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ID0904300600

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    Plenarprotokoll 9/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 Inhalt: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksachen 9/50, 9/265, 9/471 bis 9/498 — Haase (Kassel) CDU/CSU 2455 B Westphal SPD 2461 D Hoppe FDP 2467 B Matthöfer, Bundesminister BMF 2471A Dr. Müller CDU/CSU 2474C Dr. Jenninger CDU/CSU 2476 D Wehner SPD 2477 C Gärtner FDP 2477 D Präsident Stücklen 2478 B Conradi SPD 2480 B Dr. Schneider CDU/CSU 2481 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 2483 A Dr. Müller CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 2483 D Namentliche Abstimmung 2484 C, D Nächste Sitzung 2486 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 2487*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 2487*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 2455 43. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1981 2487* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Francke (Hamburg) 5. 6. Dr. Köhler (Duisburg) 5. 6. Korber 5. 6. Lenzer* 5. 6. Frau Dr. Lepsius 5. 6. Milz 5. 6. Frau Noth 5. 6. Frau Roitzsch 5. 6. Frau Schlei 5. 6. Dr. Schwarz-Schilling 5. 6. Dr. Stercken 5. 6. Dr. von Weizsäcker 5. 6. Windelen 5. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 1. Juni 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat: Entwurf für eine Empfehlung des Rates betreffend die Strukturen der Elektrizitätstarife in der Gemeinschaft — Drucksache 9/37 Nr. 15 — Anlagen zum Stenographischen Bericht Die in Drucksache 9/515 unter Nummer 8 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms unter dem Leitgedanken „Wissenschaft und Technik im Dienste der Entwicklung" 1982-1985 wird als Drucksache 9/536 verteilt. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umstrukturierungspolitik Stahl — Drucksache 9/454 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß Stellungnahme der Bundesregierung zum Dritten Hauptgutachten der Monopolkommission 1978/1979 — Drucksache 9/460 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Entschließung des Europäischen Parlaments zum Neunten Bericht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Wettbewerbspolitik — Drucksache 9/464 — zuständig: Ausschuß für Wirtschaft
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Lothar Haase


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Ehmke, mein nächster Satz hier lautet: Bei allem außenwirtschaftlichen Zwang steht doch fest: Kein vernünftiger Mensch wird leugnen, daß auch die amerikanischen Zinsen eine große Rolle spielen. Aber eins läßt sich doch auch nicht leugnen: daß die enorme Beanspruchung des deutschen Kapitalmarkts durch die öffentliche Hand auch zinstreibend wirkt

    (Beifall bei der CDU/CSU — Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Ganz gewaltig!)

    und daß, Herr Kollege Ehmke, die zinsunempfindliche öffentliche Hand die zinsempfindlichen Privaten mit brutaler Gewalt vom Kapitalmarkt verdrängt und dadurch Investitionen unterbleiben, die uns aus der gegenwärtigen Situation heraushelfen könnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und jetzt muß ich fortfahren; ich habe nur noch 28 Minuten.
    Meine Damen und Herren, bei allem außenwirtschaftlichen Zwang steht doch fest — noch einmal für Herrn Ehmke, privat und kostenlos —: Solange die Regierung mit der Sanierung nicht Ernst macht, solange sie nur vom Sparen redet, aber nicht durch wirklich entschlossenes Handeln den Schuldenzuwachs abbaut, sind der Bundesbank die Hände gefesselt, gibt es keine Hoffnung auf sinkende Zinsen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Alle sind sich nunmehr — die Debatten haben es deutlich gemacht — der Notwendigkeit der alsbaldigen Sanierung bewußt, meine Damen und Herren. Aber die am Montag aufgekommene Hoffnung, daß die Regierung — entgegen vorhergehenden Meldungen — auch alsbald handeln, die Entscheidung über den Etat 1982 — wie seit langem versprochen — noch im Juli treffen wollte, hat sich am Dienstag leider wieder verflüchtigt. Täglich ändern sich die Hofberichte über die Lage. Im Juli wird allenfalls über Eckdaten gesprochen; die konkrete Entscheidung wird auf den September vertagt. Das heißt, meine Damen und Herren: Die für unsere Wirtschaft und auch für den empfindlichen Kapitalmarkt so gefährliche Unsicherheit, die Gerüchte und Spekulationen gehen noch verstärkt weiter. Die Regierung befindet sich wohl von nun an permanent auf der Flucht vor den Folgen ihres Handelns.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Glos [CDU/ CSU]: Der Matthöfer ist zum Kimble geworden!)

    Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler ist gewissermaßen ein schuldiger Richard Kimble der Politik.

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU/ CSU)

    Die Schreckensvisionen von zerrütteten Staatsfinanzen rauben ihm wahrscheinlich schon den Nachtschlaf

    (Kolb [CDU/CSU]: Nein!)

    oder, meine Damen und Herren, lassen ihn im Traum bereits Holz sägen, wie weiland Wilhelm II. in Holland.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Walter Kannengießer hat in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Montag die Folgen dieser Vertagung deutlich gemacht. Noch schlimmer ist der psychologische Schaden, ist es auch, wenn in der Nachrichtenflaute des Sommers immer neue Gerüchte kommen, worauf draußen im Land Festlegungen, Dementis folgen, an die man sich später gebunden fühlt.
    Herr Bundesminister, Sie bemerkten eben etwas. Die Gerüchte kommen heute zu einem hohen Maß aus Ihrem eigenen Lager. Überlegen Sie doch, was täglich allein aus den Reihen unserer sozialdemokratischen Freunde in die Öffentlichkeit dringt: an Rücktrittsgerüchten, an Vorschlägen, an Forderungen nach Sonderparteitagen. Das sind doch alles Faktoren, die auch die ökonomische Landschaft außerordentlich belasten. Sie sind im Augenblick noch die Nummer 1 in der Parteienlandschaft der Koalition. Sie haben dieses Land auf der Bundesetage zu führen. Denken Sie also nicht nur an uns, wenn es um Gerüchte geht; denken Sie einmal an die eigene



    Haase (Kassel)

    Gerüchteküche, Herr Bundesminister! Da haben Sie eine reiche Auswahl!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Die Opposition muß abdanken!)

    Herr Kollege Hoppe, Sie haben am Dienstag — ich darf das einmal in die Erinnerung zurückrufen —

    (Wehner [SPD]: Ja, rufen Sie nur!)

    wieder goldene Worte gefunden. Sie haben auch gefordert, daß jetzt — und Sie haben das dann unterstrichen — unverzüglich gehandelt werden muß. Sie sind ja rechtskundig und wissen, „unverzüglich" bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern".

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Das ist aber nicht im September, Herr Kollege Hoppe, sondern jetzt, spätestens im Juli. Lieber Herr Hoppe, ich vermag nicht zu erkennen, was im September anders oder besser sein könnte als heute.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Die Wirtschaftslage wird sich bis zum Herbst kaum günstiger gestalten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Eher schlechter!)

    Sie beschneiden nicht nur Ihren eigenen Handlungsspielraum, Herr Hoppe, Sie reduzieren Ihre Möglichkeiten — und das ist das Allerschlimmste —, bis zur Jahreswende drastische Änderungen an den Leistungsgesetzen vorzunehmen. Das ist das besonders Schlimme, das sich aus Ihrem Nichthandeln ergibt. Es gibt überhaupt keinen sachlichen Grund, noch zu zaudern.
    Für die vorletzte Juniwoche sind die Steuerschätzer eingeladen. Es liegt also eine neue Steuerschätzung für die Jahre bis 1985 vor. Die Ressortverhandlungen, aus denen sich der nach der geltenden Rechtslage anfallende Ausgabenbedarf ergibt, sind abgeschlossen oder stehen kurz vor dem Abschluß. Wenn die Bücher auch nur halbwegs ordnungsgemäß geführt werden, kann der Tresor geöffnet werden, in dem der Finanzminister das Zahlenwerk abrufbereit hält. Als es bisher darum ging, Ihren Worten auch die Taten folgen zu lassen, haben Sie, hochverehrter Herr Kollege Hoppe, gemeinsam mit Ihren Freunden von der FDP — ich muß das zu meinem Leidwesen sagen — leider gekniffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Allen Entscheidungen, die uns immer tiefer in die Überschuldung hineingeführt haben, haben Sie leider zugestimmt; ebenso haben Sie auch bei unserem Antrag auf Vorlage eines Ergänzungshaushalts der SPD zur Mehrheit verholfen. Jetzt stimmen Sie auch diesem miserablen Haushalt 1981 zu — trotz besserer Einsicht — und übernehmen die Mitverantwortung für die Finanzpolitik dieser Regierung.
    Herr Hoppe, Sie können nicht weiter die Soliden im Lande spielen, aber bei der Probe aufs Exempel wie bisher stets — und der Herr Kollege Kiep hat das so schön formuliert, daß ich es hier noch einmal bringen möchte — politische Fahrerflucht begehen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Das tun Sie leider. Sie müssen endlich den Worten auch Taten folgen lassen, müssen die Regierung auf den Kurs, auf den Pfad einer soliden Finanzpolitik zwingen

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Führerschein abnehmen! — Kolb [CDU/CSU]: Der ist seit sechs Jahren Schwarzfahrer!)

    oder sich durch Nibelungentreue zur SPD als eigenständige Kraft aus der Bundespolitik weithin abmelden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Oder ummelden! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    — Lieber Herr Hoppe, angesichts der — wie soll ich die Situation der SPD beschreiben?, ich will sehr vorsichtig sein — desolaten Lage im Lager unserer sozialdemokratischen Freunde — es tut uns ja allen weh — möchte ich Ihnen nicht die Ummeldung empfehlen. Es würde Ihnen nicht bekommen. Das sind doch die Punkte, die Ihnen den Nachtschlaf rauben: Wenn Sie den Strudel sehen und Ihr Schiffchen immer näher auf diesen Strudel zufährt — da wollen Sie doch gar nicht hinein. Das kann Ihnen auch keiner verdenken, daß Sie in diesen Strudel nicht hinein wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag auf Drucksache 9/539 wird die Regierung aufgefordert, den Juli-Termin für das Kabinett wiederherzustellen und den Haushalt 1982, wie das Gesetz es verpflichtend vorschreibt, zusammen mit dem Gesetz zur Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen in der ersten Sitzungswoche im September einzubringen.

    (Westphal [SPD]: Ist überholt!)

    Mit diesem Antrag wird exakt Ihre Forderung nach unverzüglichem Handeln aufgenommen, Herr Hoppe. Sie und Ihre Freunde von der Freien Demokratischen Partei können jetzt unter Beweis stellen, daß Sie nicht nur goldene Worte gesprochen haben, die sich später — so ernst sie von Ihnen auch gemeint waren; darüber habe ich gar keinen Zweifel — im praktischen Ergebnis nur als Gerede herausstellen.
    Und nun, Herr Finanzminister, darf ich Sie noch einmal, das letzte Mal, um Aufmerksamkeit bitten; denn ich möchte Sie in dieser Stunde an ein

    (Kolb [CDU/CSU]: Er schreibt schon wieder neue Zettel!)

    — ich weiß nicht, die gehen bald zurück —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wechsel quer!)

    historisch bedeutsames Datum erinnern: Meine Damen und Herren, heute vor 50 Jahren, am 5. Juli 1931, wenige Tage vor dem großen Bankenkrach, der mit dazu beitrug, die Weimarer Republik wirtschaftlich zum Sterben zu bringen, wurde die Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen im Reichsgesetzblatt verkündet,

    (Glos [CDU/CSU]: Hört! Hört!)




    Haase (Kassel)

    heute vor 50 Jahren, das Kernstück der Brüningschen Notverordnungen. Da müßten Sie einmal nachlesen. Ich würde es Ihnen allen empfehlen. Die meisten haben doch eine Antenne für wirtschaftliche, historisch-politische Zusammenhänge. Lesen Sie mal nach! Kürzung der Beamtengehälter usw., das steht da alles exakt drin. Das ist das Kernstück der Brüningschen Notverordnungen, auf die der Finanzminister in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen hat.
    Meine Damen und Herren, die damalige Entscheidung war in der damaligen Wirtschaftslage mit 6 Millionen Erwerbslosen, wie sich gezeigt hat, falsch.

    (Westphal [SPD]: Aha, Sie stimmen zu, daß wir keine Brüningsche Politik machen! Warum dann dieser Ärger an falscher Stele?)

    — Ist ja unbestritten, Herr Kollege, sie war in der
    ganz speziellen damaligen Situation — wir wissen,
    durch was die Krise ausgelöst war — nicht richtig.
    Wir stehen heute in der Gefahr, ebenfalls Falsches zu tun; denn die in unserer Lage notwendige Sanierung unserer Staatsfinanzen ist überfällig, hätte schon längst, zumindest mit dem Haushalt 1981, verwirklicht werden müssen. Schon die Verschiebung auf 1982 verschlimmert die Gefahren und Schwierigkeiten erheblich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir haben heute nicht Weimar, erst recht nicht 1931, aber wir stehen wieder einer finanz- und wirtschaftspolitischen Herausforderung von historischer Dimension gegenüber, vergleichbar, wie gesagt, sicher nicht mit 1931 — Gott sei Dank sind die Verhältnisse noch nicht von diesem Ausmaß —, vergleichbar aber vielleicht mit den Herausforderungen nach der Währungsreform des Jahres 1948.
    Das braucht nun keineswegs ein Grund zur Resignation zu sein, jedenfalls dann nicht, wenn wir wieder Vertrauen schöpfen, Vertrauen zu den Kräften des Marktes,

    (Zuruf von der SPD: Agrarwirtschaft!)

    wenn wir, Herr Kollege, die Kräfte des Marktes ermuntern und die zunehmende Bevormundung des Bürgers wieder stärker durch den Appell an die Selbstverantwortlichkeit des Bürgers ersetzen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Das bedeutet nicht etwa Zerstörung des sozialen Netzes. Keineswegs! Im Gegenteil, es bedeutet mehr Selbstbescheidung, damit das soziale Netz letztlich nicht reißt.
    Was ist zu tun? Erstens ist endgültig Abschied zu nehmen von allen Verharmlosungen und von allen Beschönigungsversuchen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Abschied auch von allzu lange verkündeten und
    praktizierten Scheinalternativen wie der, man
    könne Arbeitslosigkeit durch immer höhere Schulden beseitigen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    oder der, man müsse 5 % Preisanstieg hinnehmen, um 5 % Arbeitslosigkeit zu vermeiden.

    (Glos [CDU/CSU]: Das hat der Weltökonom gesagt!)

    Wir alle erinnern uns doch noch, nicht wahr? Meine Damen und Herren, diese Scheinalternativen haben uns alle drei Übel gleichzeitig gebracht.
    Zweitens. Wir müssen damit das in weiten Teilen unserer Bevölkerung noch nicht vorhandene Bewußtsein vom ganzen Ernst der Lage schaffen, das Bewußtsein, das unabdingbare Voraussetzung für die harten Maßnahmen ist, die jetzt notwendig sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Drittens. Die Regierung muß alsbald eine ehrliche finanzielle Bestandsaufnahme vorlegen,

    (Kolb [CDU/CSU]: Das schafft die nie!)

    einen Finanzplan der alle aus heutiger Sicht erfaßbaren Mehrbelastungen bis 1985 ausweist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, es darf sich nicht das wiederholen, was im September 1974 passiert ist, als zuerst ein Finanzplan für fünf Jahre, acht Tage darauf aber ein Steuerpaket, die sogenannte Reform, mit Haushaltsmehrbelastungen von 15 Milliarden DM beschlossen wurden,

    (Westphal [SPD]: Was Sie schon ein Jahr früher wollten!)

    von 15 Milliarden, die in diesem Finanzplan überhaupt nicht berücksichtigt waren.
    Viertens. Wir müssen endlich darauf verzichten, immer neue kostenträchtige Gesetze zu schaffen. Ich denke hier z. B. an das Lärmschutzgesetz, an das Häftlingsgagengesetz, an das FDP-Umweltprogramm von Köln, an all die Dinge, die uns immer tiefer in neue Schulden stürzen.
    Fünftens. Wir müssen endlich mit der durchgreifenden Sanierung des Haushalts anfangen, nicht durch Buchungstricks, nicht durch Verzicht auf zukunftsichernde Investitionen, auch nicht durch Verzicht auf Verteidigungsausgaben, die allein erfolgversprechende Verhandlungen über eine weltweite Rüstungsbegrenzung ermöglichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, als Folge der leichtfertigen Schuldenwirtschaft der letzten Jahre sind vielmehr harte Eingriffe ohne Tabus unverzichtbar, nach den Worten des Bundesfinanzministers Eingriffe auch in Besitzstände.
    Sechstens. Der Abbau der Schuldenzuwächse darf nicht weiter primär durch Steuer- und Beitragserhöhungen erfolgen, sondern muß bei den Ausgaben ansetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Haase (Kassel)

    Denn, meine Damen und Herren, wir haben ja nicht zu geringe Einnahmen, sondern zu hohe Staatsausgaben!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der Punkt!)

    Ich möchte unterstreichen: An der Haltung der Opposition werden die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht scheitern!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden uns nicht so verhalten wie die SPD des Jahres 1965. Verehrter Herr Kollege Wehner, Sie kennen die Sache mit der „schmuddeligen Wäsche", mit dem „Wer sind wir denn?". Wir werden uns nicht so verhalten.
    Siebentens. Auf der Grundlage des neu zu schaffenden Bewußtseins brauchen wir eine Tarifpolitik beider Tarifpartner, die Umverteilung nicht auch dann noch zum Ziel hat, wenn es gar nichts mehr umzuverteilen gibt, sondern sich an den Möglichkeiten der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Sicherung der Arbeitsplätze orientiert.
    Achtens. Bei den privaten Investitionen muß es endlich heißen: Alle Bremsklötze weg — in der Energiewirtschaft, in der Nachrichtentechnologie und im Wohnungsbau. Hier liegen noch ungeheure Volumina brach.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist von den Kollegen in der Debatte in aller Ausführlichkeit deutlich gemacht worden. Es ist wahrlich beherzigenswert.
    Neuntens. Steuersenkungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, die Verhinderung von Leistungsbestrafung durch heimliche Steuererhöhungen sind zwar als Folge der Schuldenwirtschaft dieser Regierung kein Thema von heute, das Ziel darf aber nicht aus dem Auge verloren werden. Die Sanierung muß auch dafür den Boden bereiten.
    Zehntens. Die Umkehr der Politik in eine bessere Zukunft erfordert meines Erachtens einen langen Atem. Wir dürfen keine Falschmünzer sein, nicht versprechen, was wir nicht halten können.

    (Westphal [SPD]: Das sagen Sie an Ihre Kollegen während der Debatte dieser Woche!)

    — Nein, Herr Kollege. Sie können uns im Detail keinen Punkt nachweisen, wo wir Anregungen gegeben haben, unter den heutigen Aspekten über unsere Verhältnisse zu leben. Das haben wir in keinem einzelnen Punkt getan.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber Sie werden es uns nicht verwehren, verehrter Herr Westphal, daß wir politische Positionen hinsichtlich gewisser Umschichtungen im Rahmen des uns Verbliebenen beziehen. Das werden Sie uns doch wohl noch gestatten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Die möchten, daß der Haushaltsausschuß überhaupt nichts mehr zu sagen hat!)

    — Es geht nicht so sehr um den Haushaltsausschuß, sondern es geht mehr um die politischen Vorstellungen der CDU. Diese würden wir durch gewisse Umschichtungen unterstreichen und Akzente setzen. Das wäre auch unsere Pflicht.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Von uns würde an keinem Tag über die Verhältnisse gelebt. Das können wir schon heute Ihnen und dem deutschen Volk versprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Sanierung der Staatsfinanzen, die Überwindung des Leistungsbilanzdefizits, die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung sind als Folge einer jahrelangen verfehlten Politik keine Ziele, die ohne soziale Schäden von heute auf morgen erreicht werden könnten. Es sind Aufgaben, die nicht morgen oder übermorgen, sondern eigentlich heute angepackt werden müssen. Es ist schon viel zu lange gezögert und gezaudert worden. Lassen Sie bitte nicht abermals kostbare und nicht wiederzubringende Zeit verstreichen! Sorgen Sie dafür, daß der aus Angst und Feigheit getroffene Vertagungsbeschluß rückgängig gemacht wird!
    Meine Damen und Herren, ich betone es noch einmal: die Unionsfraktion des Jahres 1981 wird sich anders als die SPD des Jahres 1965 verhalten, wenn wir demnächst gefordert werden.

    (Zurufe von der SPD)

    Herr Westphal, sie wird alle Vorschläge, die von der Regierung kommen, nicht nur sorgfältig prüfen, sie wird auch harten Eingriffen in die Ausgaben, wenn diese eine wirkliche, dauerhafte und ausgewogene Sanierung bringen, ihre Zustimmung nicht verweigern. Sie sind jedoch Regierung, Sie stehen in der Verantwortung. Nehmen Sie diese Verantwortung endlich wahr, um der Wohlfahrt unseres Volkes willen!

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Westphal.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei Dinge vorwegnehmen. Das erste ist, daß ich auch im Namen der sozialdemokratischen Abgeordneten des Haushaltsausschusses unserem Vorsitzenden des Ausschusses in der Zeit des Beginns der Beratungen dieses Haushalts, Herrn Vizepräsident Windelen, unseren Dank für die von uns hochgeschätzte faire Führung der Arbeit dieses Ausschusses aussprechen möchte.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich möchte darüber hinaus, Herr Haase — auch nach dieser Rede —,

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Die Rede war sehr gut!)

    sagen, daß wir Ihr Bemühen anerkennen, als Nachfolger von Herrn Windelen im Vorsitz des Haushaltsausschusses den von ihm selbst aufgezählten Vorgängern nachzueifern. Er hat gezeigt, daß er in diesem Bemühen während der bisher von ihm



    Westphal
    geleiteten Arbeitsperiode des Ausschusses Erfolg gehabt hat.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich möchte weiter — wie Herr Kollege Haase das getan hat — auch unsererseits all denjenigen für ihre Hilfe, für ihre Arbeit danken, die sie vor und während der Beratungen geleistet haben, seien es diejenigen, die im Sekretariat des Haushaltsausschusses tätig sind, seien es diejenigen, die in den Fraktionen mitgewirkt haben, seien es insbesondere auch diejenigen, die wir aus dem Bundesministerium der Finanzen und aus den anderen Ressorts als Gesprächspartner bei uns hatten und die uns zugearbeitet haben. Aber ich möchte auch allen denjenigen danken, die im Hintergrund, nicht sichtbar, die vielfältige Arbeit leisten. Eine Gruppe möchte ich besonders hervorheben. Mir ist aufgefallen — wie sicher manchem anderen von uns —, daß es in wenigen Tagen gelungen ist, die Unterlagen aus der abgeschlossenen Arbeit des Haushaltsausschusses in Drucksachen für das Plenum umzusetzen. Denjenigen, die in den Druckereien ihre Arbeit geleistet haben, möchte ich an dieser Stelle einmal den besonderen Dank aussprechen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Die zweite Vorbemerkung zielt auf den vorliegenden Entschließungsantrag auf Drucksache 9/539 ab. Herr Haase, Sie haben dazu eine Bemerkung gemacht. Unser Eindruck ist, der Inhalt ist überholt. Sie kannten bereits vor Ihrer Rede die Absichten der Bundesregierung und der Koalition hinsichtlich der Termine, die die Vorlage des Haushalts 1982 und eventuell dazugehöriger Gesetze betreffen. Wir raten Ihnen, diesen Antrag zurückzuziehen. Wir würden ihn ablehnen, wenn Sie ihn nicht zurückzögen, eben weil er obsolet ist.
    Nun zur Sache. Die Redner der Opposition haben sich in der hinter uns liegenden Woche der Haushaltsberatungen alle Mühe gegeben, die Daten und Fakten zu verdrängen, die den Inhalt und den Weg des Haushaltsentwurfs 1981 bestimmten. Bei vielen war sozusagen die Absicht unverkennbar, so zu tun, als hätte man damals vor sechs Monaten beim Kabinettsbeschluß über den Haushaltsentwurf, im Dezember 1980, alles das schon so gewußt bzw. geäußert, wie man es heute auf Grund von anderen, ungünstigeren Daten kritisiert und kommentiert. Wir werden uns dadurch nicht beirren lassen.
    Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, daß wir im Sommer 1980 einen Nachtragshaushalt zu beschließen hatten und dabei neben harten Sparauflagen für den laufenden Etat Mehrausgaben in einer Größenordnung von 2 Milliarden DM ohne zusätzliche Kreditaufnahme beschließen konnten. Günstigere Annahmen über den Konjunkturverlauf und damit eine günstigere Steuerschätzung lagen damals vor und haben diese Entscheidung möglich gemacht. Ich sage das insbesondere deshalb, weil die damalige Steuerschätzung aus dem Mai des Jahres 1980 auf das ganze Jahr 1980 gezielt war und günstigere Zahlen voraussagte. Mai 1980 — man muß sich die Daten einmal auf dieses ganze Jahr bezogen vorstellen.
    Ich möchte darüber hinaus in Erinnerung rufen, daß die wirtschaftswissenschaftlichen Institute im Oktober, die Wirtschaftsweisen im November eine ungünstigere Prognose stellten. Sie sagten aber voraus, daß die Wirtschaftsentwicklung der zweiten Hälfte des Jahres 1981— also des Jahres, in dem wir uns jetzt befinden — die „Delle" des Winterhalbjahres nicht nur ausgleichen, sondern dazu ausreichen würde, im Jahresdurchschnitt 1981 beim Wirtschaftswachstum ein geringes Plus zu erzielen. Die übereinstimmende Meinung des wirtschaftswissenschaftlichen Sachverstandes unseres Landes sagte uns ein halbes Prozent Wirtschaftswachstum und etwa 1,1 Millionen Arbeitslose im Durchschnitt für das Jahr 1981 voraus. Dies ging sowohl in die Steuerschätzung vom Dezember 1980 als auch in die Etatbeschlüsse des Bundeskabinetts vom 16. Dezember ein.
    Selbst wenn es damals unter uns Politikern schon manchen Skeptiker gab, wird man es wohl nicht als Aufgabe einer Regierung ansehen können, diese Daten unbeachtet zu lassen und durch schlechtere Annahmen der Wirtschaftsentwicklung auch noch höhere Arbeitslosenzahlen herbeizureden. Das kann doch wohl nicht Aufgabe der Regierung sein.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Regierung hat manipuliert!)

    Insgesamt gesehen war deshalb, bezogen auf diese Ausgangslage, der Etatentwurf der Regierung realistisch. Er hielt darüber hinaus die Eckwerte ein, die Bund, Länder, Gemeinden und Bundesbank im Finanzplanungsrat gemeinsam vereinbart hatten.
    Erst Anfang 1981 korrigierten die Institute, die Wirtschaftsweisen, die Herren Wirtschaftsredakteure ihre Annahmen nach unten. Auch die Bundesregierung mußte bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts dieses tun. Aus der „Delle" im Wirtschaftswachstum des Winterhalbjahrs war, wie einer unserer Kollegen gesagt hat, eine „Beule" geworden, deren Abklingen niemand mehr einigermaßen sicher voraussagen wollte.
    Der Bundesfinanzminister aber zog daraus bereits in seiner Einbringungsrede für diesen Haushalt den mit Recht vielbeachteten Schluß, daß Folgewirkungen der ungünstigeren Wirtschaftsdaten, die sich durch höhere Ausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit und geringere Steuereinnahmen zeigen könnten, nicht durch nochmalige Streichaktionen, sondern konjunkturgerecht durch zusätzliche Kreditaufnahme finanziert werden müßten. Das wurde damals offen und vor diesem Hause gesagt.
    Der Bundesfinanzminister sagte dies in voller Übereinstimmung mit seinem Kollegen, dem Wirtschaftsminister, und auch mit dem Präsidenten der Bundesbank; das ist ja wichtig. Wir haben, meine Damen und Herren, sozusagen als die „Herren des Haushaltsverfahrens", als Parlament, am Ende unserer Etatberatungen im Haushaltsausschuß daraus die Schlußfolgerungen einer beachtlich erhöhten Schuldenaufnahme gezogen und damit erneut, weil man im Konjunkturtal nur zu Lasten von Arbeitsplätzen konsolidieren könnte und dies nicht unsere Absicht ist, das Konsolidierungsziel hinausschieben müssen.



    Westphal
    Dies ist bitter. Niemand von uns verschweigt dies, denn wir wissen, daß die Zinsbelastungen uns begleiten werden und damit die finanziellen Handlungsmöglichkeiten eingeengt werden.
    Wir wehren uns aber mit aller Entschiedenheit gegen die Horrorgemälde von „Chaos" und „Staatsbankrott", die dem Zitatenschatz von Sonthofen entnommen sind

    (Kiep [CDU/CSU]: Aus der deutschen Presse!)

    und bei denen jeder, der auch nur ein bißchen nachdenkt, weiß, daß sie nicht stimmen können, daß sie unsinnig sind.

    (Kiep [CDU/CSU]: Sie machen hier Presseschelte!)

    — Nein, ich kritisiere Sie. Sie haben die ganze Woche hier so geredet.
    Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen hier schon einmal vorgerechnet, daß, wenn solche Angsterzeugungsparolen stimmten und man sie einmal auf andere Länder anwendete, z. B. die Vereinigten Staaten von Amerika ihren Staatsbankrott schon hinter sich haben müßten, denn dort sind bisher alle Wirtschaftsdaten schlechter als bei uns: höhere Arbeitslosigkeit, doppelt so hohe Preissteigerungsraten, Minuswachstum schon 1980 und 50 % Staatsverschuldung — wenn man es im Vergleich zum Bruttosozialprodukt rechnet — gegenüber 30 % bei uns.
    Alle Daten sind dort ungünstiger. Dort wäre der Staatsbankrott also schon vorbei, wenn es nach Ihrer falschen Darstellung ginge. Der Finanzminister hat Ihnen hier in dieser Debatte, bezogen auf die Steigerungsraten der Staatsverschuldung, in bezug auf Japan folgendes gesagt.

    (Kiep [CDU/CSU]: Von wem reden Sie eigentlich, Herr Westphal? Wer hat denn von „Staatsbankrott" geredet?)

    — Aber selbstverständlich haben Sie hier immer wieder diese Vokabel gebraucht.

    (Kiep [CDU/CSU]: Wer denn, möchte ich einmal wissen! Das hat doch kein Mensch hier gesagt: „Staatsbankrott"! Willy Brandt hat das gesagt, die Zeitungen haben es geschrieben! — Carstens [Emstek] [CDU/ CSU]: „Schwerste Krise der Bundesrepublik"! — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Keiner hat das hier gesagt!)

    — Na, erinnern Sie sich bitte an das, was alles hier geredet worden ist!

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich werde Ihnen das nachweisen, nach dieser Rede, wenn ich Zeit dazu habe.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Schönen Dank im voraus, Herr Kollege!)

    Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat Ihnen in dieser Debatte, bezogen auf die Steigerung der Staatsverschuldung, gesagt, daß Japan sich von 1974 bis 1979 dreimal so schnell verschuldet hat wie wir. Die Vokabel aber, die Sie hier jetzt gar nicht mehr so gern hören möchten, kann man doch wohl in bezug auf Japan nicht anwenden.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die haben damit Investitionen gemacht!)

    Keiner von Ihnen würde das tun.
    Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, so einseitig die Schuld verteilen wollen, wenn Sie so tun, als seien bei uns die wirtschaftlichen Schwierigkeiten am größten, obwohl die Industrieländer um uns herum in viel größeren Sorgen stecken,

    (Kiep [CDU/CSU]: Wer hat denn das gesagt?)

    wenn Sie so tun, als habe die Hochzinssituation nichts mit Amerika, England, Frankreich, Italien zu tun, sondern nur mit unserem staatlichen Engagement auf dem Kapitalmarkt,

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sie bauen sich einen Popanz auf!)

    wenn Sie die um das Zwanzigfache gestiegenen Ölpreise und deren Wirkung auf unsere wirtschaftliche Situation einfach ignorieren

    (Abg. Petersen [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — ich möchte gern den Gedanken zu Ende führen —, wenn Sie unsere relativ hohe Stabilität gegenüber der Inflation bei anderen verschweigen, wenn Ihnen immer nur unsere Leistungsgesetze einfallen als Grund für die Schwierigkeiten, dann lassen Sie sich bitte daran erinnern, daß diese Opposition und auch die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat allen diesen Leistungsgesetzen und ihren jeweils notwendigen Verbesserungen letztlich immer zugestimmt haben, j a, meistens vorher sogar noch teurere und weitergehende Forderungen erhoben. So war es doch letztens beim Wohngeld und auch bei der von Ihnen propagierten unsozialen Form der Kinderleistungen.
    Meine Damen und Herren, als der Finanzminister uns seinen Etatentwurf 1981 unterbreitete, hatte er vorher Ausgabenanmeldungen der Ressorts in einer Größenordnung von zweistelligen Milliardenbeträgen zurückgewiesen. Das ist im Grunde ein jährlich üblicher Vorgang. Er wird für das Jahr 1982 bei den Ressortanmeldungen sicher ebenso stattfinden, und dabei wird manches aus der Diskussion herausgenommen werden, was die Opposition heute schon zu Angstgemälden nutzt.
    Aber dies war ja nicht der alleinige Inhalt der Sparbemühungen des Finanzministers. In einem um 1,4 Milliarden DM unter der Finanzplanung liegenden Haushaltsvolumen mußte er mit Sicherheit zu erwartende Mehrausgaben von 8,5 Milliarden DM unterbringen, die aus erhöhtem Kindergeld, aus der Defizitdeckung bei der Bundesanstalt, bei Verteidigungskosten, bei der Kokskohlenbeihilfe, bei der Wohngeldaufstockung aus der BAföG-Entwicklung und anderem stammten. Dies führte zu erheblichen Kürzungen gegenüber der Planung, z. B. bei der Forschungsförderung, beim Hochschulbau, bei den beiden anderen Gemeinschaftsaufgaben in den Etats des Wirtschaftsministers und des Landwirtschaftsmi-



    Westphal
    nisters und auch beim Straßenbau und beim Kanalbau. Wir erleben doch alle seitdem das ständige Klagelied der Betroffenen. Das ist es doch, was uns hier ständig erneut von draußen und auch hier in dieser Debatte vorgetragen wird.

    (Glos [CDU/CSU]: Kennen Sie den Unterschied zwischen investiven und konsumtiven Ausgaben?)

    Herr Haase, ich mache Ihnen nicht den Vorwurf, daß Sie in der Haushaltsarbeit für das, was Sie verändern wollten, keine Deckungsvorschläge gemacht hätten. Wenn aber die Rechnungen vorgelegt würden, würden wir Ihnen nachweisen können, daß es um etwa 25 Millionen DM doch nicht gestimmt hat. 25 Millionen DM wären noch oben drauf gekommen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Wir haben da eine andere Vorstellung! — Kolb [CDU/ CSU]: 25 Millionen bei dem Haushalt!)

    Das, was ich gestern hier kritisiert habe — und ich tue das heute noch einmal —, ist, daß die Redner Ihrer Fraktion, der Opposition, während dieser Haushaltsberatungen bei sechs Haushalten — ich habe es mitgezählt — hier von diesem Podium aus die Forderung von Mehrausgaben angekündigt und kritisiert haben, daß der Haushalt zu niedrig geschnitten sei. Damit aber haben Sie selbst Ihren uns gegenüber immer wieder gemachten Vorwurf, wir sparten nicht genügend, konterkariert. Das ist meine Kritik.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht! — Kolb [CDU/CSU]: Wir möchten wissen, weshalb ein Promille so gefährlich ist!)