie bereit sind, sich für diesen Staat einzusetzen, allerdings unter der einen Voraussetzung, daß man ihnen deutlich macht, daß Demokratie und Diktatur nicht das gleiche sind, daß es sich lohnt, sich für die Freiheit und für die Demokratie einzusetzen, daß wir also dieses wertgleiche Nebeneinanderstellen der Amerikaner und der Sowjets endlich einstellen

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und dazu zurückkehren, zu sagen: Bei all dem, was
    wir auch an den Amerikanern zu kritisieren haben,
    bei all dem, was die auch an Fehlern machen — wir sind schließlich freie Partner und dürfen das auch in aller Ruhe einmal ausdrücken —, gibt es aber eben den einen großen Unterschied, daß man im Bündnis mit den Amerikanern als freier Mensch, also in Freiheit leben kann, während man dies mit den Sowjets nicht tun kann. Solange — nur das ist der Sinn der Kritik Zimmermanns an der Sicherheitspartnerschaft — die Sowjets aufrüsten und die Freiheit unterdrücken, so lange können sie nicht Partner sein. Es liegt an ihnen. Wir wollen sie als Partner; dann müssen sie aber zu Helsinki stehen, zu den Menschenrechten stehen und die Menschen so leben und arbeiten lassen, wie sie das wollen, nämlich in Freiheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb bitte ich den Kanzler — obwohl er sicher in guter Absicht über die Angst redet — herzlich, nicht mehr über die Angst zu reden, sondern den Leuten Mut zu machen, und zwar durch das Beispiel einer mutigen Politik. Hätte Adenauer in den 50er und 60er Jahren dauernd über die Angst philosophiert, dann wäre die Bundesrepublik Deutschland, dann wären die Bürger der Bundesrepublik Deutschland niemals sicher und frei geblieben. Er hat Mut durch Taten und Vorbild gezeigt. So müssen Sie es machen. Das ist das Beispiel, dem Sie nach meiner Auffassung folgen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich fasse zusammen. Wichtiger als alles andere ist in der gegenwärtigen Situation eine dreifache Politik, zum einen eine Politik der Geschlossenheit im Bündnis — das heißt: die Wiederherstellung eines klaren Vorrangs der westlichen Politik —, zweitens die Wiederherstellung unserer Sicherheit durch stärkere Anstrengungen zu einer glaubwürdigen konventionellen Verteidigung und drittens die Rückkehr zu einem Kurs richtig verstandener Entspannung, der die Menschenrechte in den Vordergrund stellt. Helsinki und nicht Jalta ist die Richtschnur der deutschen Politik.
    Wenn wir in der Bundesrepublik Deutschland eine solche Politik betreiben — klar, fest, besonnen, auch gemäßigt im Ton, aber entschieden im Kurs —, braucht den Menschen in unserem Lande weder um den Frieden noch um die Freiheit bange zu sein. Dann braucht niemand Angst zu haben. Dann werden wir auch noch in zehn oder in 20 Jahren in Frieden und Freiheit leben können. — Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Als nächster Redner hat der Herr Abgeordnete Schäfer das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt zu dieser späten Stunde sehr schwer, in dieser Debatte noch wesentlich Neues zu sagen. Ich will mich darum bemühen, denn allmählich besteht der Eindruck einer permanenten Wiederholung von Themen, die nicht nur heute hier abgehandelt worden sind, sondern auch schon am vergangenen Donnerstag. Ich glaube, es bedarf vielleicht noch einiger, wenn Sie so wollen, Zutaten zu dem, was hier dargestellt worden ist.



    Schäfer (Mainz)

    Ich darf zunächst einmal auf das eingehen, was Herr Kollege Dr. Kohl hier an Widersprüchen bei meiner Partei, bei der FDP, festgestellt hat. Herr Dr. Kohl, es kommt vor, daß man gelegentlich laut denkt — daß die Presse das sehr schnell erfährt, wissen Sie auch aus den Sitzungen Ihres Bundesvorstandes — und daß dann der Schluß gezogen wird, man wisse nicht, was man wolle, obwohl man sich überlegt, was man will. Ich habe aber den Eindruck, daß die Widersprüche, die Sie hier dargestellt haben, nicht ganz zutreffen. Hier ist insbesondere der Generalsekretär meiner Partei erneut zitiert worden. Er hat sich ausnahmsweise weder gestern noch heute zu dem Thema der Wirtschaftspolitik geäußert, auf das Sie sich bezogen haben. Somit haben Sie ihn falsch zitiert.
    Aber, Herr Dr. Kohl, es gibt j a auch Widersprüche bei Ihnen. Herr Dr. Kohl, in der Rede, die Sie am Donnerstag hier gehalten haben, haben Sie festgestellt — und Herr Abelein und einige andere Redner haben das auch getan —, daß die deutsche Außenpolitik ach so schlimm sei. So wurde z. B. von Herrn Abelein gesagt: diese Außenpolitik ist nicht vorausschauend, sie entbehrt der Klarsicht und der Eindeutigkeit. Und es wurden alle möglichen schlimmen Vergleiche gezogen. Es wundert mich, Herr Dr. Kohl, daß der Generalsekretär der CDU gerade vor wenigen Tagen erklärt hat, wie übereinstimmend die Außenpolitik Ihrer Partei und die Außenpolitik der FDP sei. Widersprüche gibt es also auch bei Ihnen, und wir sollten sie uns hier nicht gegenseitig dauernd vorhalten.
    Herr Wörner hat hier zuletzt wieder davon gesprochen, der Zusammenhalt des Atlantischen Bündnisses sei eine ganz entscheidende Voraussetzung für die Sicherheit unseres Landes. Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, zu dem deutsch-amerikanischen Verhältnis, das hier immer wieder in düsterer Weise beschrieben worden ist, noch einige Ausführungen zu machen. Was hat sich eigentlich abgespielt? Es ist keine Frage, daß es im deutschamerikanischen Verhältnis atmosphärische Störungen gibt. Das bestreitet hier niemand. Aber diese Störungen haben j a eigentlich schon mit dem eingesetzt, was amerikanische Kritiker oder sogar Mitglieder der amerikanischen Regierung uns gegenüber als die „Rhetorik der frühen Monate" — „the rhetoric of the early months" — bezeichnet haben, für die sie sich entschuldigen. Es gab j a wechselseitige Verunsicherungen, ausgelöst durch widersprüchliche Aussagen amerikanischer Regierungsvertreter, Aussagen, daß es zunächst notwendig sei, die Rüstung zu verstärken und dann möglicherweise zu verhandeln. Es gab andere Aussagen. Es gab einsame Beschlüsse über die Produktion der Neutronenbombe. All das hat hier natürlich schon zu gewissen Verunsicherungen geführt. Es gab dann natürlich auch — das ist noch gar nicht angesprochen worden; ich darf deshalb einmal darauf zurückkommen — Verunsicherungen durch die neue Politik der Vereinigten Staaten gegenüber der Dritten Welt.
    Meine Damen und Herren, es ist sehr schwierig, wenn sich bei jedem Wechsel eines amerikanischen Präsidenten die Außenpolitik zunächst einmal über ein Jahr gar nicht bewegt und dann möglicherweise
    in genau der entgegengesetzten Richtung zu der Politik, die der frühere Präsident verfolgte. Es fällt auch den Bündnispartnern schwer, sich ständig darauf einzustellen. Ich habe hier in einer Rede schon einmal gesagt: Ich glaube, unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten ist ein bißchen anders als das Verhältnis unseres östlichen Nachbarn zur Sowjetunion. Ich glaube, daß wir auch Kontroversen mit einem Freund austragen können, dann nämlich, wenn Grundsätze unserer Politik — und ich darf nachher noch etwas sagen zur Politik gegenüber der Dritten Welt — in den Vereinigten Staaten plötzlich nicht mehr so gesehen werden wie noch unter der Regierung Carter.
    Die Regierung Reagan ist angetreten mit dem Grundsatz: „Wir wollen die Verstimmungen mit den Europäern, die es bei Carter gegeben hat, in Zukunft vermeiden." Leider ist das nicht eingetreten. Dazu haben, glaube ich, nicht nur wir beigetragen. Wenn z. B. der frühere Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten die Entspannung einen „totalen Fehlschlag" genannt hat, kann er natürlich nicht erwarten, daß wir bereit sind, ihm zu folgen. Ich habe festgestellt, daß er inzwischen ja auch nicht mehr diese Position einnimmt; das mag man hier vielleicht auch einmal frecherweise sagen dürfen.
    Wenn sich frühere Sicherheitsberater amerikanischer Präsidenten jetzt hervortun, sich profilieren wollen durch eine Kritik an Deutschland, wenn gesagt wird, es gebe bei uns wieder einen neuen Nationalismus, wir bewegten uns weg aus dem Atlantischen Bündnis, wir wollten die Wiedervereinigung möglicherweise auf Kosten unserer Mitgliedschaft in der NATO, dann sollte man vielleicht — ein Rat an die deutsche Bundesregierung — den Herren Gelegenheit geben, dieses Land einmal zu besuchen, sich hier mal umzutun und nicht vom grünen Tisch ihrer Universitäten aus solche Urteile zu fällen. Ich habe den Eindruck: Wenn sich Herr Brzezinski, Herr Allen und auch Herr Kissinger mal wieder in der Bundesrepublik Deutschland umtäten und vielleicht Gespräche führten, kämen sich zu dem Schluß, daß sie sich nicht ständig an kleinen Minderheiten orientieren dürfen, sondern orientieren sollten an der Mehrheit dieses Volkes. Und es gibt doch überhaupt keinen Zweifel, daß die Mehrheit der deutschen Bevölkerung nach wie vor steht zum Atlantischen Bündnis und zur Freundschaft mit den Vereinigten Staaten.
    Meine Damen und Herren, die Kritik an den Demonstrationen in der Bundesrepublik ist sicher berechtigt, wenn man sagt: Es wird gegen noch nicht aufgestellte Raketen demonstriert, es wird aber nicht gegen bereits aufgestellte Raketen demonstriert. All das hören wir drüben, und wir haben auch versucht, deutlich zu machen, daß hier bestimmte Zusammenhänge mit der Angst bestehen, Herr Wörner, die natürlich nicht von ungefähr kommt. Ich glaube, in dem Zusammenhang muß man einmal sehr deutlich sagen — das sagen nicht nur wir, sondern das sagen auch amerikanische Journalisten, die sich mit der amerikanischen Politik kritisch auseinandersetzen —: Es wäre natürlich sehr gut und sehr wohltuend für die kritischen jungen Leute hier



    Schäfer (Mainz)

    in diesem Lande und in den Vereinigten Staaten, wenn die amerikanische Regierung auch einmal ein Zeichen der Entschlossenheit bei der Verteidigung der Menschenrechte in einigen Ländern setzen würde, die ihnen benachbart sind.
    Vielleicht haben Sie die Ausführungen gelesen, die der amerikanische Journalist Anthony Lewis in diesen Tagen in der „New York Times" veröffentlicht hat. Auch in Amerika mehren sich die Stimmen, die die Glaubwürdigkeit des westlichen Bündnisses gefährdet sehen, aber nicht etwa dadurch, daß wir gegenüber Polen nicht einheitlich reagieren, sondern dadurch, daß Reaktionen gegenüber ähnlichen Ereignissen in der Dritten Welt, speziell auch in Latein- und Mittelamerika, bis zur Stunde leider ausgeblieben sind. Ich möchte hier den Lewis-Vergleich wiederholen: Es geht darum, daß ein Militärregime versucht, die Mehrheit der Bevölkerung zu knebeln, und einen Kriegszustand ausruft. Man darf das natürlich nicht nur bei Polen brandmarken, sondern man muß das auch im Fall El Salvador tun, oder man könnte einen Vergleich zwischen Polen und Guatemala ziehen. Heute vormittag haben Vertreter der katholischen Kirche in El Salvador, wie Sie den Nachrichten entnehmen konnten, in einem Interview in Mexiko festgestellt, daß seit dem Regierungsantritt der Militärjunta in diesem Land 30 000 Menschen ermordet worden sind, sicher nicht nur von der Militärjunta, aber zum großen Teil mit ihrer Billigung. Da muß man sich die Frage stellen, wie wir als westliches Bündnis erscheinen, die wir auch ethische Forderungen stellen — Freiheit, Recht zu verteidigen —, wenn wir auf der einen Seite sagen, daß wir härtere Maßnahmen, Sanktionen gegen Polen ergreifen müßten — darüber kann man streiten — und auf der anderen Seite zu Vorkommnissen schweigen, die schlimmer als das sind, was sich in Polen abspielt?

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das hat hier noch niemand gesagt, und ich glaube, wir sollten das einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen.
    Das gilt auch für den sogenannten Boykott. Es gibt, glaube ich, hier im Hause, Einvernehmen darüber, daß z. B. ein totaler wirtschaftlicher Boykott gegen die Republik Südafrika nicht in Frage kommen kann. Ich darf Ihnen sagen, daß ich vor wenigen Tagen in Afrika mit einem afrikanischen Außenminister gesprochen habe, der mir folgendes gesagt hat: Sie vertreten jetzt wieder den Standpunkt, daß der Wirtschaftsboykott gegen Südafrika nichts nutzen wird, daß wir langsam, gemessenen Schrittes, besonnen, wie Sie sagen, bemüht sein sollten, die unerträglichen Zustände in diesem Staat abzubauen. Er hat mir dann die Frage gestellt: Warum sind Sie dann eigentlich für einen Boykott gegenüber der Sowjetunion und gegenüber Polen, wenn Sie auf der anderen Seite erklären, daß ein Wirtschaftsboykott ineffektiv ist? Ich möchte diese Frage an die CDU weitergeben, und ich möchte sie mit einer Wiederholung der Frage verbinden, Herr Wörner, die der Herr Bundesaußenminister an Sie vorhin gestellt hat, die Sie nicht beantwortet haben. Sie haben auf die Frage, was Sie unter der „Aussetzung" von Verträgen
    verstehen, ob damit ein Eingriff in bestehende Verträge gemeint ist, keine Antwort gegeben. Ich möchte die Frage an die CDU/CSU wiederholen: Was wollen Sie mit Ihrem Antrag, was meinen Sie mit dem Begriff „Aussetzung"? Herr Wörner, was meinen Sie mit dem Begriff „Tatenlosigkeit"? Wir sind für Kritik und auch für Gemeinsamkeit immer dankbar. Nur frage ich mich, warum Sie hier nicht ein bißchen konkreter werden und sagen, welche konkreten Taten Sie eigentlich erwarten, um die Situation in Polen zu verbessern.

    (Daweke [CDU/CSU]: Was meint denn das NATO-Kommuniqué?)

    Diese Antwort hat Herr Kohl nicht gegeben. Ich habe seine Rede sehr genau nachgelesen. Er hat davon gesprochen, man müsse hier wirtschaftliche und politische Maßnahmen treffen. Aber es genügt in diesen Fragen einfach nicht, zu zitieren, auf Herrn Adenauer, dieses und jenes zu verweisen und die Antworten auf das schuldig zu bleiben, was nun eigentlich konkret geschehen soll. Bitte sagen Sie uns das! Wir lassen gern mit uns reden.

    (Daweke [CDU/CSU]: Was meint denn das NATO-Kommuniqué, Herr Schäfer?)

    Meine Damen und Herren, wenn in der heutigen Diskussion ausschließlich von Polen und vom Bündnis mit den Vereinigten Staaten die Rede war, wenn es um Außenpolitik gegangen ist, sollte man auch die Frage stellen: Was können wir tun, um die atmosphärischen Störungen, die sich natürlich auch auf Grund der Ereignisse in Polen eingestellt haben, zu verbessern? Ich bin der Auffassung, daß eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten sicher nicht dadurch verbessert werden kann, daß der amerikanische Etat ausgerechnet an Stellen gekürzt wird, wo Möglichkeiten bestehen, den Austausch zwischen Politikern und Institutionen zwischen der Bundesrepublik, zwischen Europa und den Vereinigten Staaten zu fördern.
    Wir haben das den Amerikanern in Gesprächen gesagt auf die Frage: „Was können wir tun, um diese sogenannte antiamerikanische Stimmung in Europa wirksamer zu bekämpfen?" Wir haben gesagt: „Bitte, kürzen Sie nicht Ihr Budget, ermöglichen Sie es mehr Studenten, mehr Professoren und mehr Politikern, miteinander ins Gespräch zu kommen, damit unsinnige Vorurteile, wie sie von bestimmten Journalisten immer wieder angeheizt werden, verschwinden!"
    Es muß in dem Zusammenhang auch einmal gesagt werden, daß es in den Vereinigten Staaten zwischen Journalisten und Journalisten Unterschiede gibt. Es ist doch nicht so, als hätte die amerikanische Presse geschlossen die Feststellung getroffen, daß sich die Europäer abwendeten. Leider wirkt sich — und ich sage das hier mit einem gewissen Gefühl des Bedauerns — bei einigen Journalisten die Tatsache, daß ihnen die europäische Nah-Ost-Politik seit Venedig nicht mehr paßt, auf das aus, was sie jetzt über Deutschland schreiben. Das muß man einmal sehr deutlich sagen. Ich finde das sehr bedauerlich. Ich will hier nicht deutlicher werden. Aber ich glaube, daß es in den Vereinigten Staaten immer noch Jour-



    Schäfer (Mainz)

    nalisten genug gibt, die durchaus differenziert urteilen und die wissen, daß die Angst, die Friedensbewegung und die Bewegung gegen Nuklearwaffen und Atomreaktoren keineswegs auf Europa beschränkt sind. In Amerika bilden sich solche Organisationen auch. Es wäre vielleicht eine Entlastung für uns, wenn diese Organisationen, die zum Teil an europäischen Vorbildern ausgerichtet sind, die amerikanische Regierung vor genau die gleichen Probleme stellten wie uns. Ich glaube, man kann nicht einfach so tun, als gäbe es Friedensangst nur in Europa und als gäbe es in den Vereinigten Staaten grundsätzliche Befürwortung aller Tendenzen der Politik des gegenwärtigen Präsidenten. Das ist nicht richtig.
    Meine Damen und Herren, mich hat natürlich auch ein bißchen beunruhigt, wenn ich heute z. B. lese, daß man im Kongreß wieder überlegt, im nächsten Jahr über 800 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen, um B- und C-Waffen verstärkt herzustellen. Das sind doch die Aussagen, die hier in Deutschland zu dieser Verunsicherung führen, Herr Wörner! Mir wäre es sehr lieb, wenn man einmal feststellen könnte, wieviel Geld verwendet wird, um die katastrophalen Wirkungen von B- und C-Waffen zu verhindern, statt ständig neue Waffen zu produzieren und damit natürlich genau den Kräften in der Bundesrepublik und in der Welt Auftrieb zu geben, die Sie zu Recht kritisch angesprochen haben.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Ich glaube, unter Verbündeten muß doch auch einmal die Frage erlaubt sein und gestellt werden, ob das dazu beitragen wird, daß solche Störungen, daß Demonstrationen vermieden werden können. Ich glaube, das ist ein Punkt, der viel zu wenig diskutiert wird.
    Meine Damen und Herren, wir sollten, ausgehend von der Bemühung um Verständnis zwischen den Vereinigten Staaten und uns, jede Chance nutzen, und wir sollten uns nicht nur an den kritischen Stimmen orientieren, sondern wir sollten hier auch Vertrauen haben, daß deutsche Außenpolitik in den Vereinigten Staaten zum Teil sehr positiv beurteilt wird, gerade auch die Dritte-Welt-Politik. Ich meine, es ist sehr unrichtig, wenn hier von Kreisen der Opposition gesagt wird, diese Außenpolitik sei schlecht, oder gar, sie sei gescheitert. Ich kann immer nur den Rat geben: Erkundigen Sie sich doch bitte einmal in den Ländern der Dritten Welt, wie sich die Beurteilung der deutschen Außenpolitik wohltuend abhebt von der Beurteilung der Außenpolitik anderer Staaten im westlichen Bündnis.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es ist hier sehr viel von Gemeinsamkeiten gesprochen worden. Ich bin sehr dankbar, daß auch Herr Kohl und die anderen Redner der Opposition gesagt haben: Der Entspannungsprozeß muß weitergehen. Das würde ihnen möglicherweise von einigen amerikanischen Kritikern schon gar nicht mehr so positiv angerechnet. Das heißt natürlich — und ich glaube, da kann man heute Einverständnis feststellen —, daß eben die Verhandlungen in Genf weitergehen sollen, daß heißt, daß der KSZE-Prozeß nicht abgebrochen werden darf; und das heißt natürlich auch, daß es in einer solchen Stunde des Zusammenhaltens und des Zusammenstehens in Europa darauf ankommt, daß nationale Egoismen in der Europäischen Gemeinschaft vor dem geschlossenen Handeln dieser Gemeinschaft, Europa nach vorn zu bringen, zurücktreten: hier hat der Bundesaußenminister mit seiner Initiative, seinem Versuch, Europa auch politisch wieder stärker nach vorn zu bringen, einen, wie ich glaube, beachtlichen Schritt getan. Es kommt jetzt darauf an, daß sich die Außenminister einigen, daß der sich abzeichnende Kompromiß zustande kommt und daß solche nationalen Egoismen zurücktreten. Sonst sind all die Beschwörungen von Gemeinsamkeit im Grund genommen leere Floskeln.

    (Daweke [CDU/CSU]: Wie meinen Sie das?)

    Ich habe vorhin gesagt, es wäre sehr gut, wenn wir gelegentlich ein Zeichen der Entschlossenheit hätten, die Menschenrechte auch dort zu verteidigen, wo keine Kommunisten regieren, und wenn wir in der Presse nicht nur unserer Länder, sondern auch der Vereinigten Staaten nicht nur über den Fall Sacharow lesen würden, sondern vielleicht gelegentlich auch einmal etwas über die Frau des seit 20 Jahren inhaftierten südafrikanischen Führers Mandela, die gerade aus dem Bann entlassen, am selben Tag wieder verhaftet und in den Bann gesetzt worden ist. Davon lesen Sie hier leider wenig. Wenn Sie in die Dritte Welt reisen, müssen Sie sich immer wieder fragen lassen: Ist das wirklich eine eindeutige Politik, oder ist das nicht doppelte Moral, wenn der Westen hier schweigt und sich in seiner Kritik an der Nichtbeachtung der Menschenrechte ausschließlich an die kommunistischen Staaten wendet — was wir j a tun, indem wir anprangern, was aber nicht ausreicht, um uns als glaubwürdig erscheinen zu lassen, wenn wir das in der Dritten Welt immer wieder nur sehr zahm tun.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Und bei allen Beschwörungen, die wir hier veranstalten, genügt es, glaube ich, nicht, uns — gerade beim Dialog mit der Jugend — auf Sicherheit und Freiheit und auf all diese Begriffe zurückzuziehen, so schön sie sind, so wichtig sie für uns sind, so sehr wir entschlossen sind, Herr Wörner, sie zu verteidigen, und so sehr wir natürlich auch für diese Bundeswehr eintreten. Ich glaube, es kommt für diese Jugend darauf an, daß der Westen glaubwürdig agiert und daß dieses NATO-Bündnis in seinem ethischen Gehalt überall und nicht nur an einer Stelle entschieden vertreten wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch überlegen, inwieweit wir hier noch voller Geduld warten können, bis z. B. die Republik Südafrika sich geneigt zeigt, die Freiheit Namibias herzustellen. Ich sage das ganz bewußt, weil das ein Punkt ist, der zur Zeit vielleicht bei uns nicht so sehr im Vordergrund steht, aber auf anderen Kontinenten — Herr Kollege Köhler ist inzwischen gekommen; er wird mir das als großer Afrikakenner sicher freundlicher-



    Schäfer (Mainz)

    weise bestätigen können — nach wie vor eine ganz entscheidende Rolle spielt, etwa wenn Sie sich mit Politikern dieses Kontinentes unterhalten.
    Ich glaube, wir können nicht mehr lange zögern. Die Ungeduld in diesen Ländern wächst. Der Westen muß auch hier Tatendrang zeigen, Herr Kollege Wörner, damit wir nach langen Bemühungen und Kompromißvorschlägen jetzt dahin kommen, daß endlich ein Ende abzusehen ist und daß dieses Land als letztes Land Afrikas unabhängig wird. Wir müssen uns mit der Republik Südafrika auch mit den geeigneten Mitteln auseinandersetzen, damit endlich Rassismus und Kolonialismus verschwinden und damit in Südafrika die gleichen Menschenrechte gelten, wie sie die Staaten des NATO-Bündnisses verteidigen. Ich glaube, das dürfen wir gegenüber einem befreundeten Staat doch noch mehr fordern, als wir es gegenüber kommunistischen Staaten hier Tag für Tag tun.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/CSU])

    Ich weiß, Herr Kohl hat gesagt, Sie seien weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind. Ich bin dafür dankbar, Herr Jäger, obwohl ich bei Ihnen gelegentliche Blindheiten feststelle. Aber ich hoffe und ich weiß ja auch von unserer gemeinsamen Arbeit im Auswärtigen Ausschuß, daß die Gegensätze, die hier im Plenum so lauthals beschworen werden, merkwürdigerweise im Ausschuß gar nicht mehr so deutlich sind und daß die sachliche Zusammenarbeit im Ausschuß viel klarer ist. Ich bin immer wieder überrascht, wenn die Herren, die keinem Ausschuß angehören, hier die großen Gegensätze entfalten und wir das hinterher in mühseliger Kleinarbeit auszubaden haben.
    Meine Damen und Herren, der große Appell an die Gemeinsamkeit dieses Hauses — ich schließe mich ihm an — muß eben auch heißen: Gemeinsamkeit in einer schwierigen außenpolitischen Lage, statt zu versuchen, diese außenpolitische Situation wiederum als Wahlkampfthema zu mißbrauchen und für innenpolitische Spielchen zu benutzen. Ich glaube, die Lage ist dazu zu ernst.
    Insofern meine ich, daß wir heute am Abend, nachdem sich die Situation etwas entspannt hat und es nicht wie bei der erregten Polen-Debatte Pfuirufe gegeben hat, vielleicht einen neuen Anfang suchen sollten. Zumindest in unserem Ausschuß wird diese sachliche Arbeit, davon bin ich überzeugt, fortgesetzt. Ich glaube nicht, daß in diesem Ausschuß solche Gegensätze herrschen, wie sie hier ständig an die Wand gemalt werden. — Vielen Dank!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)