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ID0903106000

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    6. Bergerowski.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Inhalt: Bericht zur Lage der Nation in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Lorenz, Baron von Wrangel, Jäger (Wangen), Graf Huyn, Sauer (Salzgitter), Böhm (Melsungen), Lintner, Werner, Frau Roitzsch, Lowack, Diepgen, Schwarz, Würzbach, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Niegel und der Fraktion der CDU/ CSU Politische Häftlinge in den Haftanstalten der DDR — Drucksache 9/198 — Schmidt, Bundeskanzler 1541 B Dr. Zimmermann CDU/CSU 1549 B Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister von Berlin 1555C Ronneburger FDP 1562 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1566 D Franke, Bundesminister BMB 1573 C Dr. Barzel CDU/CSU 1578 B Hoppe FDP 1586 A Dr. Ehmke SPD 1588 D Lorenz CDU/CSU 1593A Junghans SPD 1597 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asyslverfahrens — Drucksache 9/221 — Frau Leithäuser, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 1600 B Dr. Bötsch CDU/CSU 1602 D Dr. Schöfberger SPD 1604 D Dr. Wendig FDP 1607 A Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . . 1609 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Ächtung der Todesstrafe — Drucksache 9/172 — Klein (Dieburg) SPD 1610 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 1612 A Bergerowski FDP 1613 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Spranger, Dr. Miltner, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Dr. Laufs, Dr. George, Neuhaus, Dr. Bötsch, Broll, Biehle, Linsmeier, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU Prüfung der Notwendigkeit von Gesetzgebungsvorhaben — Drucksache 9/156 — Dr. Miltner CDU/CSU 1615A Dr. Kübler SPD 1616 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 1618A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Berufsbildung durch Planung und Forschung (Berufsbildungsförderungsgesetz) — Drucksache 9/279 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Engholm, Bundesminister BMBW 1620 A Rossmanith CDU/CSU 1622 B Weinhofer SPD 1624 D Popp FDP 1628 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Windelen, Dr. Dollinger, Pfeffermann, Weirich, Neuhaus, Bühler (Bruchsal), Linsmeier, Maaß, Lintner, Dr. Riedl (München), Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Köhler (Wolfsburg), Frau Dr. Wilms, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Stavenhagen, Niegel, Röhner, Spilker, Dr. Bugl und der Fraktion der CDU/CSU Aufhebung des sogenannten Verkabelungsstopps der Bundesregierung — Drucksache 9/174 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" — Drucksachen 9/245, 9/314 — Weirich CDU/CSU 1630 C Paterna SPD 1632 D Dr. Hirsch FDP 1634 D Becker, Parl. Staatssekretär BMP . . . 1635 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/68 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/298 — 1636 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Europäischen Übereinkommens vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und des Europäischen Übereinkommens vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/69 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/299 — 1636 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) — Drucksache 9/65 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/301 — Dr. Klejdzinski SPD 1636 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der in Genf am 13. Mai 1977 unterzeichneten Fassung des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken — Drucksache 9/70 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/302 — 1637 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes — Drucksache 9/246 — 1637 B Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/289 — 1637 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Reichseigenes Grundstück Berlin 52 (Reinickendorf), Ollenhauerstraße 97/99; hier: Verkauf an das Land Berlin — Drucksachen 9/101, 9/261 — 1637 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide — Drucksachen 9/108 Nr. 13, 9/274 — . . .1637 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Durchsetzung von internationalen Normen für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung von Meeresverschmutzung in bezug auf den Schiffsverkehr in den Häfen der Gemeinschaft — Drucksachen 9/87, 9/300 — 1637 D Nächste Sitzung 1638 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1639* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 1541 31. Sitzung Bonn, den 9. April 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 9. 4. Dr. Ahrens ** 10. 4. Amrehn 10. 4. Brandt * 9. 4. Burger 10. 4. Dr. Enders ** 9. 4. Francke (Hamburg) 10. 4. Franke 10. 4. Dr. Geißler 10. 4. Gilges 9. 4. Haase (Fürth) 10. 4. Hauser (Krefeld) 10. 4. Herterich 10. 4. Hoffie 10. 4. Dr. Holtz ** 10. 4. Dr. Hubrig 10. 4. Jungmann 10. 4. Kiep 9. 4. Kleinert 10. 4. Korber 10. 4. Dr. Kreile 10. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krone-Appuhn 10. 4. Landré 10. 4. Lenzer ** 10. 4. Mahne 10. 4. Matthöfer 10. 4. Meinike (Oberhausen) 10. 4. Dr. Mitzscherling 10. 4. Dr. Müller ** 10. 4. Neuhaus 10. 4. Frau Noth 10. 4. Petersen *** 10. 4. Picard 10. 4. Pieroth 10. 4. Dr. Pohlmeier 9. 4. Schäfer (Mainz) 10. 4. Scheer 10. 4. Frau Schlei 10. 4. Schreiber (Solingen) 10. 4. Schröder (Wilhelminenhof) 10. 4. Schwarz 10. 4. Dr. Schwarz-Schilling 10. 4. Sick 10. 4. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 4. Spilker 10. 4. Frau Dr. Timm 10. 4. Dr. Unland ** 10. 4. Dr. Vohrer ** 10. 4. Dr. von Weizsäcker 10. 4. Wischnewski 10. 4. Baron von Wrangel 10. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alois Mertes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält den Gegenstand des uns zur Beratung vorliegenden Antrags, nämlich die Forderung nach weltweiter Abschaffung der Todesstrafe, nicht für ein Thema der deutschen Innen- und Rechtspolitik, sondern für ein Thema der auswärtigen Politik. Deshalb hat mich meine Fraktion als ihren außenpolitischen Sprecher beauftragt, hier zu diesem Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen.
    Wir schlagen vor, den Antrag dem Auswärtigen Ausschuß als federführendem Ausschuß zu überweisen. Unsere Gründe sind diese:
    Erstens. Art. 102 des Grundgesetzes bestimmt klar und deutlich: „Die Todesstrafe ist abgeschafft." Diese Entscheidung des Verfassungsgebers im freien Teil Deutschlands, an der hier niemand rütteln will und die auch niemand zum Thema machen will, beruht auch auf den schrecklichen Erfahrungen, die das deutsche Volk mit dem massiven politischen Mißbrauch der schärfsten aller strafrechtlichen Sanktionen gemacht hat.
    Zweitens. Wir als Fraktion haben Bedenken, ob es außenpolitisch klug und richtig ist, wenn wir das Thema „Weltweite Ächtung der Todesstrafe" — etwa nach dem Motto „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" — über die deutsche Initiative bei den Vereinten Nationen und die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats von 1980 hinaus — beides tragen wir mit — hierzulande an die große Glocke hängen. Warum? Die Erfahrungen des deutschen Volkes mit zwei Formen totalitärer Herrschaft auf deutschem Boden verpflichten uns, weltweit für die Achtung der Menschenwürde einzutreten. Aus demselben Grund aber dürfen wir auch nicht mit erhobenem Zeigefinger vor die Weltöffentlichkeit treten. Wir müssen unsere menschenrechtspolitischen Ziele klar und beharrlich, aber ohne schulmeisterliche Besserwisserei verfolgen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wir dürfen nicht übersehen, daß viele Staaten mit demokratisch-rechtsstaatlicher Grundordnung, darunter auch zahlreiche mit uns befreundete und verbündete Länder, die Todesstrafe — wenn auch nur sehr restriktiv und aus Gründen, die wir zu respektieren haben — praktizieren. So zum Beispiel Frankreich: letzte Vollstreckung 1977; Belgien: letzte Vollstreckung 1918 — ausgenommen Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates und Vergehen gegen das Marinegesetz —; Griechenland: letzte Vollstreckung 1972; Irland: letzte Vollstreckung 1954 — beschränkt auf Kapitalverbrechen —; Kanada: seit 1976 nur noch für den Militärbereich, also wegen Spionage, Meuterei; Israel: beschränkt auf Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen gegen das jüdische Volk; Japan: für 13 Straftaten, darunter Mord und Brandstiftung. In Australien haben drei von den sechs Staaten die Todesstrafe beibehalten — für Mord, Verrat, Piraterie. In den USA hat die Mehrheit der Einzelstaaten die Todesstrafe beibehalten. Der Supreme Court befand 1976 mit sieben gegen zwei Stimmen, daß die Todesstrafe für Mord nicht in allen Fällen eine „grausame und ungewöhnliche Betrafung" darstelle und daher die Verfassung der USA nicht unbedingt verletzen müsse.
    Diese Liste der Gesetzgebung und Praxis der Todesstrafe in demokratischen Staaten — nur von ihnen habe ich hier gesprochen — ist keineswegs vollständig.
    Meine verehrten Kollegen, wir müssen den Eindruck vermeiden, als rückten wir diese Staaten auch nur irgendwie in die Nähe derjenigen Länder, die die Menschenwürde auf Grund ihres politischen Systems täglich mit Füßen treten. Im Bereich der Justizgrundrechte gibt es erheblich Wichtigeres als das Verbot der Todesstrafe.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich denke etwa an die Garantie eines rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens, die schon seit langem im Völkerrecht verankert ist. Lesen Sie daraufhin die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 nach. Ich durfte für meine Fraktion die Zustimmung zu diesem Pakt hier begründen.
    Die Geschichte lehrt, daß überall dort, wo rechtsstaatliche Gerichtsverfahren nicht existieren, die Todesstrafe an der Tagesordnung ist. Umgekehrt — und bitte achten Sie darauf, verehrte Kollegen — gilt jedoch keineswegs, daß die Zulässigkeit der Todesstrafe automatisch mit Schreckensherrschaft gleichbedeutend ist. Auch die Kollegen der SPD und der FDP wissen sehr wohl, daß es Länder mit langer freiheitlich-demokratischer Tradition gibt, die am Institut der Todesstrafe festhalten und auch festhalten wollen. Wer macht uns Deutsche zum Ankläger und Richter dieser alten Demokratien?



    Dr. Mertes (Gerolstein)

    Drittens. Ein letzter Punkt: Das Problem der Todesstrafe ist — wie gesagt — infolge des Art. 102 des Grundgesetzes kein aktuelles Thema unserer Rechtspolitik und soll es auch nicht werden. Es geht vielmehr — wie es auch die Antragsbegründung in ihrem vorletzten Absatz deutlich macht — um eine völkerrechtspolitische, d. h. um eine außenpolitische Initiative.
    Immerhin hat sich noch kürzlich der Vorsitzende des Rechtsausschusses der Französischen Nationalversammlung, der Kollege Foyer, gegen die Absicht des Europäischen Parlaments zu einer ähnlichen Initiative gewandt, und zwar mit dem Argument, das Strafrecht sei Sache der souveränen Staaten.
    Die Konvention des Europarats zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 spricht in Art. 2 davon, daß abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden dürfe. Diese Ausnahme garantierte erst die Zustimmung der Länder zur Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Todesstrafe noch haben.
    Eine unbestrittene weltweite Ächtung der Todesstrafe außerhalb des Rahmens der Europäischen Konvention von 1950 könnte von den befreundeten Staaten, die sie — sicherlich nicht aus Gründen mangelnder Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit — noch haben, als unfreundlicher Akt ausgelegt werden. Für wichtig halte ich auch den Hinweis, daß die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 keinen Hinweis darüber enthält, ob der Völkermord mit Todesstrafe geahndet werden darf. In Israel darf er es noch.
    Wir ersuchen die Bundesregierung, zunächst einmal den Auswärtigen Ausschuß über die Ergebnisse und Chancen der bisherigen Bemühungen in Sachen weltweiter Ächtung der Todesstrafe zu unterrichten, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt der außenpolitischen Opportunität einer Initiative des Deutschen Bundestages für eine grenzübergreifende, weltweite Ächtung der Todesstrafe. Wir werden konstruktiv mitwirken. Wir werden dann weitersehen. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Heinrich Windelen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Bergerowski.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfram Bergerowski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag bekundet nicht nur jede Fraktion, sondern jedes einzelne Mitglied dieses Hauses seine Position zu einer ganz elementaren Frage der Humanität und der Menschenrechte.
    Nun kann man die Frage stellen — das hat Herr Mertes in seinem Beitrag eben auch getan —, ob wir Deutschen denn angesichts der Tatsache, daß die Bundesrepublik die Todesstrafe in der Verfassung abgeschafft hat — also seit 1949 —, eine solche Diskussion überhaupt anfangen und über unsere Grenzen hinaustragen müssen. Ich meine j a, weil es für uns, die wir an der Gestaltung dieser Welt mitwirken, wichtig ist, daß wir diese Aufgabe, wenn wir sie zu einer zentralen Frage der Humanität und der Menschenrechte machen, auch wahrnehmen und das, was die Bundesregierung in den letzten Jahren angefangen hat, durch einen eigenen Beitrag, durch eine Diskussion im Bundestag unterstützen.
    Wenn wir unsere eigene Geschichte ansehen, zeigt sich, daß es einer mehr als 100 Jahre dauernden Diskussion bedurft hat, bis es zu der Feststellung kam, die wir heute in Art. 102 des Grundgesetzes haben, nämlich daß für uns die Todesstrafe abgeschafft ist. Die Deutsche Nationalversammlung hat sich schon damals, 1848, in der Paulskirche zur Abschaffung der Todesstrafe bekannt. Dann folgt in unserem eigenen Land ein Auf und Ab in Verwirklichung dieses Zieles. Es gab dann einen Tiefpunkt in der Zeit — 1933 bis 1945 —, in der nicht nur Millionen unrechtmäßig Opfer des Naziterrors wurden, sondern eben auch mehr als 16 000 Menschen von der Justiz zu Tode gebracht wurden.
    Für die Abschaffung der Todesstrafe gibt es in diesem Lande inzwischen eine erfreuliche Mehrheit. Darauf haben die Kollegen hingewiesen. Die Umfragen zeigen, daß die Zustimmung zur Abschaffung der Todesstrafe zunimmt und ihre Wiedereinführung in diesem Lande nicht zur Debatte steht. Aber wir sehen auch, daß es immer wieder Phasen gibt, in denen sich die Menschen in diesem Land mit dieser Frage beschäftigen. Terrorismus und anderes haben in diesem Zusammenhang zu Meinungsänderungen geführt.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Seit 1949 ist die Todesstrafe abgeschafft!)

    Die FDP hat in der Vergangenheit immer die Auffassung vertreten, daß die Todesstrafe in der Bundesrepublik nicht in Betracht kommen kann. Ich meine, daß nicht nur unsere eigene Vergangenheit uns Mahnung sein muß, sondern auch das, was wir weltweit sehen. Wie es weltweit mit der Todesstrafe aussieht, ist etwa von amnesty international dargestellt worden. Vorhin wurde bereits die Zahl genannt, die auch ich zu erwähnen mir vorgenommen hatte, nämlich daß von 130 Staaten 17 oder 18 die Todesstrafe uneingeschränkt abgeschafft haben. Darunter befinden sich Länder aus allen Kontinenten, aus Mittel- und Südamerika und viele Länder in Europa.
    Die FDP und die Fraktion der Liberalen im Europäischen Parlament haben sich uneingeschränkt für eine Zurückdrängung der Todesstrafe in den Staaten ausgesprochen, die diese Strafe heute noch anwenden. Nun weiß ich genau — das ist auch die Auffassung meiner Fraktion —, daß wir gegenüber diesen Ländern, die die Todesstrafe heute noch haben, nicht anmaßend auftreten dürfen; denn sie verhalten sich durchaus legal. Wir haben eben kein internationales Recht, das ein Verbot der Todesstrafe ausspricht. Ist aber die Vernichtung menschlichen Lebens auf Grund eines vermeintlichen staatlichen Strafanspruchs durch die längst widerlegte These von der Abschreckung legitimiert? Wir erleben die Vernichtung menschlichen Lebens mit der Begründung, dies sei wegen der Sicherheit des Staats und des Funktionierens des Staates notwendig.



    Bergerowski
    Ich möchte noch ein paar Gedanken zur Begründung der Todesstrafe vortragen, weil sie zum Verständnis unseres Bemühens notwendig sind. Die Todesstrafe hat nach dem, was wir heute wissen, keine Abschreckungswirkung. Wir wissen, daß sich derjenige, der eine Tat sorgfältig plant, bei seinem Entschluß zur Tat nicht von der Todesstrafe abschrekken läßt; er geht vielmehr von der Wahrscheinlichkeit aus, daß seine Tat nicht entdeckt wird.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Deshalb haben wir die Todesstrafe abgeschafft!)

    — Ich will das einmal verdeutlichen, damit der Sinn einer solchen Diskussion hier klar wird.
    Wir haben andere Täter, die im Affekt handeln; wir haben Überzeugungstäter, die gerade das Märtyrertum wollen. Wir erleben das derzeit wieder bei unseren Terroristen, die bereit sind, in den Tod zu gehen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie tragen Eulen nach Athen!)

    — Man kann das doch zur Begründung einer solchen weltweiten Diskussion sagen. Man kann die Frage stellen: Was hat die Wiedereinführung der Todesstrafe in Kalifornien denn gebracht? Das sind die vielzitierten Beispiele. Die Straftaten, um die es ging
    — etwa Mord —, sind zahlenmäßig nicht zurückgegangen.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Wissen wir das denn besser als die anderen?)

    — Herr Erhard, wenn wir hier eine Rechtfertigung suchen, auch in bezug auf andere Länder über diese Frage zu diskutieren, müssen wir noch einmal selber darstellen, welche Gefahren nach unserer Meinung mit der Todesstrafe verbunden sind. Ich glaube, das ist wert, in einer solchen Situation dargestellt zu werden.
    Ich teile das, was vorhin der Vertreter der SPD gesagt hat, daß uns besonders all das erschrecken muß, was mit Justizirrtum zu tun hat, wieviel Menschen durch die Todesstrafe auf Grund eines Urteils, das nicht richtig war, umgekommen sind.
    Ich meine, es muß in diesem Zusammenhang auch besorgt machen, daß in vielen Teilen der Welt die Todesstrafe auch zur Beseitigung von politisch und religiös Andersdenkenden dient, daß illegale Exekutionen von politischen Gegnern und bloßen Verdächtigten durch die bewaffnete Macht Tatsache sind und oftmals auch unter Billigung der jeweiligen Regierungen geschehen. Meine Damen und Herren, die Zahl dieser Vorgänge hat eher zu- als abgenommen. Auch dies ist eine Legitimation dafür, daß wir uns Gedanken über Tendenzen in der Welt machen. Deshalb führe ich dies hier aus.
    Ich will auch das noch hinzufügen: Die Todesstrafe muß man ablehnen, weil sie grausam und verrohend ist. Das führt mich zu einem Punkt, von dem ich meine, daß er in einer solchen Diskussion angesprochen werden muß. Ich meine den Gesichtspunkt der weltweiten Folter. Wir wissen, daß diese ebenfalls — darin sind wir uns sogar einig — ein wesentlicher Verstoß gegen die Menschenrechte ist. Die Folter hat eher zu- als abgenommen. In den meisten Gefängnissen dieser Welt wird gefoltert.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Auch das ist ein Grund dafür, daß wir heute darüber reden, wie mehr Menschlichkeit in die Welt hinausgetragen werden kann.
    Ich habe vorhin gesagt: Es ist nicht unsere Aufgabe, anmaßend zu sein. Es ist aber unsere Aufgabe, ein Problem mit zu diskutieren, das in der Welt vorhanden ist. Wir können davor die Augen nicht verschließen.
    In einer Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen hat Bundesaußenminister Genscher darauf aufmerksam gemacht, daß andere geschichtliche Entwicklungen, andere Rechtstraditionen und andere religiöse Überzeugungen in anderen Staaten auch zu einem anderen Verhältnis zur Todesstrafe führten. Das dürfe, hat Herr Genscher weiter gesagt, niemanden daran hindern, den Mißbrauch zu sehen, der vielfach mit der Todesstrafe getrieben werde. Er könne wirksam nur durch die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe verhindert werden.
    Meine Damen und Herren, dem kann ich nur zustimmen, und das kann ich nur unterstreichen. Die Liberalen handeln in dieser Frage aus der Überzeugung, daß kein Staat, keine menschliche Macht und kein System das Recht haben kann, Leben und Gesundheit per Gesetz und Beschluß zu nehmen. Deshalb begrüßen wir die vielfachen Initiativen des Bundesaußenministers seit 1979 vor der UNO zur Stärkung und Verwirklichung der Menschenrechte und insbesondere zur Abschaffung der Todesstrafe.
    Ich begrüße ausdrücklich die Arbeit vieler Organisationen, darunter auch von amnesty international, die seit Jahren in aller Welt gegen Folter und Todesstrafe gerichtet ist. Diese Arbeit braucht nicht nur unsere Unterstützung, sondern auch die der ganzen Bevölkerung und auch die unserer Jugend. Wenn in vielen Teilen der Welt Menschen durch staatliche Gewalt getötet und gefoltert werden, so dürfen wir hiervor die Augen nicht verschließen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen ist nach meiner Auffassung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Humanität weltweit. Für den, der Grundrechte und ihre Verwirklichung ernst nimmt, darf es in dieser Frage nur nach dem Motto gehen: Wir müssen die Todesstrafe abschaffen; wir müssen darauf hinwirken, daß Hinrichtungen in Europa und anderswo nicht mehr möglich werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)