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ID0905209000

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    6. Kreile.: 1
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    Plenarprotokoll 9/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Collet 2901 A Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Republik Togo 2901 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1982 (Haushaltsgesetz 1982) — Drucksache 9/770 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1981 bis 1985 — Drucksache 9/771 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz) — Drucksache 9/795 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn (Münster), Dr. Schneider, Dr. Möller, Hauser (Krefeld), Müller (Remscheid), Dr. Waffenschmidt, Dörflinger, Günther, Dr.-Ing. Kansy, Link, Magin, Niegel, Frau Pack, Frau Roitzsch, Ruf, Sauter (Epfendorf), Zierer, Dr. Blüm, Clemens, Erhard (Bad Schwalbach), Faltlhauser, Herkenrath, Kolb, Linsmeier, Dr. Pinger, Rühe, Sick, Repnik und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus — Drucksache 9/467 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Investitionstätigkeit im Baubereich und zum Abbau ungleichmäßiger Besteuerung in der Wohnungswirtschaft — Drucksache 9/796 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982) — Drucksache 9/797 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz) — Drucksache 9/799 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung — Drucksache 9/800 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Elftes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 9/801 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung (Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz) — Drucksache 9/798 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lammert, Kiep, Dr. Waigel, Müller (Remscheid), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Müller (Wadern), Dr. Warnke, Frau Pack, Ganz (St. Wendel), Günther, Frau Hürland, Link, Löher, Prangenberg, Sauer (Salzgitter), Stutzer, Gerstein, Metz, Vogel (Ennepetal), Borchert, Kittelmann, Vogt (Düren), Frau Fischer, Frau Karwatzki, Reddemann, Schwarz, Breuer und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Strukturkrise der deutschen Stahlindustrie — Drucksache 9/612 — Dr. Häfele CDU/CSU 2902 C Walther SPD 2910 B Hoppe FDP 2916 D Dr. Kohl CDU/CSU 2920 C Genscher, Bundesminister AA 2934 C Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 2941 C Dr. Posser, Minister des Landes NordrheinWestfalen 2957 C Westphal SPD 2968 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 2977 B Gärtner FDP 2982 B Dr. Kreile CDU/CSU 2986 C Dr. Spöri SPD 2990 B Frau Matthäus-Maier FDP 2993 D Müller (Remscheid) CDU/CSU 2997 B Glombig SPD 3002 C Cronenberg FDP 3008 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 3011 D Dr. Lammert CDU/CSU 3015 A Reuschenbach SPD 3017 B Beckmann FDP 3020 B Nächste Sitzung 3022 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3023* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1981 2901 52. Sitzung Bonn, den 17. September 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 18. 9. Dr. Ahrens ** 18. 9. Amrehn **** 18. 9. Bahr 18. 9. Dr. Bardens ** 17. 9. Becker (Nienberge) 18. 9. Böhm (Melsungen) ** 17. 9. Brandt * 18. 9. Büchner (Speyer) ** 18. 9. Burger 18. 9. Fellner 18. 9. Frau Fischer **** 18. 9. Gobrecht **** 18. 9. Hartmann 18. 9. Hauck 18. 9. Herterich **** 18. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung **** für die Teilnahme an der 68. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich- Dr. Holtz **** 18. 9. Graf Huyn 18. 9. Ibrügger *** 18. 9. Klein (München) **** 18. 9. Köhler (Wolfsburg) **** 18. 9. Frau Krone-Appuhn 18. 9. Lemmrich ** 17. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 9. Frau Dr. Lepsius **** 18. 9. Möllemann **** 18. 9. Dr. Müller ** 17. 9. Müller (Wadern) ** 18. 9. Niegel **** 18. 9. Frau Pack ** 17. 9. Rösch ** 18. 9. Dr. Schachtschabel 18. 9. Frau Schlei 18. 9. Schluckebier **** 18. 9. Schröer (Mülheim) 18. 9. Schulte (Unna) ** 17. 9. Dr. Schwarz-Schilling 17. 9. Dr. Schwörer 18. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 18. 9. Graf Stauffenberg 18. 9. Dr. Wendig 18. 9. Dr. Wittmann (München) 18. 9. Würzbach 18.9. Zink 18. 9.
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    Rede von Klaus Gärtner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Schröder, die Frage war doch die, ob der Kollege Albrecht bei der Behandlung des Themas, ob Kernkraftwerke in Deutschland gebaut werden sollen, bereit war, den Beitrag zu leisten, über ein Endlager, verbunden mit



    Gärtner
    einer Wiederaufarbeitungsanlage, den Kreislauf zu schließen. Der Diskussionsstand damals ging von einer Wiederaufarbeitung zum Zwecke der Endlagerung aus. So war der Zusammenhang.

    (Beifall bei der FDP)

    Von daher brauchen Sie mir nicht zu unterstellen, ich würde den Kreislauf nicht kennen.
    Jetzt wollen Sie sich vorbeimogeln, indem Sie sagen: Wir waren ja eigentlich für ein Endlager, aber nicht für so eines. Dazu kann ich nur sagen, daß es nicht angeht, wenn man noch nicht einmal für ein richtiges Zwischenlager ist — dort sieht man im Augenblick keine großen Bewegungen mehr —, wie der Kollege Riedl hinzugehen und zu sagen, daß Jungdemokraten, Jungsozialisten und andere Abgeordnete, die sich darüber ein bißchen mehr oder andere Gedanken machen, die Investitionshemmnisse seien. Man muß sie, wenn man sie auf der anderen Seite sieht, auch bei seinen eigenen politischen Freunden sehen, Herr Kollege Schröder.

    (Beifall bei der FDP)

    Nachdem der Bundeshaushalt heute in stunden- langen Reden nicht so sehr behandelt worden ist, will ich noch ganz kurz ein paar Daten zurechtrükken, die der Kollege Strauß hier in die Diskussion gebracht hat. Er hat das Kunststück fertiggebracht, ein Gesetz zu kritisieren, das er selbst verabschiedet hat — das Gesetz über die Lohnfortzahlung. Ich will das ganz einfach feststellen. Wenn sich der Kollege Strauß hier hinstellt und sagt, das, was mit der Lohnfortzahlung passiere, sei alles ganz schlimm, kann ich nur bemerken: schuldig durch eigenes Zutun — wie er das auf Latein übersetzen würde, weiß ich nicht. Im Prinzip kommt das jedenfalls am Ende heraus.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Er kann auch nicht hingehen und sagen, es müsse überall gespart werden, und keinesfalls bereit sein, aus seinem Land — jedenfalls uns gegenüber, was den Haushalt angeht — einen einzigen Sparvorschlag einzureichen, wenn es um ganz wichtige Sachen geht. Ich will nur den Flughafen München II und den Rhein-Main-Donau-Kanal nennen. Da soll nicht eingespart werden, diese Investitionen sollen natürlich noch erhöht werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Rose [CDU/CSU])

    — Herr Kollege Rose, da ich von Ihnen annehme, daß Sie Kosten-Nutzen-Analysen lesen können — so würde Herr Kollege Strauß sagen, wenn es sich um einen Kollegen der Regierungskoalition handelte — und das Ergebnis dieser Kosten-Nutzen-Analyse weiter unter 1 liegt, würde ich, wenn Sie als gestrenger Haushälter eine solche Investition genehmigten, ohne Ironie sagen: Gehen Sie in den Verkehrsausschuß. Da gehören Sie besser hin.

    (Beifall bei der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Daß das mit dem Einsparen so schwer geworden ist, sieht man allein daran, daß sich die Debatte heute weniger mit dem beschäftigt hat, was der Kollege Matthöfer hier in den Deutschen Bundestag eingebracht hat. Die Einbringungsrede hat ihre Würdigung in der Presse gefunden, in einer Qualität, wie sie sie auch verdient hatte. Die Debattenbeiträge heute beschäftigen sich, wohl weil die Einbringungsrede so gut war, im wesentlichen mit einem Brief. Es wurde für Wert befunden, einen Brief so lange hier in die Debatte einzuführen, bis die Nachfrage nach diesem Brief den Kollegen Riedl fast zu dem verfassungswidrigen Tun verleitet hätte, eine parteipolitische Propaganda mit Steuermitteln des Bundes unter die Leute zu bringen. Herr Riedl, das war ein Fauxpas, das dürfen wir nicht machen. Wir können das nicht für zulässig erklären, auch wenn wir der Meinung wären, der Brief sei es wert, verteilt zu werden.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Er wäre es auch deshalb wert verteilt zu werden, weil von Ihnen dann erwartet werden müßte, daß Sie nicht nur einen Brief lesen können, sondern im Anschluß daran bestimmte Positionen in die Spardiskussion einzuführen. Zunächst haben Sie mit 5 % oder 10 % eine Rasenmähermethode vorgeschlagen. Das ging nach dem Motto: Erst einmal mit dem elektrischen Rasenmäher über alles. Dann ist festgestellt worden, das geht zu schnell. Dann seid ihr umgestiegen auf einen Handrasenmäher. Das war immer noch zu grob. Im Augenblick seid ihr bei einer Heckenschere,

    (Heiterkeit — Beifall bei Abgeordneten der FDP — Kolb [CDU/CSU]: Sie werden noch singen dürfen, Herr Gärtner, wenn die Anträge kommen!)

    damit ihr nämlich beim Zuschneiden und Kürzen schlicht und ergreifend vorsichtig vorgehen könnt, keinem wehtut, niemandem etwas Böses tut.
    An der Stelle treffen wir uns dann, wenn im Haushaltsausschuß das Thema Bürokratie ansteht — Herr Kollege Hoppe hat das heute morgen gesagt —, wenn Personal eingespart werden soll. Da bin ich wirklich gespannt, wo eingespart werden soll, wo Tausende von Stellen eingespart werden sollen, wie Sie beim letztenmal schon beantragt hatten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zunächst einmal bei den Ministern!)

    — Da kommen Sie mit den 4 000 Stellen nicht zurande. Sie müssen weitergehen, und da wird es Positionen ähnlich wie beim Kindergeld geben, wie ich einmal sagen möchte, wo der Kollege Kohl, als er im Sommer einmal sagte, da dürfe es kein Tabu geben, gleich aus den eigenen Reihen korrigiert wurde.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Er hat das nicht so gesagt!)

    — Er hat das vielleicht nicht so gemeint oder nicht verstanden. Das ist etwas anderes.
    Aber an der Stelle wird es auch interessant werden. Man kann nicht sagen, im Personalbereich müsse abgebaut werden, und gleichzeitig Tabubereiche aufbauen. Das beginnt bei der inneren Sicherheit, wenn ich das richtig sehe. Da wird keine Stelle heruntergenommen, auch beim Bundesgrenzschutz nicht, auch beim Zoll nicht. Trotzdem wollen Sie um diese Stellenzahl verringern. Bei den Zuwendungs-



    Gärtner
    empfängern wird es auch nichts geben dürfen. Ich bin einmal gespannt, welche Beiträge von Ihrer Seite zum Thema Personalkosten in der Einzelplanberatung geleistet werden.
    Genauso interessant wird für uns die Antwort auf die Frage sein, wo 5 bis 10 % eingespart werden sollen. Der Kollege Schröder hat den hilfreichen Hinweis gegeben, man solle das nicht so ernst im Sinne von 5 % überall nehmen, sondern als 5 % insgesamt. Jetzt frage ich natürlich, wo Sie diese 10 Milliarden DM hernehmen wollen. Sie werden sie bei Subventionen und anderen Tatbeständen, die nur Hunderte von Millionen ausmachen, also weniger als eine Milliarde, schwer zusammen bekommen. Also müssen Sie an Beträge herangehen, die etwas über einer Milliarde liegen, sonst kommen Sie mit den 5 % nicht zurecht. Da bieten sich Positionen an wie z. B. die Bundesergänzungszuweisungen.

    (Zuruf von der SPD: Die können wir streichen!)

    Das sind 1,5 Milliarden DM; 10 % davon wären schon einmal 150 Millionen DM.
    Dann gibt es das Thema Berlin-Förderung. Ich habe nicht gehört, daß Sie sich zu diesem Thema äußern werden, indem Sie z. B. sagen: Berlin-Zuschuß oder Berlin-Präferenzen herunter. Das sind Milliardenbeträge, mit denen Sie auf Ihre 10 Milliarden kämen.
    Wenn Sie dann das Thema der Transferleistungen nehmen, weil Sie ja die Umstrukturierung des Haushalts von konsumtiv zu investiv auch noch mitmachen wollen, werden Sie natürlich an Positionen kommen, die z. B., so leid es uns tut, etwas mit Kindergeld zu tun haben. Das kann Ihnen bei so einer Operation passieren. Sie dürfen nur nicht vergessen, daß das vorkommen kann, und dürfen nicht hingehen und sagen, wir wären es gewesen, die allein und an dieser Stelle nachdenklich geworden seien.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Sie sollten Ihre Redezeit ein bißchen besser ausnutzen!)

    — Wissen Sie, Herr Hennig, Sie haben in der letzten Woche Ihre Redezeit in einer Form ausgenutzt, die wirklich für Sie spricht. Ich bin im Grunde dafür dankbar gewesen. Die Rede, die Sie gehalten haben, und einige Reden, die heute gehalten worden sind, machen deutlich, daß das Thema Koalitionswechsel bei Ihnen an einer Haushaltsstelle verbucht ist, wo ein Strich ist — ein sogenannter Leertitel.

    (Beifall bei der FDP und SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    An der Stelle ist klargemacht worden, daß auf die Art und Weise nicht vorgegangen werden kann.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ihr kommt noch auf den Knien an! — Heiterkeit!)

    — Wissen Sie, Herr Gerster, Herr Kollege Kohl hat heute mittag gesagt, wir wollten nur an der Macht bleiben. Ich kann da zurückgeben: Der Kollege Kohl will nur an die Macht kommen. Der hätte jede Protokollnotiz unterschrieben, wenn ich das einmal hypothetisch sagen darf, wenn es darauf angekommen wäre, hier auf die Regierungsbank zu kommen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Unterstellungen!)

    Wir sind nicht bereit, so miteinander umzugehen, daß wir uns von Ihnen vorwerfen lassen, wir hätten das nicht richtig gemacht und das nicht richtig gemacht, aber zu einer Koalition sollten wir uns gelegentlich bekennen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Zwölf Jahre lang!)

    Es wird gesagt, wir hätten 12 Jahre lang alles falsch gemacht. Sie sagen, in diesen 12 Jahren sei in dieser Bundesrepublik Deutschland ein Zustand der Zerrüttung der Staatsfinanzen eingetreten. Ich sage noch einmal: Wir sind bereit, über die Staatsverschuldung zu diskutieren.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir waren die ersten, die das im Bundestagswahlkampf auch mitgemacht haben. Wir sind der Meinung, daß das Thema nicht zu den Akten gelegt werden darf; im Gegenteil. Nur: Wir bekennen uns auch zu dem, was in den 70er Jahren mit Kreditmitteln der öffentlichen Hand passiert ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — KrollSchlüter [CDU/CSU]: Was denn?)

    — Daß wir im Verhältnis zu allen anderen Ländern andere Wirtschaftsdaten in den 70er Jahren hatten.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Das kann man wohl sagen! — Zuruf des Abg. Kroll Schlüter [CDU/CSU])

    — Herr Kroll-Schlüter, daß Sie von Jugendpolitik viel Ahnung haben, weiß ich; aber von Haushaltspolitik haben Sie offenbar gar keine Ahnung.

    (Zuruf des Abg. Gerster [Mainz] [CDU/ CSU])

    Wir haben in den 70er Jahren mit Kreditmarktmitteln eine Situation geschaffen, mit der wir über weltwirtschaftliche Krisen besser hinweggekommen sind als alle anderen Länder.

    (Kolb [CDU/CSU]: Warum ist das denn nicht dauerhaft?)

    Wenn wir im Ausland erzählen, daß es uns nach Meinung der Opposition so schlecht geht, hören wir als Antwort: Was müßt ihr für eine schlechte Opposition haben!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir haben nicht erst heute gesagt, daß wir Schwierigkeiten bei der Finanzierung der 80er Jahre haben. Die Regierungserklärung dieser Koalition vom 5. Oktober und auch der vorhergehende Wahlkampf haben klargemacht, daß wir Schwierigkeiten bei der Finanzierung der 80er Jahre sehen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Hennig [CDU/CSU])

    — Herr Hennig, vielleicht begreifen Sie wenigstens
    folgende Zahl: Wenn die Exportgüterpreise der Industrienationen in zehn Jahren um 200 % stiegen,



    Gärtner
    wenn die Energiepreise und die Einfuhrpreise für die benötigte Energie um 1 000 % stiegen, so ist ein schlichter Denkprozeß notwendig, um zu erkennen, daß wir fünfmal mehr ins Ausland transferiert haben, als wir von dort bekommen haben.

    (Zuruf von der SPD: Das verstehen die Ignoranten nicht!)

    Das heißt schlicht und ergreifend, daß sich etwas verändert hat, was wir nicht allein zu verantworten haben; es rührt daher, daß wir eine Produktionsstruktur haben, die in den 60er Jahren auf die sogenannte billige Energiedarbietung umgestellt worden ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Wer hat denn in den 60er Jahren auf das sogenannte billige Erdöl umgestellt? Wir natürlich auch.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Das war die FDP/CDU-Koalition! Da schämt ihr euch heute! Das waren doch eure besten Zeiten mit uns!)

    — Herr Haase, wir waren die ersten, die gesagt haben: Es wird schmerzvoll sein, davon wieder herunterzukommen. Es wird auch schmerzvoll sein, wenn man die Leistungsbilanzdefizite abbauen wird, wenn man den Leuten den Verbrauch etwas verteuert.
    Nur: Wir haben das durchgesetzt, wir haben das gemacht. Sie waren immer dagegen. Aber draußen sind Sie die Größten, obwohl Sie diejenigen waren, die im Grunde alles verhindern wollten, was Belastungen angeht. Für alle guten Sachen wie Kindergeld oder Erziehungsgeld sind Sie da. Ich finde das schon beachtlich.
    Niedersachsen steht mit einer Summe von 509 Millionen DM auf der Liste der Ergänzungszuweisungen. Aber dort gibt es ein Erziehungsgeld. Ich frage mich nur: Womit wird das in Niedersachsen eigentlich finanziert? Wird das aus dem Bundeshaushalt finanziert? Ich weiß es nicht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn wir das zweite Haushaltsstrukturgesetz im Zusammenhang mit dem Haushalt 1982 auf den Weg bringen, wie wir es meinen, sind wir die Probleme nicht los. Das weiß bei uns auch jeder. Wir sind aber sicher, daß wir bis 1984 die Probleme lösen werden, und zwar gemeinsam.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na! Mit denen nicht!)

    — Wissen Sie, das ist j a das Schöne: Wenn Sie bei uns die Leute immer so auschecken wollen und sagen „Mit denen nicht!", dann sagen wir andersherum: Mit Ihnen auch nicht! Wir machen eine Koalition bis 1984 weiter, mit allen unseren Schwierigkeiten.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Viel Vergnügen!)

    Von daher, so muß ich sagen, war die Operation für
    eines gut: Sie und die Öffentlichkeit haben gemerkt,
    daß diese Koalition aus zwei Parteien besteht, und das ist eigentlich gar nicht schlecht.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Ein Riesensommerloch!)

    Bei Ihnen war die Operation schon schwierig, obwohl Sie angeblich aus einer Partei bestehen. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Dr. Kreile.

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    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat für den Haushalt 1982 ein „Sparkaket" angekündigt. Schnürt man dieses Paket auf, so findet man in ihm ein weiteres Paket. Auch wenn in diesem einige wichtige und seit Jahren geforderte Maßnahmen enthalten sind — wie die Abschreibungsverbesserungen für gewerbliche Wirtschaftsgüter und Gebäude, die Erweiterung des Verlustrücktrags, die Verbesserung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes —, so handelt es sich doch im ganzen gesehen um ein Steuererhöhungspaket. In ihm enthalten sind Verbrauchsteuererhöhungen, die alle treffen, und Erhöhungen der direkten Steuern im Unternehmensbereich, welche die Investitionsfähigkeit und -bereitschaft der Unternehmen beeinträchtigen und damit die Wirtschaft insgesamt, also auch die Arbeitnehmer, im Ergebnis also alle treffen.
    Die Verbrauchsteuern auf Tabak, Branntwein und Sekt sollen drastisch erhöht werden und bereits 1982 2 Milliarden DM Mehreinnahmen erbringen, ansteigend auf 3,5 Milliarden DM im Jahr 1985. Im Finanzplanungszeitraum soll das eine Mehreinnahme von insgesamt 12 Milliarden DM ergeben.
    Die Steuererhöhungen im Unternehmensbereich, die im Ergebnis auch die Arbeitnehmer treffen, werden durch die steuerlichen Erleichterungen, nämlich die bereits genannten degressiven Abschreibungen, die Erhöhung im Rahmen des § 7, des Einkommensteuergesetzes und die Erweiterung des Verlustrücktrags, weder rechnerisch ausgeglichen, noch wird damit das Ziel erreicht, das sich die Bundesregierung jetzt endlich selbst stellen mußte, nämlich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu verbessern.
    Das Kontraproduktive dieser Steuermaßnahmen ist der Bundesregierung natürlich bewußt. Demgemäß sucht sie es zu verbergen. In sehr geschickter Weise hat deswegen der Bundesfinanzminister bei seiner Einbringungsrede zum Bundeshaushalt 1982, die manch Bemerkenswertes enthielt und für die er nicht immer den gemeinsamen Beifall der beiden Koalitionsfraktionen erhielt — der Beifall war gelegentlich sehr unterschiedlich und sehr einseitig verteilt —, versucht, mit einem umfangreichen Zahlenspiel Verwirrung über die tatsächliche Struktur des Haushalts zu stiften. Aber das nützt nichts; denn rechnet man nach, zeigt sich das Übergewicht der Abgabenerhöhungen und Einnahmenverbesserungen gegenüber den Einsparungen auf der Ausgabenseite. Die Zahlen, entwirrt man sie, sprechen das deutlich aus.



    Dr. Kreile
    Unter Einbeziehung des ersten Subventionsabbaugesetzes betragen die Mehreinnahmen 1982 zirka 17 Milliarden DM, während auf der Ausgabenseite nur zirka 5 bis 6 Milliarden DM wirklich eingespart werden. Die Bundesregierung hat damit gleich zu Beginn der Legislaturperiode, innerhalb der ersten zehn Monate, sämtliche Möglichkeiten der Einnahmeverbesserungen rigoros ausgeschöpft, die sie ohne Zustimmung der Union verwirklichen kann, d. h. ohne Zustimmung des Bundesrats.
    Die nochmalige Branntweinsteuererhöhung innerhalb kürzester Frist kennzeichnet die Zwangslage dieser Regierung, aber auch die Rücksichtslosigkeit ihres Vorgehens. Nachdem sie in einer ersten Runde alle Steuererhöhungsmöglichkeiten genutzt hat, wird nunmehr mit der zweiten Branntweinsteuererhöhung die zweite Runde eingeleitet. Das Steuerkarussell dreht sich immer schneller. Das ist das wirkliche Ergebnis des Streites um den Haushalt 1982.
    Es steht zu befürchten, daß manche der in diesem heißen Sommer aufgetauchten Pläne zu weiteren Steuererhöhungen demnächst wieder hervorgeholt werden und die Wirtschaft und den Steuerzahler erneut verunsichern. Die Brandbreite reicht von der Ergänzungsabgabe über eine allgemeine Mehrwertsteuererhöhung — sie ist um so näher, je mehr sie dementiert wird —, eine Mehrwertsteuer für Druckerzeugnisse — das haben wir alles schon gehört —, eine weitere Erhöhung der Heizölsteuer bis zur Erdgassteuer. Dem Erfindungsreichtum sind hier offenbar keine Grenzen gesetzt. Wir müssen befürchten: Diese Steuererhöhungspläne sind keineswegs vom Tisch, wie Herr Finanzminister Posser uns das vorhin hat glauben machen wollen und wie auch Herr Westphal es dargestellt hat. Das wird wiederkommen, und wir werden das auch wieder ablehnen.

    (Westphal [SPD]: Herr Kreile, ich dachte, wir reden davon, Einsparungen vorzunehmen und keine Steuerentlastungen!)

    — Wir reden über den Haushalt und über die Steuermaßnahmen, die Sie treffen wollten und nicht getroffen haben, möglicherweise aber wieder treffen wollen. Das Gespräch läuft ja immer wieder auf das gleiche hinaus. Wir reden jetzt über diesen Teil der Steuerpolitik im Rahmen des Haushalts.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Nun soll keineswegs verkannt werden, daß Bundesfinanzminister Matthöfer in seiner ausgefeilten Haushaltsrede manches Wichtige, Richtige und Beherzigenswerte, insbesondere über die Rahmenbedingungen, die für die Wirtschaft verbessert werden müssen, damit es uns allen wieder besser geht, gesagt hat. Wir stimmen mit ihm überein, daß alles getan werden muß, um die deutsche Wirtschaft zu Investitionen wieder fähig und bereit zu machen. Nur können solche Reden allein nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier gleichwohl ein Abgaben- und Steuererhöhungshaushalt vorgelegt wurde, der den privatwirtschaftlichen Handlungsspielraum, um den es nach den eigenen Erklärungen auch der Bundesregierung geht, nicht erweitert, sondern weiter einschränkt.
    Aber der Bundesfinanzminister hat nicht nur Beherzigenswertes und Richtiges gesagt, sondern auch einiges, von dem ich annehme, daß er dies überhaupt nur aus taktischen Gründen gesagt hat, einiges, was aus der Mottenkiste des Klassenkampfes stammt und in der Sache unrichtig und absurd ist.
    Nur mit Kopfschütteln, Herr Bundesfinanzminister, habe ich Ihre Bemerkung gehört — ich mußte sie nachlesen, weil ich nicht geglaubt habe, daß Sie dies gesagt haben -, die Opposition und die Bundesratsmehrheit komplizierten das Steuerrecht absichtlich, um den oberen Einkommensgruppen zu helfen, indem sie beispielsweise die Abschaffung des Kinderzuschlags bei den Sonderausgaben, nämlich 600 DM je Kind, ablehnten.
    Erst einmal: Wer hat das Steuerrecht wirklich kompliziert? Wer hat es für nötig befunden, in seinem Haus ein Dekomplizierungsreferat zu schaffen, das allerdings auch nichts anderes zustande gebracht hat, als Jahr für Jahr weitere Komplizierungen ins Steuerrecht hineinzubringen? Schauen Sie sich doch bitte alle einmal ein Einkommensteuergesetz aus dem Jahre 1969 an und vergleichen Sie es mit einem Einkommensteuergesetz aus dem Jahre 1981. Sie stellen dann fest, welch unerhörte Komplikationen hier durch die Gesetzgebungstätigkeit dieser Bundesregierung hineingekommen sind.

    (Zuruf von der SPD: Des Bundesrats!)

    — Nein, nicht der Bundesrat, sondern die Bundesregierung legt die Steuergesetze vor. Eine der groteskesten Vorschriften von der Komplikation her, die so weit geht, daß sich beispielsweise die Steuerrechtsprofessoren in einer Erklärung geweigert haben, diesen Gesetzesvorschlag, der dann auch Gesetz geworden ist, überhaupt auszulegen, ist § 15 a Einkommensteuergesetz, ein Ergebnis des Bundesfinanzministeriums.
    Des weiteren: Wie stellt sich ein Bundesfinanzminister das Steuerrecht eigentlich vor? Will er denn alle Freibeträge, die von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden und daher progressionsgerecht wirken, abschaffen? Denn es stört ihn doch offenbar, daß der Kinderzuschlag bei den Sonderausgaben von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird und daher denjenigen, die mehr Steuern zahlen, auch eine größere Entlastung bringt. Das ist aber genau die Wirkung, die der Progressionswirkung umgekehrt entspricht. Wenn der Bundesfinanzminister seine Überlegung, dies abzuschaffen, bei den Kindergeld-Additiven verwirklichen will, dann kann er dabei nicht haltmachen, dann wird er auch den Arbeitnehmerfreibetrag, dann wird er auch den Weihnachtsfreibetrag abschaffen müssen; denn der hat genau die gleiche progressionsmindernde Wirkung. Wenn er dies tut,

    (Westphal [SPD]: Das ist ja gar nicht seine Absicht!)

    dann wird er bald merken, wie die Arbeitnehmer, die Facharbeiter, die Aufsteiger, die Fleißigen und Tüchtigen im Lande, die in der Progression zum Teil schon relativ hoch liegen und die auch durchaus Ihrer Klientel angehören, über solche Versuche zur



    Dr. Kreile
    weiteren Einkommensnivellierung und damit Steuerbestrafung denken.
    Wir kommen nicht umhin, nochmals einige Worte über die Ursachen der Finanzkrise zu sagen. Die Bundesregierung und die SPD/FDP-Koalition suchen — nach dem erprobten, mittlerweile aber nicht mehr glaubwürdigen Muster — die Schuld auch diesmal wieder bei allen anderen, aber nicht oder nur ganz wenig bei sich. Auch diesmal waren es wieder die außenwirtschaftlichen Einflüsse, auf die die Bundesregierung die Schrumpfung des Sozialprodukts, das Sinken der Realeinkommen, die bedrohlich ansteigenden Arbeitslosenzahlen und die zunehmenden Inflationstendenzen zurückführt.
    Man will die eigentliche Ursache der jetzigen Finanzkrise in Vergessenheit geraten lassen. Aber diese reicht in die Zeit der Reformeuphorie zu Beginn der 70er Jahre zurück, die ein wachsendes Anspruchsdenken der Bürger durch eine Ausweitung des staatlichen Korridors entstehen ließ. Die dabei wachsende Ausgaben- und Steuerlast stieß bald an die Grenze der Belastbarkeit der Wirtschaft.
    Es ist deshalb der falsche Weg, wenn der Staat, um seinen finanzpolitischen Handlungsraum zurückzugewinnen, die Steuern erhöht, welche Steuern auch immer. Denn der Staat hat nicht zu wenig Einnahmen; er hat zu viele Ausgaben. Erhöht er wie bisher und jetzt wieder die Steuern, so wird er zu einem inflationären Preistreiber. Die Verbrauchsteuererhöhungen bei Benzin und bei Diesel, bei Heizöl — in Form einer Verlängerung der Steuer —, bei Branntwein, bei Schaumwein, bei Tabak, also bei sämtlichen gewichtigen Verbrauchsteuern des Bundes, zusammen mit den administrativen Preissteigerungen zeigen, daß hier ein maßgeblicher Inflationsfaktor geschaffen wird. Denn wenn der Staat zugreift, macht er es gründlich. So geht man offenbar davon aus, daß alles um ein Drittel erhöht werden muß. Die Automaten-Zigarettenpackung wird wohl von 3 auf 4 DM erhöht werden müssen. Die Bundespost hebt ebenfalls um ein Drittel das Briefporto von 60 auf 80 Pfennig an. Kurzum, dort werden ganz wesentliche Inflationstendenzen angesteuert.
    Im zweiten Haushaltsstrukturgesetz und den Verbrauchsteuergesetzentwürfen sind neben den drei genannten Steuerminderungen eigentlich nur Steuererhöhungen vorgesehen.
    Von den Verbrauchsteuererhöhungen steht die Tabaksteuererhöhung zum 1. Juni 1982 wegen ihrer finanziellen Bedeutung für den Fiskus und wegen der drastischen Verteuerung der Tabakerzeugnisse um rund ein Drittel im Vordergrund des Interesses. Mehr erbost als belustigt entnimmt der Steuerzahler dabei der Begründung des Gesetzentwurfs, aus welch edlen und vor allem moralischen Motiven die Tabaksteuer angehoben wird. Wesentliche Verbesserungen der Steuerstruktur, so heißt es dort, würden erreicht; außerdem seien die Steuererhöhungen gesundheitspolitisch erwünscht. — Es wirkt mehr als komisch, wenn auf ein und demselben Blatt der Regierungsvorlage die Regierung vorrechnet, was die Erhöhung der drei Verbrauchsteuern bringen soll, und gleichzeitig auf die gesundheitspolitischen Folgen hinweist, die dadurch eintreten sollen, daß weniger getrunken und weniger geraucht werden dürfte.
    Um die Gesundheit des Mitbürgers geht es dem Bundesfinanzminister offenbar nicht nur bei der Tabaksteuererhöhung, sondern auch bei der Schaumweinsteuererhöhung.
    Als 1901 im Deutschen Reichstag die seinerzeitige Sektsteuervorlage beraten wurde, erklärte der SPD- Abgeordnete Schlegel, offenbar sehr viel weniger puritanisch, als man heute bei den Gesetzesbegründungen ist:
    Ich glaube, daß die armen Leute in den schweren Stunden eines Labsals ebenso bedürftig sind wie die reichen Leute; und es ist in höchstem Maße ungerecht, wenn man dieses Labsal mit einer so hohen Steuer belegen will.
    Der wackere SPD-Abgeordnete hat deswegen bei der Einführung der Sektsteuer für seine Fraktion erklärt:
    Nach all dem sind wir nicht in der Lage, für diesen Gesetzesentwurf zu stimmen; und ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir ihn rundweg ablehnen werden.
    Es wird deswegen den Enkel dieses SPD-Abgeordneten in diesem Hause nicht wundern, wenn wir, die wir gegen jede Steuererhöhung sind, die nur dem Stopfen von Haushaltslöchern dient und die deswegen nichts mit einer Sanierung des Staatshaushalts zu tun hat, uns diesem Votum anschließen.
    Zur Sektsteuererhöhung noch eine etwas ernstere Bemerkung an den Bundesfinanzminister. Der Bundesfinanzminister braucht sich nicht zu wundern, wenn er unter den zunehmenden Druck der Europäischen Gemeinschaft kommt, nach der Sektsteuererhöhung endlich die Weinsteuer einzuführen. Der Bundesfinanzminister hat damit den Widerstand, den die Bundesrepublik Deutschland gegen die nicht in unser Steuersystem passende Weinsteuer geleistet hat, bedauerlicherweise selber entscheidend geschwächt.
    Aber den Arbeitnehmer treffen nicht nur die geplanten Verbrauchsteuererhöhungen. Ihn treffen auch eine Reihe weiterer Maßnahmen wie die Begrenzung der Lohnsteuerpauschalierung, der Wegfall der bisherigen Sozialversicherungspflichtgrenze und insbesondere die Eingriffe in die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Käme es beispielsweise zu der vorgesehenen Einschränkung der Lohnsteuerpauschalierung für Teil- und Aushilfsbeschäftigte — aber es kommt nicht dazu —, so würden zahlreiche Wirtschaftsbereiche, die Gastronomie, der Fremdenverkehr und das Zeitungswesen, die alle auf die Aushilfsbeschäftigten angewiesen sind, nachhaltig geschwächt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Man betreibt hier unter dem Motto „Beseitigung ungerechtfertigter Progressionsvorteile" einen Steuerperfektionismus zu Lasten der Arbeitnehmer. Die Einschränkung der Lohnsteuerpauschalierung und die Parallelmaßnahme in der Sozialversicherung bewirken genau das, was die Bundesregierung bekämpfen will: eine weitere Verkrustung des Arbeits-



    Dr. Kreile
    marktes, höhere Teilzeitarbeitslosigkeit und mehr Schwarzarbeit.
    Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einschränkung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer verfolgt die Bundesregierung konsequent ihren Weg weg von der individuellen und hin zur betrieblichen Vermögensbildung, zu der beständig von Schwindsucht bedrohten Kasse der Sozialversicherung.
    In der Gesetzesbegründung steht ein bemerkenswerter Satz. Er besagt, daß die Förderung der Geldvermögensbildung eine nicht mehr zeitgemäße Subvention sei. Das läßt keinen Zweifel an den Absichten der Bundesregierung zu: nach der völligen Beseitigung der Sparprämie nunmehr die Herabsetzung der Arbeitnehmersparzulage und die Reduzierung der steuerlichen Förderung der Belegschaftsaktien.
    Die Arbeitnehmer werden aber auch bald spüren, daß sich die Einschränkung der Pensionsrückstellungen — die Neuformulierung des § 6 a des Einkommensteuergesetzes — gegen sie richtet. Die betriebliche Altersversorgung ist eine der Säulen, auf denen die Altersvorsorge steht. Sie aus fiskalischen Gründen, also wegen Steuermehreinnahmen zu schwächen ist sozialpolitisch falsch, und steuerpolitisch konterkariert die Bundesregierung damit ihr eigenes Ziel, die Investitionsbereitschaft und Investitionsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Die Maßnahme ist darüber hinaus unverständlich, weil bei dem letzten Steuerpaket eine Anpassung der sogenannten Vermögensteuerbilanz an die Handelsbilanz angestrebt und zum Teil durchgeführt wurde. Hiermit nimmt man eine ganz wesentliche Erleichterung wieder zurück.
    Außerdem: die Erhöhung des Zinssatzes von 5,5 % auf 6 % kann nicht stattfinden, wenn man nicht gleichzeitig auch die Sterbetafeln ändert. Die Sterbetafeländerung ist zwar bei einer anderen Regelung durchgeführt, aber hier aus fiskalischen Gründen nicht angewandt worden.
    Es ist deswegen wirklich unverständlich, daß mit Rücksicht auf jenen starken Flügel in der Koalition, der die Gesundung unserer Wirtschaft nicht in der Stärkung privater Investitionen und Innovationen sieht, sondern in höheren Staatsausgaben und neuen Beschäftigungsprogrammen sucht, solche Maßnahmen aufgenommen wurden, die die Ertrags- und Investitionskraft der Unternehmen deutlich schwächen werden.
    Abwegig ist der Vorschlag der Bundesregierung, den Vorsteuerabzug beim Kauf von Personenwagen durch Firmen wegfallen zu lassen. Dies ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sehr viel weniger von finanzieller Bedeutung. Es geht zwar im Umsatzsteuerbereich um 1 Milliarde DM. Diese 1 Milliarde DM wird aber dadurch, daß diese Investitionssteuer auf die Pkws im Unternehmensbereich zu den Anschaffungskosten gehören und degressiv abgeschrieben werden, zu einem gewissen Teil saldiert. Aber die grundsätzliche Frage ist doch: Mit dem Verbot des Vorsteuerabzugs bei einzelnen Waren und Dienstleistungen, die in die Produktion eingehen, wird die in den letzten 15 Jahren von diesem Bundestag stets verteidigte Systematik des Mehrwertsteuersystems durchbrochen. Ich kann mir nicht vorstellen — um dies einmal klar zu sagen —, daß, wenn eine der Mitschöpferinnen des Mehrwertsteuergesetzes, die seinerzeitige Vorsitzende des Finanzausschusses, die FDP-Abgeordnete Liselotte Funcke, noch in diesem Hause wäre, eine solche absurde Maßnahme getroffen worden wäre. Wer heute , den Vorsteuerabzug bei Personenwagen versagt, der kann morgen auch bei anderen dem Staat oder der gerade regierenden Partei unlieben Wirtschaftsgütern den Vorsteuerabzug versagen. Wissen wir denn, ob es morgen nicht heißt: Mikroprozessoren sollen mit einer höheren Steuer bestraft werden! oder: Um im Medienbereich eine politisch unliebsame Entwicklung nicht eintreten zu lassen, sollen Breitband- und Glasfiberkabel mit einer solchen erhöhten Umsatzsteuer belastet werden!?
    Außerdem — das ist ganz wesentlich — wird damit ein weiterer entscheidender systematischer Gesichtspunkt der Umsatzsteuer verletzt. Zum System des deutschen Umsatzsteuerrechtes — und auch des europäischen Umsatzsteuerrechtes — gehört, daß eine Ware, die aus dem Erhebungsgebiet eines Landes, hier also der Bundesrepublik Deutschland, hinausgeht, von der Umsatzsteuer voll entlastet wird. Wenn Sie den Vorsteuerabzug versagen, geht in die betroffenen Produktionsbereiche — ich rede nicht von der Automobilindustrie, sondern von den Unternehmen, die Automobile für ihre Produktion brauchen — die Umsatzsteuer nicht als entlastbare Vorsteuer, sondern als Investitionsteuer ein und wird bei dem Grenzübergang nicht entlastet. Dies ist ein kardinaler Fehler. Er kann in keiner Weise dadurch entschuldigt werden, daß auch andere Länder diesen Fehler schon gemacht haben.
    Die Bundesregierung weiß sehr gut, daß sie diese Maßnahme überhaupt nur mit Zustimmung der EG- Kommission treffen kann. Ich hoffe sehr, daß die EG-Kommission sich genau überlegen wird, ob sie einer solchen weiteren Durchlöcherung des Umsatzsteuergesetzes ihre Zustimmung geben wird.
    Die Bundesregierung will das Umsatzsteuersystem aber offenbar nicht nur in diesem Punkt, sondern auch noch in einem anderen Punkt ramponieren, nämlich bei der Besteuerung der Leistungen der freien Berufe. Es wird so getan, als ob dadurch die freien Berufe unmittelbar belastet würden. Belastet wird aber auch hier der kleine Mann. Für den Rechtsanwalt, der ein Unternehmen berät und dem Unternehmen dafür nach der Rechtsanwaltsgebührenordnung eine Rechnung ausstellt, ist es völlig gleichgültig, ob er 6,5 % oder 13 % Umsatzsteuer in Rechnung stellt; denn im Umsatzsteuerkreislauf wird dies j a wieder ausgeglichen. Wenn der Rechtsanwalt aber einen Mieter in einem Mietprozeß vertritt und dieser dann die Kosten tragen muß, wird dieser, also der kleine Mann, künftig statt mit 6,5 % mit 13 % belastet. Wenn ein Ingenieur oder ein Architekt das Heim eines Häuslebauers plant — Planung und Durchführung des Häuslebauens sollen ja jetzt durch den verbesserten § 7 b des Einkommensteuergesetzes begünstigt werden —, dann wird gerade



    Dr. Kreile
    dieser Häuslebauer durch die Erhöhung der Umsatzsteuer getroffen, nicht die freien Berufe. — Im künstlerischen Bereich werden allerdings auch -die freien Berufe betroffen. — Ich befürchte, man hat zu wenig bedacht wie manches andere in den nun in die Beratungen des Finanzausschusses gehenden Vorschriften, daß die Umsatzsteuer nicht den freien Beruf belastet, sondern den, auf den sie überwälzt wird. Man hat dies offenbar so wenig bedacht wie den Umstand, daß zu hohe Steuern oder ein unausgewogenes Steuersystem eine demoralisierende Wirkung haben.
    Steuern sind dann zu hoch, wenn Leistungen - Produktionsleistungen, Arbeitsleistungen und Kapitalleistungen — einerseits und Nettoertrag andererseits nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Eine Gesellschaft wie die unsere, die nicht über natürliche Reichtümer verfügt, sondern ihren Wohlstand und ihre Sicherheit ausschließlich aus den Erträgen ihrer Arbeit zieht, darf mit Steuern nicht wuchern. Dies weiß man seit langem. Ein sehr kluger amerikanischer Beobachter hat — nicht jetzt, sondern im Jahre 1819 — den Satz gesagt: Wer die Macht hat, Steuern zu erheben, hat die Macht, zu zerstören. — Ich befürchte sehr, daß unter diesem Blickwinkel auch der steuerpolitische Teil des Haushaltspakets 1982 eher zu einer weiteren Zerstörung des Vertrauens der Bürger in den Staat als zur Überwindung der Haushaltskrise und zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten beiträgt. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)