Rede:
ID0907803600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 19
    1. Sie: 3
    2. ob: 2
    3. Herr: 1
    4. Außenminister,: 1
    5. darf: 1
    6. ich: 1
    7. fragen,: 1
    8. grundsätzlich: 1
    9. keine: 1
    10. Zwischenfragen: 1
    11. mehr: 1
    12. zulassen: 1
    13. oder: 1
    14. die: 1
    15. Zwischenfrage: 1
    16. des: 1
    17. Abgeordneten: 1
    18. Kohl: 1
    19. zulassen?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/78 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 78. Sitzung Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 4477 A Begrüßung des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und seiner Begleitung 4487 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/770, 9/965 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksache 911181 — 4477 A Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 9/1182 — 4477 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 9/1183 — Borchert CDU/CSU 4477 D Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts — Drucksache 9/1184 — Metz CDU/CSU 4478 A Löffler SPD 4479 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 4480 B Brandt SPD 4487 D Hoppe FDP 4494 D Dr. Abelein CDU/CSU 4501A Genscher, Bundesminister AA 4508 D Schmidt, Bundeskanzler 4515A Dr. Kohl CDU/CSU 4521 B Wischnewski SPD 4530 D Dr. Wörner CDU/CSU 4535 A Schäfer (Mainz) FDP 4541 D Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 4545 B Erklärungen nach § 30 GO Dr. Abelein CDU/CSU 4549 B Wurbs FDP 4549 D Namentliche Abstimmung 4550 B Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 9/1194 — in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 9/1205 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 Dr. Stavenhagen CDU/CSU 4552 B Hansen fraktionslos 4556 A Frau Traupe SPD 4558 A Würzbach CDU/CSU 4565 B Dr. Zumpfort FDP 4570 C Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 9/1185 — Voigt (Frankfurt) SPD 4575 C Picard CDU/CSU 4577 C Frau Schuchardt FDP 4579 A Genscher, Bundesminister AA 4580 C Coppik SPD (Erklärung nach § 31 GO) 4582A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 9/1200 — Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 4582 D Nehm SPD 4585 C Franke, Bundesminister BMB 4587 A Nächste Sitzung 4589 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4591*A Anlage 2 Empfehlung des britischen Staatsministers Douglas Hurd, eine gemeinsame NATO-Strategie für die Entwicklung einer „neuen Weltinformationsordnung" zu erarbeiten MdlAnfr 43 08.01.82 Drs 09/1252 Weirich CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* B Anlage 3 Staaten, die den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 noch nicht ratifiziert haben; Angebot einer Nichtangriffserklärung der USA an Nicaragua MdlAnfr 48 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* C Anlage 4 Druck der Proklamation des in Polen verhängten Kriegsrechts in der Sowjetunion MdlAnfr 52 08.01.82 Drs 09/1252 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4591* D Anlage 5 Haltung der Bundesregierung zur Lage in Polen MdlAnfr 53 08.01.82 Drs 09/1252 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592*A Anlage 6 Auffassung der Bundesregierung über die Verantwortung der Sowjetunion für die Vorgänge in Polen; Aussagen des Bundeskanzlers Schmidt und des französischen Staatspräsidenten Mitterrand über den Vertrag von Jalta und die Teilung Europas MdlAnfr 55, 56 08.01.82 Drs 09/1252 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Corterier AA . . . 4592* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 4477 78. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1982 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 20. 1. Echternach 19. 1. Fischer (Hamburg) 19. 1. Günther 19. 1. Handlos 19. 1. Frau Dr. Hellwig 19. 1. Frau Krone-Appuhn 20. 1. Dr.-Ing. Laermann 22. 1. Dr. Mertes (Gerolstein) 22. 1. Möllemann 22. 1. Dr. Müller * 19. 1. Müller (Bayreuth) 19. 1. Reddemann ** 20. 1. Rösch ** 20. 1. Rohde 22. 1. Frau Roitzsch 22. 1. Dr. Solms 22. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 22. 1. Graf Stauffenberg 22. 1. Walther 22. 1. Wendig 22. 1. Baron von Wrangel 22. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Weirich (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 43): Ist die Bundesregierung bereit, der in der Zeitschrift „NATO REVIEW" von dem Staatsminister im britischen Außenministerium, Douglas Hurd, geäußerten Empfehlungen zu folgen, der Westen müsse im Rahmen der NATO angesichts der Versuche der Sowjetunion und der Staaten der Dritten Welt, über die UNO eine „neue Weltinformationsordnung" zu entwickeln, verstärkt eine gemeinsame Strategie erarbeiten? Auch die Bundesregierung hält eine engere Koordinierung des Westens und die Erarbeitung gemeinsamer Ziele und einer gemeinsamen Strategie durch die westlichen Staaten für notwendig, um in der Diskussion über eine „Neue Weltinformations- und Kommunikationsordnung" in der UNESCO und in den VN dem vom Westen vertretenen Grundsatz der grenzüberschreitenden Informationsfreiheit die ihm gebührende Geltung zu verschaffen. Für die Koordinierung innerhalb des Westens ist indes die NATO nur eines unter mehreren Foren; wichtig sind vor allem auch EPZ, UNESCO, VN und Europarat. Zur Verbesserung der Koordination des Westens in medienpolitischen Fragen der UNESCO - zu denen insbesondere auch die NWICO-ProbleAnlagen zum Stenographischen Bericht matik gehört - wurde auf Initiative der Bundesregierung vom Herbst 1981 in Paris eine ständige Konsultationsgruppe der westlichen Vertreter bei der UNESCO eingerichtet, die sich mit der Gesamtheit der medienpolitischen Fragen im Rahmen der UNESCO befaßt. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 48): Welche amerikanischen Staaten haben den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand (Rio-Pakt) vom 2. September 1947 bisher nicht ratifiziert, und hat die Bundesregierung Kenntnis von der Tatsache, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 eine auf diesem Rio-Pakt basierende feierliche Nichtangriffserklärung angeboten hat, die von der nicaraguanischen Regierung nicht akzeptiert worden ist? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen haben folgende amerikanische Staaten den Interamerikanischen Vertrag über gegenseitigen Beistand von 1947 (sog. Rio-Pakt) weder unterzeichnet noch ratifiziert: Barbados, Grenada, Jamaica, Guyana, Belize, Dominicana, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Antigua und Barbuda. Kuba hat im März 1960 bekanntgegeben, daß es sich nicht mehr an den Rio-Pakt gebunden erachte; Kanada ist dem Pakt lediglich als Beobachter beigetreten. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die US-Regierung Nicaragua im August 1981 angeboten hat, sich gegenseitig die Zusage der Nichteinmischung und der Nichtintervention zu geben. Diese Zusage sollte für die USA in bezug auf Nicaragua, für Nicaragua in bezug auf benachbarte zentralamerikanische Länder gelten. Die nicaraguanische Regierung ist nach Wissen der Bundesregierung bisher auf dieses Angebot nicht eingegangen. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 52): Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der von Präsident Reagan in seiner Fernsehansprache vom 23. Dezember 1981 bekanntgegebenen Tatsache, daß die Proklamation für das in Polen im Dezember verhängte Kriegsrecht bereits im September in der Sowjetunion gedruckt wurde? Die Bundesregierung hat keine nähere Kenntnis der Informationen, die zu der von Ihnen zitierten Äußerung des Präsidenten der Vereinigten Staaten geführt haben. Sie geht aber ebenso wie die amerikanische Regierung davon aus, daß die Sowjetunion 4592* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 78. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Januar 1982 seit langem schweren Druck auf die polnischen Reformbestrebungen ausgeübt hat. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Frage 53): Trifft es zu, daß Art und Umfang der Kreditgewährung und die wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber der Volksrepublik Polen u. a. Ursachen dafür sind, daß sich die Bundesregierung jetzt in ihrer Haltung zur Lage in Polen im Gegensatz zu allen führenden westeuropäischen Staaten und der USA so zurückhaltend verhält und nach Pressekommentaren eine sogenannte Politik der Leisetreterei vertritt? Die Feststellung in Ihrer Frage, daß die Bundesregierung sich gegenüber den Entwicklungen in Polen zurückhaltend verhalte, ist unzutreffend. Einen Vorwurf der „Politik der Leisetreterei" weise ich entschieden zurück. Die Bundesregierung hat nach der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 die ihr zur Verfügung stehenden und als angemessen erscheinenden Mittel eingesetzt, um der polnischen und der sowjetischen Führung die eigene Auffassung unmißverständlich darzulegen. Sie hat eindringlich dazu aufgefordert, zu einer Politik der Erneuerung und der Reform zurückzukehren bzw. diese nicht zu behindern. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Erklärungen von Bundeskanzler Schmidt im Deutschen Bundestag vom 18. Dezember, die Bundestags-Entschließung vom gleichen Tage, die von der Bundesregierung mitgetragen wird, sowie auf die Briefe, die Bundeskanzler Schmidt am 25. Dezember 1981 sowohl an General Jarulzelski als auch an Generalsekretär Breschnew gerichtet hat. Bundesminister Genscher hat am 30. Dezember die Auffassungen der Bundesregierung Vize-Premier Rakowski mit Nachdruck erläutert, nachdem er vorher schon die Resolution des Deutschen Bundestages dem polnischen Geschäftsträger ausführlich dargelegt hatte. Die Haltung der Bundesregierung kommt ferner in der deutsch-amerikanischen Erklärung vom 5. Januar 1982 sowie in den Abschlußerklärungen des EG-Außenministertreffens vom 4. Januar und des NATO-Außenministertreffens vom 11. Januar 1982 in aller Deutlichkeit zum Ausdruck. Auch die beiden letztgenannten Erklärungen sind unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung zustandegekommen. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Corterier auf die Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 9/1252 Fragen 54 und 55): Auf Grund welcher Erkenntnisse ist die Bundesregierung zu der von den USA und anderen NATO-Ländern abweichenden Ansicht gelangt, daß Moskau in Polen bei der Verhängung des Kriegsrechts keinen Einfluß genommen habe, und wie ist diese ursprüngliche Bewertung der Vorgänge wiederum mit der Äußerung von Bundesaußenminister Genscher in Einklang zu bringen, daß die Sowjetunion für die Vorgänge in Polen Verantwortung trage? Muß aus der Aussage von Bundeskanzler Schmidt, in Jalta sei Europa in Einflußsphären geteilt worden und jede Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse müßte Krieg bedeuten, der Schluß gezogen werden, daß nach Ansicht des deutschen Regierungschefs die ohne Mitwirkung der osteuropäischen Völker zustandegekommene Einbeziehung in den kommunistischen Machtbereich erhalten bleiben und für die 17 Millionen Deutschen in der DDR das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes keine Gültigkeit mehr haben solle, während andererseits der französische Staatspräsident Mitterrand in seiner Neujahrsrede den Wunsch geäußert hat, den Vertrag von Jalta und die sich daraus ergebende Teilung Europas zu überwinden? Zu Frage 54: Die Bundesregierung hat von Anfang an mit großer Sorge den schweren Druck der Sowjetunion auf die innere Entwicklung in Polen beobachtet. Aus dieser Sorge heraus hat sich der Bundeskanzler bereits am 25. Dezember 1981 an Generalsekretär Breschnew gewandt und damit unmißverständlich die Verantwortung der Sowjetunion deutlich gemacht. Diese weiterhin gültige Bewertung der Vorgänge in Polen durch die Bundesregierung ist zuletzt in der von ihr mitgetragenen und unter ihrer Mitwirkung entstandenen Erklärung der NATO-Außenminister vom 11. Januar 1982 eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Zu Frage 55: Diese Frage beantworte ich mit „nein", ohne daß ich mir damit Ihre Wiedergabe der Äußerungen des Bundeskanzlers zu eigen mache. Die Politik der Bundesregierung zielt, und zwar in voller Übereinstimmung und mit Unterstützung aller ihrer westlichen Partner, darauf ab, die Trennungslinie, die Europa teilt, zu überwinden. Ein Meilenstein dieser Politik des friedlichen Wandels ist die Schlußakte von Helsinki. Im übrigen hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, wie es im Brief zur deutschen Einheit im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag und dem Grundvertrag mit der DDR seinen Niederschlag gefunden hat, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Es kann doch, Herr Kollege Kohl, eine vergleichbare Äußerung zu nicht vergleichbaren Entwicklungen nicht geben.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Als ich mich über frühere Regierungen geäußert habe, habe ich dem Herrn Kollegen Abelein die Frage stellen wollen, ob er nicht aus den Reaktionen der damaligen Regierungen genauso auch Grenzen westlicher Möglichkeiten erkannt hat, wie wir sie heute mit Bitterkeit sehen. Niemand wäre doch mehr als wir in einem geteilten Land daran interessiert, wenn wir die Instrumente, die Möglichkeiten hätten, ohne unsere Position zu verletzen, den Völkern, die unter kommunistischer Herrschaft leben müssen, mehr Freiheit zu geben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jalta!)

    Ein Instrument, Herr Kollege, haben wir genutzt. Das ist die Schlußakte von Helsinki. Ich wage die Behauptung, daß manche Entwicklung heute, die den Menschen in Osteuropa hilft, ohne diese Schlußakte nicht möglich gewesen wäre. Das wird international anerkannt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Graf Huyn [CDU/CSU]: Im Gegenteil! — Weiterer Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Deshalb müssen Sie sich die Frage stellen, ob Sie damals gut beraten waren. Es tut mir leid, daß wir heute den Blick auf das Jahr 1975 zurückwenden müssen. Ich möchte — und das war mein Ziel, als ich hier ans Rednerpult kam — mit den Kollegen des Deutschen Bundestages diese Debatte über den Haushalt 1982 nutzen, um zu sehen, was man zur Gestaltung deutscher Außen- und Innenpolitik tun kann. Das muß doch die Grundlage einer solchen Debatte sein. Da stelle ich fest, daß sich die Redner der Regierungskoalition hier mit Vorschlägen zu den beiden bewegenden Fragen in unserem Land geäußert haben: der Frage der Arbeitslosigkeit und der Frage der Friedenssicherung und des Standes des Ost-West-Verhältnisses, das doch von dem, was in Polen vor sich geht, gar nicht unbeeinflußt sein kann.
    Herr Kollege Brandt hat auf die Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Frage der Beschäftigungspolitik Bezug genommen. Wir hatten gestern abend Gelegenheit, mit dem Bundesvorstand des DGB zu sprechen. Ganz gewiß ist es so, daß diese Initiative psychologisch eine Wirkung gehabt hat. Sie hat die psychologische Wirkung gehabt — die von allen Seiten nur begrüßt werden kann —, daß wir zu einer Versachlichung der Diskussion über die Frage der Beschäftigungspolitik in unserem Land gekommen sind. Das ist nach leidenschaftlichen Auseinandersetzungen, die es in der Vergangenheit gegeben hat, nicht wenig, und wir sollten das nicht geringschätzen. Wenn dann in den einzelnen Parteien diskutiert wird, bin ich gar nicht derjenige, der das kritisiert. Mir sind Leute, die sich Gedanken über Beschäftigungspolitik machen, lieber als diejenigen, die keine darüber entwickeln. Deshalb kritisiere ich nicht, daß aus Ihren Landeshauptstädten, in denen Sie die Ministerpräsidenten stellen, durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten worden sind. Da hat jede Meinung Anspruch darauf, gehört und bewertet zu werden. Sie werden ja nachher daraus Ihre gemeinsame Position zu entwickeln haben. Darüber hätten wir im Deutschen Bundestag bei der Aussprache über den Haushalt des Bundeskanzlers und die Regierungspolitik gern etwas Genaueres gehört.
    Natürlich hat sich Herr Kollege Dr. Zimmermann heute morgen auch mit der Wirtschaftspolitik befaßt. Aber er hat eigentlich nur das erwähnt, was nach seiner Meinung von der Regierung falsch gemacht wird. Er hat uns bisher im unklaren darüber gelassen,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    wie die Opposition in dieser Lage Auswirkungen, und zwar positive Auswirkungen, auf den Arbeitsmarkt erreichen will.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Billig!)

    Meine verehrten Kollegen, es kann doch kein Zweifel bestehen, daß die Sicherung der vorhandenen und die Schaffung neuer, dauerhafter Arbeitsplätze das zentrale innenpolitische Thema des Jahres 1982 sein werden. Wenn wir hier über unsere Position im Westen, über unsere außenpolitische Handlungsfähigkeit und über die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland sprechen, dann müssen wir sehen, daß all das seine Quelle, seine Basis, seine Grundlage auch in der wirtschaftlichen Lage und im sozialen Konsens innerhalb der Bundesrepublik Deutschland findet. Das hat dafür Bedeutung.
    Herr Kollege Brandt hat in diesem Zusammenhang auf die Entwicklungspolitik und die Herausforderungen verwiesen, die von dort auf uns zukommen. In der Tat haben wir uns mit Ölpreiserhöhungen und der Entwicklung der Rohstoffpreise auseinanderzusetzen. Aber wir haben uns auch damit auseinanderzusetzen, daß Entwicklungsländer, sogenannte Schwellenländer, auf dritten Märkten und auch auf dem eigenen Markt zunehmend zu Konkurrenten für uns werden. Da müssen Entwicklungspolitik und Solidarität mit den Staaten der Dritten Welt zu Hause anfangen. Das heißt, man darf nicht einer industriellen Entwicklung der Staa-



    Bundesminister Genscher
    ten der Dritten Welt eine Sperre dadurch in den Weg legen, daß man selber die Zuflucht im Protektionismus sucht. Deshalb ist eine gemeinsame Anstrengung unseres Landes zur Abwehr protektionistischer Tendenzen — die gibt es nicht nur außerhalb, sondern vor allem auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft — eine ganz wichtige Sache.
    Herr Kollege Abelein, wenn Sie über Europapolitik reden, dann hätten Sie sehr wohl zum Ausdruck bringen dürfen, daß wir trotz schwerer Arbeitsmarktprobleme bei uns diejenigen sind, die den Protektionismus aus Prinzip ablehnen, aus der Verantwortung für einen freien Welthandel, für unsere eigene wirtschaftliche Entwicklung, aber auch aus Solidarität gegenüber den Staaten der Dritten Welt, die wir nicht abschließen dürfen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn wir uns dieser aufkommenden Herausforderung aus den Staaten der Dritten Welt bewußt sind — ich meine jetzt nicht nur Korea, das jetzt als nächstes Land genannt wird, und Taiwan; es gibt viele andere Schwellenländer, die uns solche Herausforderungen aufgeben werden —, dann wird deutlich, daß wir hier, wie Herr Brandt mit Recht gesagt hat, vor strukturellen Problemen stehen, die wir nicht mit vorübergehenden Maßnahmen werden bewältigen können. Hier ist es vielmehr notwendig, daß wir unsere Wirtschaft konkurrenzfähig halten und dort, wo sie es nicht mehr ist, wieder konkurrenzfähig machen, d. h. daß sich die Konkurrenzfähigkeit auch auf der Kostenseite unserer Wirtschaft zeigt.
    Da, Herr Kollege Zimmermann, hätte man natürlich schon erwartet, daß Sie ein Wort über die Haltung Ihrer Fraktion zur Tarifpolitik und zur tarifpolitischen Situation sagen. Die Tarifpolitik hat natürlich eine ganz enorme Auswirkung auf das, was in diesem Jahr geschehen wird. Die Tarifpartner haben hier eine große Verantwortung. Die Tarifpartner werden dieser Verantwortung dann gerecht werden, wenn sie erkennen, daß sich in unserer Lage die Solidarität zwischen denen, die Arbeit haben, und denen die Arbeit suchen, erweisen muß. Diese Solidarität muß sich durch eine Zurückhaltung in der Tarifpolitik erweisen.
    Nun muß man wissen, daß in einer solchen wirtschaftlichen Phase verteilungspolitisch enorme Spannungen entstehen. Denn gerade wenn man etwas zur Förderung privater Investitionen tut, aber gleichzeitig tarifpolitische Zurückhaltung fordert, ergeben sich verteilungspolitische Probleme. Diesen verteilungspolitischen Problemen kann man nur begegnen, wenn man gleichzeitig die Frage der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand zu einem zentralen gesellschaftlichen Problem erklärt. Nur dann können Sie diese Zurückhaltung erwarten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Ganz neu! — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Herr Kollege Genscher, machen wir doch in Gemeinsamkeit einen gemeinsamen Gesetzentwurf! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Meine verehrten Kollegen, wenn Sie dem zustimmen können, brauchen Sie sich doch nicht zu erregen, sondern dann können Sie es hinterher bestätigen. Das wäre doch eine ganz großartige Sache.

    (Abg. Dr. Kohl [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Kollege Kohl, darf ich meinen Gedanken erst einmal zu Ende führen? Nachher antworte ich Ihnen gern. Ich mag es wirklich nicht mit ansehen, wenn Sie länger stehen müssen.

    (Heiterkeit — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ich stehe gern!)

    — Nein, das bringe ich nicht übers Herz.


Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Außenminister, darf ich Sie fragen, ob Sie grundsätzlich keine Zwischenfragen mehr zulassen oder ob Sie die Zwischenfrage des Abgeordneten Kohl zulassen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Aber selbstverständlich.