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ID0906804000

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    Plenarprotokoll 9/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. November 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3955 A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Biehle, Dallmeyer, Francke (Hamburg), Frau Geier, Handlos, Frau Krone-Appuhn, Löher, Dr. Marx, Dr.-Ing. Oldenstädt, Petersen, Weiskirch (Olpe), Wimmer (Neuss), Dr. Wörner, Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU Zum inneren Zustand der Bundeswehr und zur Lage der Soldaten in den Streitkräften — Drucksachen 9/675, 9/873 — Biehle CDU/CSU 3955 B Neumann (Stelle) SPD 3960 D Möllemann FDP 3963 B Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 3967 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 3972 D Möhring SPD 3975 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 3978 A Jung (Kandel) FDP 3980 D Dr. Klejdzinski SPD 3982 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Verlängerung des Welttextilabkommens — Drucksache 9/1044 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Welttextilabkommen — Drucksache 9/1072 — Rapp (Göppingen) SPD 3984 D Dr. Schwörer CDU/CSU 3987 B Dr. Haussmann FDP 3989 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 3991 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. August 1981 zur Änderung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage — Drucksache 9/899 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/1066 — 3994A Nächste Sitzung 3994 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3995*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3995*C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. November 1981 3955 68. Sitzung Bonn, den 27. November 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 27. 11. Bahner 27. 11. Becker (Nienberge) 27. 11. Bredehorn 27. 11. Brunner 27. 11. Dr. Bugl 27. 11. Dörflinger 27. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Eickmeyer* 27. 11. Eimer (Fürth) 27. 11. Engelsberger 27. 11. Engholm 27. 11. Eymer (Lübeck) 27. 11. Dr. Faltlhauser 27. 11. Frau Fuchs 27. 11. Glombig 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) 27. 11. Handlos 27. 11. Hauck 27. 11. Höffkes 27. 11. Horstmeier 27. 11. Jansen 27. 11. Kiep 27. 11. Kolb 27. 11. Dr. Kreile 27. 11. Lampersbach 27. 11. Dr. Mertes (Gerolstein) 27. 11. Dr. Meyer zu Bentrup 27. 11. Dr. Mitzscherling 27. 11. Müller (Bayreuth) 27. 11. Neuhaus 27. 11. Neumann (Bramsche) 27. 11. Frau Dr. Neumeister 27. 11. Frau Noth 27. 11. Dr.-Ing. Oldenstädt 27. 11. Rainer 27. 11. Reschke 27. 11. Frau Roitzsch 27. 11. Schmidt (Hamburg) 27. 11. Schmidt (Würgendorf) 27. 11. Schreiner 27. 11. Schröder (Wilhelminenhof) 27. 11. Dr. Schwarz-Schilling 27. 11. Dr. Solms 27. 11. Graf Stauffenberg 27. 11. Frau Steinhauer 27. 11. Stockleben 27. 11. Vogt (Düren) 27. 11. Dr. Warnke 27. 11. Weiskirch (Olpe) 27. 11. Frau Dr. Wex 27. 11. Wissmann 27. 11. Wolfgramm (Göttingen) 27. 11. Baron von Wrangel 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Bericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung zur Förderung der Grundlagenforschung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 9/962) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung a) Empfehlung zur internationalen Vereinheitlichung der Statistiken über die öffentliche Finanzierung kultureller Tätigkeiten b) Empfehlung zum Schutz und zur Erhaltung bewegter Bilder c) Empfehlung über die Stellung des Künstlers (Drucksache 9/963) zuständig: Innenausschuß (federführend) Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Weiterer Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12a des Tarifvertragsgesetzes - TVG - (Artikel II § 1 des Heimarbeitsänderungsgesetzes) (Drucksache 9/993) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Empfehlung Nr. 162 der Internationalen Arbeitsorganisation betreffend ältere Arbeitnehmer (Drucksache 9/1059) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 30. September bis 8. Oktober 1981 in Straßburg (Drucksache 9/929) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen für die Jahre 1979 bis 1982 gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 (Achter Subventionsbericht) (Drucksache 9/986) zuständig: Haushaltsausschuß (federführend) Finanzausschuß Ausschuß für Wirtschaft Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - (Drucksache 9/1060) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 4. März 1982 vorzulegen Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mit Schreiben vom 25. November 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für außergewöhnliche Interventionen der Gemeinschaft zugunsten der in Griechenland vom Erdbeben betroffenen Gebiete (Drucksache 9/782 Nr. 57) Vorschlag für eine Verordnung Haushaltsordnung zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (EGKS-EWG-Euratom) (Drucksache 9/782 Nr. 59)
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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Abgeordneter, wenn Sie gestatten, werde ich zu diesem Thema gleich kommen. Das ist bei mir auf Zettel Nr. 3 notiert. Ich komme darauf mit Sicherheit zurück.
    Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen: Verwendungsstau. Sie haben, Herr Abgeordneter Biehle, sicherlich ein schwerwiegendes Problem angesprochen. Sie haben allerdings unterschlagen, daß die Maßnahmen zur Verwirklichung der Heeresstruktur 4 mit 500 Stellenanhebungen im nächsten Jahre natürlich ein Beitrag dazu sind, ein Beitrag, der sich beim Heer bemerkbar machen wird.
    Ich bin mit Ihnen auch der Meinung, daß unsere Sorge hier in der Tat groß ist. Nur, wenn wir diese Sorge überwinden wollen, müssen wir alle erst einmal aufhören, uns in eine Polemik gegen den öffentlichen Dienst hineinreden zu lassen. Sie auch. Das Gerede von Privatisierung erweckt bei den Bürgern den Eindruck, als ob der öffentliche Dienst in der Tat etwas sei, was parasitäre Züge habe. Das kann bei den Soldaten und auch hinsichtlich der Bereitschaft, gegen den Verwendungsstau etwas zu tun, nur negative Konsequenzen haben.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Das war aber ein Klimmzug!)

    — Wenn Sie, hochverehrter Herr Würzbach, im übrigen Klimmzug sagen, kann ich Ihnen nur raten, selber einmal einen zu machen. Stellen Sie für die -zweite und dritte Lesung einen Antrag. Die Überwindung des Beförderungs- und Verwendungsstaus kostet bei einer Mindestlösung 800 Millionen DM. Ich fordere von Ihnen zum zweitenmal, einen Antrag zu stellen. Analyse und Polemik als Beitrag zur politischen Debatte reichen nicht aus.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Abg. Dallmeyer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nun muß ich auch einmal einen Augenblick lang weiterreden können; schließlich ist das kein Dialog.
    Ich komme zum Thema Zentralisierung, Bürokratisierung, Innere Führung. Herr Möllemann hat dazu auch etwas gesagt. Im Deutschen Bundestag wird immer wieder gesagt: Na j a, die auf der Hardthöhe liefern nur Analysen, setzen Kommissionen ein. Ich finde, das, was die de Maizière-Kommission geleistet hat, ist bemerkenswert.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

    Herr de Maizière, den ich gebeten habe, mir eine Beurteilung unserer Arbeiten zu schreiben — das ist kein Mann, der jemandem etwas zum Munde schreibt —,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Einer der wenigen!)

    bewertet die Arbeiten, die die Hardthöhe auf Grund der Vorschläge der Kommission geleistet hat, folgendermaßen — ich zitiere —:
    Die Kommission hatte ihren Bericht zwar als eine Einheit gesehen, sie konnte jedoch nicht erwarten, daß ihren Empfehlungen in vollem Umfange gefolgt würde. Dies gilt insbesondere für die kostenwirksamen Vorschläge. Trotzdem konnte ich mit Genugtuung feststellen, daß eine bemerkenswerte Zahl von Empfehlungen aufgenommen worden ist und zu konkreten Abhilfemaßnahmen geführt hat.
    Er fährt dann fort:
    Die Bundeswehr steht in der von der Kommission untersuchten und beklagten Entwicklung zur „Bürokratisierung" nicht allein. Gleichen Gefahren unterliegen auch andere Bereiche des öffentlichen Lebens und der Verwaltung: Bildungseinrichtungen, Kirchen, Unternehmen, Verbände, sonstige Großorganisationen. Mir scheint es ein Verdienst für die Allgemeinheit zu sein, daß Sie diese Problematik an einem konkreten Beispiel, nämlich den Streitkräften, grundsätzlich und im Detail haben untersuchen lassen und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
    Ich sage Ihnen: Die Vorwürfe, die Sie immer machen — wir würden erst Sachverstand einsetzen und dann anders entscheiden —, werden durch dieses Zitat entkräftet.
    Lassen Sie mich Bemerkungen zum Personalfehl und damit auch zu den SaZ-2-Soldaten machen. In der Antwort auf Frage 3 der Großen Anfrage stellen wir Ihnen in 14 Punkten dar, was wir tun. Das ist durchaus eindrucksvoll. Das Fehl der Unteroffiziere ist im übrigen von 1969 — dem letzten Jahr, in dem es einen christdemokratischen Verteidigungsminister gegeben hat — mit 32 000 auf 19 000 im Jahr 1981 zurückgegangen. Ich will damit gar nicht sagen, daß dadurch die Probleme gelöst sind. Ich will nur deutlich machen: Damals hatten Sie unter Ihrem Verteidigungsminister 32 000 Unteroffiziere zuwenig, und wir haben heute 19 000 zuwenig. Stellen wir doch einmal fest, daß das augenscheinlich ein Strukturproblem ist, das wir so einfach und so billig, wie hier argumentiert worden ist, nicht lösen können.
    Nun komme ich zu den Zeitsoldaten. Ich stimme Herrn Möllemann zu: es ist ein nicht unproblematischer Weg, wenn das Thema SaZ 2 erneut debattiert wird. Ich bin dankbar dafür, daß es am Ende gelungen ist, die Begrenzung des Abbaus auf 8 000 SaZ-2-



    Bundesminister Dr. Apel
    Soldaten für 1982 zu erreichen. Natürlich gibt dies Probleme. Wer will das eigentlich leugnen? Wir nehmen die Probleme so, wie sie sind, und dramatisieren sie nicht.
    Von den SaZ-2-Soldaten, von den Zeitsoldaten, die sich für zwei Jahre für die Bundeswehr verpflichten, haben sich weiter verpflichtet — an den Weiterverpflichtungen haben wir Interesse — im Jahre 1975 15,7 %, im Jahre 1976 12,9 %, im Jahre 1977 12,7 %, im Jahre 1978 10$ %, im Jahre 1979 10,2 %, im Jahre 1980 7,2 %. Wir stellen also fest, daß sich weniger als 10 % dieser teuren Zeitsoldaten im letzten Jahr weiter verpflichtet haben. Das heißt: so wichtig die Zeitsoldaten in den vielfältigen Verwendungen in der Bundeswehr sind, so sind sie für die Gewinnung von Zeit- und Berufssoldaten ein abnehmendes Reservoir.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Im Heer sind es doppelt soviel wie bei der Marine!)

    Auch die Verpflichtung oder die Beförderung zu Unteroffizieren liegt unter 10 %.
    Was tun wir nun, um Fehlentwicklungen zu korrigieren?

    (Dallmeyer [CDU/CSU]: Kürzen!)

    Daß Fehlentwicklungen in einer Großorganisation auftreten, liegt auf der Hand. Wir haben das Prinzip der Verwürfelung, der Einsetzung der Wehrpflichtigen — quasi als Individuen — in Kampfverbänden, aufgegeben und sind zur zugweisen Auffüllung zurückgekehrt.

    (Würzbach [CDU/CSU]: Nachdem Sie das traurigerweise erst eingeführt haben!)

    — Hochverehrter Herr Würzbach, wenn Sie schon Zwischenrufe machen, dann bitte zustimmende.

    (Heiterkeit)

    — Ich meine natürlich: zutreffende. Zustimmende Zwischenrufe wären mir natürlich noch lieber, Herr Würzbach; das gebe ich ohne weiteres zu.
    Die Verwürfelung ist vom Inspekteur des Heeres Hildebrandt deutlich vor meiner Zeit eingeführt worden. Wir sind zur zugweisen Auffüllung zurückgekehrt, und wir werden ab 1. Juli 1982 bei den Kampfverbänden die kompanieweise Auffüllung durchsetzen. Das heißt, hier haben wir eine Fehlentwicklung, die in der Tat dazu führte, daß der innere Zusammenhalt — auch die Freundschaft zwischen den Wehrpflichtigen — reduziert wurde, abgebaut.
    Zweitens. Wir haben erkannt, daß die Unteroffiziere nicht gut genug ausgebildet sind. Wir haben sichergestellt, daß die Ausbildung der Unteroffiziere verlängert und verbessert wird. Wir haben ferner den Spielraum und die Selbstverantwortlichkeit der Kommandeure weiter gestärkt und werden dies weiter tun.
    Hier möchte ich eine Bemerkung machen, die auch aktuellen Bezug hat. Wenn ein Kommandeur, den ich aufgefordert habe, sich an der Friedensdebatte zu beteiligen, bei welchem Anlaß auch immer, Vokabeln verwendet, die nicht jedermann gefallen, dann ist das Teil der öffentlichen Debatte. Ich werde mich davor hüten, Soldaten, die in der Friedensdebatte Vokabeln verwenden, die nicht jedermann schmecken, deswegen massiv zu rüffeln. Entweder werden Soldaten aufgefordert, sich an dieser Debatte zu beteiligen — ich möchte sie nicht nur pensionierten Generalen mit ihrem bezweifelbarem Sachverstand überlassen —,

    (Beifall bei der SPD)

    wobei man auch bereit sein muß, Formulierungen, die teilweise mißglückt sind, zu akzeptieren, oder die Soldaten werden sich zwangsläufig in ihr Schnekkenhaus zurückziehen und nicht bereit sein, an der Debatte teilzunehmen. Dies wollen wir nicht.

    (Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Gilt das für Herrn Oberst Loch auch?)

    — Ich habe hier generelle Aussagen gemacht, die in die aktuelle Situation hineinpassen. Im übrigen wird der Parlamentarische Staatssekretär zu diesem Thema in der nächsten Woche Bemerkungen machen., die sicherlich deutlich machen, wie wir zu diesem Thema stehen.
    Herr Möllemann, Sie haben, wie ich finde, interessante Bemerkungen über mehr Information junger Leute gemacht, bevor sie den Dienst bei der Bundeswehr antreten. Ich sehe mit Interesse den Vorstellungen der Konferenz der Kultusminister entgegen. Hier hilft uns auch Polemik überhaupt nicht weiter. Es muß klar sein, daß in diesem Lande niemand daran denkt, wo er auch immer politische Verantwortung trägt, daß er einen Wehrkundeunterricht einführen will.

    (Dallmeyer [CDU/CSU]: Wer hat das denn behauptet?)

    Ich weiß nicht, was solche Debatten sollen, und ich bleibe dabei: Eine der größten Friedensbewegungen in unserem Lande ist die Bundeswehr selbst.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Im übrigen kann ich mich über die Debatte, die wir aktuell haben, auch freuen. Sie schafft Klarheit, schafft Bewußtsein. Die Bedingungen des Friedens in unserer Zeit für unser Volk werden sichtbar. Das kann man nur begrüßen.
    Herr Möllemann, Sie haben zu Recht über die Frage des Vertrauensmannes, der Stärkung der Rolle des Vertrauensmannes gesprochen. Ich verstehe das so, daß die FDP wie auch meine politischen Freunde mir hierin weitgehend zustimmen.
    Herr Abgeordneter Berger — der Sie ja wohl nach mir reden werden, wenn ich das richtig gehört habe —, um so erstaunter bin ich über eine Aussage von Ihnen, die unter dem 24. November 1981 datiert, also erst wenige Tage alt ist. Sie sagen zur Ausweitung und Stärkung der Rolle des Vertrauensmannes — ich zitiere —: „Hände weg von solcher Funktionärsmitbestimmung! Sie gefährdet die innere Führung."
    Lieber Herr Abgeordneter Berger, ist das nun Nichtwissen oder Polemik? Sie können doch überhaupt nicht bestreiten, daß innere Führung ohne den Vertrauensmann und damit auch die Stärkung der Rolle des Vertrauensmannes nicht funktioniert. Niemand will doch hier, wenn Sie so wollen, das



    Bundesminister Dr. Apel
    Prinzip von Befehl und Gehorsam aushöhlen. Im Gegenteil. Das Miteinander ist das, was wir in der Gesellschaft und auch in der Bundeswehr brauchen, nicht das Gegeneinander. Bitte, korrigieren Sie diese Aussage!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Das ist doch meine Kernaussage in dem Artikel)

    Aber ich kann es hier mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr halten. General Brandt hat auf der Kommandeurtagung in Ingolstadt folgendes zu diesem Thema gesagt — ich zitiere —:
    Nichts, was der Minister zum Thema Vertrauensmann will und angekündigt hat, nichts ist gegen meinen Rat oder den der Inspekteure entschieden worden. Die militärische Führung bekennt sich zur Institution des Vertrauensmannes als einem Bindeglied zwischen Führern und Geführten.
    Herr Kollege Berger, Sie sind in Ihrem Bewußtsein, auch in Ihrem gesellschaftlichen Bewußtsein weit, meilenweit hinter dem gesellschaftlichen Bewußtsein der Inspekteure der Bundeswehr und des Generalinspekteurs zurück. Dies wirft allerdings eine Schlagseite auf Ihr politisches Bewußtsein.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Das ist eine merkwürdige Größe, die Sie hier einführen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Die müssen Sie mal im Ausschuß hören, die Herren Militärs, was sie im Ausschuß sagen!)

    — Also, hochverehrter Herr Abgeordneter Dr. Wörner, wenn Sie schon sagen, Sie wollten dann mit den Herren im Ausschuß über diese Fragen und andere Fragen reden, dann wäre es vielleicht angebracht, daß Sie sich bei dieser Gelegenheit auch bei den Herren des militärischen Führungsrates entschuldigen, denen Sie j a in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses vorgeworfen haben, sie würden das, was ihnen ihre Kommandeure über den Zustand der Bundeswehr meldeten, entweder nicht lesen oder aber nicht zur Kenntnis nehmen.

    (Wehner [SPD]: Hört! Hört! — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Dann wird es Zeit, daß Sie sich endlich entschuldigen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Ich habe nicht die Absicht!)

    Denn das sind ehrabschneidende Äußerungen, und ich weise Sie zurück.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Wörner [CDU/CSU]: Ich habe nicht die Absicht, mich zu entschuldigen!)

    — Sie haben nicht die Absicht, sich zu entschuldigen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Nein!) Auch dieses spricht dann wiederum für Ihr Bewußtsein.


    (Beifall bei der SPD — Berger [Lahnstein] [CDU/CSU]: Er hat nichts Ehrabschneidendes gesagt!)

    Lassen Sie mich zusammenfassen. Ich bitte uns alle sehr herzlich darum, die Bundeswehr und die militärische Führung aus dem parteipolitischen Streit herauszuhalten. Die Bundeswehr ist vom Volke gewollt, in der Verfassung verankert. Sie gehört nicht in die Auseinandersetzungen der politischen Kräfte in diesem Bundestag um den richtigen Weg der Friedenssicherung und der Sicherheitspolitik.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Zweitens. Probleme ungeschminkt darzustellen, ist unsere Aufgabe, aber auch: realistische Lösungen vorzustellen. Polemische Überzeichnungen zerstören das Ansehen der Bundeswehr und, was schlimmer ist, gefährden das Selbstbewußtsein unserer Soldaten.
    Und: wir müssen unseren Soldaten sagen, daß die wirtschaftliche Gesamtlage eines Volkes nicht an der Bundeswehr spurlos vorübergehen kann. Die Bundeswehr ist auch insofern Teil unserer Gesellschaft. Trotz vieler Probleme ist die Bundeswehr gut ausgebildet, motiviert, sozial gerecht behandelt, im Rahmen der NATO voll leistungsfähig und einsatzbereit. — Ich bedanke mich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Berger (Lahnstein).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Markus Berger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung zur Geschäftslage. Der Kollege Biehle hatte in seinem Beitrag beantragt, daß diese Große Anfrage an den Verteidigungsausschuß überwiesen werden soll. Wir haben inzwischen zur Kenntnis genommen, daß dies nach der Geschäftsordnung nicht so ist. Wir haben eine Stellungnahme dazu bekommen und haben erfahren, daß diese Große Anfrage hier heute abschließend behandelt wird. Ich möchte dies also korrigieren.
    Dann eine weitere Vorbemerkung zu dieser, wenn ich so sagen darf, Haushaltsdiskussion, die wir ja so etwas parallel mit der Diskussion zur inneren Lage der Bundeswehr geführt haben. Es steht außer jedem Zweifel, daß diese Opposition in den letzten Jahren und auch in diesem Jahr ihre Hand geboten hat, um mit der Regierung all das zu tun, was notwendig erscheint, um die Situation der Bundeswehr zu verbessern.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber es ist unredlich, von uns konkrete Anträge zu fordern, wenn die Regierung selbst zu solchem Handeln nicht bereit ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Das ist j a nicht wahrheitsgemäß!)

    Lassen Sie mich bitte eine weitere Vorbemerkung machen, und zwar zu dem, was soeben Herr Minister



    Berger (Lahnstein)

    Apel gesagt hat. Er meinte, er befinde sich jetzt in der Hand des Parlaments, er warte ab, was das Parlament beschließe, er werde dann zum Schluß dieses Ergebnis kommentieren. Herr Minister, ich halte es nicht für verantwortungsbewußt, wenn Sie nicht im Ausschuß für Ihre Bundeswehr, für ihre Aufgabe fechten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Das hat er jetzt gesagt.
    Ich finde es auch nicht redlich, Herr Minister, daß Sie den Ihnen unterstellten Militärs Werturteile abfordern und sie dann hier in die politische Debatte einführen. Natürlich werden die Ihnen unterstellten loyalen Militärs nicht Unwerturteile fällen. Man sollte mit diesen Urteilen wirklich etwas vorsichtiger umgehen

    (Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

    und sie nicht beispielsweise gegen die Sorgen der Union in die Debatte einführen.

    (Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

    Man sollte im übrigen, wenn man zur inneren Situation der Bundeswehr spricht, diese riesige Organisation einigermaßen kennen, ihre tausendfache Verästelung, ihre Stäbe, Truppenteile, Depots, Schulen. Sogar 200 Maultiere hat die Bundeswehr — um dies einmal als Nebenbemerkung zu sagen.

    (Heiterkeit — Zuruf von der CDU/CSU: Und einen Esel!)

    Aber sie hat 490 000 Soldaten und 180 000 Zivilbedienstete, und diese sind von alledem, meine Damen und Herren, das Wichtigste; sie sind aber auch — und das sollten wir für alle Zukunft bedenken — das Empfindlichste, das Empfindsamste.
    Es gibt Leute, die etwas unterkühlt von einem Mensch-Maschine-System sprechen und dann möglicherweise mit Bedauern feststellen, daß in einem solchen System der Mensch die größere Fehlerquelle sei. So denken Technokraten, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen, sie denken falsch. Solches Denken muß zu Fehlentwicklungen führen. Eine Armee besteht aus Menschen, die Waffen tragen und sich der Technik bedienen, nicht etwa umgekehrt.

    (Zuruf von der SPD: Und Maultieren!)

    Diese Erkenntnis wird leider auch von der inzwischen etwas gängig gewordenen Formel von der Diskrepanz zwischen Auftrag und Mittel teilweise verdeckt. Es geht erst — und das hat auch die heutige Debatte gezeigt — in zweiter Linie darum, weitere Mittel bereitzustellen, um den Auftrag besser erfüllen zu können. In erster Linie geht es darum, Soldaten zu haben, Menschen zu haben, die diesen Auftrag auch erfüllen wollen. Das heißt, diese Menschen müssen zunächst einmal vorhanden sein. Bei 60 000 Kriegsdienstverweigerern pro Jahr wird das zunehmend kritischer. Und diese Menschen müssen zu diesem Auftrag innerlich bereit sein, sie müssen für diesen Auftrag innerlich motiviert sein. Das schafft Probleme, wie wir wissen. Diese sind sehr vielfältiger Natur.
    Der Herr Generalinspekteur sprach kürzlich davon, daß es Indentifikationsprobleme der Gesellschaft im Verhältnis zur Bundeswehr gäbe. Mit Recht, wie ich meine. Die 250 000, die am 10. Oktober hier in Bonn demonstriert haben, haben auch dies demonstriert. Was nach den gewaltsamen Demonstrationen in Bremen und Bonn Anfang letzten Jahres noch wie das Wirken einer Minderheit aussah, zeigt sich nunmehr immer deutlicher als Frucht einer viel breiter angelegten Distanz. Bundespräsident Walter Scheel sprach einmal von dem nicht unbefangenen Verhältnis der Deutschen zur bewaffneten Macht. Der hessische Kultusminister Krollmann lehnt es ab, in staatlichen Schulen im Sinne der Wehrbereitschaft zu erziehen, d. h. im Sinne der Erfüllung der ersten und wichtigsten staatsbürgerlichen Pflicht eines jeden jungen Mannes in unserem Staate in den Erziehungseinrichtungen des Staates zu erziehen. Viele — vielleicht sonst noch so tüchtige — Mitglieder unserer Gesellschaft nehmen es gelassen zur Kenntnis, daß ihre Freunde, Verwandten, vielleicht auch Kinder nicht den Wehrdienst leisten, nicht dazu bereit sind, den Staat bei der Erfüllung seiner wichtigsten, seiner zentralen Aufgabe zu unterstützen, wie sie in Art. 1 des Grundgesetzes beschrieben ist: Die Würde des Menschen zu schützen, ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.
    Ich rede hier nicht von denen, die in ihrem pathologischen Argwohn zu allem, was Staat und seine Macht verkörpern könnte, der Bundeswehr auf Schritt und Tritt mit Mißtrauen begegnen. Ich rede hier von denen, die der Bundeswehr nichts gegeben haben als Gleichgültigkeit. Sie haben ein Vakuum geschaffen, das die Bundeswehr — das ist heute schon einmal gesagt worden — nicht füllen kann, in das aber nun andere, wenn auch mit ganz anderer Zielsetzung, mit Wucht und Telewirkung hineinstoßen.
    Wer als heute 20jähriger in den letzten 10 Jahren nichts anderes als „Spiegel" und „Stern" gelesen und gelegentlich die Tagesschau gesehen hat, der kann gar nicht begreifen, warum er dem Staat als Wehrpflichtiger dienen soll. Daß dies zu Lasten der Truppe geht, liegt doch auf der Hand. Damit sind wir bei einem ihrer zentralen inneren Probleme, bei dem inneren Gefüge der Truppe.
    Das innere Gefüge, ihr Wert hängt weitgehend von zwei Dingen ab: erstens von der Führung und zweitens von der Kameradschaft. Innere Führung, so sagten es ihre wahren Väter, ist geistige Rüstung und zeitgemäße Menschenführung. Kein Soldat wird für die Freiheit zu kämpfen bereit sein, wenn er auf dem Kasernenhof das Gegenteil von Freiheit erlebt hat. Motivation zur Wehrbereitschaft braucht aber mehr als nur zeitgemäße Menschenführung. Zur geistigen Führung gehört es nun einmal, zwar nicht nur den Soldaten, aber besonders diesen wenigstens zu sagen, warum sie einen Teil ihres jungen Lebens, im Verteidigungsfall sogar dieses selbst, in den Dienst für die Gemeinschaft stellen müssen. Wertneutrale politische Bildung, Herr Minister, wird dies nicht vermitteln, vor allen Dingen dann nicht, wenn sie in der Truppe auch noch zum Teil methodisch schlecht, als Schräubchenkunde, betrieben



    Berger (Lahnstein)

    wird. Auch das neue Videoprogramm wird da keine Wende bringen.
    Im Hinblick auf den Inhalt der politischen Bildung in der Truppe sollten wir die alte Regel beachten, daß weniger oft mehr ist. Ich meine hier nicht weniger an Zeit, sondern weniger an Stoff. Dieses Wenige sollte man dann aber im Klartext vermitteln, dann wird es auch verstanden.
    Aber nicht nur die geistige Rüstung wurde in den letzten Jahren vernachlässigt, sondern auch der zweite Teil der inneren Führung, die zeitgemäße Menschenführung. Gewiß gibt es dafür demonstrative Gegenbeispiele: das Zentrum für innere Führung z. B., das seit 1979 — ich frage: warum übrigens erst seit 1979? — wieder den „neuen" alten Auftrag hat, sich um die Menschenführung zu kümmern. Doch bei den jungen Unteroffizieren, bei denen, die täglich und stündlich mit gleichaltrigen Wehrpflichtigen umgehen müssen, haben Sie auf eine Ausbildung in dem Fach Menschenführung schlicht verzichtet. Für ganze acht Stunden in einem vierteljährigen Lehrgang hat es dort gereicht. Wundert es Sie dann, wenn Wehrpflichtige am Ende ihres Grundwehrdienstes darüber klagen, dieser habe sie eher demotiviert als motiviert, und sagen, sie empfänden ihre Dienstzeit teilweise als verlorene Zeit? Lassen Sie mich dafür einige Zitate aus Ihrem eigenen Hause, aus einem Ergebnis sozialwissenschaftlicher Untersuchungen Ihres eigenen Instituts anführen. Da heißt es:
    Das Fachwissen der beobachteten Unteroffiziere war lückenhaft. Teilweise besaßen sie lediglich Grundkenntnisse. In Situationen, in denen Entschlüsse zu fassen waren, die sich nicht an einem angelernten Schema orientieren konnten, versagten meistens die beobachteten Unteroffiziere. Der Doppelbelastung als Führer und Ausbilder waren die jungen Unteroffiziere nicht gewachsen.
    Oder an anderer Stelle:
    Die praktische Ausbildung im Kasernenbereich wurde dadurch erschwert, daß eine der Ausbildung entsprechende Umgebung nicht vorhanden war und Echtheit ständig meist in Gedanken simuliert werden mußte.
    Hier wird übrigens ein großer Mangel der Bundeswehr offenkundig, ein typischer Mangel. Sie wird immer mehr zu einer Armee auf dem Kasernenhof. Der Spritmangel wird vermutlich diese negative Entwicklung noch fördern.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Und solcher Dienst, meine Damen und Herren, wird als Gammel-Dienst verstanden. Dieser Vorwurf, meine Damen und Herren, trifft die Bundeswehr in vielen Fällen, nicht in allen, zu Recht. Das ist nicht Schuld der Soldaten, das ist auch nicht Schuld der Unteroffiziere in der Truppe, sondern das ist Schuld des Ausbildungssystems, dem sie unterworfen sind. Wir haben darüber im Verteidigungsausschuß debattiert. Das war übrigens eine Initiative der Union. Aber was ist daraus geworden?
    Nach wie vor geht der junge Soldat im vierten Quartal seiner Ausblidung zum Unteroffizier- Lehrgang, das heißt, er geht zu einer Zeit dahin, in der er selbst als Soldat nicht fertig ausgebildet ist. Meine Damen und Herren, können Sie mir eine andere Berufsgruppe nennen, die sich den Luxus leistet, solche zu Meistern auszubilden, die noch nicht einmal den Gesellenbrief haben? Das paßt nicht zusammen. Nach wie vor muß deswegen auf dem Unteroffizier-Lehrgang Fachwissen vermittelt werden statt Führungsfähigkeit und statt Fähigkeit zur Menschenführung. Deswegen kommt es auch zu der Feststellung des Sozialwissenschaftlichen Instituts — ich zitiere noch einmal —:
    Zwischen den Unteroffizieren und Mannschaften fehlt die Vertrauensbasis. Entweder herrscht zu großer Respekt, oder aber der Gruppenführer wird nicht ernstgenommen, es kommt zu Verbrüderungen. Der Gruppenführer konnte sich nicht durchsetzen, Soldaten fielen ihm ins Wort, Anordnungen wurden nicht ausgeführt. Im Unterricht gingen und kamen Soldaten, ohne sich abzumelden.
    Meine Damen und Herren, dies ist teilweise Truppenalltag.
    Und weiter heißt es dort:
    Dies führt zu einer allgemeinen Verunsicherung des jungen Unteroffiziers. Sein ohnehin nur schwach entwickeltes Selbstvertrauen wird noch geringer.
    Und eine Schlußfolgerung:
    Die Folge davon sind gelangweilte und teilnahmslose Soldaten, die ihrem Ärger nicht selten durch Disziplinlosigkeiten Luft schaffen.
    Das Schlimme, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, ist, daß in der Truppe zur Zeit die negativen Auswirkungen von drei Reformen kulminieren. Zum einen handelt es sich um die Reform der Offiziersausbildung, mit der Folge, daß Offiziere im Rang eines Oberleutnants oft die Ausbildung ganzer Kompanien leiten müssen, obwohl sie nur die Truppenerfahrung eines Fähnrichs haben. In der Bundeswehr spricht man vom Praxisschock, den sie erleben. Sie müssen dort mit jungen Unteroffizieren zusammenarbeiten, die teilweise nicht das Fachwissen eines vollausgebildeten Soldaten haben. Und infolge der Bildungs- und Strukturreform sind die länger dienenden Unteroffiziere die wirklichen Könner, die man braucht, überall, auf Lehrgängen, in der Fortbildungsstufe A, im dienstzeitbeendenden Unterricht, auch bei der Verwaltung ihres sehr wertvollen Materials, um das sie sich in den letzten Jahren immer mehr selbst kümmern müssen, weil man ihnen die Spezialisten abgezogen hat. Sie sind, wie gesagt, überall, nur nicht dort, wo man sie wirklich brauchte, in der Truppenausbildung.
    Ähnlich lange fehlen die Kompaniechefs. Bei einem einzigen Panzer-Bataillon, so ist mir berichtet worden, fehlten diese im Jahre 1980 nicht weniger als 40 % der Gesamtdienstzeit, bei einem Verhältnis bei Kompaniechefs — nach ihrer Selbsteinschätzung — von Schreibtischarbeit zur Ausbildung bzw.



    Berger (Lahnstein)

    Dienstaufsicht von 4 : 1. Das muß dann einfach zu Lasten der Truppenausbildung gehen.
    Und wenn dann infolge des Geldmangels der Sprit fehlt, das Gerät nicht mehr instand gesetzt wird, Gebäude verwahrlosen, dann liegt doch die Folge klar auf der Hand: Die Bundeswehr entwickelt sich immer mehr zu einer Superbürokratie, die sich nur noch selbst verwaltet, statt auszubilden, statt zu erziehen, statt zu üben, die Leistungsfähigkeit zu erarbeiten und zu demonstrieren, die sie braucht, um uns den Frieden erhalten zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unsere Bundeswehr darf nicht allein auf den Kasernenhof angewiesen bleiben. Das gilt für ihre Ausbildung ebenso wie für das feierliche Gelöbnis.
    Bei alledem wird klar: Die Bundeswehr leidet unter Personalmangel. Jene 495 000, von denen immer wieder gesprochen wird, stehen j a nur auf dem Papier. Allein über 12 000 sind im sogenannten Dienstzeitbeendenden Unterricht und daher nur noch dem Status nach Soldat.
    Wir hören, daß bei der Post jetzt 6 000 neue Stellen geschaffen werden. Herr Minister, hätten Sie die, wären alle Ihre Personalprobleme gelöst, vor allen Dingen dann, wenn Sie sie auch noch in der richtigen Struktur hätten. Aber es wird das Gegenteil praktiziert. In diesem Quartal wurden alleine bei einem Korps des Heeres 2 000 Rekruten weniger einberufen. Das erscheint als wenig bei 70 000. Aber ich mache darauf aufmerksam, daß das am Ende dazu führt, daß beispielsweise in einem Bataillon statt 14 Kanonieren nur noch drei kommen und daß zwei Geschütze nicht besetzt werden können. Das führt dann zu einem Fehl an Einsatzbereitschaft von 25 %.
    Lassen Sie mich in einer Minute noch drei Forderungen konkretisieren.