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ID0905210000

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Matthäus.: 1
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    Plenarprotokoll 9/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Collet 2901 A Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Republik Togo 2901 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/770 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksache 9/771 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 9/795 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn (Münster), Dr. Schneider, Dr. Möller, Hauser (Krefeld), Müller (Remscheid), Dr. Waffenschmidt, Dörflinger, Günther, Dr.-Ing. Kansy, Link, Magin, Niegel, Frau Pack, Frau Roitzsch, Ruf, Sauter (Epfendorf), Zierer, Dr. Blüm, Clemens, Erhard (Bad Schwalbach), Faltlhauser, Herkenrath, Kolb, Linsmeier, Dr. Pinger, Rühe, Sick, Repnik und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus — Drucksache 9/467 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Investitionstätigkeit im Baubereich und zum Abbau ungleichmäßiger Besteuerung in der Wohnungswirtschaft — Drucksache 9/796 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982) — Drucksache 9/797 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz) — Drucksache 9/799 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung — Drucksache 9/800 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 9/801 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) — Drucksache 9/798 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lammert, Kiep, Dr. Waigel, Müller (Remscheid), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Müller (Wadern), Dr. Warnke, Frau Pack, Ganz (St. Wendel), Günther, Frau Hürland, Link, Löher, Prangenberg, Sauer (Salzgitter), Stutzer, Gerstein, Metz, Vogel (Ennepetal), Borchert, Kittelmann, Vogt (Düren), Frau Fischer, Frau Karwatzki, Reddemann, Schwarz, Breuer und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Strukturkrise der deutschen Stahlindustrie — Drucksache 9/612 — Dr. Häfele CDU/CSU 2902 C Walther SPD 2910 B Hoppe FDP 2916 D Dr. Kohl CDU/CSU 2920 C Genscher, Bundesminister AA 2934 C Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 2941 C Dr. Posser, Minister des Landes NordrheinWestfalen 2957 C Westphal SPD 2968 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2977 B Gärtner FDP 2982 B Dr. Kreile CDU/CSU 2986 C Dr. Spöri SPD 2990 B Frau Matthäus-Maier FDP 2993 D Müller (Remscheid) CDU/CSU 2997 B Glombig SPD 3002 C Cronenberg FDP 3008 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 3011 D Dr. Lammert CDU/CSU 3015 A Reuschenbach SPD 3017 B Beckmann FDP 3020 B Nächste Sitzung 3022 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3023* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 2901 52. Sitzung Bonn, den 17. September 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 18. 9. Dr. Ahrens ** 18. 9. Amrehn **** 18. 9. Bahr 18. 9. Dr. Bardens ** 17. 9. Becker (Nienberge) 18. 9. Böhm (Melsungen) ** 17. 9. Brandt * 18. 9. Büchner (Speyer) ** 18. 9. Burger 18. 9. Fellner 18. 9. Frau Fischer **** 18. 9. Gobrecht **** 18. 9. Hartmann 18. 9. Hauck 18. 9. Herterich **** 18. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der 68. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich- Dr. Holtz **** 18. 9. Graf Huyn 18. 9. Ibrügger *** 18. 9. Klein (München) **** 18. 9. Köhler (Wolfsburg) **** 18. 9. Frau Krone-Appuhn 18. 9. Lemmrich ** 17. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 9. Frau Dr. Lepsius **** 18. 9. Möllemann **** 18. 9. Dr. Müller ** 17. 9. Müller (Wadern) ** 18. 9. Niegel **** 18. 9. Frau Pack ** 17. 9. Rösch ** 18. 9. Dr. Schachtschabel 18. 9. Frau Schlei 18. 9. Schluckebier **** 18. 9. Schröer (Mülheim) 18. 9. Schulte (Unna) ** 17. 9. Dr. Schwarz-Schilling 17. 9. Dr. Schwörer 18. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 18. 9. Graf Stauffenberg 18. 9. Dr. Wendig 18. 9. Dr. Wittmann (München) 18. 9. Würzbach 18.9. Zink 18. 9.
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    Rede von Dr. Dieter Spöri


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich komme zum Schluß.
    Gegenüber Ihrem bombastischen Einsparkonzept, das Sie in der letzten Woche vorgelegt haben, ist das eine seriöse Ausgangslage für unsere Beratungen in diesem Hause. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus.

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    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte diese Sparoperation '82 bei allen Ecken und Kanten und auch Mängeln, die zweifellos vorhanden sind, für eine recht beachtliche Leistung. Wenn vor einem halben Jahr jemand prophezeit hätte, diese Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien würden innerhalb eines halben Jahres ein Paket vorlegen, das Einsparungen allein 1982 von über 17 Milliarden DM und höheren Beträgen in den Folgejahren mit positiven Auswirkungen auf Bund, Länder und Gemeinden und auch auf Tarifvereinbarungen bringen würde, dann hätte man ihn mit Sicherheit verlacht. Ich glaube also, wir können uns sehen lassen.
    Als Herr Finanzminister Matthöfer gestern in dem Zusammenhang sagte, wir sollten uns diesen Erfolg nicht zerreden, da kann aus der Opposition der Zwischenruf: „Das tut ihr doch selbst!" Da ist etwas dran. Die Darstellung der Koalition war keine Glanzleistung. Sie war nicht gut. Wir haben Schwächen gezeigt. Aber wo die SPD/FDP-Koalition schlecht war, war die Opposition noch schlechter.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wo wir nicht gut waren, da waren Sie miserabel. Wo wir ganz ohne Zweifel Schwächen gezeigt haben, da war die Opposition überhaupt nicht vorhanden und wenn, dann nur dürftig. Ich kann nur sagen, meine



    Frau Matthäus-Maier
    Damen und Herren, wer unsere gewiß unter Schwierigkeiten und mit einem Sommertheater zustande gekommene Operation miterlebt hat, wer dies sieht und mit dem vergleicht, was Sie hier heute anbieten, dem, glaube ich, ist klar, daß, wie Graf Lambsdorff gesagt hat, die Opposition keine Alternativen hat und keine Alternative ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Vorstellung, hierüber würde die Koalition zerbrechen mit der Folge, daß Sie hier den Bundeskanzler stellen, oder die hie und da geäußerte Vermutung, die FDP-Fraktion würde Sie, Herr Kohl, z. B. auf Grund dessen, was Sie hier heute in Ihrer Rede geboten haben, zum Bundeskanzler wählen, halte ich nun doch für einigermaßen abwegig. Ich will das einmal klarstellen. Ich glaube, die Koalition hat wieder Tritt gefaßt.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Es wird jetzt darum gehen, das, was wir an beachtenswertem Ergebnis zustandegebracht haben, nach draußen klarzumachen.
    Die FDP steht zu der Politik seit 1969. Ich sage das hier ausdrücklich. Falsch war es — und das hat Herr Genscher heute sehr deutlich gemacht —, in das Wort „Wende" mehr hineinzugeheimnissen als das, was hier heute dargestellt worden ist. Es bedeutet nicht, daß all das, was wir gemacht haben, falsch war. Davon ist nicht die Rede, meine Damen und Herren. Das heißt nur, daß wir auf den tiefgreifenden Wandel in den ökonomischen Verhältnissen

    (Zuruf von der CDU/CSU: ... der Welt!)

    — der ganzen Welt — mit einer Änderung, mit einer Wandlung auch unserer Politik reagieren müssen.
    Ich glaube daher, daß das, was Sie hier immer in diesen Brief Gensehers hineingeheimnissen mit der „Wende", sogar mit der, wie Sie auch sagen, „gesellschaftspolitischen Wende", falsch verstanden ist. Wir haben als erste gesagt — übrigens nicht erst jetzt, sondern schon seit längerem —, wir müssen auf die geänderte Situation mit anderen Vorstellungen und anderen Reaktionen antworten. Das heißt aber beileibe nicht, daß das, was wir gemacht haben, etwa nicht in Ordnung wäre. Das, was hier in mehreren gigantischen Bildern vorgetragen wurde, nämlich hier handele es sich um eine lange, kontinuierliche Fehlentwicklung seit 1969, ist falsch. Aus diesem Grunde ist es legitim, unsere Situation mit dem Ausland zu vergleichen, nicht um von unseren zweifellos vorhandenen Schwierigkeiten abzulenken, sondern um zu zeigen, daß wir im Vergleich zu den anderen mit unseren Maßnahmen — insbesondere seit 1975 ff. Verhältnisse erreicht haben, die uns unterscheiden von den USA mit der Reagan-Politik und von England mit dem Thatcherismus. So etwas werden Sie uns auch für die Zukunft nicht einreden können.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, dann hört man in dieser Diskussion wieder diese Uraltvorwürfe: etwa von Herrn Häfele, das sei eine Täuschung des Bürgers, oder von Herrn Kohl, im Wahlkampf sei etwas ganz anderes versprochen worden bzw. das Versprochene sei nicht gehalten worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es doch auch!)

    Die Bundesregierung und die zuständigen Politiker der Regierungsparteien — für die FDP unter anderem Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff und die Haushaltsexperten Hoppe und Gärtner — haben im Wahlkampf 1980 keinen Zweifel daran gelassen, daß nach der Wahl eine Hauptaufgabe der Politik eine deutliche Reduzierung der Neuverschuldung sein müsse.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was haben Sie im Wahlkampf gesagt?)

    — Hören Sie mal, ich wollte mich j a bescheiden in den Hintergrund stellen. Da Sie mir aber die Fragen stellen, greife ich das gerne auf. Meine stereotypen Aussagen im Wahlkampf wie auch hier in diesem Hause, als wir noch in der Sitzungsperiode waren, waren die gleichen, nämlich, daß wir in der nächsten Legislaturperiode an eine Reduzierung der NettoNeuverschuldung herangehen müßten, daß alle Bevölkerungsgruppen betroffen sein würden, daß wir Subventionen und auch Leistungsgesetze in allen Bereichen würden einschränken müssen. Jeder wird das bestätigen.

    (Beifall bei der FDP)

    Es ist auch nicht gerechtfertigt, einen Keil zwischen FDP und SPD treiben zu wollen, wie Sie es manchmal tun. Ich sehe durchaus, daß einige in der SPD-Fraktion die Einsparnotwendigkeit meiner Ansicht nach später begriffen haben als wir. Aber es hat z. B. der Bundesfinanzminister im Wahlkampf 1980 gesagt, diese Operation werde nicht ohne Heulen und Zähneknirschen abgehen. Also, von „Wahlbetrug" oder ähnlichen Dingen kann überhaupt keine Rede sein.
    Der Vorwurf, wir hätten durch die Verschuldung der letzten Jahre über unsere Verhältnisse gelebt, ist auch nicht gerechtfertigt. Bis 1978 war das Gegenteil der Fall. Erst nach 1979 hat sich das in der Tat geändert. Seither ist nämlich unsere Leistungsbilanz negativ, d. h. wir nehmen mehr Güter und Dienstleistungen des Auslands in Anspruch, als wir umgekehrt dem Ausland zur Verfügung stellen. Zuvor haben wir, wenn Sie so wollen, unter unseren Verhältnissen gelebt.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    — Entschuldigen Sie, woran wollen Sie denn Leistungsfähigkeit — und das hat j a wohl etwas mit Leistungsfähigkeit zu tun — unseres Volkes ablesen, wenn nicht an seiner Leistungsbilanz. Unsere Leistungsbilanz wies einen großen Überschuß auf, so daß wir die höchsten Devisenreserven der Welt ansammeln konnten. Dies ist, wie gesagt, nicht mehr der Fall. Deswegen muß man darauf anders reagieren.
    Heute morgen kam wieder der Vorwurf, Schuldenmachen des Staates bedeute, auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben. Obwohl ich, wie gesagt, seit über 1 1/2 Jahren sage, wir müssen die Netto-Neuverschuldung zurückschrauben, halte ich doch diese



    Frau Matthäus-Maier
    pauschale Aussage für falsch. So waren sich schon Klassiker der Finanzwissenschaft einig über das, was etwa der Liberale Lorenz von Stein Ende des vorherigen Jahrhunderts so ausdrückte: „Ein Staat ohne Staatsschulden tut entweder zu wenig für seine Zukunft oder er fordert zu viel von seiner Gegenwart." Entweder verzichtet ein solcher Staat auf Zukunftsinvestitionen und gefährdet dadurch die Grundlagen der zukünftigen volkswirtschaftlichen Leistungskraft, oder er zwingt die gegenwärtigen Steuerzahler, die vollen Kosten auch solcher Investitionen zu tragen, die zu einem erheblichen Teil erst der nachfolgenden Generation zur Verfügung stehen werden. Dies ist nicht sinnvoll.

    (Beifall bei der FDP)

    Ein besonders deutliches Beispiel aus den letzten Jahren: Wir haben eine Kohlereserve, Uranvorräte und eine Mineralölbevorratung angelegt. Allein die letztere kostete über 1,5 Milliarden DM. Der Wert dieser Reserven beträgt heute ein Mehrfaches. Natürlich käme niemand auf die Idee, diese Vorräte zu verscherbeln, um damit den Schuldenabbau zu betreiben; denn selbstverständlich haben wir dadurch rentierliche Werte geschaffen. Wenn wir solche Investitionen zugunsten heutigen Konsums unterließen, würden wir tatsächlich auf Kosten unserer Kinder und Enkel leben.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Ein letztes: Hohe Kreditaufnahmen sind nicht nur gerechtfertigt, sondern nach unserem Stabilitäts-
    und Wachstumsgesetz sogar geboten, wenn durch Nachfrageausfall bei zugleich hoher Sparneigung und durch geringe Kreditaufnahme privater Investoren auf Grund nachlassender Investitionstätigkeit einerseits billiges Kapital reichlich vorhanden ist,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    und andererseits ein Konjunktureinbruch droht. Das war 1975 und in den folgenden Jahren der Fall. Daß sich die Neuverschuldung damals nicht negativ auf den Kreditmarkt ausgewirkt hat, sehen Sie daran, daß von 1974 bis 1978 bei hoher Netto-Neuverschuldung die Kapitalmarktzinsen von 10,5 auf 5,5 % und die Preissteigerungsrate von 7 % auf 2,5 % zurückgegangen sind. Also ist die undifferenzierte Aussage, dieses Schuldenmachen sei falsch, dürfe nicht sein, gehe zu Lasten unserer Enkel, nicht richtig.
    Aber, meine Damen und Herren, so wenig man Sparmaßnahmen heute damit begründen kann, daß die Politik relativ hoher Kreditaufnahmen in der Vergangenheit schon von jeher falsch gewesen sei, so wenig läßt sich eine weiter wachsende Neuverschuldung damit rechtfertigen, daß dies auch in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre erfolgreich war. Man kann das eine nicht aus dem anderen ableiten; denn wir haben heute ganz andere Rahmenbedingungen, z. B. die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wir haben die Ölkrise, ein Leistungsbilanzdefizit, eine Situation auf dem Kapitalmarkt, die ungleich ungünstiger ist. Wir haben die höchsten Realzinsen in der Nachkriegspolitik. Die Situation des Bundeshaushalts hat sich verschlechtert. Jede
    Milliarde zusätzlicher Kreditaufnahme belastet die kommenden Haushalte — beim jetzigen Zinssatz mit deutlich über 100 Millionen DM jährlich. Schließlich: Haushaltsdefizite kommen heute nicht deshalb auf uns zu, weil die Regierung und der Bundestag höhere Investitionen für nötig halten, sondern weil die nicht investiven Teile des Haushalts, z. B. die hohen Zahlungen für die Bundesanstalt für Arbeit, den Finanzrahmen zu sprengen drohen.
    Daher ist es wichtig — das sage ich insbesondere an diejenigen in diesem Hause, die noch nicht ganz einsehen, warum wir hier so einsparen müssen; es gibt sie, wie wir wissen, auch in den Koalitionsfraktionen —, in dieser Situation bei den konsumtiven Ausgaben einzusparen und die investiven Ausgaben des Haushalts zu steigern. Deswegen hat sich die FDP gegen ein isoliertes, kreditfinanziertes Ausgabenprogramm ausgesprochen — nicht, weil wir die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nicht für sinnvoll und wichtig erachten.
    Durch die öffentliche Darstellung, die FDP lehne ein Beschäftigungsprogramm ab, ist leider der falsche Eindruck entstanden, als ginge es bei den einen darum, etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun, und den anderen wäre das egal. Nein, wir sagen nur: Der Weg nach dem Muster der Jahre 1975 ff. — deficit spending in Milliardenhöhe, was j a auf deutsch kreditfinanzierte Wachstumspolitik heißt — kann bei geänderten ökonomischen und finanzpolitischen Gegebenheiten nicht eingeschlagen werden. Ein solches Programm kann nicht finanziert werden.
    Wir sind schon der Ansicht, daß wir zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiter etwas tun müssen. Und in diesem Programm sind ja bereits, wie der Bundesfinanzminister ausgeführt hat, zahlreiche Maßnahmen investiver Art enthalten. Die FDP wird auf ihrer kommenden Sitzung des Bundeshauptausschusses weitere Vorschläge unterbreiten, ein ganzes Bündel von beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Dazu gehören weitere Anreize zu privaten Investitionen, dazu gehören selbstverständlich auch weitere öffentliche Investitionen. Das ist auch nicht etwa ein Gegensatz. Ich denke dabei an den Bereich des Umweltschutzes, aber nicht nur daran. Ich will darüber hinaus ein konkretes Beispiel dafür nennen, daß in vielen Fällen öffentliche Investitionen Voraussetzung für private sind.
    In der Nähe von Bonn gibt es eine kleine Ortschaft, in der die Leute gern weitere Eigenheime bauen würden. Sie können es nicht, weil dort noch nicht einmal Kläranlagen vorhanden sind, sondern nur Sickergruben. Das bedeutet doch, daß wir zusätzliche öffentliche Investitionen für Kläranlagen ermöglichen müssen als Voraussetzung dafür, daß dort private Investitionen — Eigenheimbau — überhaupt möglich werden.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was wir brauchen, ist ein billigerer Zins!)

    — Wir brauchen einen billigeren Zins. Völlig richtig.
    Deswegen nehmen wir diese Operation vor, um den
    Kreditmarkt zu entlasten, um ihn nicht durch zu-



    Frau Matthäus-Maier
    sätzliche hohe staatliche Neuverschuldung zu belasten und den Zins dadurch höher zu treiben.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Und Ihr neues Beschäftigungsprogramm?)

    Oder ich denke an begleitende Maßnahmen wie etwa die Arbeitszeitverkürzung durch Senkung der Altersgrenze im Berufsleben, die ja viele Bürger wünschen. Viele Bürger wären nämlich bereit, einen versicherungsmathematischen Abschlag in Kauf zu nehmen, wenn sie etwas früher in Rente gehen könnten.
    Ich denke weiter an das Job sharing. Es kann sein, daß im Zusammenhang mit dem Job sharing noch keine letztendlich gültigen Patentrezepte auf dem Tisch liegen. Aber wenn die Gewerkschaften das Job sharing generell und total ablehnen, so habe ich dafür kein Verständnis.

    (Beifall bei der FDP — Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Ich erwarte vielmehr von einer Arbeitnehmerorganisation, die selbstverständlich weiß, daß es einerseits ein Bedürfnis bei Arbeitnehmern für ein solches Job sharing gibt, andererseits aber noch Probleme existieren — natürlich kann es nicht so aussehen, daß z. B. das Risiko der Krankheit zu Lasten der Beteiligten des Job sharings geht —, daß sie selber Modelle vorlegt, Vorschläge macht, wie ein solches Job sharing zu realisieren wäre. Ich erwarte, daß sich der DGB möglichst bald mit konkreten, konstruktiven Vorschlägen in die Diskussion einschaltet.
    Noch etwas zur Arbeitslosigkeit. Vergessen wir doch bitte nicht, daß wir auf Grund der Maßnahmen, die wir bis heute schon privat oder öffentlich getätigt haben, diese hohe Arbeitslosigkeit gar nicht hätten, wenn nicht wegen der demographischen, d. h. der Bevölkerungsentwicklung Jahr für Jahr etwa 100 000 mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen würden. Diese Entwicklung wird etwa bis zum Jahre 1990 fortdauern. Das Arbeitslosenproblem ist heute ja deshalb so besonders groß, weil wir, begrenzt für einen gewissen Zeitraum, wegen der Bevölkerungsentwicklung Jahr für Jahr diesen hohen Neuzugang an Arbeitskräften zu verzeichnen haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir selbstverständlich, dieses Problem einerseits aufzugreifen, andererseits aber vor Augen zu haben, daß wir für die Zeit nach 1990 mit einem Arbeitskräftemangel zu rechnen haben werden. Ich bin sicher, daß die Koalition auch diese auf uns zukommenden Probleme meistern wird. Sie wird zu ihrer Lösung gemeinsame Vorschläge machen.
    Lassen Sie mich noch etwas zu den Steuern sagen, die Sie, Herr Kreile, angesprochen haben. Wieder konnten wir heute in den verschiedenen Reden hören, die steuerliche Belastung des Bürgers nehme zu, die Steuererhöhungen im Zusammenhang mit dem Paket seien dafür ein Beispiel. Ich will Ihnen offen sagen, daß ich die Steuererhöhungen in der Sparoperation '82 nicht für optimal halte. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten die Sparoperation ohne Anhebung der Verbrauchsteuern vorgenommen, hätten diese Erhöhung vielmehr aufgehoben bis zu dem Zeitpunkt, wo die noch in dieser Legislaturperiode notwendig werdende Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler in einem weiteren Steuerentlastungspaket geregelt wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Nun, man kann sich als Steuerpolitiker diese Fragen nicht immer ganz aussuchen. Dies hätte ja ohne Zweifel bedeutet — das ist wichtig, Herr Dr. Kreile, wenn Sie dies kritisieren —, daß in Höhe dieses steuerlichen Mehraufkommens mehr Einsparungsvorschläge hätten gemacht werden müssen. Da die Vorschläge, die von Ihrer Seite kommen, nicht einmal das Volumen erreichen, das diese Regierung und diese Koalition vorlegen, muß ich die Frage stellen, wo Sie eigentlich zusätzlich einsparen würden, wenn Sie diesen Steuererhöhungen nicht folgen wollen.
    Da Sie dauernd von Steuerbelastung sprechen, darf ich übrigens daran erinnern, daß von unserem letzten Steuerentlastungspaket noch einige Teile im Jahre 1982 in Kraft treten. Das heißt: Die von dieser Regierung ins Auge gefaßte Zielrichtung, die Belastung der Bürger mit direkten Steuern abzubauen und zugleich das Verhältnis von direkten und indirekten Steuern wieder etwas mehr hin zu den indirekten zu verschieben mit der Folge, daß wir bei den indirekten Steuern etwas anheben müssen, wird sich gerade im kommenden Jahr vollziehen. Allein 1982 — das Bedauerliche ist, daß niemand mehr davon spricht — wird es steuerliche Erleichterungen bei der Lohn- und Einkommensteuer in Höhe von 3,7 Milliarden DM geben, insbesondere durch die Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge und durch die Anhebung des sogenannten Vorwegabzuges. Ich glaube also, daß Sie dies bei Ihrem Lamento über die angeblich starke Belastung des Bürgers mit Steuern berücksichtigen müssen. Ich habe es hier zwar schon mindestens zehnmal gesagt, aber ich darf es noch einmal wiederholen, weil Ihre Kritik hier sonst unbeantwortet im Raum stehenbleiben würde: Die Steuerbelastung des Bürgers seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist insgesamt nicht angewachsen, sondern in all diesen vielen Jahren gleichgeblieben.

    (Dr. Böhme [Freiburg] [SPD]: Jawohl!)

    Ihre Darstellung, das Gegenteil sei der Fall, ist nicht richtig.

    (Dr. Böhme [Freiburg] [SPD]: Jawohl!)

    Das, was angestiegen ist, sind die Abgaben für die Sozialversicherung; das bedauern wir sehr. Nur, deswegen haben wir j a schon einmal ein Gesetz zur Dämpfung der Krankheitskosten vorgelegt, und deswegen legen wir jetzt wieder einen Gesetzentwurf zur Dämpfung der Kosten im Krankheitsfalle vor. Ich glaube, daß dies wichtig ist. Denn in der Tat: Der Bürger unterscheidet, wenn er seinen Lohnzettel sieht, nicht zwischen Steuern einerseits und Abgaben andererseits. Aber Sie, Herr Kreile, als Steuerpolitiker wissen, daß die Steuerlast nicht angestiegen ist. Deswegen sollten Sie da ehrlich bleiben.
    Lassen Sie mich noch einen Wermutstropfen in diese positive Betrachtung des Sparpakets gießen. Die vorliegenden Gesetzentwürfe verkomplizieren



    Frau Matthäus-Maier
    unser Steuerrecht ganz eindeutig. Aber, Herr Kreile, das ist ja nun nicht allein die Schuld dieser Koalition. Wie die Politiker der Koalition waren es z. B. doch genauso auch Ihre Politiker, die gesagt haben: Es ist ein Unding, daß jemand acht Monate lang arbeitslos ist, den Rest des Jahres arbeitet und durch den Lohnsteuerjahresausgleich unterm Strich mehr hat als jemand, der ganzjährig erwerbstätig war. Wir ändern dieses Ärgernis in diesem Gesetzentwurf. Aber, meine Damen und Herren, allein dieser Punkt, den wir finanztechnisch als Progressionsvorbehalt bezeichnen, führt zu einer ungeheuren Verkomplizierung des Einkommensteuerrechts. Jeder, der dieses Haushaltsstrukturgesetz mit seinen zahlreichen Änderungen allein auf Grund dieser Maßnahme einmal liest, wird mir bestätigen, daß diese materiell gerechtfertigte Maßnahme unter Steuervereinfachungsgesichtspunkten nicht sein dürfte. Ich nehme aber an, daß Sie trotzdem dafür sind, so wie wir es auch sind. Aber, bitte, stellen Sie sich dann nicht ein halbes Jahr später hin, wie soeben bei § 15 a, und bejammern, daß das Einkommensteuerrecht zu kompliziert wird. Es ist richtig — deswegen sollten wir es heute schon sagen —: Wer mehr Gerechtigkeit auch im Steuerrecht fordert, muß wissen, daß dies in erheblichen Teilen auch zu mehr Komplizierung führt. Das nehmen wir mit Bedauern in Kauf. Aber, bitte, ich weise darauf hin, daß gerade diejenigen, die keine Steuerpolitiker sind, dies wissen sollten und uns nachher keine Vorwürfe machen dürfen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich hoffe und gehe davon aus, daß wir die Beratung des Haushaltsstrukturgesetzes in diesem Jahr zügig abschließen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)