Rede:
ID0905209200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Dr.: 1
    8. Spöri.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Collet 2901 A Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Republik Togo 2901 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/770 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksache 9/771 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 9/795 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn (Münster), Dr. Schneider, Dr. Möller, Hauser (Krefeld), Müller (Remscheid), Dr. Waffenschmidt, Dörflinger, Günther, Dr.-Ing. Kansy, Link, Magin, Niegel, Frau Pack, Frau Roitzsch, Ruf, Sauter (Epfendorf), Zierer, Dr. Blüm, Clemens, Erhard (Bad Schwalbach), Faltlhauser, Herkenrath, Kolb, Linsmeier, Dr. Pinger, Rühe, Sick, Repnik und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus — Drucksache 9/467 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Investitionstätigkeit im Baubereich und zum Abbau ungleichmäßiger Besteuerung in der Wohnungswirtschaft — Drucksache 9/796 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982) — Drucksache 9/797 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz) — Drucksache 9/799 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung — Drucksache 9/800 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 9/801 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) — Drucksache 9/798 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lammert, Kiep, Dr. Waigel, Müller (Remscheid), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Müller (Wadern), Dr. Warnke, Frau Pack, Ganz (St. Wendel), Günther, Frau Hürland, Link, Löher, Prangenberg, Sauer (Salzgitter), Stutzer, Gerstein, Metz, Vogel (Ennepetal), Borchert, Kittelmann, Vogt (Düren), Frau Fischer, Frau Karwatzki, Reddemann, Schwarz, Breuer und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Strukturkrise der deutschen Stahlindustrie — Drucksache 9/612 — Dr. Häfele CDU/CSU 2902 C Walther SPD 2910 B Hoppe FDP 2916 D Dr. Kohl CDU/CSU 2920 C Genscher, Bundesminister AA 2934 C Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 2941 C Dr. Posser, Minister des Landes NordrheinWestfalen 2957 C Westphal SPD 2968 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2977 B Gärtner FDP 2982 B Dr. Kreile CDU/CSU 2986 C Dr. Spöri SPD 2990 B Frau Matthäus-Maier FDP 2993 D Müller (Remscheid) CDU/CSU 2997 B Glombig SPD 3002 C Cronenberg FDP 3008 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 3011 D Dr. Lammert CDU/CSU 3015 A Reuschenbach SPD 3017 B Beckmann FDP 3020 B Nächste Sitzung 3022 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3023* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 2901 52. Sitzung Bonn, den 17. September 1981 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 18. 9. Dr. Ahrens ** 18. 9. Amrehn **** 18. 9. Bahr 18. 9. Dr. Bardens ** 17. 9. Becker (Nienberge) 18. 9. Böhm (Melsungen) ** 17. 9. Brandt * 18. 9. Büchner (Speyer) ** 18. 9. Burger 18. 9. Fellner 18. 9. Frau Fischer **** 18. 9. Gobrecht **** 18. 9. Hartmann 18. 9. Hauck 18. 9. Herterich **** 18. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der 68. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich- Dr. Holtz **** 18. 9. Graf Huyn 18. 9. Ibrügger *** 18. 9. Klein (München) **** 18. 9. Köhler (Wolfsburg) **** 18. 9. Frau Krone-Appuhn 18. 9. Lemmrich ** 17. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 9. Frau Dr. Lepsius **** 18. 9. Möllemann **** 18. 9. Dr. Müller ** 17. 9. Müller (Wadern) ** 18. 9. Niegel **** 18. 9. Frau Pack ** 17. 9. Rösch ** 18. 9. Dr. Schachtschabel 18. 9. Frau Schlei 18. 9. Schluckebier **** 18. 9. Schröer (Mülheim) 18. 9. Schulte (Unna) ** 17. 9. Dr. Schwarz-Schilling 17. 9. Dr. Schwörer 18. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 18. 9. Graf Stauffenberg 18. 9. Dr. Wendig 18. 9. Dr. Wittmann (München) 18. 9. Würzbach 18.9. Zink 18. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat für den Haushalt 1982 ein „Sparkaket" angekündigt. Schnürt man dieses Paket auf, so findet man in ihm ein weiteres Paket. Auch wenn in diesem einige wichtige und seit Jahren geforderte Maßnahmen enthalten sind — wie die Abschreibungsverbesserungen für gewerbliche Wirtschaftsgüter und Gebäude, die Erweiterung des Verlustrücktrags, die Verbesserung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes —, so handelt es sich doch im ganzen gesehen um ein Steuererhöhungspaket. In ihm enthalten sind Verbrauchsteuererhöhungen, die alle treffen, und Erhöhungen der direkten Steuern im Unternehmensbereich, welche die Investitionsfähigkeit und -bereitschaft der Unternehmen beeinträchtigen und damit die Wirtschaft insgesamt, also auch die Arbeitnehmer, im Ergebnis also alle treffen.
    Die Verbrauchsteuern auf Tabak, Branntwein und Sekt sollen drastisch erhöht werden und bereits 1982 2 Milliarden DM Mehreinnahmen erbringen, ansteigend auf 3,5 Milliarden DM im Jahr 1985. Im Finanzplanungszeitraum soll das eine Mehreinnahme von insgesamt 12 Milliarden DM ergeben.
    Die Steuererhöhungen im Unternehmensbereich, die im Ergebnis auch die Arbeitnehmer treffen, werden durch die steuerlichen Erleichterungen, nämlich die bereits genannten degressiven Abschreibungen, die Erhöhung im Rahmen des § 7, des Einkommensteuergesetzes und die Erweiterung des Verlustrücktrags, weder rechnerisch ausgeglichen, noch wird damit das Ziel erreicht, das sich die Bundesregierung jetzt endlich selbst stellen mußte, nämlich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern.
    Das Kontraproduktive dieser Steuermaßnahmen ist der Bundesregierung natürlich bewußt. Demgemäß sucht sie es zu verbergen. In sehr geschickter Weise hat deswegen der Bundesfinanzminister bei seiner Einbringungsrede zum Bundeshaushalt 1982, die manch Bemerkenswertes enthielt und für die er nicht immer den gemeinsamen Beifall der beiden Koalitionsfraktionen erhielt — der Beifall war gelegentlich sehr unterschiedlich und sehr einseitig verteilt —, versucht, mit einem umfangreichen Zahlenspiel Verwirrung über die tatsächliche Struktur des Haushalts zu stiften. Aber das nützt nichts; denn rechnet man nach, zeigt sich das Übergewicht der Abgabenerhöhungen und Einnahmenverbesserungen gegenüber den Einsparungen auf der Ausgabenseite. Die Zahlen, entwirrt man sie, sprechen das deutlich aus.



    Dr. Kreile
    Unter Einbeziehung des ersten Subventionsabbaugesetzes betragen die Mehreinnahmen 1982 zirka 17 Milliarden DM, während auf der Ausgabenseite nur zirka 5 bis 6 Milliarden DM wirklich eingespart werden. Die Bundesregierung hat damit gleich zu Beginn der Legislaturperiode, innerhalb der ersten zehn Monate, sämtliche Möglichkeiten der Einnahmeverbesserungen rigoros ausgeschöpft, die sie ohne Zustimmung der Union verwirklichen kann, d. h. ohne Zustimmung des Bundesrats.
    Die nochmalige Branntweinsteuererhöhung innerhalb kürzester Frist kennzeichnet die Zwangslage dieser Regierung, aber auch die Rücksichtslosigkeit ihres Vorgehens. Nachdem sie in einer ersten Runde alle Steuererhöhungsmöglichkeiten genutzt hat, wird nunmehr mit der zweiten Branntweinsteuererhöhung die zweite Runde eingeleitet. Das Steuerkarussell dreht sich immer schneller. Das ist das wirkliche Ergebnis des Streites um den Haushalt 1982.
    Es steht zu befürchten, daß manche der in diesem heißen Sommer aufgetauchten Pläne zu weiteren Steuererhöhungen demnächst wieder hervorgeholt werden und die Wirtschaft und den Steuerzahler erneut verunsichern. Die Brandbreite reicht von der Ergänzungsabgabe über eine allgemeine Mehrwertsteuererhöhung — sie ist um so näher, je mehr sie dementiert wird —, eine Mehrwertsteuer für Druckerzeugnisse — das haben wir alles schon gehört —, eine weitere Erhöhung der Heizölsteuer bis zur Erdgassteuer. Dem Erfindungsreichtum sind hier offenbar keine Grenzen gesetzt. Wir müssen befürchten: Diese Steuererhöhungspläne sind keineswegs vom Tisch, wie Herr Finanzminister Posser uns das vorhin hat glauben machen wollen und wie auch Herr Westphal es dargestellt hat. Das wird wiederkommen, und wir werden das auch wieder ablehnen.

    (Westphal [SPD]: Herr Kreile, ich dachte, wir reden davon, Einsparungen vorzunehmen und keine Steuerentlastungen!)

    — Wir reden über den Haushalt und über die Steuermaßnahmen, die Sie treffen wollten und nicht getroffen haben, möglicherweise aber wieder treffen wollen. Das Gespräch läuft ja immer wieder auf das gleiche hinaus. Wir reden jetzt über diesen Teil der Steuerpolitik im Rahmen des Haushalts.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Nun soll keineswegs verkannt werden, daß Bundesfinanzminister Matthöfer in seiner ausgefeilten Haushaltsrede manches Wichtige, Richtige und Beherzigenswerte, insbesondere über die Rahmenbedingungen, die für die Wirtschaft verbessert werden müssen, damit es uns allen wieder besser geht, gesagt hat. Wir stimmen mit ihm überein, daß alles getan werden muß, um die deutsche Wirtschaft zu Investitionen wieder fähig und bereit zu machen. Nur können solche Reden allein nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier gleichwohl ein Abgaben- und Steuererhöhungshaushalt vorgelegt wurde, der den privatwirtschaftlichen Handlungsspielraum, um den es nach den eigenen Erklärungen auch der Bundesregierung geht, nicht erweitert, sondern weiter einschränkt.
    Aber der Bundesfinanzminister hat nicht nur Beherzigenswertes und Richtiges gesagt, sondern auch einiges, von dem ich annehme, daß er dies überhaupt nur aus taktischen Gründen gesagt hat, einiges, was aus der Mottenkiste des Klassenkampfes stammt und in der Sache unrichtig und absurd ist.
    Nur mit Kopfschütteln, Herr Bundesfinanzminister, habe ich Ihre Bemerkung gehört — ich mußte sie nachlesen, weil ich nicht geglaubt habe, daß Sie dies gesagt haben -, die Opposition und die Bundesratsmehrheit komplizierten das Steuerrecht absichtlich, um den oberen Einkommensgruppen zu helfen, indem sie beispielsweise die Abschaffung des Kinderzuschlags bei den Sonderausgaben, nämlich 600 DM je Kind, ablehnten.
    Erst einmal: Wer hat das Steuerrecht wirklich kompliziert? Wer hat es für nötig befunden, in seinem Haus ein Dekomplizierungsreferat zu schaffen, das allerdings auch nichts anderes zustande gebracht hat, als Jahr für Jahr weitere Komplizierungen ins Steuerrecht hineinzubringen? Schauen Sie sich doch bitte alle einmal ein Einkommensteuergesetz aus dem Jahre 1969 an und vergleichen Sie es mit einem Einkommensteuergesetz aus dem Jahre 1981. Sie stellen dann fest, welch unerhörte Komplikationen hier durch die Gesetzgebungstätigkeit dieser Bundesregierung hineingekommen sind.

    (Zuruf von der SPD: Des Bundesrats!)

    — Nein, nicht der Bundesrat, sondern die Bundesregierung legt die Steuergesetze vor. Eine der groteskesten Vorschriften von der Komplikation her, die so weit geht, daß sich beispielsweise die Steuerrechtsprofessoren in einer Erklärung geweigert haben, diesen Gesetzesvorschlag, der dann auch Gesetz geworden ist, überhaupt auszulegen, ist § 15 a Einkommensteuergesetz, ein Ergebnis des Bundesfinanzministeriums.
    Des weiteren: Wie stellt sich ein Bundesfinanzminister das Steuerrecht eigentlich vor? Will er denn alle Freibeträge, die von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden und daher progressionsgerecht wirken, abschaffen? Denn es stört ihn doch offenbar, daß der Kinderzuschlag bei den Sonderausgaben von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird und daher denjenigen, die mehr Steuern zahlen, auch eine größere Entlastung bringt. Das ist aber genau die Wirkung, die der Progressionswirkung umgekehrt entspricht. Wenn der Bundesfinanzminister seine Überlegung, dies abzuschaffen, bei den Kindergeld-Additiven verwirklichen will, dann kann er dabei nicht haltmachen, dann wird er auch den Arbeitnehmerfreibetrag, dann wird er auch den Weihnachtsfreibetrag abschaffen müssen; denn der hat genau die gleiche progressionsmindernde Wirkung. Wenn er dies tut,

    (Westphal [SPD]: Das ist ja gar nicht seine Absicht!)

    dann wird er bald merken, wie die Arbeitnehmer, die Facharbeiter, die Aufsteiger, die Fleißigen und Tüchtigen im Lande, die in der Progression zum Teil schon relativ hoch liegen und die auch durchaus Ihrer Klientel angehören, über solche Versuche zur



    Dr. Kreile
    weiteren Einkommensnivellierung und damit Steuerbestrafung denken.
    Wir kommen nicht umhin, nochmals einige Worte über die Ursachen der Finanzkrise zu sagen. Die Bundesregierung und die SPD/FDP-Koalition suchen — nach dem erprobten, mittlerweile aber nicht mehr glaubwürdigen Muster — die Schuld auch diesmal wieder bei allen anderen, aber nicht oder nur ganz wenig bei sich. Auch diesmal waren es wieder die außenwirtschaftlichen Einflüsse, auf die die Bundesregierung die Schrumpfung des Sozialprodukts, das Sinken der Realeinkommen, die bedrohlich ansteigenden Arbeitslosenzahlen und die zunehmenden Inflationstendenzen zurückführt.
    Man will die eigentliche Ursache der jetzigen Finanzkrise in Vergessenheit geraten lassen. Aber diese reicht in die Zeit der Reformeuphorie zu Beginn der 70er Jahre zurück, die ein wachsendes Anspruchsdenken der Bürger durch eine Ausweitung des staatlichen Korridors entstehen ließ. Die dabei wachsende Ausgaben- und Steuerlast stieß bald an die Grenze der Belastbarkeit der Wirtschaft.
    Es ist deshalb der falsche Weg, wenn der Staat, um seinen finanzpolitischen Handlungsraum zurückzugewinnen, die Steuern erhöht, welche Steuern auch immer. Denn der Staat hat nicht zu wenig Einnahmen; er hat zu viele Ausgaben. Erhöht er wie bisher und jetzt wieder die Steuern, so wird er zu einem inflationären Preistreiber. Die Verbrauchsteuererhöhungen bei Benzin und bei Diesel, bei Heizöl — in Form einer Verlängerung der Steuer —, bei Branntwein, bei Schaumwein, bei Tabak, also bei sämtlichen gewichtigen Verbrauchsteuern des Bundes, zusammen mit den administrativen Preissteigerungen zeigen, daß hier ein maßgeblicher Inflationsfaktor geschaffen wird. Denn wenn der Staat zugreift, macht er es gründlich. So geht man offenbar davon aus, daß alles um ein Drittel erhöht werden muß. Die Automaten-Zigarettenpackung wird wohl von 3 auf 4 DM erhöht werden müssen. Die Bundespost hebt ebenfalls um ein Drittel das Briefporto von 60 auf 80 Pfennig an. Kurzum, dort werden ganz wesentliche Inflationstendenzen angesteuert.
    Im zweiten Haushaltsstrukturgesetz und den Verbrauchsteuergesetzentwürfen sind neben den drei genannten Steuerminderungen eigentlich nur Steuererhöhungen vorgesehen.
    Von den Verbrauchsteuererhöhungen steht die Tabaksteuererhöhung zum 1. Juni 1982 wegen ihrer finanziellen Bedeutung für den Fiskus und wegen der drastischen Verteuerung der Tabakerzeugnisse um rund ein Drittel im Vordergrund des Interesses. Mehr erbost als belustigt entnimmt der Steuerzahler dabei der Begründung des Gesetzentwurfs, aus welch edlen und vor allem moralischen Motiven die Tabaksteuer angehoben wird. Wesentliche Verbesserungen der Steuerstruktur, so heißt es dort, würden erreicht; außerdem seien die Steuererhöhungen gesundheitspolitisch erwünscht. — Es wirkt mehr als komisch, wenn auf ein und demselben Blatt der Regierungsvorlage die Regierung vorrechnet, was die Erhöhung der drei Verbrauchsteuern bringen soll, und gleichzeitig auf die gesundheitspolitischen Folgen hinweist, die dadurch eintreten sollen, daß weniger getrunken und weniger geraucht werden dürfte.
    Um die Gesundheit des Mitbürgers geht es dem Bundesfinanzminister offenbar nicht nur bei der Tabaksteuererhöhung, sondern auch bei der Schaumweinsteuererhöhung.
    Als 1901 im Deutschen Reichstag die seinerzeitige Sektsteuervorlage beraten wurde, erklärte der SPD- Abgeordnete Schlegel, offenbar sehr viel weniger puritanisch, als man heute bei den Gesetzesbegründungen ist:
    Ich glaube, daß die armen Leute in den schweren Stunden eines Labsals ebenso bedürftig sind wie die reichen Leute; und es ist in höchstem Maße ungerecht, wenn man dieses Labsal mit einer so hohen Steuer belegen will.
    Der wackere SPD-Abgeordnete hat deswegen bei der Einführung der Sektsteuer für seine Fraktion erklärt:
    Nach all dem sind wir nicht in der Lage, für diesen Gesetzesentwurf zu stimmen; und ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir ihn rundweg ablehnen werden.
    Es wird deswegen den Enkel dieses SPD-Abgeordneten in diesem Hause nicht wundern, wenn wir, die wir gegen jede Steuererhöhung sind, die nur dem Stopfen von Haushaltslöchern dient und die deswegen nichts mit einer Sanierung des Staatshaushalts zu tun hat, uns diesem Votum anschließen.
    Zur Sektsteuererhöhung noch eine etwas ernstere Bemerkung an den Bundesfinanzminister. Der Bundesfinanzminister braucht sich nicht zu wundern, wenn er unter den zunehmenden Druck der Europäischen Gemeinschaft kommt, nach der Sektsteuererhöhung endlich die Weinsteuer einzuführen. Der Bundesfinanzminister hat damit den Widerstand, den die Bundesrepublik Deutschland gegen die nicht in unser Steuersystem passende Weinsteuer geleistet hat, bedauerlicherweise selber entscheidend geschwächt.
    Aber den Arbeitnehmer treffen nicht nur die geplanten Verbrauchsteuererhöhungen. Ihn treffen auch eine Reihe weiterer Maßnahmen wie die Begrenzung der Lohnsteuerpauschalierung, der Wegfall der bisherigen Sozialversicherungspflichtgrenze und insbesondere die Eingriffe in die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Käme es beispielsweise zu der vorgesehenen Einschränkung der Lohnsteuerpauschalierung für Teil- und Aushilfsbeschäftigte — aber es kommt nicht dazu —, so würden zahlreiche Wirtschaftsbereiche, die Gastronomie, der Fremdenverkehr und das Zeitungswesen, die alle auf die Aushilfsbeschäftigten angewiesen sind, nachhaltig geschwächt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Man betreibt hier unter dem Motto „Beseitigung ungerechtfertigter Progressionsvorteile" einen Steuerperfektionismus zu Lasten der Arbeitnehmer. Die Einschränkung der Lohnsteuerpauschalierung und die Parallelmaßnahme in der Sozialversicherung bewirken genau das, was die Bundesregierung bekämpfen will: eine weitere Verkrustung des Arbeits-



    Dr. Kreile
    marktes, höhere Teilzeitarbeitslosigkeit und mehr Schwarzarbeit.
    Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einschränkung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer verfolgt die Bundesregierung konsequent ihren Weg weg von der individuellen und hin zur betrieblichen Vermögensbildung, zu der beständig von Schwindsucht bedrohten Kasse der Sozialversicherung.
    In der Gesetzesbegründung steht ein bemerkenswerter Satz. Er besagt, daß die Förderung der Geldvermögensbildung eine nicht mehr zeitgemäße Subvention sei. Das läßt keinen Zweifel an den Absichten der Bundesregierung zu: nach der völligen Beseitigung der Sparprämie nunmehr die Herabsetzung der Arbeitnehmersparzulage und die Reduzierung der steuerlichen Förderung der Belegschaftsaktien.
    Die Arbeitnehmer werden aber auch bald spüren, daß sich die Einschränkung der Pensionsrückstellungen — die Neuformulierung des § 6 a des Einkommensteuergesetzes — gegen sie richtet. Die betriebliche Altersversorgung ist eine der Säulen, auf denen die Altersvorsorge steht. Sie aus fiskalischen Gründen, also wegen Steuermehreinnahmen zu schwächen ist sozialpolitisch falsch, und steuerpolitisch konterkariert die Bundesregierung damit ihr eigenes Ziel, die Investitionsbereitschaft und Investitionsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Die Maßnahme ist darüber hinaus unverständlich, weil bei dem letzten Steuerpaket eine Anpassung der sogenannten Vermögensteuerbilanz an die Handelsbilanz angestrebt und zum Teil durchgeführt wurde. Hiermit nimmt man eine ganz wesentliche Erleichterung wieder zurück.
    Außerdem: die Erhöhung des Zinssatzes von 5,5 % auf 6 % kann nicht stattfinden, wenn man nicht gleichzeitig auch die Sterbetafeln ändert. Die Sterbetafeländerung ist zwar bei einer anderen Regelung durchgeführt, aber hier aus fiskalischen Gründen nicht angewandt worden.
    Es ist deswegen wirklich unverständlich, daß mit Rücksicht auf jenen starken Flügel in der Koalition, der die Gesundung unserer Wirtschaft nicht in der Stärkung privater Investitionen und Innovationen sieht, sondern in höheren Staatsausgaben und neuen Beschäftigungsprogrammen sucht, solche Maßnahmen aufgenommen wurden, die die Ertrags- und Investitionskraft der Unternehmen deutlich schwächen werden.
    Abwegig ist der Vorschlag der Bundesregierung, den Vorsteuerabzug beim Kauf von Personenwagen durch Firmen wegfallen zu lassen. Dies ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sehr viel weniger von finanzieller Bedeutung. Es geht zwar im Umsatzsteuerbereich um 1 Milliarde DM. Diese 1 Milliarde DM wird aber dadurch, daß diese Investitionssteuer auf die Pkws im Unternehmensbereich zu den Anschaffungskosten gehören und degressiv abgeschrieben werden, zu einem gewissen Teil saldiert. Aber die grundsätzliche Frage ist doch: Mit dem Verbot des Vorsteuerabzugs bei einzelnen Waren und Dienstleistungen, die in die Produktion eingehen, wird die in den letzten 15 Jahren von diesem Bundestag stets verteidigte Systematik des Mehrwertsteuersystems durchbrochen. Ich kann mir nicht vorstellen — um dies einmal klar zu sagen —, daß, wenn eine der Mitschöpferinnen des Mehrwertsteuergesetzes, die seinerzeitige Vorsitzende des Finanzausschusses, die FDP-Abgeordnete Liselotte Funcke, noch in diesem Hause wäre, eine solche absurde Maßnahme getroffen worden wäre. Wer heute , den Vorsteuerabzug bei Personenwagen versagt, der kann morgen auch bei anderen dem Staat oder der gerade regierenden Partei unlieben Wirtschaftsgütern den Vorsteuerabzug versagen. Wissen wir denn, ob es morgen nicht heißt: Mikroprozessoren sollen mit einer höheren Steuer bestraft werden! oder: Um im Medienbereich eine politisch unliebsame Entwicklung nicht eintreten zu lassen, sollen Breitband- und Glasfiberkabel mit einer solchen erhöhten Umsatzsteuer belastet werden!?
    Außerdem — das ist ganz wesentlich — wird damit ein weiterer entscheidender systematischer Gesichtspunkt der Umsatzsteuer verletzt. Zum System des deutschen Umsatzsteuerrechtes — und auch des europäischen Umsatzsteuerrechtes — gehört, daß eine Ware, die aus dem Erhebungsgebiet eines Landes, hier also der Bundesrepublik Deutschland, hinausgeht, von der Umsatzsteuer voll entlastet wird. Wenn Sie den Vorsteuerabzug versagen, geht in die betroffenen Produktionsbereiche — ich rede nicht von der Automobilindustrie, sondern von den Unternehmen, die Automobile für ihre Produktion brauchen — die Umsatzsteuer nicht als entlastbare Vorsteuer, sondern als Investitionsteuer ein und wird bei dem Grenzübergang nicht entlastet. Dies ist ein kardinaler Fehler. Er kann in keiner Weise dadurch entschuldigt werden, daß auch andere Länder diesen Fehler schon gemacht haben.
    Die Bundesregierung weiß sehr gut, daß sie diese Maßnahme überhaupt nur mit Zustimmung der EG- Kommission treffen kann. Ich hoffe sehr, daß die EG-Kommission sich genau überlegen wird, ob sie einer solchen weiteren Durchlöcherung des Umsatzsteuergesetzes ihre Zustimmung geben wird.
    Die Bundesregierung will das Umsatzsteuersystem aber offenbar nicht nur in diesem Punkt, sondern auch noch in einem anderen Punkt ramponieren, nämlich bei der Besteuerung der Leistungen der freien Berufe. Es wird so getan, als ob dadurch die freien Berufe unmittelbar belastet würden. Belastet wird aber auch hier der kleine Mann. Für den Rechtsanwalt, der ein Unternehmen berät und dem Unternehmen dafür nach der Rechtsanwaltsgebührenordnung eine Rechnung ausstellt, ist es völlig gleichgültig, ob er 6,5 % oder 13 % Umsatzsteuer in Rechnung stellt; denn im Umsatzsteuerkreislauf wird dies j a wieder ausgeglichen. Wenn der Rechtsanwalt aber einen Mieter in einem Mietprozeß vertritt und dieser dann die Kosten tragen muß, wird dieser, also der kleine Mann, künftig statt mit 6,5 % mit 13 % belastet. Wenn ein Ingenieur oder ein Architekt das Heim eines Häuslebauers plant — Planung und Durchführung des Häuslebauens sollen ja jetzt durch den verbesserten § 7 b des Einkommensteuergesetzes begünstigt werden —, dann wird gerade



    Dr. Kreile
    dieser Häuslebauer durch die Erhöhung der Umsatzsteuer getroffen, nicht die freien Berufe. — Im künstlerischen Bereich werden allerdings auch -die freien Berufe betroffen. — Ich befürchte, man hat zu wenig bedacht wie manches andere in den nun in die Beratungen des Finanzausschusses gehenden Vorschriften, daß die Umsatzsteuer nicht den freien Beruf belastet, sondern den, auf den sie überwälzt wird. Man hat dies offenbar so wenig bedacht wie den Umstand, daß zu hohe Steuern oder ein unausgewogenes Steuersystem eine demoralisierende Wirkung haben.
    Steuern sind dann zu hoch, wenn Leistungen - Produktionsleistungen, Arbeitsleistungen und Kapitalleistungen — einerseits und Nettoertrag andererseits nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Eine Gesellschaft wie die unsere, die nicht über natürliche Reichtümer verfügt, sondern ihren Wohlstand und ihre Sicherheit ausschließlich aus den Erträgen ihrer Arbeit zieht, darf mit Steuern nicht wuchern. Dies weiß man seit langem. Ein sehr kluger amerikanischer Beobachter hat — nicht jetzt, sondern im Jahre 1819 — den Satz gesagt: Wer die Macht hat, Steuern zu erheben, hat die Macht, zu zerstören. — Ich befürchte sehr, daß unter diesem Blickwinkel auch der steuerpolitische Teil des Haushaltspakets 1982 eher zu einer weiteren Zerstörung des Vertrauens der Bürger in den Staat als zur Überwindung der Haushaltskrise und zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten beiträgt. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Spöri.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Spöri


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf hier als Steuerpolitiker, als Fachpolitiker, vielleicht zunächst einmal eine Vorbemerkung zu dieser Debatte machen. Ich finde es etwas enttäuschend, daß, nachdem die Bundesrepublik drei Monate lang in diesem publizistischen „Sommerloch" auf die „Operation '82" gestarrt hat, in der dann anschließend stattfindenden Debatte, zu der die Entscheidungen und die Gesetzesvorlagen hier auf dem Tisch des Hauses liegen, heute die Hälfte der Zeit mit dem größten Aufmerksamkeitsgrad eigentlich sicherheitspolitischen Rundumschlägen gewidmet worden ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Ich glaube, wenn wir etwas näher einsteigen — ich finde das durchaus angenehm, Herr Dr. Kreile — in die Bereiche konkreter Maßnahmen, in die Behandlung dessen, was jetzt hier gesetzgebungsmäßig eingebracht worden ist, dann merken wir sehr schnell, wer hier auf der einen Seite nur finanzpolitische Ansprüche formuliert und wer Sprüche klopft und wer auf der anderen Seite versucht, hier tatsächlich durch solide, bescheidene, vielleicht auch kritikwürdige Schritte dazu beizutragen, daß unsere Probleme im haushalts- und finanzpolitischen Bereich gelöst werden. Ich nehme einmal Ihren Faden der Bereiche konkreter Maßnahmen auf und wende mich zunächst einmal dem Bereich des Subventionsabbaus zu.
    Ich habe heute morgen eigentlich nicht verstanden — Herr Dr. Häfele hat ja auch noch zur Finanzpolitik gesprochen —, wie eigentlich die Position der Union beim Subventionsabbau ist. Herr Kiep z. B. hat vor einigen Wochen nach dem „Handelsblatt" gesagt, er sei gegen einen Rasenmäher beim Subventionsabbau; so eindeutig Herr Kiep. Das habe ich heute morgen noch gelesen, gerade habe ich es nicht mehr gefunden. — Aber Sie bestätigen das durch Kopfnicken, Herr Kiep. — Anschließend kommt der Herr Häfele hier heute morgen an das Pult und erklärt, er sei in Anlehnung an die Vorschläge des Sachverständigenrates für eine Rasenmäherstrategie beim Abbau von Subventionen; das heißt, er ist für einen prozentual gleichmäßigen Abbau von Subventionen in allen Bereichen. Ich erinnere mich gleichzeitig aber noch an die Pressekonferenz in der letzten Woche, die Sie zu diesem bombastisch angekündigten Sparkonzept abgehalten haben. Da sind Sie von Journalisten gefragt worden, wie Sie es denn eigentlich mit dem Subventionsabbau halten. Da wurde dann gesagt: Wir wollen 5 % weniger haben, aber nicht pauschal, natürlich nicht mit dem Rasenmäher, sondern differenziert, konkretisiert, überall mit unterschiedlichen Prozentsätzen, mit unterschiedlichen Abschlägen in den einzelnen Bereichen. — Als man dann die Vertreter der Union auf dieser Pressekonferenz gefragt hat: Wo konkret wollen sie eigentlich streichen, bei welchen Steuervergünstigungen oder bei welchen Finanzhilfen wollen Sie streichen?, da sind Sie ausgewichen, da haben Sie nicht sagen können, wo. Da hat man nur das Schweigen im Walde gehört. Das ist vielleicht Ganghofer, aber das reicht hier nicht aus zu einer konkreten Debatte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Dr. Kreile ist, wo es konkret geworden ist, im Grunde genommen nur negativ auf unsere Vorschläge eingegangen.

    (Dr. Kreile [CDU/CSU]: Positiv kann man ja wohl nicht! — Glos [CDU/CSU]: Es geht auch nicht anders!)

    Natürlich werden unsere Vorschläge immer wieder kritisiert. Aber es ist doch ein ziemliches Plus gegenüber Ihrer Strategie, daß wir überhaupt wagen, in Bereichen konkreter Maßnahmen zu definieren, was wir subventionsabbaupolitisch überhaupt wollen, und daß wir nicht nur Subventionsabbaulyrik betreiben, wie Sie das schon jahrelang in diesem Haus machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das ist doch immer die alte Taktik: Sie fordern ständig Subventionsabbau, sagen dann auch vielleicht „5 % weniger", fordern Vorlagen von der Bundesregierung, und wenn man dann etwas vorlegt — was man natürlich kritisieren kann und darf; das gebe ich ja zu —, dann sagen Sie: So nicht. Das ist Ihre Strategie bei der Diskussion über den Subventionsabbau. Diese Erfahrung habe ich jahrelang machen müssen. Das ist einfach zuwenig, wenn man seriöse



    Dr. Spöri
    Ansprüche an die Finanzpolitik im Zusammenhang mit dem Haushalt 1982 formulieren will.
    Meine Damen und Herren, in dieser Debatte sind die konkreten Vorschläge etwas in den Hintergrund getreten. Herr Dr. Kreile hat hier aber einige Punkte genannt. Als positiv will ich folgende Punkte erwähnen:
    Erstens halt ich es für begrüßenswert, daß die steuerlichen Unternehmensvorteile bei den Pensionsrückstellungen in einer betrieblich verkraftbaren Art und Weise über mehrere Jahre hinweg zurückgedreht werden. Ich halte das deswegen für vertretbar, Herr Dr. Kreile, weil es nicht so ist, daß vor allen Dingen kleine oder mittelständische Betriebe von diesen Vorteilen profitiert hätten. In der Praxis ist es doch so, daß genau die Betriebe, die vor finanzieller Überpotenz kaum mehr laufen können, die vor Kraft strotzen, die das Geld haben, um riesige, überhöhte Pensionsrückstellungen zu machen, von dem Steuervorteil profitieren, nicht etwa irgendwelche finanzschwachen oder liquiditätsgedrückten Betriebe.
    Als zweiten Punkt nenne ich hier einen sehr illustren Paragraphen, nämlich § 6 b des Einkommensteuergesetzes. Es ist zu begrüßen, daß hier ein erster Einstieg zur Reduzierung der Steuervorteile gemacht wird. Die Veräußerungsgewinne, die künftig wiederangelegt werden, werden steuerlich nur noch zu 80 % befreit. Weiter ist bei der Wiederanlage von Veräußerungsgewinnen in Kapitalgesellschaften wichtig, daß der Bundesarbeitsminister bei den Sondergenehmigungen zur Steuerbegünstigung eingeschaltet wird, damit das Arbeitsmarktkriterium ein stärkeres Gewicht bekommt. Das wäre ja bei besonders illustren Fällen auch durchaus angebracht gewesen. Ich begrüße im Namen meiner Fraktion diesen Reformierungsschritt, der vorsichtig die bisherige Genehmigungspraxis in diesem gesetzlichen Bereich einengt und vielleicht künftige Fehlentwicklungen verhindern könnte. Es ist aber ein bißchen schade, meine ich, daß diese begrüßenswerten Anfangsschritte durch einige Vorfälle im Zusammenhang mit der Abwicklung eines alten Falles im Rahmen des § 6 b des Einkommensteuergesetzes überlagert worden sind.
    Drittens möchte ich die Tatsache hervorheben, daß wir als Steuer- und Finanzpolitiker aus der SPD endlich einmal einen alten Wunsch erfüllt bekommen: den Abbau der steuerlichen Vergünstigung im Zusammenhang mit den Rücklagen für die Entwicklungspolitik. In allen Hearings und allen Gesprächen mit Fachpolitikern hat sich ja gezeigt, daß diese steuerfreien Rücklagen überhaupt keine zusätzlichen entwicklungspolitischen Effekte bringen. Daher ist es sinnvoll, daß wir diese Steuervergünstigung abbauen.
    Der nächste erwähnenswerte Punkt — und den haben Sie, Herr Dr. Kreile, angesprochen — ist der Wegfall des Vorsteuerabzugs beim Pkw. Sie haben gesagt, wir würden deshalb Schwierigkeiten im Rahmen der EG bekommen. Ich möchte Ihnen sagen, daß hier im Grunde genommen bisher bei Selbständigen ein großer Vorteil lag, die ihre BetriebsPkws ja auch anschaffen, um sie anschließend privat zu benutzen. Hier bestand ein steuerpolitisches Gerechtigkeitsgefälle zu Otto Normalverbraucher, der sich einen Wagen gekauft hat. Ich halte es für sinnvoll, dieses Gerechtigkeitsgefälle etwas abzubauen.