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ID0904301600

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    Plenarprotokoll 9/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 Inhalt: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265, 9/471 bis 9/498 — Haase (Kassel) CDU/CSU 2455 B Westphal SPD 2461 D Hoppe FDP 2467 B Matthöfer, Bundesminister BMF 2471A Dr. Müller CDU/CSU 2474C Dr. Jenninger CDU/CSU 2476 D Wehner SPD 2477 C Gärtner FDP 2477 D Präsident Stücklen 2478 B Conradi SPD 2480 B Dr. Schneider CDU/CSU 2481 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 2483 A Dr. Müller CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2483 D Namentliche Abstimmung 2484 C, D Nächste Sitzung 2486 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2487*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2487*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 2455 43. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 2487* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Francke (Hamburg) 5. 6. Dr. Köhler (Duisburg) 5. 6. Korber 5. 6. Lenzer* 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5. 6. Milz 5. 6. Frau Noth 5. 6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5. 6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Windelen 5. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 1. Juni 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Entwurf für eine Empfehlung des Rates betreffend die Strukturen der Elektrizitätstarife in der Gemeinschaft — Drucksache 9/37 Nr. 15 — Anlagen zum Stenographischen Bericht Die in Drucksache 9/515 unter Nummer 8 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms unter dem Leitgedanken „Wissenschaft und Technik im Dienste der Entwicklung" 1982-1985 wird als Drucksache 9/536 verteilt. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umstrukturierungspolitik Stahl — Drucksache 9/454 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß Stellungnahme der Bundesregierung zum Dritten Hauptgutachten der Monopolkommission 1978/1979 — Drucksache 9/460 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Entschließung des Europäischen Parlaments zum Neunten Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Wettbewerbspolitik — Drucksache 9/464 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Haase, ich bitte es nicht als unhöflich zu betrachten, wenn ich auf die einzelnen Punkte Ihrer Rede jetzt nicht in ausführlicher Widerlegung eingehe.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Aber auf den einen!)

    Eine Richtigstellung würde meine Redezeit ungebührlich verlängern. Ich will also nichts zu dem Vorwurf der unvollständigen Unterlagen zur Bereinigungssitzung, nichts zu dem Vorwurf, wir hätten die globale Minderausgabe nicht erwirtschaftet, nichts zu den zweifelnden Fragen zum Zeitplan und nichts zu dem Vorwurf sagen, wir hätten unzutreffende Zahlen vorgelegt.

    (Glos [CDU/CSU]: Das stimmt doch alles!)

    — Ich warne Sie, Herr Glos. Sonst werde ich das hier alles in epischer Breite widerlegen, und das können Sie nicht wollen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Halten Sie sich nicht zurück! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie ziehen zurück, ich bedanke mich.
    Aber auf eine Sache muß ich jetzt am Anfang eingehen. Das ist die angebliche Kreditsperre der Saudis oder, wie Sie sagten, aus dem Morgenland.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Sehr vorsichtig! — Glos [CDU/CSU]: Die Sonne geht immer noch in der gleichen Richtung auf! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Meinen Sie das mit der Karawane? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Kollege, ich will da nicht zu kritisch sein, aber schon durch die Terminologie bringen Sie zum Ausdruck, daß Sie die Bedeutung und die Schwierigkeit der Aufgabe unterschätzen, vor der wir stehen. Sie wissen, unsere Nettoölrechnung beträgt 1981 über 70 Milliarden DM oder 4,5 % des Bruttosozialprodukts. 1972 waren es 9,5 Milliarden DM oder 1 % des Bruttosozialprodukts.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo sind Ihre Konsequenzen?)

    Das heißt, wir müssen 3,5 % des Bruttosozialprodukts mehr für weniger Öl bezahlen, und das hat stark zu unserem Leistungsbilanzdefizit beigetragen. Als leistungsfähiges Industrieland ist es nun unsere Aufgabe, bei der Rückschleusung dieser Überschüsse, die sich in den Ölländern angesammelt haben, und der produktiven Verwendung in unserem Lande auch einen Beitrag der Bundesregierung zu leisten. Dies ist das gemeinsame Verständnis von Bundesbank und Bundesregierung.
    Sie haben das in der Tat vorsichtig vorgetragen. Ich bedanke mich dafür; denn es gibt auch ganz andere Dinge. Ich darf Ihnen — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — einmal kurz vorlesen, was „Die Zeit" von heute dazu schreibt, die sich auf diese Berichte bezieht:
    Jedenfalls überwog der Eindruck, daß einige Berichte über Unwillen und Bedenken der Saudis
    und anderer ausländischer Gläubiger eher dürftig recherchiert waren. Der Leser dieser Horrorberichte mochte sich gelegentlich an einen gewissen Hans Peter Holbach erinnert fühlen, der im vergangenen Jahr, offenbar um der besseren Auflage seiner neuerdings aus der Schweiz verschickten Postille „Geldbrief" willen
    — ich zitiere „Die Zeit" —,
    sich nicht entblödet hat, von einer bevorstehenden Währungsreform zu faseln.
    Einige Beteiligte des damaligen Bundestagswahlkampfes hatten dieses Stichwort dankbar aufgegriffen. Das ist auch ein Beitrag zum Entstehen von Gerüchten, auf die Sie auch eingegangen sind.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das war doch der „Spiegel", der das geschrieben hat!)

    Es heißt dann weiter — bitte hören Sie —:
    Alle diese Horrormeldungen werfen auf ihre Urheber ein trübes Licht. Denn wer ohne ausreichenden Grund über Währungsreform, Staatsbankrott und geschwundene Bonität der Bundesrepublik als Schuldnerland daherredet, strapaziert ein wenig sein Recht der freien Meinungsäußerung.
    Das ist eine Stimme.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nun noch eine zweite Stimme, die „Börsenzeitung" vom 2. Juni:
    Die amtierende Bundesregierung hat sich in mehrfacher Hinsicht ganz sicherlich Fehler zuschulden kommen lassen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wir haben jetzt Pressestunde! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Bravo!)

    Das ist j a nicht erstaunlich; das ist bei Menschen so üblich.
    Sie muß sich deshalb Kritik gefallen lassen. Der Verfasser schreibt weiter:
    Was jedoch in gewissen Sonntagszeitungen und Informationsbriefen an Diffamierung und Fehlberichterstattung geleistet wird, hat mit der Erfüllung solcher Aufgaben nichts zu tun. Getroffen wird davon unser Staatswesen insgesamt und alle, die an einem stabilen Wert unserer Währung interessiert sind.
    Ich kann der „Börsenzeitung" nur zustimmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Friedmann [CDU/CSU])

    Die Debatte war in weiten Teilen von dem Bemühen gekennzeichnet — ich halte dieses Bemühen der Opposition für legitim —, wieder einmal das „vollständige Scheitern" der Politik der Koalitionsregierung der letzten zwölf Jahre herbeizureden. Ich habe wenig neue Elemente darin entdecken können. Es bleibt dabei, daß die CDU/CSU leider nicht bereit ist zu erkennen, daß sich die Welt in den 70er Jahren



    Bundesminister Matthöfer
    grundlegend gewandelt hat, und die richtigen Schlußfolgerungen daraus zu ziehen.
    Herr Kollege Haase hat den 5. Juni 1931 angeführt — ich bedanke mich für die historische Reminiszens —; ich frage mich jedoch: Was haben Sie denn eigentlich aus der großen Krise der 30er Jahre für die öffentliche Kreditaufnahme gelernt? Eine die Beschäftigung sichernde öffentliche Kreditaufnahme als Schuldenmacherei zu bezeichnen zeigt, daß nicht ganz verstanden worden ist, was hier vorgeht.
    Ich will einen anderen Vorwurf von Ihnen zurückweisen. Es ist nicht richtig, daß ich der Meinung bin, daß immer und für alle Zwecke öffentliche Kreditaufnahme die richtige Antwort auf Arbeitslosigkeit ist. Ich habe in meiner Einbringungsrede ganz ausführlich dargestellt, daß sich das in dem Moment ändert, wo man ein Leistungsbilanzdefizit von unserem jetzigen Umfang hat und daß deshalb kombinierte Werkzeuge eingesetzt werden müssen, die Strukturveränderungen herbeiführen. Dazu kann allerdings auch die Finanzierung durch Kreditaufnahme einen Beitrag leisten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dafür ist sie schädlich!)

    Sie haben uns als Zinstreiber bezeichnet. Ich weise das zurück. Ich habe aus früheren Debatten in Erinnerung, daß Sie sagten, Ihr Herz blute für die deutschen Sparer, die überhaupt keine Verzinsung mehr bekämen. Ich sage Ihnen: Die reale Verzinsung in den verschiedenen Sparformen ist wegen der niedrigen Preissteigerungsrate in der Bundesrepublik auf historischer Höhe. Das hat es in der Wirtschaftsgeschichte kaum jemals gegeben. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, wo es für normale Anlageformen eine reale Verzinsung von 4 bis 6 % gab.

    (Zuruf des Abg. Dr. Friedmann [CDU/ CSU])

    Man muß doch einmal sagen, daß nicht nur negative Seiten der hohen Zinsen zu beklagen sind, sondern daß auch positive Wirkungen vorhanden sind, nämlich eine sehr hohe Realverzinsung für den Sparer.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Das ist eine Wiedergutmachung gegen Ihren Willen! — Kiep [CDU/CSU]: Und die Gewinne der Bundesbank!)

    — Sie erwähnen die Gewinne der Bundesbank. Ich hoffe, sie sind in diesem Jahr sehr hoch. Da j a der Kurs des Dollars auf 1,72 festgesetzt ist und alle Verlustvorträge abgeschrieben sind, wird man sehen, was die Bundesbank nach ihrem gesetzlichen Auftrag an den Bundesfinanzminister überweist.

    (Kiep [CDU/CSU]: Ein Taschengeld!)

    Es gibt viele Faktoren, die das Zinsniveau bestimmen. Ich bin sicher, daß auch die öffentliche Kreditaufnahme einen Einfluß hat. Ich weiß, daß es sehr schwer ist, das empirisch festzustellen. 1974 hatten wir eine Nettokreditaufnahme von 9,5 Milliarden DM und eine Umlaufrendite der öffentlichen Anleihen im gewogenen Durchschnitt von 10,4 %. 1978 hatten wir eine Kreditaufnahme von 26 Milliarden
    DM und eine Umlaufrendite, die fünf Prozentpunkte niedriger war, nämlich 5,7 %.

    (Kiep [CDU/CSU]: Und jetzt?)

    Das heißt, der Zusammenhang zwischen Zinsen und öffentlicher Kreditaufnahme ist in keiner Weise so einfach, wie der Kollege Haase ihn hier dargestellt hat.

    (Kolb [CDU/CSU]: Herr Minister, das sind doch Schauermärchen, was Sie erzählen! 1978 war eine ganz andere Situation!)

    Sie haben in düsteren Farben ein Gemälde über die Lage in der Bundesrepublik Deutschland gemalt, das mit der Realität nun wirklich wenig zu tun hat. Sicher, unsere Lage ist nicht rosig; wie könnte das auch anders sein. Aber mit den Problemen, die wir haben, können wir fertig werden. Es wird Ihnen ja niemand glauben, daß sich die Probleme in Luft auflösen würden, wenn wir nur eine andere Regierung hätten.
    Herr Kollege Haase hat — dafür bedanke ich mich sehr, Herr Kollege Haase — die Bereitschaft seiner Fraktion erklärt, notwendige Beschlüsse mitzutragen. Ich will das gar nicht überstrapazieren, aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns wie bisher beim Verfahren helfen würden. Es wird unter Umständen schneller sein. Ich will Sie gar nicht vergewaltigen. Schlagen Sie ruhig weiterhin Ihren kleinen parteipolitischen Nutzen aus unseren notwendigen Maßnahmen. Das deutsche Volk wird uns 1984 auf der Grundlage unserer Leistungen und nicht auf der Grundlage Ihrer Worte beurteilen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Dann steht's schlecht! — Zuruf des Abg. Dr. Möller [CDU/CSU] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Die tatsächliche Lage bei uns ist gekennzeichnet von tiefgreifenden strukturellen wirtschaftlichen Umwandlungen in der ganzen Welt. Dazu gehören die sprunghafte Verteuerung des Öls, die sich in der drastischen Verschlechterung unserer Leistungsbilanz auswirkt, und das gegenwärtig weltweit hohe Zinsniveau. Wann hat es jemals einen Deport von fast sieben Prozentpunkten gegenüber den Zinsen in Amerika gegeben? Man kann nicht so tun, als ob alle diese Faktoren unsere Wirtschaft nicht beeinflußten, also keine Wirkung im Innern hätten. Gerade die Bundesrepublik Deutschland mit einer Import- und Exportquote von ungefähr 30 % — sie ist wegen der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft in den letzten Jahren stark gestiegen — ist viel stärker als andere Länder in die internationale Arbeitsteilung integriert. Dem verdanken wir unseren hohen Lebensstandard. Aber das hat auch seine Nachteile, denn wir sind vom Ausland abhängiger als andere. Es hat sich nun einmal weltweit infolge dieser Ölpreiserhöhungen das Wachstum verlangsamt. Dazu kommt die harte Antiinflationspolitik in wichtigen Partnerländern, die ich gar nicht kritisieren will, wenn ich mir die Preissteigerungsraten dort ansehe. Aber darüber, ob man nur die hohen Zinsen als Ge-



    Bundesminister Matthöfer
    genmittel einsetzen muß, muß man sich ja wohl unterhalten dürfen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Die 1978 der Kanzler gefordert hat!)

    Die USA und Japan erwarten als einzige Länder ein positives Wachstum. Das hat seine Auswirkungen auf den Welthandel.
    Gleichwohl — das muß man immer wieder gerade wegen der Einseitigkeit Ihrer Debattenbeiträge wiederholen — ist die tatsächliche Lage in der Bundesrepublik anders, als Sie sie darstellen. Wir sind das Land mit den niedrigsten Preissteigerungen. Wir haben im Verhältnis zu den anderen eine sehr hohe Beschäftigung. Wir haben eine ausgezeichnete, leistungs- und wettbewerbsfähige Wirtschaft. Wir haben ein funktionsfähiges und vorbildliches Netz der sozialen Sicherheit. Wir haben eine vorzügliche Infrastruktur. Unsere technologischen Kenntnisse können sich auf vielen Gebieten sehen lassen; wir liegen mit ihnen in der Welt in der Spitzengruppe. Wir haben inneren Frieden, und wir erfüllen unsere internationalen Pflichten. Sehen Sie sich doch einmal die Zuwachsraten bei den Ausgaben für Europa, bei der Entwicklungshilfe oder bei der Verteidigung an! Es nutzt doch überhaupt nichts, eine Stimmung der Hoffnungslosigkeit verbreiten zu wollen. Man wendet Schaden vom deutschen Volk nur ab, indem man aus den gegebenen wirklichen Problemen die von der Sache her gebotenen Konsequenzen zieht. Die hinter uns liegende Debatte hat unterstrichen, daß die Koalition hierzu fest entschlossen ist.
    Wir werden sofort nach Verabschiedung dieses Haushalts 1981 darangehen, Eckwerte für den Haushalt 1982 zu erarbeiten, die den gesamtwirtschaftlichen und finanzpolitischen Notwendigkeiten Rechnung tragen und die das internationale Vertrauen in unsere gesunde Volkswirtschaft noch verstärken werden. Wir werden Einsparungen vornehmen, um die finanzpolitische Handlungsfähigkeit dieses Staates auch weiterhin zu erhalten. Wir werden aber zu verhindern wissen, daß die haushaltspolitischen Notwendigkeiten als Alibi benutzt werden, um eine Politik zu diskreditieren und zu bekämpfen, die den Menschen in unserem Lande zu guten Lebensbedingungen und zu einer vorbildlichen sozialen Sicherheit verholfen hat.
    Worauf es ankommt, ist zweierlei: Wir müssen erstens die Struktur des Haushalts verbessern: mehr Investitionen, Innovationen, zukunftsbezogene Ausgaben. Zweitens müssen wir die Dynamik der großen konsumtiven Ausgabenblöcke reduzieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Volle Zustimmung!)

    Dies hängt beides zusammen, und das werden wir in sachgerechter Weise tun.
    Ich darf dann nur eine freundschaftliche Bemerkung zu Herrn Hoppe machen. Auch er sprach von den leeren Kassen. Auch Sie, Herr Hoppe, haben vom Diktat der leeren Kassen usw. gesprochen. So ist es ja nicht. Das ist doch grober Unsinn. Wir haben in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr Steuermehreinnahmen von 6,5 Milliarden DM, und wir werden auch im nächsten Jahr Steuermehreinnahmen gegenüber diesem Jahr haben. Das Problem ist doch nicht, daß unsere Einnahmen zurückgegangen sind, das Problem ist, daß die vor uns liegenden Aufgaben so dringlich sind, daß sie eigentlich mehr öffentliche Mittel erfordern, als wir dem Bürger abverlangen wollen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Daß wir zuviel ausgeben, das ist das ganze Problem! — Anhaltende starke Unruhe)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundesminister gestatten Sie, daß ich Sie unterbreche. — Ich bitte die Damen und Herren, die an der Aussprache im Plenarsaal teilnehmen wollen, die Plätze einzunehmen und dem Herrn Bundesfinanzminister die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Matthöfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich danke Ihnen, Herr Präsident.
    Wir sind der Überzeugung — und ich verweise noch einmal auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers —, daß es jetzt darum gehen muß, die weltweiten Herausforderungen der 80er Jahre zu erkennen und unsere politischen Prioritäten neu darauf einzustellen. Die Solidarität mit den Ländern der Dritten Welt und unseren Bündnispartnern werden wir dabei wie in der Vergangenheit nicht vernachlässigen.
    Vielleicht noch ein Wort zu der Debatte um die Erhöhung des Verteidigungshaushalts. Ich will Ihnen ehrlich sagen, daß ich mich nicht habe durchsetzen können, daß ich nicht durchgedrungen bin mit meiner Überlegung — dazu war die Zeit zu knapp —: Ich bin der Meinung, daß wir unsere Verteidigungsstruktur aufgebaut haben auf Ölpreisen des Jahres 1972. Sie kennen ja diese furchtbar langen Entscheidungszeiten. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn z. B. der Leo 2 nicht auf 100 km 80 1 mehr verbrauchte als der Leo 1. Ich will das hier nicht ausbreiten. Unsere Soldaten sind ja auch mit mir einig, daß man da anfangen und sich überlegen muß, wie unter den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten, die uns die neuen Kostenstrukturen aufzwingen, auch verteidigungspolitische Lösungen und Aufgaben neu durchdacht werden. Ich hätte gern noch ein bißchen mehr Druck gemacht — das will ich ehrlich sagen —, aber man wird weiter darüber reden müssen. Nach den Gesprächen, die ich geführt habe, bin ich der Auffassung, daß die Bundeswehr bereit ist, ihren Beitrag zu der Aufgabe Nr. 1, Verminderung des Leistungsbilanzdefizits durch Ölsparen, zu leisten.
    Damit hier keine Mißverständnisse auftreten: Es ist trotz der Finanzprobleme des Haushalts, die ich ja wohl in der Rede zu meinem Einzelplan ungeschminkt dargestellt habe, nicht die Absicht der Bundesregierung, die Steuerquote zu erhöhen. Es ist der erklärte Wille der Koalition, die gesamte Struktur der öffentlichen Ausgaben gründlich zu durchforsten und im Hinblick auf die Gesamtzusammenhänge von internationaler gesamtwirtschaftlicher



    Bundesminister Matthöfer
    Entwicklung und Zukunftsaufgaben notwendige Korrekturen vorzunehmen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ihre Genossen scheinen aber nicht so sehr aufmerksam zu sein!)

    Ich fasse zusammen.
    Erstens. Für das Haushaltsjahr 1981 haben Regierung und Koalition trotz großer Schwierigkeiten infolge des Zusammentreffens weltweiter krisenhafter wirtschaftlicher Erscheinungen, international hoher Zinsen und weltweiter Strukturanpassungen ein Haushaltsgerüst vorgestellt, das den sozialen Frieden in der Bundesrepublik sichert und die Erfüllung unserer Verpflichtungen nach innen und außen ermöglicht.
    Zweitens. Die Lage der Bundesrepublik — abhängig von weltweiten Entwicklungen — ist nicht einfach, aber wir können mit den Problemen fertig werden. Das ernste Problem des Leistungsbilanzdefizits muß durch einen entschlossenen Abbau unserer Ölabhängigkeit und eine Steigerung unserer Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit bewältigt werden.
    Drittens. Die dauerhafte Sicherung unserer wirtschafts- und finanzpolitischen Handlungsfähigkeit und die Verbesserung der Haushaltsstruktur machen eine weitere Anpassung der staatlichen Einnahmen und Ausgaben an neue Situationen notwendig. Regierung und Koalition werden im Juli Eckdaten beschließen, die ihre Entschlossenheit hierzu bekräftigen und das Vertrauen in die Stärke unserer Wirtschaft festigen.
    Viertens. Die notwendigen Eingriffe im nächsten Jahr werden so bemessen, daß unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gestärkt, eine sozial gerechte Verteilung der Lasten gewährleistet und eine zusätzliche unzumutbare Belastung der Bürger mit Steuern und Abgaben vermieden wird.
    Fünftens und letztens. Die Bundesrepublik wird auch in Zukunft ein verläßlicher Partner und Nachbar sein, der im Rahmen seiner — freilich nicht unbegrenzten — Möglichkeiten seine Beiträge zur europäischen Einigung, zur Bekämpfung von Hunger und Armut in der Welt und zur Sicherung des Friedens leisten wird.
    Lassen Sie mich nun, bevor ich zum Schluß komme, allen danken, die an diesen Haushaltsberatungen beteiligt waren, zunächst Herrn Vizepräsident Windelen. Ich habe eine sehr angenehme Erinnerung an die Zusammenarbeit mit ihm als Vorsitzendem des Haushaltsausschusses. Der neue Herr Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr Haase, verdient Respekt für die Art und Weise, wie er gleich nach Übernahme seines Amtes die diesmal gewiß nicht leichte Aufgabe bewältigt hat, trotz der bekannten Schwierigkeiten, Herr Kollege Riedl, alle Beratungen auch noch rechtzeitig abzuschließen.

    (Beifall)

    Stellvertretend für alle beteiligten Kolleginnen und Kollegen danke ich auch den Obleuten der Fraktion, Herrn Riedl, Herrn Hoppe und Herrn Walther mit ihren Mitarbeitern.

    (Erneuter Beifall)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist nur recht und billig, wenn ich an dieser Stelle auch die Mitarbeiter des Bundesfinanzministers und der anderen Ressorts erwähne, die in diesem Haushaltsverfahren oft großen Belastungen ausgesetzt waren. Diese Beamten stehen jetzt vor der Aufgabe, sofort die Vorbereitungen für den nächsten Haushalt in Angriff zu nehmen. Wir sollten diesen pflichtbewußten, loyalen und tüchtigen Beamten gemeinsam unseren Dank für die enorme Leistung aussprechen, die sie in diesem Jahr insgesamt vollbringen müssen.

    (Beifall — Dr. Möller [CDU/CSU]: Den Angestellten und Arbeitern auch!)

    Ich darf Sie abschließend bitten, dem Entwurf des Haushalts 1981 Ihre Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)