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ID0905211200

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    Vokabeln: 7
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    Plenarprotokoll 9/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Collet 2901 A Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Republik Togo 2901 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/770 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksache 9/771 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 9/795 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn (Münster), Dr. Schneider, Dr. Möller, Hauser (Krefeld), Müller (Remscheid), Dr. Waffenschmidt, Dörflinger, Günther, Dr.-Ing. Kansy, Link, Magin, Niegel, Frau Pack, Frau Roitzsch, Ruf, Sauter (Epfendorf), Zierer, Dr. Blüm, Clemens, Erhard (Bad Schwalbach), Faltlhauser, Herkenrath, Kolb, Linsmeier, Dr. Pinger, Rühe, Sick, Repnik und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus — Drucksache 9/467 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Investitionstätigkeit im Baubereich und zum Abbau ungleichmäßiger Besteuerung in der Wohnungswirtschaft — Drucksache 9/796 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982) — Drucksache 9/797 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz) — Drucksache 9/799 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung — Drucksache 9/800 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 9/801 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) — Drucksache 9/798 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lammert, Kiep, Dr. Waigel, Müller (Remscheid), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Müller (Wadern), Dr. Warnke, Frau Pack, Ganz (St. Wendel), Günther, Frau Hürland, Link, Löher, Prangenberg, Sauer (Salzgitter), Stutzer, Gerstein, Metz, Vogel (Ennepetal), Borchert, Kittelmann, Vogt (Düren), Frau Fischer, Frau Karwatzki, Reddemann, Schwarz, Breuer und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Strukturkrise der deutschen Stahlindustrie — Drucksache 9/612 — Dr. Häfele CDU/CSU 2902 C Walther SPD 2910 B Hoppe FDP 2916 D Dr. Kohl CDU/CSU 2920 C Genscher, Bundesminister AA 2934 C Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 2941 C Dr. Posser, Minister des Landes NordrheinWestfalen 2957 C Westphal SPD 2968 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2977 B Gärtner FDP 2982 B Dr. Kreile CDU/CSU 2986 C Dr. Spöri SPD 2990 B Frau Matthäus-Maier FDP 2993 D Müller (Remscheid) CDU/CSU 2997 B Glombig SPD 3002 C Cronenberg FDP 3008 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 3011 D Dr. Lammert CDU/CSU 3015 A Reuschenbach SPD 3017 B Beckmann FDP 3020 B Nächste Sitzung 3022 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3023* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 2901 52. Sitzung Bonn, den 17. September 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 18. 9. Dr. Ahrens ** 18. 9. Amrehn **** 18. 9. Bahr 18. 9. Dr. Bardens ** 17. 9. Becker (Nienberge) 18. 9. Böhm (Melsungen) ** 17. 9. Brandt * 18. 9. Büchner (Speyer) ** 18. 9. Burger 18. 9. Fellner 18. 9. Frau Fischer **** 18. 9. Gobrecht **** 18. 9. Hartmann 18. 9. Hauck 18. 9. Herterich **** 18. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der 68. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich- Dr. Holtz **** 18. 9. Graf Huyn 18. 9. Ibrügger *** 18. 9. Klein (München) **** 18. 9. Köhler (Wolfsburg) **** 18. 9. Frau Krone-Appuhn 18. 9. Lemmrich ** 17. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 9. Frau Dr. Lepsius **** 18. 9. Möllemann **** 18. 9. Dr. Müller ** 17. 9. Müller (Wadern) ** 18. 9. Niegel **** 18. 9. Frau Pack ** 17. 9. Rösch ** 18. 9. Dr. Schachtschabel 18. 9. Frau Schlei 18. 9. Schluckebier **** 18. 9. Schröer (Mülheim) 18. 9. Schulte (Unna) ** 17. 9. Dr. Schwarz-Schilling 17. 9. Dr. Schwörer 18. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 18. 9. Graf Stauffenberg 18. 9. Dr. Wendig 18. 9. Dr. Wittmann (München) 18. 9. Würzbach 18.9. Zink 18. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich möchte meine Ausführungen zu Ende bringen.

    (Jaunich [SPD]: Das kann ich mir vorstellen! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Die Entscheidung liegt doch bei mir, ob ich Zwischenfragen zulasse oder nicht.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    Wenn Sie in dem Zusammenhang das Wort „quatschen" gebrauchen, dann fällt es auf Sie zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich stelle nur fest: Das ist wenig parlamentarischer Stil.

    (Egert [SPD]: Ach Gott!)

    Wir werden alle sozial ausgewogenen und konstruktiven Vorschläge zur Kostendämpfung mittragen. Offene oder verdeckte Systemveränderungen zu Lasten des bewährten Systems der gegliederten Krankenversicherung lehnen wir dagegen kompromißlos ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ohne Frage muß die Kostenexplosion im Gesundheitswesen gestoppt werden. Wir können aber nicht zulassen, daß man die Kleinen schröpft und die Großen ungeschoren läßt.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    In allen Bereichen — bei Krankenhäusern, Apotheken, Patienten und auch bei den Ärzten — muß gespart werden.

    (Zuruf von der SPD: Auch bei den Zahnärzten?)

    Beim Kindergeld gehen Sie ebenfalls den falschen Weg. Die von Ihnen vorgesehene Senkung der Kindergeldsätze für das zweite und dritte Kind lehnen wir kompromißlos ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es zeugt von gesellschaftspolitischer Blindheit, daß die Koalition ausgerechnet die finanzielle Situation der Mehrkinderfamilie verschlechtern will. In der Regierungserklärung vom 24. November 1980 brüstete sich der Bundeskanzler noch, in den letzten
    Jahren für die Familien viel getan zu haben. Und kaum ist die Wahl vorbei, da wird wieder abkassiert.
    Nicht zuletzt ist in diesem Haushaltspaket völlig verfehlt, daß Sie Beitragserhöhungen vorprogrammieren und ohne jeden Sachverstand neue Beitragsquellen erschließen. Die Art und Weise, wie Sie die Beitragserhöhung in der Arbeitslosenversicherung den Arbeitnehmern schmackhaft zu machen versuchen, ist schon eine Meisterleistung der Verschleierung. Da wird scheinheilig gesagt: Wir verlagern nur zwischen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung, und es wird so getan, als ob das ganze Verfahren beitragsneutral verlaufe. In Wirklichkeit werden aber Beitragserhöhungen vorprogrammiert. Der Beitragsrahmen, wie das so schön heißt, soll im Arbeitsförderungsgesetz auf 4 % erhöht werden. Gleichzeitig wird die Beitragsermäßigung in der Rentenversicherung auf zwei Jahre limitiert. Im Ergebnis laufen diese Manipulationen auf massive Beitragserhöhungen hinaus.
    Ich möchte die FDP auch fragen, warum sie den Wegfall der Versicherungsfreigrenze mitmachen will. Diese Maßnahme führt zu widersinnigen Ergebnissen. Die hierdurch verursachten Verwaltungskosten dürften in den meisten Fällen höher als die zusätzlichen Einnahmen sein. Die Ungereimtheiten nehmen in dieser Frage kein Ende. Bei den freiwillig Versicherten verlangen Sie weiter einen Mindestbeitrag. Hier lassen Sie Minibeiträge zu, und Minirenten werden die Folge sein. Der Drang zu neuen Beitragsquellen hat hier wohl den Sachverstand etwas vernebelt, und die FDP macht trotz vieler schöner Sonntagsreden alles mit.

    (Lutz [SPD]: Und das sagt ein ehemaliger DGB-Hauptamtlicher, unglaublich!)

    Nun komme ich zu meinem letzten Punkt. Dieser Haushalt ist ein Dokument des sozialpolitischen Rückschritts, der einseitigen Belastung der Arbeitnehmer und der Ratlosigkeit. Herr Lutz, jetzt komme ich auf Ihren Zwischenruf zu sprechen. Für den Fall, daß Sie das noch nicht gelesen haben sollten, sage ich Ihnen, daß das Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der IG Metall Karl-Heinz Jansen jetzt sogar erklärt hat, zwischen IG Metall und SPD gebe es in der Sozialpolitik keine Gemeinsamkeiten mehr.

    (Zurufe von der SPD)

    Er hat Ihnen vorgeworfen, daß Sie mit dem Mähdrescher über die sozialen Leistungen hinwegfahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Ich nehme an, daß Karl-Heinz Jansen als geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes der IG Metall hauptamtlich ist. Obwohl Sie sich im letzten Wahlkampf als Garant des Netzes der sozialen Sicherheit aufgespielt haben, verunsichern Sie jetzt Versicherte und Arbeitnehmer.
    Die neue Beschwichtigungsformel bei der SPD lautet jetzt — der Finanzminister hat sie in seiner Rede verwandt —: Wir garantieren den Kernbestand der sozialen Sicherung. Was verstehen Sie un-



    Müller (Remscheid)

    ter Kernbestand? Ich weiß natürlich auch, daß unser soziales Sicherungssystem vor ernsten Herausforderungen steht. Ihre Maßnahmen aber, kurzatmige Sparaktionen und Milliardenverschiebungen, helfen nicht weiter.

    (Matthöfer [SPD]: Was hilft denn?)

    Mit diesen Maßnahmen dokumentieren Sie Ihre Rat- und Hilflosigkeit.

    (Westphal [SPD]: Wollen Sie Beitragserhöhungen oder was?)

    Voraussetzung für die dauerhafte Sanierung unseres Systems zur sozialen Sicherung ist die Wiedergewinnung der Vollbeschäftigung, und da haben Sie sich gegenseitig bescheinigt, daß Sie dazu nicht in der Lage sind.

    (Lutz [SPD]: Machen Sie einen Vorschlag, ja? Jetzt kommt ein Vorschlag!)

    Sie haben den Sozialstaat in den letzten zehn Jahren zum Gefälligkeitsstaat verfälscht.

    (Lutz [SPD]: Das ist kein Vorschlag!)

    Unsere soziale Sicherung beruht auf dem Grundgedanken der Solidarität. Gemeinschaftlich werden die Risiken abgesichert, die der einzelne allein nicht bewältigen kann.

    (Westphal [SPD]: Das wird bei den Arbeitslosen wieder weggenommen!)

    Die Solidarität der Gemeinschaft mit dem einzelnen erfordert aber auch die Solidarität des einzelnen mit. der Gemeinschaft und verbietet daher auch jeden Mißbrauch sozialer Leistungen.

    (Lutz [SPD]: Jetzt machen Sie einen Vorschlag!)

    Ich betone klar, eindeutig und mit Nachdruck: Mißbrauch muß überall, auch im Wirtschaftsbereich, abgebaut werden. Wir können nicht die Splitter im Auge der Arbeitnehmer entfernen und die Balken bei anderen übersehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Westphal [SPD]: Sehr gut, Sie kritisieren Ihre eigene Fraktion!)

    Eine der bedeutsamsten Prinzipien der christlichen Soziallehre, die Grundlage unseres Handelns ist, ist das Subsidiaritätsprinzip. Es war nie moderner als heute. Nach diesem Gestaltungsprinzip gehört der kleineren Gemeinschaft der Vorrang. Aufgabe der Sozialpolitik ist die solidarische Hilfe zur Selbsthilfe, nicht die kollektive Versorgung.

    (Matthöfer [SPD]: Jetzt kommen die konkreten Vorschläge!)

    Großorganisationen, Großkrankenhäuser, Mammutbehörden

    (Egert [SPD]: Einen Vorschlag!)

    verbreiten häufig Entpersönlichung, Anonymität und das Gefühl des Ausgeliefertseins. Es ist ein fataler Irrtum, zu glauben, daß allein der Staat soziale Probleme effizient und human lösen könnte. Trotz massiver Absicherung gegen die Wechselfälle des Lebens durch staatliche Existenzsicherung und Daseinsfürsorge ist eine gewisse Zukunftsangst auch bei der jüngeren Generation unverkennbar. Die Forderung nach weniger Staat kreuzt sich mit dem Ruf nach mehr Staat, der uns alle gegen Mißerfolge und Lebensrisiken, woher auch immer, schützen soll. Aber nicht Betreuung und damit teilweise Entmündigung ist das Gebot der Stunde, sondern die Hilfe zur Selbsthilfe

    (Lutz [SPD]: Das sagt ein Gewerkschaftler!)

    und Konzentration der geringer werdenden Mittel auf die wirklich Bedürftigen.
    Das Gebot des Grundgesetzes, die Schwachen zu schützen, das Gemeinwohl gegen Individual- oder Verbandsegoismus zu verteidigen und soziale Gerechtigkeit anzustreben, wird sich künftig ernsthafter als bisher zu bewähren haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Diese Regierung hat bewiesen, daß sie dazu nicht in der Lage ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Leeres Stroh! — Weitere Zurufe)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Glombig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eugen Glombig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Strauß hat hier heute das Wort von der „höhnischen Behandlung der Lebensfragen unseres Volkes" gebraucht. Ich kann Ihnen versichern, daß mir bei der Behandlung des gesamten Themas, das wir schon den ganzen Tag und insbesondere heute abend diskutieren, nicht sehr leicht ums Herz ist. Aber ich finde, das ist ja nun wirklich der Gipfelpunkt des Zynismus, den wir in diesem Zusammenhang und bei dieser Gelegenheit heute erleben müssen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Da wird also auf der einen Seite von Herrn Strauß von der „höhnischen Behandlung der Lebensfragen unseres Volkes" gesprochen. Wie man feststellt, wenn man sich seine Rede weiter durch den Kopf gehen läßt, meint Herr Strauß vor allem das Anspruchsdenken in unserem Volke, das angeblich durch die Gesetzgebung der sozialliberalen Koalition besonders gefördert worden ist. Er meint damit auch, mit dieser Gesetzgebung sei besonders der Mißbrauch gefördert worden.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Da hat er recht! — Hört! Hört! bei der SPD)

    Ich komme darauf gleich zu sprechen.
    Auf der anderen Seite steht Herr Müller (Remscheid) in seiner neuen Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ich finde, das war keine sehr rühmlich Vorstellung.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Beschämend!)




    Glombig
    Das liegt auf der Ebene der Äußerungen — —

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Die Beurteilung überlassen Sie bitte meinen Freunden!)

    — Ich denke, ich kann diese Beurteilung hier ruhig auch abgeben.
    Herr Müller meint nun — was den Erfahrungen entspricht, die wir in den Auseinandersetzungen der Sozialpolitiker untereinander seit Jahren ständig machen müssen —, er müsse beklagen, daß hier ein Einbruch des Sozialleistungssystems vorliege und daß wir hiermit den Leuten etwas wegnehmen wollten.
    Von Herrn Strauß ist heute nachmittag aufgezählt worden, wo dieser Leistungsabbau vorgenommen wird. Er hat die einzelnen Punkte aufgeführt. Gleichzeitig hat er versucht, Minister Lambsdorff zu Fragen des Eingriffs in den Kern unseres sozialen Leistungssystems herauszulocken.
    Dazu kann ich nur sagen: Einen Einbruch, einen Eingriff in den Kern unseres sozialen Leistungssystems können Sie in dem Konzept, das jetzt vorliegt,

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das genügt auch so!)

    überhaupt nicht feststellen. Ich habe den Eindruck, das ärgert Sie, weil Sie im Grunde genommen diesen Einbruch gern wollen und jetzt den Leuten draußen vorgaukeln möchten, Ihnen gehe es doch nur um den Mißbrauch und nicht darum, an den Kern dieses Sozialleistungssystems heranzugehen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich finde, diese Äußerungen von Ihnen, von Herrn Strauß und von anderen waren recht schwammig. Aber sie waren für mich nicht mißverständlich — für andere sollten sie mißverständlich sein —, so daß für uns -- ich komme noch darauf — doch eigentlich ganz deutlich wird, wohin die Reise mit Ihnen gehen würde, wenn Sie hier eines Tages allein oder mit anderen die Regierungsverantwortung übernähmen.

    (Zuruf von der SPD: Igittigitt!) Ich denke, das muß ganz deutlich werden.

    Was mich — auch in den Ausführungen von Herrn Strauß — besonders erschreckt hat — dazu haben Sie nichts weiter gesagt —, ist der Einbruch in einem Bereich, der auch zur Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gehört, in dem es um Menschen geht, bei denen es, wenn dieses Gesetz, das wir hier mit mehreren Novellen verabschiedet haben, richtig angewandt würde, überhaupt nicht zu Mißbrauch kommen könnte.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Und wenn dort Mißbrauch vorkommt, dann ist das ein Mißbrauch, der auf beiden Seiten begründet ist, nämlich auf der Seite derer, die mißbräuchlich Leistungen verlangen, und derer, die mißbräuchlich über die Gewährung dieser Leistungen entscheiden, sie denen geben, die sie eigentlich nicht bekommen dürften. Das ist der Bereich der Sozialhilfe.
    Ich kann Ihnen dazu nur folgendes sagen: Bereits 1975, als wir die Debatten um ein erstes Haushaltsstrukturgesetz hier in diesem Hause hatten, meine Damen und Herren, kam von seiten der Länder und der Kommunen die Klage, daß ihre Belastungen in der Sozialhilfe besonders hoch seien. Ich will nicht bestreiten, daß es ähnlich wie im Krankenhausbereich Kostensteigerungen dort gibt, wo es um die Pflege alter Menschen in Altenheimen geht. Natürlich ist das eine große Belastung für die Kommunen, und es ist eine große Belastung für die Länder. Das ist eine Frage, die zwischen uns, auf die Dauer gesehen, erst einmal behandelt und dann gelöst werden muß.
    Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit auf folgendes aufmerksam machen: Wir haben in den letzten Jahren, seit Bestehen der sozialliberalen Koalition, nicht zuletzt auf Betreiben der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, aber zusammen mit der freidemokratischen Bundestagsfraktion, und auch auf Betreiben und Druck der Fraktion der Christlich Demokratischen Union, die bei all dem möglichst noch etwas draufsetzen wollte, weil ihr das nicht genügte,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    sozialpolitische Gesetze verabschiedet. Ihr Verhalten ist im einzelnen nachzuweisen. Ich erinnere nur an dieses sehr unwürdige Spiel im Zusammenhang mit den Renten im Jahre 1972.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Es war doch wohl wirklich ein unwürdiges Spiel, als man glaubte, immer noch einmal etwas draufsetzen zu müssen.
    Nun haben wir bei den Renten eines festzustellen: Wir haben in einer Weise konsolidiert, die, wie ich glaube, auch vom Konzept her von jedem getragen werden kann. Inzwischen tragen Sie das j a mit; denn Sie wollen da doch viel weitergehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war damals das „Problemchen"!)

    Wir können auch sagen: Bei den Renten passiert hier überhaupt nichts, weder bei den Renten aus der Rentenversicherung noch bei den Renten aus der Kriegsopferversorgung. Aber wir haben durch die Gesetzgebung, die wir damals initiiert haben und die Sie mitgetragen haben, die Sie sogar noch weiter ausgestalten wollten, beträchtliche Entlastungen der Länder und Gemeinden, und zwar hauptsächlich, aber nicht allein, auf dem Gebiet der Sozialhilfe herbeigeführt. Diese Entlastung der Länder und Gemeinden hat für den Bund Belastungen in Milliardenhöhe gebracht.

    (Beifall bei der SPD)

    Das war unser gemeinsamer politischer und sozialpolitischer Wille.
    Nun will ich einige Beispiele aufführen, damit Sie einmal einen Überblick über die gemeinsamen Leistungen — soweit wir hier von Gemeinsamkeit noch reden können — bekommen. Es gibt überhaupt keine Veranlassung, zu diesem Zeitpunkt zu sagen, all das, was wir gemeinsam oder mit Teilen dieses Hauses gemacht haben, sei blanker Unsinn, den wir



    Glombig
    jetzt, vielleicht insbesondere auf Ihr Betreiben, zurücknehmen müßten. Dort, wo es zum Ausgleich des Haushalts notwendig ist, werden wir uns ganz gewiß von Fall zu Fall darüber unterhalten. Ich sage Ihnen also mal, um was es sich handelt. Es geht dabei um folgende Gesetze:
    Erstens um die Einführung der beruflichen Rehabilitation im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes. Ich erinnere Sie, weil Sie hier auch über Mißbräuche im Arbeitsförderungsgesetz geredet haben, daran, daß dieses Gesetz mit all den Regelungen, vom Ansatz her und im weiteren Ausbau, unter Ihrer Federführung in der Großen Koalition zustande gekommen ist. Es ist am 1. Juli 1969 in Kraft getreten. Sie waren damals Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit im Deutschen Bundestag.

    (Beifall bei der SPD — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Nur, Sie haben es verfälscht!)

    — Ich glaube nicht, daß ich das verfälscht habe.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Ich aber!)

    Ich glaube, es ist wichtig, Ihnen das einmal zu sagen. Damals haben Sie sich hier immer wieder als großer Gewerkschafter aufgespielt,

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Das bin ich auch heute noch!)

    und heute tun Sie so, als wenn Sie damit überhaupt nichts zu tun hätten.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz gehört dazu. Da wollen Sie auch kräftig ran, damit vor allem die, die aus minderbemittelten Familien kommen, die Chance der beruflichen Bildung nicht so haben wie diejenigen, die aus Familien höherer Einkommensgruppen kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann die Dynamisierung und Verbesserung der Kriegsopferleistungen. Sie sind unter Katzer gegen die Dynamisierung der Kriegsopferleistungen gewesen. Das ist alles nachzulesen.

    (Franke [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)

    — Natürlich ist das wahr. Ich habe doch damals in
    der Öffentlichkeit die Auseinandersetzung geführt.

    (Beifall bei der SPD)

    Katzer wollte nur von Zeit zu Zeit eine Überprüfung der Höhe der Kriegsopferrenten. Nun kann man mir ja sagen, man dürfe darauf im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung unseres Volkes nicht besonders stolz sein. Meine Damen und Herren, das kann ja möglich sein, aber eines steht doch fest: Wenn die Renten nicht nur aus entschädigungsrechtlichen Gründen gezahlt werden, sondern zur Sicherstellung des Lebensunterhalts,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    dann kann ich die Renten aus der Rentenversicherung nicht anderes behandeln wie die aus der
    Kriegsopferversorgung. Das gilt auch für alle Überlegungen innerhalb der sozialliberalen Koalition.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Einbeziehung von Schülern, Studenten und Kindergartenkindern in die gesetzliche Unfallversicherung: Hätten wir nicht die entsprechenden Schritte getan, wären das unweigerlich auch weiterhin Verpflichtungen der Sozialhilfe und damit der Kommunen und der Länder gewesen. Wir haben ihnen die Lasten abgenommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben leider noch nicht die Möglichkeit gehabt — ich sage „leider"; ich frage mich selbst, warum eigentlich nicht —, das bei all diesen Überlegungen und Diskussionen einmal zu quantifizieren, damit die Leistung dieses Hauses gerade im Rahmen der Sozialpolitik auch im Interesse der Länder und Gemeinden etwas deutlicher wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wie ist das mit der Einführung der Krankenversicherungspflicht für Landwirte, die mit einem ganz kleinen Betrage zu Lasten der Landwirte und damit fast ausschließlich zu Lasten der Steuerzahler, der Arbeitnehmer geht, die für ihre Krankenversicherung nicht einen Pfennig aus dem Bundeshaushalt bekommen?

    (Zuruf von der SPD: Sehr wahr! — Zuruf von der CDU/CSU: Gehen Sie mal zur Knappschaft!)

    Wie ist das mit der Rentenreform, mit der Rente nach Mindesteinkommen, die von Ihnen so attakkiert worden ist, und mit der Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung? Hätten wir das nicht gemacht, wäre vor allem in diesen Jahren unweigerlich eine unglaubliche Belastung für die Sozialhilfe entstanden.

    (Beifall bei der SPD — Franke [CDU/CSU]: Was haben Sie gemacht? Sie hatten doch gar keine Mehrheit im Bundestag!)

    Wie ist es denn mit der Vorziehung der Anpassungstermine in der Rentenversicherung und der Kriegsopferversorgung? — Herr Franke, Sie hätten ja auch schon, bevor Sie die Regierungsverantwortung abgeben mußten, an diesem Punkte etwas mehr machen können.

    (Franke [CDU/CSU]: Herr Glombig, ist Ihnen aus der Erinnerung gegangen, daß Sie an dem Tag im Bundestag nicht die Mehrheit hatten?)

    — Nein, da hatten wir nicht die Mehrheit. Ich habe aber den Kuhhandel im Ausschuß miterlebt, wie Sie uns da unter Druck gesetzt haben. Das ist doch wohl auch ein geschichtlicher Vorgang.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Müller [Remscheid] [CDU/CSU]: Mir kommen die Tränen!)

    Beim Krankenhausfinanzierungsgesetz stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Wenn wir keine Novellierung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes bekommen, dann ist die Finanzierung der Kranken-



    Glombig
    häuser durch den Bund wie auch die Finanzierung der Kosten für die Ausbildung der Pflegekräfte mit Ablauf dieses Jahres am Ende,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    und zwar deshalb, weil Sie von Mal zu Mal die Verabschiedung dieser Gesetze über Ihre Mehrheit im Bundesrat verhindert haben. .

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die Dynamisierung der Altershilfe für Landwirte war doch auch ein ganz gutes Geschenk, auch vornehmlich auf Kosten der Arbeitnehmer, die vor allem Steuerzahler sind.
    Beim Rehabilitationsangleichungsgesetz wären ohne die Überwindung der Kausalität und die Entwicklung hin zur Finalität die Aufgaben im Bereich der Sozialhilfe geblieben.
    Das Krankenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz mit der Einführung der zeitlich unbegrenzten Krankenhauspflege: Wissen Sie, was das heute für die Sozialhilfe bedeutete, wenn wir die Begrenzung nicht abgeschafft hätten?

    (Beifall bei der SPD)

    Zur Einführung des Konkursausfallgeldes wollen Sie mir doch nicht erzählen, daß die wirtschaftliche Entwicklung ein Ausfluß der Verwirklichung des Sozialstaatprinzips, auf das wir nach dem Grundgesetz verpflichtet sind, ist. Sind Sie nicht genauso darauf verpflichtet wie wir auch?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wollen Sie sich davon absetzen? Ist das eine Krise des Sozialstaates, womit wir es zu tun haben, oder ist das die Folge von Erscheinungen, mit denen unser Wirtschaftssystem nicht fertig wird?

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Aber die Schulden sind alle da!)

    — Die Schulden sind da, und die müssen wir auch alle gemeinsam tragen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aha! — Und jetzt zur Sache! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich bestreite ja nicht, daß sie da sind. Wir sind ja auch bereit, zur Sanierung des Haushalts all das zu tun, was notwendig ist.
    Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ist natürlich auch ein Gesetz, das zur Entlastung der Sozialhilfe führt.
    Meine Damen und Herren, wenn es darum geht, aus sozialdemokratischer Sicht den sozialpolitischen Teil des Haushaltsplans 1982 und die ergänzend dazu eingebrachten Gesetzentwürfe zu bewerten, so gibt es — das sage ich ganz offen — nur sehr wenig Anlaß zu freudiger Begeisterung. Das kann man aber auch nicht von uns verlangen. Ich weiß nicht, wer von uns so etwas verlangen wird. Es handelt sich zum Teil um schmerzliche Eingriffe. Auch das bestreite ich gar nicht; es wäre fast dumm, das nicht zuzugeben. Aber trotz allem: Wir untersützen diese Eingriffe, nicht aus Neigung oder weil sie unseren sozialpolitischen, Zielsetzungen entsprechen — beileibe nicht —, sondern aus Einsicht in das finanziell und politisch Notwendige.
    Die Sozialpolitik vollzieht sich gegenwärtig in der Zeit einer weltweiten und sich ständig noch verschärfenden Wirtschaftskrise und unter schwierigen ökonomischen und finanziellen Rahmenbedingungen. Ich will sie hier nicht nennen; sie sind oft genug benannt worden.

    (Zuruf des Abg. Franke [CDU/CSU])

    Ich will hier auch niemandem den Schwarzen Peter zuschieben, sondern nur darauf hinweisen, daß sich innerhalb dieser ökonomischen Rahmenbedingungen auch unsere Gesellschafts- und Sozialpolitik bewegen muß. Das ist doch wohl völlig klar.
    Die Sparbeschlüsse der sozialliberalen Koalition tragen dem in einer Art und Weise Rechnung, die auch aus sozialpolitischer Sicht vertretbar ist. Bei objektiver Betrachtung kann — und darauf kommt es mir an dieser Stelle an; das sage ich nicht nur so dahin, weil ich hier irgend jemandem einen Gefallen tun wollte oder weil manche glauben, ich müßte hier jemandem einen Gefallen tun, sondern ich sage das aus Überzeugung — an keiner Stelle bisher von einem wirklich gravierenden Einschnitt in das soziale Leistungsrecht gesprochen werden. Das sind Tatsachen. Wenn Sie mir das Gegenteil beweisen, bin ich bereit, um jede Veränderung in einem solchen Punkt zusammen mit Ihnen während der Ausschußberatungen zu kämpfen.

    (Zustimmung bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU)

    Vor allem aber enthalten die Sparvorschläge zahlreiche Elemente der Einschränkung von Privilegien — das ist nicht zu bestreiten — und auch von Mißbrauch — auch das ist nicht zu bestreiten — als Ansatz zu strukturellen Reformen im System der sozialen Sicherung. So kann das betrachtet werden.
    Ich komme jetzt auf das Übergangsgeld bei der beruflichen Rehabilitation und auf das Unterhaltsgeld bei Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung zu sprechen. Ich habe mich gerade im Zusammenhang mit dem besonderen Abschnitt 6 des Arbeitsförderungsgesetzes, der erst während der parlamentarischen Beratungen im Jahre 1969 hinzugekommen ist — Sie können sich daran erinnern, Herr Kollege Müller — für diese Dinge eingesetzt. Mir ist natürlich im Laufe der Zeit auch klar geworden, daß man daran zweifeln kann, ob für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation netto 100 % des Einkommens für jeden Rehabilitanden bezahlt werden müssen, vor allem dann, wenn er, wie in den meisten Fällen, neben dem Übergangsgeld auch noch Unterkunft und Verpflegung im Rahmen der Maßnahmen erhält, die von seiten der Bundesanstalt oder von seiten der Rentenversicherungsträger extra bezahlt werden müssen.
    Ich gebe Ihnen offen zu — ich finde, auch einem Sozialpolitiker muß es möglich sein, Irrtümer einzugestehen —, daß das nicht in Ordnung ist. Ich habe das deutlich empfunden, als es unterschiedliche Leistungen einmal von seiten der Rentenversicherung



    Glombig
    und zum anderen von seiten des Arbeitsförderungsgesetzes gab.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Ich bin in vielen Einrichtungen auch heute noch ehrenamtlich tätig und habe das besonders mitverfolgt. Ich glaube, das kann man verantworten.
    Es ist richtig und im wahlverstandenen Sinn sozial, den Leistungsmißbrauch im Arbeitsförderungsrecht wirksamer als bisher zu bekämpfen. Ich sage hier auch: Die Bestimmungen über Sperrzeiten, die Zumutbarkeit und die Folge von Meldeversäumnissen müssen neu geregelt werden. Solange wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und die Mißbräuche wirklich da ausschalten, wo sie unweigerlich zur Entsolidarisierung der Arbeitnehmer führen und die Dinge auf Kosten derjenigen vor sich gehen, die die Zeche zu bezahlen haben, bin ich dafür.

    (Beifall bei der SPD — Matthöfer [SPD]: Sehr wahr!)

    Es ist besonders zu begrüßen, daß endlich auch die vielen von der Unternehmerseite — die will ich hier nicht aussparen, sondern sie besonders nennen — ausgenutzten Mißbrauchsmöglichkeiten eingeschränkt oder beseitigt werden. Ich meine, hier könnte noch einiges mehr geschehen.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Wir sollten in den weiteren Gesprächen, die wir miteinander führen, nicht so tun, als ob das doch eigentlich tabu oder nicht so gravierend wäre. Das stimmt nämlich auch im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen keineswegs. Das gilt für das bekannte Wechselbad von Kurzarbeit und Überstunden beim Kurzarbeitergeld, für die systematische Ausmusterung älterer Arbeitnehmer auch dann, wenn sie gar nicht wollen, durch Ausnutzung der Möglichkeit vorgezogenen Altersruhegeldes für Arbeitslose, für die Umgehung der Sozialversicherungspflicht bei geringfügiger Beschäftigung, für zahlreiche Steuervergünstigungen und Privilegien — hier, meine ich, ist in der Tat nicht genug geschehen — und für die Leiharbeit, deren unsoziale Auswüchse wir durch schärfere Kontrollen und durch das Verbot im Bereich der Bauwirtschaft endlich bekämpfen werden. Dies alles entspricht Forderungen, die wir Sozialdemokraten zum Teil seit Jahren immer wieder erhoben haben. Es ist übrigens nichts Neues.
    Es ist ein Fortschritt, daß die Vorlage für das Zweite Haushaltsstrukturgesetz eine Umschichtung in der Finanzierung der landwirtschaftlichen Sozialpolitik - weg von der Steuerfinanzierung zur Beitragsfinanzierung — bringen wird. Das ist auch noch nicht genug, meine ich. Das haben die Sozialpolitiker der SPD seit langem gefordert. Von der CDU/ CSU habe ich heute auch beim Lamento des Kollegen Müller nicht einen Ton darüber gehört — ich müßte an dieser Stelle sonst wirklich geschlafen haben —, daß das Verhältnis von empfangener Sozialleistung und gezahlten Versicherungsbeiträgen in der landwirtschaftlichen Altershilfe und Unfallversicherung um ein Vielfaches höher ist als in der allgemeinen Sozialversicherung. In diesem Bereich wenigstens eine Teilkorrektur anzubringen war längst überfällig.
    Positiv zu bewerten sind auch die Ansätze des Krankenversicherungs- Kostendämpfungs- Ergänzungsgesetzes, die auf eine Begrenzung der Marktmacht und der Privilegien der Anbieter von Gesundheitsleistungen zielen, z. B. bei den Preisen für Zahntechnik und für Heil- und Hilfsmittel. Aber auch da geschieht bei weitem nicht genug.
    Es ist auch zu begrüßen, daß das Gesamtpaket — wir sind j a immer beim Schnüren von Paketen — den Vorschlag beinhaltet, die Kriegsopferrenten zum 1. Januar 1982 bruttolohnbezogen, d. h. um durchschnittlich 5,8 % anzuheben. Auch unter schwierigen haushalts- und finanzwirtschaftlichen Bedingungen halten wir, wie gesagt, an dem Grundsatz der Parallelität der Entwicklung von Kriegsopferrenten und Sozialrenten fest. Es war richtig, daß die sozialliberale Koalition wie in der Vergangenheit so auch diesmal den Versuchen widerstanden hat — daß es solche Versuche gab, wird nicht bestritten —, den engen Verbund der Renten aus der Kriegsopferversorgung und aus der Rentenversicherung zu lösen.