Ich bedanke mich sehr, Herr Kollege Müller, für diese Klarstellung.
In den Veröffentlichungen Ihrer Fraktion klingt es leider anders. Ich freue mich sehr, daß Sie hier jetzt klargestellt haben, was Sie wirklich meinen. Das konnte man aus den schriftlichen Äußerungen nicht ersehen.
— Lesen Sie es .doch bitte nach, Herr Kollege!
Dann hat sich Herr Strauß auf ein Feld begeben, das Sie, Herr Kollge Müller, auch ein bißchen, aber vorsichtiger betreten haben, weil Sie besser Bescheid wissen. Herr Strauß hat beispielsweise gefordert, bei dem, wie er sich ausdrückte, „Arbeitslosenunterstützungssystem" — ich habe wörtlich zitiert
— erstens die Höhe, zweitens die Bemessungsgrundlage und drittens die Zumutbarkeit zu überprüfen.
Bei der Höhe möchte ich jeden sehr ernsthaft bitten, sich genau anzusehen, was ein Facharbeiter bekommt, wenn er arbeitslos wird. Das sind im Regelfall zwischen 1 000 und 1 200 DM, und an dieser
Bundesminister Dr. Ehrenberg
Höhe werden wir nicht kratzen, so oft Sie auch entsprechende Forderungen stellen.
Bei der zweiten Forderung zur Bemessungsgrundlage, die Herr Strauß hier gestellt hat, hat er die Überstunden erwähnt. Sie haben das nicht getan, weil Sie wissen, daß es längst geltendes Recht ist, daß bei der Bemessungsgrundlage ausschließlich die tarifliche Arbeitszeit und keine Überstunden zugrunde gelegt werden. Hinsichtlich der Sonderzahlungen bitte ich Sie sehr, darüber nachzudenken, ob es wohl mit einem Versicherungssystem vereinbar wäre, die Sonderzahlungen bei der Bemessung der Leistungen nicht zu berücksichtigen,
dies aber bei der Bemessung der Beiträge zu tun. Beides wird man wohl nur gleichbehandeln können. Wenn wir es gleichbehandeln, ist der Verlust für die Arbeitslosenversicherung viel größer als das, was man einsparen könnte. Machen Sie doch bitte konkrete und nicht so nebulöse Vorschläge.
Des öfteren angesprochen worden ist die Diskrepanz zwischen den beiden Versicherungsträgern. Sie haben hier, als Herr Cronenberg dies durch eine Zwischenfrage angesprochen hat, noch einmal die Überlegung von Herrn Strauß aufgegriffen, ob man nicht für die Empfänger von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit als Bemessungsgrundlage für die Zahlungen der Bundesanstalt nicht den Bruttolohn, sondern das Arbeitslosengeld oder die Arbeitslosenhilfe ansetzen sollte.
Haben Sie sich eigentlich überlegt, was das bedeutet? Diesem Vorschlag zu folgen würde bedeuten, daß Sie den Arbeitnehmer, der rentenversichert ist, im Falle der Arbeitslosigkeit um 50 % schlechter stellen, als er seit 1927 gestanden hat. Das kann doch wohl kein ernsthafter Vorschlag sein!
— Seit 1927 werden Zeiten der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeiten voll angerechnet, d. h. sie gehen mit dem Verdienst des Arbeitnehmers in die Berechnung ein. Wenn er dann auf 68 % netto oder auf 58 % netto gesetzt wird, ist das weniger als die Hälfte seines Bruttoverdienstes. Und wenn die Bundesanstalt nur das überweist, kann selbstverständlich auch nur das für die Rentenberechnung herangezogen werden; sonst würde es ja zu Lasten der Rentenversicherung gehen. Denken Sie also bitte über diesen Vorschlag erneut nach, bevor Sie ihn noch einmal machen.
Meine Damen und Herren, einer der wichtigsten Punkte — der aber heute nur sparsam behandelt worden ist - ist die Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Es wird, glaube ich, für jeden einsichtig sein, daß wir das von uns voll bejahte Ziel der Beitragssatzstabilität, der Vermeidung einer größeren Belastung für Arbeitnehmer und betriebliche Kalkulation durch höhere Beiträge, das wir durch eine schwierige, die Rentenversicherungsträger nicht erfreuende, aber für zwei Jahre gerade eben an den Grenzen der Liquidität entlangschrammende Operation sichergestellt haben, daß wir also die erreichte Beitragssatzstabilität nicht dadurch gefährden dürfen, daß in 2 000 autonomen Vertreterversammlungen der Krankenkassen die Beiträge erhöht werden und dies dann die mühsam gewonnene Stabilität überrollt.
Um das zu verhindern, haben wir gleichzeitig ein zweites Gesetz zur Kostendämpfung vorgelegt, und wir haben sehr sorgfältig die Belastungen der Patienten und Belastungen der Anbieter austariert. Herr Strauß hat es heute für richtig gehalten, davon zu reden, daß die SPD zwar mit Worten eine Selbstbeteiligung in der Krankenversicherung ablehnt; danach hat er — so in meine Richtung — die rhetorische Frage gestellt, ob denn nicht aber eine, wie er sagte, Vervierfachung der Rezeptgebühr oder eine Verdoppelung der Leistungen des Patienten beim Zahnersatz eine Selbstbeteiligung sei.
Verehrter Herr Kollege Franke, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den bayerischen Ministerpräsidenten über seinen Irrtum aufklären würden. Ich muß das hier im einzelnen nicht erklären, denn Sie wissen es. Ich muß in dieser späten Abendstunde nicht darlegen, wie falsch diese Behauptungen von Herrn Strauß sind.