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ID0906806400

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    Plenarprotokoll 9/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. November 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3955 A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Biehle, Dallmeyer, Francke (Hamburg), Frau Geier, Handlos, Frau Krone-Appuhn, Löher, Dr. Marx, Dr.-Ing. Oldenstädt, Petersen, Weiskirch (Olpe), Wimmer (Neuss), Dr. Wörner, Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU Zum inneren Zustand der Bundeswehr und zur Lage der Soldaten in den Streitkräften — Drucksachen 9/675, 9/873 — Biehle CDU/CSU 3955 B Neumann (Stelle) SPD 3960 D Möllemann FDP 3963 B Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 3967 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 3972 D Möhring SPD 3975 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 3978 A Jung (Kandel) FDP 3980 D Dr. Klejdzinski SPD 3982 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Verlängerung des Welttextilabkommens — Drucksache 9/1044 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Welttextilabkommen — Drucksache 9/1072 — Rapp (Göppingen) SPD 3984 D Dr. Schwörer CDU/CSU 3987 B Dr. Haussmann FDP 3989 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3991 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. August 1981 zur Änderung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage — Drucksache 9/899 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1066 — 3994A Nächste Sitzung 3994 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3995*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3995*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. November 1981 3955 68. Sitzung Bonn, den 27. November 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 27. 11. Bahner 27. 11. Becker (Nienberge) 27. 11. Bredehorn 27. 11. Brunner 27. 11. Dr. Bugl 27. 11. Dörflinger 27. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Eickmeyer* 27. 11. Eimer (Fürth) 27. 11. Engelsberger 27. 11. Engholm 27. 11. Eymer (Lübeck) 27. 11. Dr. Faltlhauser 27. 11. Frau Fuchs 27. 11. Glombig 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 27. 11. Handlos 27. 11. Hauck 27. 11. Höffkes 27. 11. Horstmeier 27. 11. Jansen 27. 11. Kiep 27. 11. Kolb 27. 11. Dr. Kreile 27. 11. Lampersbach 27. 11. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 11. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 11. Dr. Mitzscherling 27. 11. Müller (Bayreuth) 27. 11. Neuhaus 27. 11. Neumann (Bramsche) 27. 11. Frau Dr. Neumeister 27. 11. Frau Noth 27. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 27. 11. Rainer 27. 11. Reschke 27. 11. Frau Roitzsch 27. 11. Schmidt (Hamburg) 27. 11. Schmidt (Würgendorf) 27. 11. Schreiner 27. 11. Schröder (Wilhelminenhof) 27. 11. Dr. Schwarz-Schilling 27. 11. Dr. Solms 27. 11. Graf Stauffenberg 27. 11. Frau Steinhauer 27. 11. Stockleben 27. 11. Vogt (Düren) 27. 11. Dr. Warnke 27. 11. Weiskirch (Olpe) 27. 11. Frau Dr. Wex 27. 11. Wissmann 27. 11. Wolfgramm (Göttingen) 27. 11. Baron von Wrangel 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Bericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung zur Förderung der Grundlagenforschung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 9/962) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung a) Empfehlung zur internationalen Vereinheitlichung der Statistiken über die öffentliche Finanzierung kultureller Tätigkeiten b) Empfehlung zum Schutz und zur Erhaltung bewegter Bilder c) Empfehlung über die Stellung des Künstlers (Drucksache 9/963) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Weiterer Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12a des Tarifvertragsgesetzes - TVG - (Artikel II § 1 des Heimarbeitsänderungsgesetzes) (Drucksache 9/993) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Empfehlung Nr. 162 der Internationalen Arbeitsorganisation betreffend ältere Arbeitnehmer (Drucksache 9/1059) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 30. September bis 8. Oktober 1981 in Straßburg (Drucksache 9/929) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen für die Jahre 1979 bis 1982 gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 (Achter Subventionsbericht) (Drucksache 9/986) zuständig: Haushaltsausschuß (federführend) Finanzausschuß Ausschuß für Wirtschaft Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - (Drucksache 9/1060) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 4. März 1982 vorzulegen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 25. November 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für außergewöhnliche Interventionen der Gemeinschaft zugunsten der in Griechenland vom Erdbeben betroffenen Gebiete (Drucksache 9/782 Nr. 57) Vorschlag für eine Verordnung Haushaltsordnung zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (EGKS-EWG-Euratom) (Drucksache 9/782 Nr. 59)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schwörer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU begrüßt es, Herr Kollege Rapp, daß die Koalitionsfraktionen mit ihrem heutigen Antrag nunmehr die bald einjährigen Bemühungen unserer Fraktion um eine Verlängerung und Verbesserung des Welttextilabkommens unterstützen. Ich verweise dazu auf unsere Kleine Anfrage vom 19. Februar 1981 und auf die Presseerklärung unseres wirtschaftspolitischen Sprechers, Herrn Dr. Waigels, vom 19. März 1981, ebenso auf den Briefwechsel mit dem Bundeswirtschaftsministerium bereits im Jahr 1980. Also nicht wir haben abgeschrieben, sondern Sie sind da hinterher, Herr Kollege Rapp.
    Wir haben uns angesichts des Schlußtermins des Abkommens und angesichts gewisser Bemühungen interessierter Kreise deshalb frühzeitig für eine Verlängerung ausgesprochen, weil ohne sie größte Arbeitsplatzverluste unumgänglich wären.
    Dies hat auch die Gewerkschaft Textil/Bekleidung dazu gebracht, sehr früh unsere Aktivitäten zu unterstützen. In Versammlungen und Diskussionen, besonders aber in der großen Demonstration in Bonn sind von seiten der Gewerkschaft harte Vorwürfe gegen die von Ihnen getragene Bundesregierung gefallen, daß diese sich nicht genügend für die Erhaltung der Textilarbeitsplätze einsetze. In den letzten Jahren — so die Gewerkschaft; Sie haben die Zahl wiederholt — seien 350 000 Arbeitsplätze in dieser Industrie vornehmlich wegen der Zufuhren aus Niedrigpreisländern verlorengegangen.
    Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen suchen wir händeringend nach neuen Arbeitsplätzen; leider mit sehr mäßigem Erfolg. Um wieviel mehr müßten wir dann gemeinsam danach trachten, bestehende Arbeitsplätze in gesunden, leistungsfähigen Betrieben zu erhalten! Es geht hier ja nicht um die Abschottung eines Wirtschaftszweiges, der nicht auch das Seinige getan hat und es weiter tun will. Es geht in keiner Weise um eine Schutzmauer für jemanden, der sich dem internationalen Wettbewerb nicht stellen wollte. Es geht auch nicht darum, veraltete Strukturen zu erhalten, veraltete Arbeitsplätze in Europa zu Lasten aufstrebender Entwicklungsländer zu zementieren.
    Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie ist technologisch an der Spitze; sie hat dafür viele Millionen investiert. Bei der heutigen Hochzinsphase spürt sie diese Investitionen leider in sehr negativer Weise. Sie hat eine hervorragende Mitarbeiterschaft, gut ausgebildet, die eine moderne Produktpalette, modische Muster und geschmacklich sehr gute Leistungen hervorbringt. Unsere Industrie ist in der Lieferung pünktlich und, weil es sich meist um mittelständische Firmen handelt, beweglich wie kaum eine zweite deutsche Industriegruppe. Sie ist sogar zu starkem Export in der Lage. 25% ihrer Produkte gehen ins Ausland, allerdings ganz überwiegend in Nicht-WTA-Länder.
    Trotzdem ist der Import wesentlich größer. Die Bundesrepublik ist der größte Textilimporteur der Welt. Im vergangenen Jahr haben wir für 9,5 Milliarden DM mehr ein- als ausgeführt. Die Bundesrepublik ist auch dasjenige Land, das mit Abstand die meisten Textilien aus Entwicklungsländern einführt. Die Bundesrepublik kann also nicht dafür gescholten werden, daß sie hier versucht, der Textil- u. Bekleidungsindustrie einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Es ist doch so, daß ein großer Teil der Auslandskonkurrenz durch Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere durch Subventionen, bevorzugt wird. Der Zugang zu Auslandsmärkten ist durch Handelshemmnisse erschwert. Deshalb ist auch — trotz aller Bemühungen in den 70er Jahren — jeder vierte Betrieb geschlossen worden und jeder dritte Arbeitsplatz verlorengegangen.
    Zur Zeit ist die Lage besonders schwierig. Von Januar bis April war der Produktionsrückgang 12,4 %, von Januar bis März der Rückgang der Beschäftigtenzahl 5,1 %. Ich bitte auch, zu beachten, daß sich hier wieder einmal zeigt, daß gerade mittelständische Unternehmen beim Abbau von Mitarbeitern sehr behutsam, sehr zögernd sind.
    Wir haben jetzt noch ca. 550 000 Textilarbeitsplätze. Diesen wollen, ja müssen wir eine Chance der Erhaltung lassen, indem wir für vernünftige Einfuhrpolitik sorgen. Kann jemand dieses Bestreben als verwerflichen Protektionismus angreifen, wenn es nur darum geht, zu verhindern, daß die Importe zu einer solchen Überschwemmung werden, daß eine eigene Textilproduktion nicht mehr möglich ist und alle Arbeitsplätze bei uns verlorengehen? Im übrigen — Herr Kollege Rapp, Sie haben es bereits gesagt — liegen diese Arbeitsplätze vielfach auch in Entwicklungsgebieten, und zwar in den strukturell



    Dr. Schwörer
    schwachen Gebieten der Bundesrepublik. Die Textilfirmen bieten Arbeitsplätze vor allem auch für Bauern, die aus der Landwirtschaft ausscheiden müssen, Nebenerwerbsarbeitsplätze, besonders Frauenarbeitsplätze und auch Teilzeit- und Heimarbeitsplätze an. Diese Arbeitsplätze können von keiner anderen Industrie ersetzt werden.
    Angesichts dessen, was zur Zeit für die Großbetriebe der Stahlindustrie geschieht, kann ich nur sagen: Es wäre eine schreiende Ungerechtigkeit, wenn der mittelständischen Industrie dieser Mindestschutz versagt würde, der weit weniger wirksam ist als die Maßnahmen im Stahlsektor.
    Den Gegnern des WTA möchte ich auch noch sagen: Würde es dieses Abkommen nicht geben, dann hätten die Länder der Gemeinschaft die Möglichkeit, die Einfuhren nach Art. 19 des GATT zu beschränken, und die meisten würden es tun. Dieses Verfahren wäre für die Niedrigpreisländer wahrscheinlich wesentlich schmerzlicher als die Folgen aus diesem Abkommen, und der Welthandel würde durch ständige Einzelaktionen empfindlicher gestört werden. Mit vernünftig geregelten Liefermengen und Konditionen ist beiden Seiten am besten gedient.
    Im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen über eine Verlängerung und Verbesserung des Abkommens fordert die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf, folgende Forderungen bei den Verhandlungen in Genf zugrunde zu legen und nach Möglichkeit durchzusetzen.
    Erstens: Eine angemessene Verlängerung. Wir fragen uns: Warum geht man eigentlich nicht auf den Vorschlag des Europäischen Parlaments ein, diese neue Regelung um zehn Jahre zu verlängern? Damit würden Investitionsentscheidungen erleichtert, und zwar auf beiden Seiten.
    Zweitens. In den kommenden Jahren wird nur noch mit einer minimalen Steigerung des Textilverbrauchs in der Bundesrepublik gerechnet werden können. Die bisher schon zu hohen Zuwachsraten der Niedrigpreisimporte — in den letzten Jahren war bei uns mengenmäßig ein Plus von 7 % zu verzeichnen — müssen entscheidend reduziert werden, und zwar bei manchen Waren auf Null. Es geht hier vor allem um die Zuwächse, nicht um den Bestand, um das, was bisher geliefert worden ist.
    Drittens. Die Liste der hochsensiblen Produkte muß sorgfältig überprüft werden. Hier soll den Experten der Wirtschaft die Möglichkeit gegeben werden, ihre Argumente erfolgreich anzubringen. Ich will hier nicht auf Einzelheiten eingehen, aber wenn die Importquote bei manchen Artikeln bis zu 50 oder 60 % beträgt, z. B. bei Strümpfen oder Nachtwäsche, dann muß hier eine entsprechende Änderung in dem Katalog der hochsensiblen Produkte zustande kommen.
    Viertens. Über 70 % der vom WTA erfaßten Einfuhren kommen aus den sogenannten Schwellenländern. Deren Industrie ist technisch hochentwikkelt, Lohn- und Nebenkosten sind dazu so niedrig, daß unsere heimische Textilindustrie im Ernstfall gegen diese Länder keine Chance hätte. Dazu kommen hohe Subventionen dieser Länder, um Devisen ins Land zu holen. Außerdem schirmen sich diese Länder gegen Europa ab, so daß die Gegenseitigkeit der Handelsbeziehungen oft nicht gegeben ist. Die Schwellenländer — Hongkong, Taiwan, Südkorea und Brasilien — liefern allein 62 % der Niedrigpreiseinfuhren in die Bundesrepublik. Die Handelsbilanz der Bundesrepublik mit diesen vier Ländern ist mit 4,2 Milliarden DM im Defizit. Das zeigt die Fragwürdigkeit der Vorstellung, durch äußerst generöse Importpolitik zu Lasten unserer heimischen Textilarbeitsplätze den Export anderer Branchen stärken zu können.
    Nun gibt es zweifellos arme Entwicklungsländer, die zur Deckung ihres Lebensunterhalts und für die Bezahlung ihrer wichtigsten Einfuhren auf Textilexporte angewiesen sind. Sie müssen die Chance haben, eine steigende Menge ihrer Produkte in die Industriestaaten zu liefern. Diese Regelung müßte möglich sein, so daß diese Entwicklungsländer zu Lasten der Mengen der Schwellenländer einen größeren Anteil bekommen.
    Fünftens. Die Umgehungseinfuhren, besonders über die DDR, haben teilweise einen großen Umfang angenommen, wie verschiedene Strafverfahren in der Bundesrepublik gezeigt haben. Deshalb sind diese Umgehungseinfuhren mit Nachdruck zu bekämpfen, und die eingeführten Mengen müssen den jeweiligen Lieferländern voll auf ihre Importkontingente angerechnet werden.
    Sechstens. Eine Änderung der Importlastenteilung innerhalb der EG zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland muß vermieden werden. Um dies sicherzustellen, muß die Bundesregierung in Zukunft von den regionalen Schutzklauseln ebenso Gebrauch machen wie andere EG-Mitgliedstaaten, die Grenzen für die Produkte aus den Niedrigpreisländern schließen. Sonst wird die Bundesrepublik Deutschland zum Abladeplatz für Waren, die in anderen EG-Ländern unerwünscht sind. Dies sage ich, obwohl ich im Grundsatz für eine möglichst restriktive Anwendung der Schutzklauseln bin.
    Nun, Herr Kollege Rapp, zur passiven Lohnveredelung. Auch dazu haben wir etwas zu sagen, aber wir haben dieses Thema erst vor kurzem im Wirtschaftsausschuß behandelt. Deshalb ist es in unserer Entschließung nicht mehr enthalten. Dort ist ja einstimmig beschlossen worden, daß der passive Lohnveredelungsverkehr aufrechterhalten bleiben muß, daß die Regelung so elastisch wie möglich gehalten werden muß. Vor allem bei den Schwellenländern sollte ein Teil der Kontingente in passive Lohnveredelung umgewandelt werden können, und — darauf lege ich besonderen Wert — diese Möglichkeit der Mischkalkulation sollte vor allem den Produktionsbetrieben vorbehalten bleiben und nicht von Handelsfirmen ausgenutzt werden können. Sie wissen sicher, was ich damit meine.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bemühungen um einen Interessenausgleich im Welttextilhandel müssen durch die Wiederherstellung eines fairen innergemeinschaftlichen Wettbewerbs ergänzt werden. Wir haben deshalb in unserem Antrag folgendes gefordert:



    Dr. Schwörer
    Erstens. Die vertragswidrigen Subventionspraktiken sind durch Verabschiedung eines EG-Subventionskodexes für den Textil- und Bekleidungssektor abzubauen. Hier, Herr Bundeswirtschaftsminister, haben Sie die Möglichkeit, sofort noch einen Wunsch zu berücksichtigen, nämlich Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu erheben, wenn Sie solche verbotenen Beihilfen erkennen. Das ist zur Zeit bei dem belgischen Texilbeihilfeplan, bei dem Claes-Plan, der Fall. Da sollten Sie aktiv werden.
    Zweitens. Eine restriktivere Handhabung von Art. 115 des EWG-Vertrags ist notwendig. Das bedeutet, daß die Bundesregierung ihren Einfluß dahin gehend geltend machen sollte, daß die EG wirklich ein Binnenmarkt bleibt, ein Markt ohne Begrenzung und ohne ständige Unterbrechung durch die Anwendung des Art. 115. Diese ständige Abschirmung der Grenzen durch einzelne Mitgliedsländer — bei Frankreich war das im letzten Jahr fast zweihundertmal der Fall — zerstört den gemeinsamen Markt.
    Drittens. Der Abbau technischer Handelshemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit Textil- und Bekleidungsprodukten — z. B. die Ursprungskennzeichnung — ist ebenfalls notwendig. Aber auch darüber haben wir in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses gesprochen. Der dort gefaßte Beschluß erfolgte einstimmig. Wir sind gegen solche Kennzeichnungspflichten, vor allem dann, wenn sie dazu dienen, eine gewisse Strömung im Land zu unterstützen, nur Ware zu kaufen, die aus dem eigenen Land kommt. Solche und andere Hemmungen des freien Warenverkehrs widersprechen dem Geist der EG und wirken zerstörend.
    Wir sind uns alle darüber im klaren, daß ein Scheitern der Verhandlungen über das Welttextilabkommen zu einem Chaos auf den Weltmärkten, einem ausufernden Protektionismus und einem rückläufigen Welttextilhandel führen würde. Dies alles würde den Entwicklungsländern keine Vorteile bringen, sondern, wie es Herr Kollege Rapp und auch der Vorsitzende der Textilgewerkschaft gesagt haben, nur einem Teil des internationalen Handels.
    Deshalb lassen Sie mich zum Schluß noch die Grundsätze zusammenfassen:
    Erstens. Unsere Arbeitsplätze in der Textilindustrie müssen erhalten werden. Es hilft den Entwicklungsländern nicht, wenn bei uns nochmals zigtausend Arbeitsplätze verlorengehen. Die Folge wäre nur ein Schrumpfen unserer finanziellen Möglichkeiten, den Entwicklungsländern zu helfen.
    Zweitens. Auf weite Sicht muß der Verbraucher für Textilprodukte mehr zahlen, wenn wir keine eigene Textilindustrie mehr haben; dann geraten wir in eine Abhängigkeit. Ich erinnere nur an die Argumente, die hier zur Zeit bezüglich des Stahls angeführt werden.
    Drittens. Es kann keine Rede davon sein, daß wir hier künstlich etwas erhalten wollen, was nicht erhaltenswert ist. Diese Industrie hat in beeindruckender Weise gezeigt, was man bei der Umstrukturierung aus eigenen Kräften erbringen kann. Sie ist vielleicht überhaupt das Musterbeispiel für eine gelungene Umstrukturierung. Sie ist absolut konkurrenzfähig, wenn entsprechende Rahmenbedingungen gegeben sind.
    Viertens. Wir wollen keine totale Abschottung. Das Welttextilabkommen ist nichts anderes als der Versuch, Zuwächse von Liefermengen aus Niedrigpreisländern zu begrenzen, weil sie sonst zu einer Überschwemmung führen würden, die die ganzen heimischen Textilarbeitsplätze vernichten würde.
    Im fünften mittelfristigen Programm der EG wird als Schwerpunkt neben der Inflationsbekämpfung eine aktive Beschäftigungspolitik gefordert. Dies darf bei fast 9 Millionen Arbeitslosen in der EG wahrlich nicht eine schöne Deklamation bleiben, wenn es um die Erhaltung von Arbeitsplätzen geht. Das Welttextilabkommen ist ein Stück solcher Beschäftigungspolitik, aber auch ein Stück Struktur- und Mittelstandspolitik. Deshalb muß es verlängert und verbessert werden. — Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Haussmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Helmut Haussmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kollegen! Um mit Herrn Schwörer zu beginnen: Ganz so war es ja nicht, daß wir auf jahrelanges Drängen der CDU nun doch nachgegeben und uns zur Verlängerung des Welttextilabkommens bereit erklärt hätten.
    Man kann über dieses Welttextilabkommen durchaus verschiedener Meinung sein. Ich bitte Sie wirklich herzlich, sich die Mühe zu machen, alles das zu verfolgen, was sämtliche wirtschaftswissenschaftlichen Institute zum Thema Welthandel sagen. Die Behauptung, daß durch die Angebote der Entwicklungsländer in der Bundesrepublik in den letzten zehn Jahren 350 000 Arbeitsplätze kaputtgegangen seien, ist einfach falsch und schlichtweg so nicht zu halten. Entscheidend ist, daß zwei Drittel unserer Einfuhren aus Ländern der EG kommen. Entscheidend ist, daß natürlich der Kapitaleinsatz und die Rationalisierung in der Bundesrepublik — nicht auf Grund der Entwicklungsländer, sondern um der eigenen Wettbewerbsfähigkeit willen durchgeführt — zu einem ständigen Verlust an Arbeitsplätzen führen. Ich halte es für sehr gefährlich, gerade angesichts der Konferenz von Cancun und den Nord-SüdKonferenzen allgemein so zu tun, als kosteten uns die Billigeinfuhren aus den Entwicklungsländern so viele Arbeitsplätze.
    Insofern fand ich da nicht viel Neues, außer daß Sie den Vorschlag gemacht haben, Herr Schwörer, die Nachtwäsche zu den hochsensiblen Waren zu zählen. Das ist sicher ein Vorschlag, den der Wirtschaftsminister prüfen muß. Ich nehme an, daß er ihn aufnehmen wird.
    Herr Rapp sagte, seine Kollegen seien inzwischen in den Wahlkreisen. Nach dem, was ich bei mir in den Nachbarwahlkreisen erlebt habe, habe ich erwartet, daß die SPD heute in voller Fraktionsstärke hier sitzt. Es wurde ständig darauf hingewiesen, daß die SPD-Fraktion diesen „überliberalen" Wirt-



    Dr. Haussmann
    schaftsminister im Plenum dazu zwingen wird, dieses Welttextilabkommen zu verbessern und zu verlängern. Auch alle Kolleginnen und Kollegen, die hier sind, haben nebenher Wahlkreise. Auch sie hätten natürlich einen Grund, in ihre Wahlkreise zu fahren. Das ist ein wichtiges Thema hier; aber die Kollegen scheinen darauf verzichten zu können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Als Freie Demokraten brauchen wir nicht ständig zu wiederholen, daß uns die Arbeitsplätze in den mittelständischen Betrieben der Textilindustrie am Herzen liegen. Wir handeln danach. Aber in meinem Wahlkreis Reutlingen — Herr Schwörer, wir kennen uns ja gut genug — sind eben alle Interessen versammelt, die mit diesem Welttextilabkommen zusammenhängen. Natürlich gibt es Betriebe, die von Billigeinfuhren gefährdet sind. Aber es gibt auch viele Betriebe und Arbeitsplätze, die durch die Ausfuhr von Textilmaschinen gerade in Schwellenländer ihre Existenz sichern müssen. Es gibt viele entwicklungspolitisch engagierte Leute, die der Meinung sind, daß wir, die Bundesrepublik, in diesem klassischen Textilbereich bei einer Handelsbeschränkung mitmachen, die keine zehn Jahre verlängerungsfähig ist. Ich bin schon der Meinung: Man kann über fünf Jahre reden; aber dann muß erneut verhandelt werden. Aber heute zu sagen, man bräuchte bei verschlechterten Bedingungen zehn Jahre gegenüber den Entwicklungsländern, halte ich persönlich nicht für richtig. Auch fünf Jahre sind durchaus ein Planungszeitraum, auf den sich die Unternehmer mit ihren Investitionen einstellen können.
    Weiter gibt es in meinem Wahlkreis natürlich auch viele Leute, die auf offene Handelsgrenzen in anderen Industriebereichen angewiesen sind. Ich sehe hier Herrn Unland. Wir sind diese Woche von einer sehr instruktiven Japanreise des Wirtschaftsausschusses zurückgekehrt. Es ist, glaube ich, wichtig, hier auch zu erwähnen, welch bedeutende Funktion die Bundesrepublik als einziges Land innerhalb der EG hat und welche Rolle dies international gegenüber den Japanern spielt. Wenn diese liberale Wirtschaftspolitik der Regierung nicht auf internationalen Konferenzen so intensiv vertreten würde, hätten die Japaner heute überhaupt keinen Grund, die letzten Handelshemmnisse abzubauen.
    Herr Unland, es war für uns erfreulich festzustellen, daß in den japanischen Kaufhäusern hochwertige deutsche Textilien zu tollen Preisen verkauft werden. Das ist eben ein Hinweis darauf, daß wir ein großes Ausfuhrland sind. Deshalb sollten die Gewerkschaft und die CDU-Fraktion nicht so tun, als gefährde der Wirtschaftsminister durch einen falschen Handelsliberalismus Arbeitsplätze. Nein, er hat Verantwortung für alle Branchen. Er hat Verantwortung für alle Arbeitsplätze. Wenn wir uns die gegenwärtige Handelsstatistik ansehen, stellen wir fest, daß die einzige Chance, einen weiteren Einbruch in Massenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern, in mehr Exporten besteht. Deshalb ist das Welttextilabkommen, Herr Schwörer, ein Testfall nicht nur für die Entwicklungsländer, sondern auch für viele andere entwickelte Länder, die sehr genau darauf achten, welche Position die Bundesrepublik innerhalb der EG einnimmt. Was heute für Textil gilt, könnte morgen genauso für Schuhe, für elektronische Artikel gelten. Das ist eben das Gefährliche. Deshalb muß man hier sehr vorsichtig sein.
    Die FDP ist es daher auch leid, daß der Wirtschaftsminister von den verschiedensten Seiten als Blitzableiter benutzt wird; ob es nun die Gewerkschaft ist, die natürlich die Bundesregierung meint, aber nur den Bundesminister für Wirtschaft anspricht, oder ob es die Arbeitgebervereinigungen sind, die Dinge von ihm verlangen, die eigentlich eine funktionierende Oppositionspartei selbst in Ordnung bringen müßte.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Jetzt ist die Opposition auch noch schuld!)

    Deshalb ist es entscheidend, Herr Waigel, daß in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit diese Stellvertreterkriege gegen ein Mitglied der Bundesregierung aufhören und daß im wirtschaftlichen Bereich wieder ein psychologisches Klima hergestellt wird, das eindeutig unserer Stärke entspricht. Diese Stärke besteht darin, daß wir das exportstärkste Land der Erde sind.
    Der Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland hat deshalb die Aufgabe,

    (Dr. Schwörer [CDU/CSU]: Es geht doch um die Überschwemmung mit Waren!)

    dafür zu sorgen, Herr Schwörer, daß wir einen mittleren Kurs wählen. Sie kennen ja die Forderungen der Engländer, der Franzosen und anderer Länder innerhalb der EG. Daher war es richtig, daß wir mit unserem Verhandlungsmandat gezögert haben, bis wir jetzt einen Kompromiß erreicht haben, der unseres Erachtens akzeptabel ist.
    Wichtig sind für uns fünf Punkte. Erstens eine stärkere Differenzierung der Einfuhren zwischen lieferstarken Schwellenländern — Sie haben das ebenfalls angesprochen, Herr Rapp — und den wirklichen Entwicklungsländern. Dort müssen Umschichtungen vonstatten gehen.
    Zweitens. Eine strikte Einfuhrüberwachung ist notwendig. Aber das kann eine Regierung nicht allein; dort besteht eben sehr häufig die Roß-und-Reiter-Problematik. Sie haben ja selbst das Problem der Umwegeinfuhren angesprochen. Häufig hängt es natürlich auch, Herr Waigel, an den Unternehmen und den Verbänden selbst.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ich bin froh, daß nicht auch das die Opposition machen muß!)

    — In diesem Fall nicht; ich kann Sie beruhigen.
    Drittens ist eine andere Lastenverteilung innerhalb der EG erforderlich. Hier ist der CDU/CSU-Antrag nach unserer Auffassung sehr wenig hilfreich; denn er spricht lediglich von „keiner Veränderung" innerhalb des EG-Schlüssels. Wir möchten aber eine Veränderung zugunsten der Bundesrepublik erreichen.



    Dr. Haussmann
    Viertens. Wir brauchen eine flexible Regelung des passiven Lohnveredelungsverkehrs. Ich halte diese Frage für sehr, sehr wichtig. Gerade Textilbetriebe mit einem breiteren Produktionsprogramm sind auf die passive Lohnveredelung dringend angewiesen. Wir sollten nicht so tun, als könnten wir hier im Saldo der Arbeitsplätze durch strengere Regelung etwas erreichen.
    Fünftens. Wir halten es für wichtig, daß die Hauptziele der Textilhandelspolitik der Gemeinschaft nicht ausschließlich den bilateralen Verhandlungen mit den Lieferländern vorbehalten bleiben, sondern im multilateralen Verlängerungsprotokoll verankert werden, weil wir sonst zu wenige Einflußmöglichkeiten auf diese bilateralen Verhandlungen hätten.
    Alle diese Punkte — ich möchte das wiederholen — dürfen nicht im Widerspruch zu dem stehen, was wir auf Nord-Süd-Konferenzen, zuletzt in Cancun, den Entwicklungsländern versprochen haben, nämlich zu einer Öffnung unserer Märkte. Auch im Deutschen Bundestag muß gegenüber Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen darauf hingewiesen werden, daß das Welttextilabkommen — sicher mit Gründen — eine Ausnahme ist. Es ist eine befristete Ausnahme von den international geltenden GATT-Regeln. Deshalb bedarf es ständig der Begründung, deshalb halte ich auch die Forderung der Gewerkschaften und der CDU nicht für richtig.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: CDU/CSU, wenn ich bitten darf!)

    — CDU/CSU oder CSU/CDU, Herr Waigel; wie Sie wünschen —, dieses Abkommen für zehn Jahre zu verlängern.