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ID0906805800

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    Plenarprotokoll 9/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. November 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3955 A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Biehle, Dallmeyer, Francke (Hamburg), Frau Geier, Handlos, Frau Krone-Appuhn, Löher, Dr. Marx, Dr.-Ing. Oldenstädt, Petersen, Weiskirch (Olpe), Wimmer (Neuss), Dr. Wörner, Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU Zum inneren Zustand der Bundeswehr und zur Lage der Soldaten in den Streitkräften — Drucksachen 9/675, 9/873 — Biehle CDU/CSU 3955 B Neumann (Stelle) SPD 3960 D Möllemann FDP 3963 B Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 3967 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 3972 D Möhring SPD 3975 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 3978 A Jung (Kandel) FDP 3980 D Dr. Klejdzinski SPD 3982 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Verlängerung des Welttextilabkommens — Drucksache 9/1044 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Welttextilabkommen — Drucksache 9/1072 — Rapp (Göppingen) SPD 3984 D Dr. Schwörer CDU/CSU 3987 B Dr. Haussmann FDP 3989 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3991 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. August 1981 zur Änderung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage — Drucksache 9/899 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1066 — 3994A Nächste Sitzung 3994 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3995*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3995*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. November 1981 3955 68. Sitzung Bonn, den 27. November 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 27. 11. Bahner 27. 11. Becker (Nienberge) 27. 11. Bredehorn 27. 11. Brunner 27. 11. Dr. Bugl 27. 11. Dörflinger 27. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Eickmeyer* 27. 11. Eimer (Fürth) 27. 11. Engelsberger 27. 11. Engholm 27. 11. Eymer (Lübeck) 27. 11. Dr. Faltlhauser 27. 11. Frau Fuchs 27. 11. Glombig 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 27. 11. Handlos 27. 11. Hauck 27. 11. Höffkes 27. 11. Horstmeier 27. 11. Jansen 27. 11. Kiep 27. 11. Kolb 27. 11. Dr. Kreile 27. 11. Lampersbach 27. 11. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 11. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 11. Dr. Mitzscherling 27. 11. Müller (Bayreuth) 27. 11. Neuhaus 27. 11. Neumann (Bramsche) 27. 11. Frau Dr. Neumeister 27. 11. Frau Noth 27. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 27. 11. Rainer 27. 11. Reschke 27. 11. Frau Roitzsch 27. 11. Schmidt (Hamburg) 27. 11. Schmidt (Würgendorf) 27. 11. Schreiner 27. 11. Schröder (Wilhelminenhof) 27. 11. Dr. Schwarz-Schilling 27. 11. Dr. Solms 27. 11. Graf Stauffenberg 27. 11. Frau Steinhauer 27. 11. Stockleben 27. 11. Vogt (Düren) 27. 11. Dr. Warnke 27. 11. Weiskirch (Olpe) 27. 11. Frau Dr. Wex 27. 11. Wissmann 27. 11. Wolfgramm (Göttingen) 27. 11. Baron von Wrangel 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Bericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung zur Förderung der Grundlagenforschung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 9/962) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung a) Empfehlung zur internationalen Vereinheitlichung der Statistiken über die öffentliche Finanzierung kultureller Tätigkeiten b) Empfehlung zum Schutz und zur Erhaltung bewegter Bilder c) Empfehlung über die Stellung des Künstlers (Drucksache 9/963) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Weiterer Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12a des Tarifvertragsgesetzes - TVG - (Artikel II § 1 des Heimarbeitsänderungsgesetzes) (Drucksache 9/993) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Empfehlung Nr. 162 der Internationalen Arbeitsorganisation betreffend ältere Arbeitnehmer (Drucksache 9/1059) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 30. September bis 8. Oktober 1981 in Straßburg (Drucksache 9/929) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen für die Jahre 1979 bis 1982 gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 (Achter Subventionsbericht) (Drucksache 9/986) zuständig: Haushaltsausschuß (federführend) Finanzausschuß Ausschuß für Wirtschaft Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - (Drucksache 9/1060) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 4. März 1982 vorzulegen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 25. November 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für außergewöhnliche Interventionen der Gemeinschaft zugunsten der in Griechenland vom Erdbeben betroffenen Gebiete (Drucksache 9/782 Nr. 57) Vorschlag für eine Verordnung Haushaltsordnung zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (EGKS-EWG-Euratom) (Drucksache 9/782 Nr. 59)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ja, Herr Kollege Wörner, wir sind dazu gerne bereit. Aber leider sind wir in viel zu wenigen Landesregierungen vertreten. Ich hoffe, daß sich das im nächsten Jahr ändert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mit oder ohne Wende?)

    Herr Kollege Wörner, Sie haben kritisiert, und zwar im Zusammenhang mit der Kommandeurstagung, daß sich Soldaten an der Friedensdiskussion beteiligen, und Herr Kollege Biehle hat heute früh in gleicher Weise die Beteiligung eines Generals im Ruhestand an dieser Diskussion kritisiert. Ich meine, wir können die Soldaten nicht in die Kasernen einsperren. Wir können uns natürlich auch nicht um jeden Ausgedienten kümmern. Insofern unterstütze ich das, was Herr Minister Apel gesagt hat. Aber ich bin zur Zeit dabei, nicht nur draußen in der Öffentlichkeit an solchen Diskussionen teilzunehmen, sondern die Diskussion auch in die Kasernen hineinzutragen und innerhalb der Kaserne auch die Öffentlichkeit einzuladen, um da die Problematik objektiv zu behandeln.
    Ich meine, daß sich der Bundessicherheitsrat in der Frage „Soldat und Gesellschaft" vielleicht doch ein Planungs- und Problemlösungsinstrument schaffen sollte, um die Probleme der Sicherheits-und Verteidigungspolitik ressortübergreifend und mit wissenschaftlicher Assistenz intensiver zu behandeln, als dies bislang geschehen ist.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Es wird Zeit! Es ist zu spät!)

    — Herr Kollege Würzbach, ich glaube, Sie stimmen mir zu.
    Ich möchte hier nicht die einzelnen Problembereiche auflisten, aber doch einen herausgreifen, mit dem man sich dort auch beschäftigen müßte, nämlich das Problem der Kriegsdienstverweigerung. Ich selbst bin einer der wenigen, die seinerzeit noch in der Großen Koalition der Adorno-Kommission angehört haben, die sich um mehr Wehrgerechtigkeit gekümmert hat. Für die Freien Demokraten darf ich sagen, daß wir zwar die kleinste, aber die Fraktion sind, die bisher am ehesten die Forderung der Einführung einer Wehrpflichtersatzabgabe vertreten hat. Bei den großen Fraktionen mag dies Probleme, wie das in großen Parteien immer ist, gegeben haben.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Legen Sie den Vorschlag auf den Tisch! Wir helfen mit!)

    — Den haben wir schon so oft auf den Tisch gelegt, und immer ist er an Problemen gescheitert, die in Ihrer eigenen Partei und Fraktion bestanden. Herr Würzbach, daher möchte ich umgekehrt sagen: Versuchen wir es noch einmal interfraktionell! Vielleicht kommen wir dann noch weiter. Ich fürchte aber, daß es bereits sehr, sehr spät ist;

    (Würzbach [CDU/CSU]: Aber noch möglich!)

    denn die Personalprobleme in den 80er Jahren — ich wollte mich noch damit befassen — sind wahrscheinlich nicht dazu angetan, dieses Instrument einzuführen.
    Hinsichtlich der Kriegsdienstverweigerung muß man sagen, daß eine Untersuchung ergeben hat, daß rund 20 % der Kreigsdienstverweigerer den Wehrdienst nicht aus Gewissensgründen verweigern, sondern sich zwar in den gesellschaftlich-ritualistischen Formeln der Verweigerung ausdrücken, dabei aber ihre handfesten persönlichen Vorteile verfolgen. Das ist ein Faktum, von dem wir ausgehen müssen, so daß also nicht immer von Gewissensqualen die Rede sein kann. Ich betone diese Facette einmal,



    Jung (Kandel)

    obwohl ich ansonsten der Meinung bin, daß sehr viele Kriegsdienstverweigerer aus echter innerer Überzeugung diesen Dienst verweigern. Es ist leider eine Tatsache, daß nur etwa die Hälfte der Kriegsdienstverweigerer karitative Pflegearbeit leistet und andere stundenweise „Jobs um die Ecke" suchen und sich Vorteile davon versprechen.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Das nennt man Drückeberger!)

    Ich will jetzt hier nicht ins Detail gehen. Wir haben Lösungsansätze gefunden. Ich hoffe, daß sich die Fraktionen in den nächsten Wochen soweit zusammenraufen, daß wir hier zu einem Vorschlag kommen, der von allen getragen werden kann.
    Ich sehe, daß meine Zeit bereits abgelaufen ist,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie bei der Regierung!)

    so daß ich mich mit der Frage des Menschen im Mittelpunkt, mit den sozialen Problemen nicht mehr befassen kann. Das gilt auch für die Frage der Motivation. Hierzu kann ich Ihnen, Herr Minister, ankündigen, daß wir drei Kollegen — Herr Wiefel, Herr Kollege Wörner und ich — gestern abend vereinbart haben, Ihnen zu schreiben, um Ihnen ganz konkrete Beispiele zu nennen, wie die Hardthöhe Motivation unterdrücken oder andererseits besser fördern kann. Wir werden also bei dieser Thematik auch außerhalb dieser Debatte am Ball bleiben.
    Ich möchte abschließend noch Herrn Kollegen Francke in der Forderung unterstützen, daß im Bereich der Infrastruktur, der Kasernenrenovierung
    — auch dies ist ein Stück Motivation — einiges mehr getan wird; denn das scheint mir besser zu sein als Neubaumaßnahmen auf der Hardthöhe zur Ausweitung des Wasserkopfes.
    Damit bin ich natürlich auch bei der zentralen Frage der Bürokratie. Vor 12 Jahren habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt: Die Bundeswehr muß geführt und darf nicht bürokratisch verwaltet werden, wenn sie ihre Aufgabe erfüllen soll.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Handeln, Herr Kollege!)

    Ich möchte dies noch einmal sehr stark unterstreichen. Mit dieser Unterstreichung möchte ich den Dank der Freien Demokraten an die Soldaten verbinden, daß sie trotz gewisser Mängel, die wir alle erkennen

    (Würzbach [CDU/CSU]: Besser: großer Mängel!)

    — Herr Kollege Würzbach, ich habe „gewisser Mängel" gesagt, aber wir können beide dazu beitragen, sie abzustellen —, bisher ihren Dienst zur Sicherung des Friedens so vorbildlich geleistet haben. Sie werden auch weiterhin mit unserer Unterstützung in die Lage versetzt werden, die größte Friedensbewegung in der Bundesrepublik nach 1945 zu sein. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klejdzinski.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Klejdzinski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Francke, eine Vorbemerkung zu Ihrem Beitrag. Sie haben vorhin gesagt, der Minister würde nur auf dem Feldherrnhügel stehen. Wenn Sie einmal darüber nachdenken, glauben Sie selber gar nicht, was Sie gesagt haben. Über die Truppenbesuche des Ministers braucht man wohl hier nicht zu diskutieren.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Er ist schon heruntergestürzt! — Er steht wieder auf dem Feld!)

    — Richtig, da möchten Sie gern hin, aber noch steht er dort.
    Wer erwartet hatte, daß die Opposition die Gunst der Stunde genutzt hätte, sachliche Positionen zum inneren Zustand der Bundeswehr und zur Lage der Soldaten in den Streitkräften darzustellen, der muß sich in mehrfacher Hinsicht getäuscht fühlen, weil die Herren Vorredner der CDU/CSU es unterlassen haben, sich konkret zu äußern,

    (Lachen und Widerspruch bei der CDU/ CSU)

    sich konkret zu äußern zur Stellung des Soldaten als mündiger Bürger dieses demokratischen Staates. Sie haben versäumt, die politischen Handlungsräume korrekt darzustellen, in denen sich Soldaten bewegen. Sie haben versäumt, die Bedingungen und die Konsequenzen des Auftrages und ihres Handelns in diesem Handlungsfeld positiv darzustellen und dieses unseren Zuhörern draußen zu vermitteln. Das wäre ein Beitrag zur Sicherheitspolitik dieses Landes gewesen, — nicht in der Art und Weise, wie Sie es getan haben.

    (Zustimmung bei der SPD und der FDP)

    Die Bundeswehr ist eine gesellschaftliche Gruppe, die durch ihre politischen Vorgaben, nämlich Wehrpflichtarmee zu sein, eine Querschnittsstruktur derer ist, denen wir immer unsere Gesprächsbereitschaft anbieten oder, wie manche zu sagen pflegen, bei denen wir den Dialog mit der Jugend suchen. Sie suchen diesen Dialog in der Form, wie Sie es hier vorbringen und wie Sie sich artikulieren, nach meiner Einschätzung in keiner Weise.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Es bedarf mehr als nur des Dialogs!)

    Die Bundeswehr entstand durch unser Tun.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wo haben Sie das gelesen? — Gegen Ihr Tun!)

    Deshalb fühlen wir Sozialdemokraten uns ihr verpflichtet, — um das mal mit aller Deutlichkeit hier zu sagen.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Fragen Sie mal Herrn Wehner, was er gegen die Bundeswehr getan hat! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Dallmeyer, es reicht nicht, es reicht wirklich nicht, was Sie bringen; insofern kann ich darauf nicht eingehen.
    Bundesminister Apel und meine Vorredner der sozialliberalen Koalition haben hinreichend unsere Position dazu offengelegt. Dem will ich nicht mehr



    Dr. Klejdzinski
    vieles hinzufügen. Wir haben gegenwärtig eine finanzielle Durststrecke zu überwinden. Daran ist nichts zu verschönern.

    (Dallmeyer [CDU/CSU]: Sehr milde ausgedrückt! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Wenn Sie das noch nicht zur Kenntnis genommen haben, dann lernen Sie das mal endlich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wohl, Herr Lehrer!)

    Die Opposition hat versucht, uns ihren Beitrag bewußt zu machen, wie sie das sieht. Aber ich meine, in welcher Richtung ihre Zielperspektive geht, hat sie in keiner Weise hier geäußert. Wir suchen den Dialog mit den Soldaten in diesen Fragen. Unsere Soldaten haben Verständnis für diese Situation. Sie haben Verständnis dafür, weil diese Republik, in der wir leben, auch ihre Republik ist, weil sie diese Republik mit ihren sozialen Leistungen so sehen, wie sie ist, und weil sie auch bereit sind, sie zu verteidigen.
    Es würde mich reizen, noch auf viele Probleme einzugehen. Aber meine Zeit ist relativ kurz.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

    — Herzlichen Dank für Ihre netten Bemerkungen. Ich möchte einmal erleben, daß Sie hier gelegentlich etwas ausführen, damit ich etwas anderes dazu sagen kann als solche Bemerkungen.
    Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf folgende Punkte beschränken. Auftragstaktik und Befehlstaktik war bei Ihnen angesprochen. Niemand hat dazu etwas gesagt. Die Eingrenzung des Handlungsspielraums der Kommandeure, die Reglementierung und sicherlich auch die teilweise zu Recht kritisierte Bürokratisierung sind in vielen Bereichen nicht zu vermeiden; das ist sicherlich richtig. Aber aus dem Bericht „Führungsfähigkeit und Entscheidungsverantwortung der Streitkräfte" vom Oktober 1981 geht j a hervor, welche Maßnahmen die Bundesregierung bisher schon ergriffen hat. Die Bundesregierung hat bisher eine Vielzahl von Einzelempfehlungen aufgegriffen, um die Entscheidungsräume und auch die Handlungsspielräume vor allem auf der unteren Führungsebene zu erweitern. Auch dieses sollte einmal anerkannt werden.
    „Befehlstaktik ist der Auftragstaktik in jedem Falle unterlegen", so schreiben Sie. Sie wollen das auf allen Ebenen der Bundeswehr geändert wissen. Ich frage Sie: Durch welche Maßnahmen soll die praktizierte Befehlstaktik wieder in die bewährte Auftragstaktik umgesetzt werden?

    (Würzbach [CDU/CSU]: Durch Delegierung von Verantwortung nach unten und durch Vertrauen!)

    — Ach, Herr Würzbach, wissen Sie, auf solche Zurufe kann man einfach nicht eingehen, weil das kein Niveau ist.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Da fehlt Ihnen die Kapazität! — Das steht nicht in Ihrem Konzept!)

    Ich meine, hier bedarf es einer näheren Erläuterung. Jede Großorganisation und damit jedes Großunternehmen hat bestimmte, vorgegebene planerische Abläufe, bestimmte Strukturen mit bestimmten und abgestimmten Verantwortlichkeiten.

    (Biehle [CDU/CSU]: Hören Sie mit dem Ablesen auf und gehen Sie mal auf die Realitäten ein! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Ich gehe weg, Herr Würzbach. Wenn Sie hier reden wollen, können Sie es.

    (Beifall bei der SPD — Heiterkeit — Biehle [CDU/CSU]: Der einzig gute Satz! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Eine klar gegliederte Befehlskette ist notwendig, um eine Gleichbehandlung von Soldaten zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Klar abgegrenzte Verantwortlichkeit der Führung der Bundeswehr im Frieden kann sich ökonomisch nur so abspielen, daß befehlstaktische Strukturen bestimmend sind. Um nicht mißverstanden zu werden: Nicht jede Einzelheit muß vom Bundesminister bis in die letzte Kompanie befohlen werden. Wichtig ist nur: die untere Führung muß den Willen der oberen Führung kennen. Auftragstaktik ist ein Prinzip, das vornehmlich für das Gefechtsfeld vorgesehen ist. Im Rahmen von Übungen haben wir unseren Soldaten die Möglichkeit eröffnet, dieses Prinzip anzuwenden. Die Beweglichkeit moderner Waffen verlangt bereits von einem Unterführer ein hohes Maß an Flexibilität, die notwendig ist, um gemäß Auftragstaktik einzelne Vorgaben zu erreichen. Richtig angewandte Auftragstaktik, die Ziele setzt und die Einzelheiten der Durchführung delegiert, fördert auch nach unserer Einschätzung Initiative, Gestaltungsfreude und Verantwortungsbewußtsein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da sind wir uns einig!)

    Es ist notwendig, die Vorteile, die sowohl die Befehlstaktik als auch die Auftragstaktik beinhalten, zu erkennen und das jeweilige Führungsprinzip situationsgerecht anzuwenden. So pauschal, wie Sie das wollen, ist es einfach nicht zu machen.
    Ein anderer Punkt: Fehlen der Unteroffiziere am Ausbildungsplatz. Die Grundsätze der Ausbildung, Bildung und Erziehung der Bundeswehr beinhalten: Sie müssen darauf ausgerichtet sein, daß der Soldat die moderne Ausrüstung unserer Streitkräfte unter den Bedingungen des Einsatzes beherrscht. Sie müssen weiterhin am Einsatzauftrag orientiert sein. Ausbildung und Bildung der Soldaten sollen auch der zivildienstlichen Förderung dienen.
    Die Attraktivität der Laufbahn und das Angebot des sozialen Aufstiegs sind wichtige und notwendige Voraussetzungen, um den Personalbedarf der Streitkräfte zu decken. In dieser Hinsicht haben die Sozialdemokraten zum erstenmal etwas bewegt. Unter Ihren Verteidigungsministern war da überhaupt nichts zu spüren — um das mal mit Deutlichkeit zu sagen, wenn Sie das heute kritisieren.
    Wenn dies tatsächlich so ist — und wir halten es vermehrt für notwendig, daß das durchgehalten wird —, so bleibt natürlich die Frage — und das ist



    Dr. Klejdzinski
    die Frage, die uns alle bewegt —: Wo kürzen wir, was streichen wir? Der umfangreiche Einsatzauftrag gebietet eine gute und solide Ausbildung. Was bleibt übrig? Doch nur Lehrgänge, die möglicherweise der zivilen Qualifikation dienen. Kann man aber denn hier so eine Trennung vollziehen? Ich meine, es ist nicht so möglich, wie Sie es fordern. Moderne Waffensysteme erfordern nun einmal Spezialisten. Es ist richtig, die Ausbildung der länger dienenden Unteroffiziere muß in ausgewogener Weise für alle geplant werden. Das ist schwierig und wird nach meiner Einschätzung auch schwierig bleiben. Es geht zumindest nicht so, wie Sie das wollen, daß möglicherweise die Chancen für ausscheidende Soldaten verschlechtert werden. Wir halten es für wesentlich, daß dort noch mehr getan wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deshalb kürzen Sie die Übergangshilfe?)

    Andererseits schaden hohe Abwesenheitsquoten der Einsatzbereitschaft; das ist richtig. Aber mit der Forderung, die Ausbildung wieder in die Einsatzverbände zu legen, wie das mein Herr Vorredner vorgeschlagen hat, der meines Wissens aktiver Offizier war, geht es nicht; da kann ich nur sagen: bei dem ist die Truppe irgendwie ohne Horizont vorbeimarschiert.
    Andererseits muß man mal überlegen, was für eine Belastung es für die Einsatztruppe bedeuten würde, wenn auch die Grundausbildung dort noch hineingelegt würde. Die Ausbildung, die dort notwendig ist, vollzieht sich j a als Spezialausbildung. Ich würde so etwas hier wirklich nicht öffentlich verkaufen wollen.
    Ich bin natürlich auch dafür, daß immer wieder überlegt wird: Was kann und was soll sinnvoll verändert werden? Ich finde, darüber sollte man sich im Verteidigungssausschuß unterhalten. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Zielvorgabe und Realisierung sind Spannungen möglich und treten Spannungen auch auf. Ich meine, darüber braucht man hier an dieser Stelle nicht zu lamentieren. Das ist nun einmal so.
    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben durch Ihre Große Anfrage Gelegenheit gehabt, sich zu äußern. Die Wertung dessen, was Sie hier im einzelnen vorgebracht haben, überlassen wir der Bevölkerung draußen. Sie haben uns damit zugleich eine Möglichkeit gegeben — dafür bin ich Ihnen dankbar —, die Lage der Bundeswehr so darzustellen, wie sie wirklich ist.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Beschönigen!)

    Sie ist ein wichtiger Eckpfeiler im Verteidigungssystem unserer Allianz. Sie ist auch ein verläßlicher Garant für die Sicherheit unserer Bürger. Sie ist — vor allem dank der Leistungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft der Soldaten dieser Armee — das, was wir von ihr erwarten, nämlich ein Garant für unsere Sicherheitspolitik. Dieses war heute morgen hier darzustellen. Hierzu ist das Notwendige gesagt worden. Der Versuch der Opposition, etwas anderes zu wollen, muß akzeptiert werden. Er ist jedoch nicht gelungen. Das ist auch gut so, weil — ich sage das mit aller Ernsthaftigkeit — sonst die Sache Schaden
    nähme, nämlich unsere Streitkräfte und das Sicherheitsbewußtsein, das diese Streitkräfte für uns repräsentieren. Unsere Soldaten haben es nicht verdient, daß so über sie und für sie gesprochen wird, wie Sie, meine Herren von der Opposition, es hier getan haben.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das müssen Sie ausgerechnet uns sagen!)

    Unseren Soldaten gebührt unsere Achtung. Sie können auf uns und mit uns rechnen.

    (Dallmayer [CDU/CSU]: Von wem sprechen Sie?)

    — Herr Dallmayer, wenn Ihnen das noch nicht aufgegangen sein sollte: Ich habe von dem Verhältnis zwischen Bundeswehr und Parlament gesprochen.
    — Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)