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ID0903105200

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Inhalt: Bericht zur Lage der Nation in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Lorenz, Baron von Wrangel, Jäger (Wangen), Graf Huyn, Sauer (Salzgitter), Böhm (Melsungen), Lintner, Werner, Frau Roitzsch, Lowack, Diepgen, Schwarz, Würzbach, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Niegel und der Fraktion der CDU/ CSU Politische Häftlinge in den Haftanstalten der DDR — Drucksache 9/198 — Schmidt, Bundeskanzler 1541 B Dr. Zimmermann CDU/CSU 1549 B Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister von Berlin 1555C Ronneburger FDP 1562 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1566 D Franke, Bundesminister BMB 1573 C Dr. Barzel CDU/CSU 1578 B Hoppe FDP 1586 A Dr. Ehmke SPD 1588 D Lorenz CDU/CSU 1593A Junghans SPD 1597 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asyslverfahrens — Drucksache 9/221 — Frau Leithäuser, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 1600 B Dr. Bötsch CDU/CSU 1602 D Dr. Schöfberger SPD 1604 D Dr. Wendig FDP 1607 A Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . . 1609 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Ächtung der Todesstrafe — Drucksache 9/172 — Klein (Dieburg) SPD 1610 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 1612 A Bergerowski FDP 1613 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Spranger, Dr. Miltner, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Dr. Laufs, Dr. George, Neuhaus, Dr. Bötsch, Broll, Biehle, Linsmeier, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU Prüfung der Notwendigkeit von Gesetzgebungsvorhaben — Drucksache 9/156 — Dr. Miltner CDU/CSU 1615A Dr. Kübler SPD 1616 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 1618A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Berufsbildung durch Planung und Forschung (Berufsbildungsförderungsgesetz) — Drucksache 9/279 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Engholm, Bundesminister BMBW 1620 A Rossmanith CDU/CSU 1622 B Weinhofer SPD 1624 D Popp FDP 1628 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Windelen, Dr. Dollinger, Pfeffermann, Weirich, Neuhaus, Bühler (Bruchsal), Linsmeier, Maaß, Lintner, Dr. Riedl (München), Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Köhler (Wolfsburg), Frau Dr. Wilms, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Stavenhagen, Niegel, Röhner, Spilker, Dr. Bugl und der Fraktion der CDU/CSU Aufhebung des sogenannten Verkabelungsstopps der Bundesregierung — Drucksache 9/174 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" — Drucksachen 9/245, 9/314 — Weirich CDU/CSU 1630 C Paterna SPD 1632 D Dr. Hirsch FDP 1634 D Becker, Parl. Staatssekretär BMP . . . 1635 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/68 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/298 — 1636 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Europäischen Übereinkommens vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und des Europäischen Übereinkommens vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/69 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/299 — 1636 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) — Drucksache 9/65 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/301 — Dr. Klejdzinski SPD 1636 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der in Genf am 13. Mai 1977 unterzeichneten Fassung des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken — Drucksache 9/70 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/302 — 1637 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes — Drucksache 9/246 — 1637 B Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/289 — 1637 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Reichseigenes Grundstück Berlin 52 (Reinickendorf), Ollenhauerstraße 97/99; hier: Verkauf an das Land Berlin — Drucksachen 9/101, 9/261 — 1637 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide — Drucksachen 9/108 Nr. 13, 9/274 — . . .1637 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Durchsetzung von internationalen Normen für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung von Meeresverschmutzung in bezug auf den Schiffsverkehr in den Häfen der Gemeinschaft — Drucksachen 9/87, 9/300 — 1637 D Nächste Sitzung 1638 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1639* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 1541 31. Sitzung Bonn, den 9. April 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 9. 4. Dr. Ahrens ** 10. 4. Amrehn 10. 4. Brandt * 9. 4. Burger 10. 4. Dr. Enders ** 9. 4. Francke (Hamburg) 10. 4. Franke 10. 4. Dr. Geißler 10. 4. Gilges 9. 4. Haase (Fürth) 10. 4. Hauser (Krefeld) 10. 4. Herterich 10. 4. Hoffie 10. 4. Dr. Holtz ** 10. 4. Dr. Hubrig 10. 4. Jungmann 10. 4. Kiep 9. 4. Kleinert 10. 4. Korber 10. 4. Dr. Kreile 10. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krone-Appuhn 10. 4. Landré 10. 4. Lenzer ** 10. 4. Mahne 10. 4. Matthöfer 10. 4. Meinike (Oberhausen) 10. 4. Dr. Mitzscherling 10. 4. Dr. Müller ** 10. 4. Neuhaus 10. 4. Frau Noth 10. 4. Petersen *** 10. 4. Picard 10. 4. Pieroth 10. 4. Dr. Pohlmeier 9. 4. Schäfer (Mainz) 10. 4. Scheer 10. 4. Frau Schlei 10. 4. Schreiber (Solingen) 10. 4. Schröder (Wilhelminenhof) 10. 4. Schwarz 10. 4. Dr. Schwarz-Schilling 10. 4. Sick 10. 4. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 4. Spilker 10. 4. Frau Dr. Timm 10. 4. Dr. Unland ** 10. 4. Dr. Vohrer ** 10. 4. Dr. von Weizsäcker 10. 4. Wischnewski 10. 4. Baron von Wrangel 10. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Schöfberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Bötsch, ich stimme Ihnen völlig zu und habe nur die Hoffnung, daß wir auch draußen in den Versammlungen und an den Stammtischen gemeinsam jeden Versuch unterlassen, der grassierenden Fremdenfeindlichkeit Vorschub zu leisten. Dann sind wir uns in dieser Sache einig.

    (Beifall bei der SPD)

    Bei der Beratung sollten wir auch von dem Grundsatz ausgehen, daß das Asylrecht nach Art. 16 nicht unter Gesetzesvorbehalt steht und deshalb durch einfaches Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes nicht eingeschränkt und in seinem Wesensgehalt nicht angetastet werden kann.
    Ich meine auch noch folgendes: Nachdem die zweite Beschleunigungsnovelle erst ein paar Monate alt ist — sie ist am 23. August 1980 in Kraft getreten —, sollten wir uns hüten, mit gesetzgeberischen Bocksprüngen in wenigen Monaten von Novelle zu Novelle zu springen und damit das Asylrecht zu zertrampeln. Es ist nämlich jetzt Zeit, daß man die Erfahrungen sammelt, die mit der zweiten Asylrechtsbeschleunigungsnovelle gemacht werden

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Fragen Sie die Verwaltungsgerichte!)

    — wie die Statistik beweist, sind das keine schlechten Erfahrungen —, und daß wir diese Erfahrungen in ein nahtloses Anschlußgesetz einmünden lassen, das zum 1. Januar 1984 sowieso in Kraft treten muß, weil die zweite Beschleunigungsnovelle zum 31. Dezember 1983 ausläuft. Wenn wir diesen Zeitrahmen ansteuern, sollten wir inzwischen nicht wieder aus der Hüfte schießen und auf die Beschleunigung noch eine Beschleunigung setzen.
    Ich darf mit folgendem Gedanken schließen, den der Regierende Bürgermeister von Berlin heute vormittag schon eingeführt hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Den Sie in München immer so angegriffen haben!)

    Wir haben in den Jahren von 1958 bis zum absoluten Anwerbestopp im Jahre 1974 4 Millionen Menschen, Familienangehörige eingerechnet, in unser Land geholt. Demgegenüber sind 1980 12 488 Menschen, das sind genau 16,3 % aller Asylbewerber, als asylberechtigt anerkannt worden. 4 Millionen gegen 12 488! Die einen haben wir hereingeholt — oder, besser gesagt, hereinholen lassen —, weil der Import von Menschen offenbar profitnützlicher war als der Kapitalexport. Wir alle haben das auch gutgeheißen, weil die ausländischen Arbeitnehmer die schlechtbezahlten Dreckarbeiten billig und willig verrichtet haben. Da müssen Sie, wenn es jetzt um die Größenordnung von 12 000 geht, schon Ihre ganze Kraft zusammennehmen, um den xenophobischen Gaul draußen nicht durchgehen zu lassen.
    Sie haben mich noch wegen der Häufung von Restverfahren aus dem Jahre 1980 angesprochen. „Rest" kann man hier gar nicht sagen. In der Tat hängen beim Bundesamt 53 000 Verfahren und bei den Verwaltungsgerichten einschließlich der Instanzen wiederum 53 000 Verfahren an. Das Hauptproblem in der Beratung wird sein, wie wir diesen Rückstau bewältigen. Denn nachdem der Neuzustrom erheblich — auf 23 % — abgesunken ist, müssen wir mit aller Energie versuchen, die bestehenden Verwaltungs- und Gerichtsapparate wieder für die Behandlung der Neuzugänge freizumachen.
    Bei diesem Problem sollte man meines Erachtens tatsächlich überlegen, was denn besser ist, nachdem die Menschen sowieso schon vier, fünf oder sechs Jahre, wie Sie auch sagten, hier sind: ob man das Ganze nicht gleich auf ein anderes Gleis, nämlich das der Anerkennung oder der Aufenthaltserlaubnis, schiebt. Ein fertiges Rezept habe ich weder bei mir noch habe ich es verkündet. Darüber müssen wir beraten.
    Zum Abschluß möchte ich zu dem, was der Bundestag vorschlägt, folgendes sagen. Jeder einzelne Vorschlag des Bundesrates ist erwägenswert und prüfenswert, vom Einzelrichter bis zur Einführung der Zulassungsberufung an Stelle eines ordentlichen Rechtszuges. Aber in der Gesamtwirkung, einschließlich dessen, was wir beim ersten und zweiten Beschleunigungsgesetz bereits gemacht haben, begegnen die Vorschläge des Bundesrates bei uns erheblichen Bedenken; denn man muß sich immer den schlechtesten Fall eines solchen Verfahrens vorstellen, um diese Vorschläge rechtsstaatlich zu testen.
    Den schlechtesten Fall könnte ich mir so vorstellen: Die Innenminister haben die Quote der Anerkennung und die vollen Sammellager im Auge. Sie geben deshalb den Ausländerbehörden, bei denen in Zukunft die erste Entscheidung gefällt werden soll, eine generelle Anweisung, besonders streng vorzugehen oder möglichst wenig zum Bundesamt gelangen zu lassen. Die Mehrzahl der Anträge könnte dann mit formularmäßiger Begründung als „unbeachtlich" zurückgewiesen werden. Dagegen gibt es kaum Rechtsschutz. Es ist kein Widerspruch möglich, weil wir den schon lange abgeschafft haben. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, einstweilige Anordnung, und auch die Anfechtungsklage hätten keine aufschiebende



    Dr. Schöfberger
    Wirkung. Das heißt, ein möglicher Prozeß müßte — das Bundesamt war noch nicht eingeschaltet — vom Ausland aus geführt werden. Der eigentliche Rechtsschutz findet dann nur noch vor dem Einzelrichter statt. Eine Berufung gibt es nicht. Es gibt eine Zulassungsberufung, die der Herr Einzelrichter im Regelfall sicher nicht zuläßt. Das gibt insgesamt ein Verfahren, bei dem die Substanz des Asylrechts und die Substanz der Rechtsweggarantie nicht mehr gewahrt werden kann. Deshalb habe ich die herzliche Bitte, daß wir über jeden einzelnen Vorschlag des Bundesrates an Hand der praktischen Erfahrungen draußen beim Bundesamt und bei den Verwaltungsgerichten sehr intensiv beraten, daß wir uns aber hüten, eine Gesamtwirkung entstehen zu lassen, die das Asylrecht aushöhlt und die Rechtsweggarantie untergräbt.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wendig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Wendig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allen Dingen, verehrter Herr Kollege Bötsch, sofern Sie Probleme mit der Kontinuität der FDP-Fraktion haben sollten, wie es in Ihrem Redebeitrag anklang, wird Sie vielleicht die Tatsache beruhigen, daß die FDP heute ebenso wie in der Debatte vom 2. Juli des vergangenen Jahres durch mich hier vertreten ist. Ob und inwieweit das — das ist ein rein formaler Vorgang, wenn Sie so wollen — eine inhaltliche Entscheidung bedeutet, werden Sie vielleicht am Ende meiner Ausführungen oder am Ende der Beratungen sehen, zu denen dieser Gesetzentwurf Veranlassung bietet.
    Wer die Debatte vom 2. Juli des vergangenen Jahres noch in Erinnerung hat, der wird mir bestätigen, Herr Kollege Bötsch, daß es bei allen Meinungsverschiedenheiten — sie waren natürlich da, das bestreite ich gar nicht — die übereinstimmende Meinung aller war, daß die Probleme des Asylverfahrens, die im Laufe des Jahres 1980 ein, wie ich sagen möchte, überdimensionales Maß angenommen hatten, sicherlich nicht allein mit der zweiten Beschleunigungsnovelle gelöst werden konnten. Daran haben wir nie einen Zweifel gelassen. Die zweite Beschleunigungsnovelle war u. a. auch deswegen ein Zeitgesetz. Nun beraten wir also heute den Entwurf des Bundesrates zur Änderung dieses zweiten Beschleunigungsgesetzes in einer ersten Lesung.
    Sicher besteht Einigkeit bei allen mit der Materie Vertrauten, daß hier einer der schwierigsten und zugleich sensibelsten Bereiche zur Lösung ansteht. Die Lage des vergangenen Jahres hat sich trotz der erfreulichen Zahlen im Prinzip doch gar nicht so sehr geändert. Damals, 1980: Die von Monat zu Monat stürmisch angestiegene Zahl von Asylsuchenden zwang sicherlich zu einem schnellen Handeln, um die Anerkennungsverfahren gegenüber der Novelle von 1978 weiter abzukürzen. Aber die besondere Problematik liegt unverändert auch heute noch in der Tatsache begründet, daß das durch die Verf as-sung garantierte Grundrecht auf politisches Asyl zu einem besonders sorgfältigen Umgang mit den tragenden rechtsstaatlichen Elementen des Anerkennungsverfahrens verpflichtet. Das heißt mit anderen Worten, daß im Grunde — und dabei bleibe ich auch heute noch — das Verfahrensrecht, insbesondere das Recht des gerichtlichen Verfahrens, für sich — ich sage: für sich — nicht das geeignete Operationsfeld ist, um des zunehmenden Stromes von Asylbewerbern in unserem Lande Herr zu werden.
    Die steigende Zahl von Asylbewerbern in unserem Lande beruht doch zu einem ganz wesentlichen Teil, wie wir wissen, nicht auf politischer Verfolgung. Es stehen Probleme des Arbeitsmarktes sowie die gegenüber vielen Ländern der Dritten Welt unvorstellbar großen Vorzüge unseres Systems der sozialen Fürsorge ganz entschieden im Vordergrund — um nur einige Beispiele zu nennen. An diesen Grundtatsachen hat sich auch heute nichts geändert. Wenn die Zahl der Asylbewerber in den letzten Monaten sehr stark rückläufig geworden ist — die Zahlen wurden genannt —, so beruht dies wohl nur zu einem — ich sage dies hier einmal einschränkend — geringen Teil auf den Beschleunigungsgesetzen von 1978 und 1980. Es waren vielmehr die flankierenden Maßnahmen der Exekutive: Visumzwang, schließlich auch gegenüber der Türkei, Versagung der Arbeitserlaubnis für ein Jahr — um nur die wichtigsten zu nennen.
    Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Ausführungen vom 2. Juli des vergangenen Jahres, in denen ich darzustellen versucht habe, daß wir nur durch ein aufeinander abgestimmtes Bündel von Maßnahmen, von denen das Verfahrensrecht nur ein Teil sein kann, die Asylprobleme vernünftig, gerecht und schnell zu lösen vermögen. Dieses Bündel bleibt weiterhin notwendig. Deswegen ist auch heute die Frage einer Änderung des Verwaltungs-und Gerichtsverfahrens allein nicht der Ansatzpunkt für eine Lösung der Probleme.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Aber mehr können wir doch nicht machen!)

    Aber ich unterstreiche: Das Ziel, das wir erreichen müssen, Herr Kollege Erhard, ist, daß wir in einem kurzen und überschaubaren Zeitraum zu einer rechtskräftigen Entscheidung kommen, ob Asyl gewährt werden kann oder nicht.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Das ist ja beabsichtigt!)

    — Das bestreite ich auch nicht. Ich erkenne an, daß auch die Bundesregierung an dieser Konzeption festhält,

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: An welcher?)

    das Bündel von Maßnahmen, meine ich jetzt

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Und dafür lieber gar nichts macht!)

    — nein, bitte, sie tut es ja —, indem sie durch den inzwischen im Kabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zum Arbeitsförderungsgesetz — das sogenannte Wartezeitgesetz — eine gesetzliche Grundlage für eine einjährige Verweigerung der Arbeitserlaubnis für Asylbewerber schaffen will. Dies erscheint notwendig, da nach einer inzwischen sich



    Dr. Wendig
    verfestigenden Rechtsprechung die bisher nur auf den Beschluß der Bundesregierung gestützte Versagung der Arbeitserlaubnis für Asylbewerber offenbar nicht durch § 90 des Arbeitsförderungsgesetzes gedeckt ist.
    Meine Damen und Herren, es steht außer Zweifel, daß Länder und Kommunen zum entscheidenden Teil die Belastungen zu tragen haben, die sich aus dem verstärkten Zustrom von Asylbewerbern ergeben. Schon aus diesem Grunde werden auch wir Freien Demokraten den heute vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates vorurteilsfrei und sehr gründlich mitberaten. Ich erblicke zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Einigkeit der Länder vor allem darin, ein beschleunigtes Asylverfahren zu bewirken. Wenn ich es recht sehe, treten deshalb auch bei den Ländern gewisse Meinungsverschiedenheiten im Detail noch gegenüber dem vorrangigen Bestreben zurück, das Gesetzgebungsverfahren zunächst einmal über einen Initiativantrag des Bundesrates auf den Weg zu bringen. Bewegungsspielraum erblicke ich deshalb auf allen Seiten.
    In einer ersten Lesung möchte ich mich auf einige wenige Gesichtspunkte beschränken. So teilen wir entschieden die Bedenken der Bundesregierung, ob es richtig ist, die Zuständigkeit für die Meldung und die Antragstellung durch die Asylbewerber bei einigen wenigen Ausländerbehörden zu konzentrieren. Es ist auch für eine Beschleunigung späterer Gerichtsverfahren von entscheidender Bedeutung, die einzelnen Fälle bereits im Verwaltungsverfahren so gut wie nur irgend möglich aufzuklären und aufzubereiten. Über den Asylantrag dürfen, wie ich auch heute meine, nicht Stellen entscheiden, die nicht hinreichend hierauf vorbereitet und hierfür ausgestattet sind. Deswegen sollte nach unserer Überzeugung die Entscheidung in jedem Falle bei der Bundesanstalt in Zirndorf verbleiben.
    Der zweite Punkt: Im Grundsatz wäre nichts dagegen einzuwenden, bestimmte Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz, nach denen die Verwaltungsbehörde Asylanträge als unbeachtlich behandeln darf, in das Beschleunigungsgesetz zu übernehmen. Mit der Befugnis indessen, einen Antrag als unbeachtlich zu behandeln, wenn er offensichtlich unbegründet ist, geht der Bundesratsentwurf erheblich über die bisherige Regelung in den Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz hinaus. Das muß hier festgehalten werden. Außerdem, meine Damen und Herren, halten wir eine solche Regelung für sehr schwer vereinbar mit den hohen Anforderungen, die vor dem Hintergrund des Art. 16 des Grundgesetzes an ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren zu stellen sind. Bedenken Sie bitte — auch Herr Schöfberger hat darauf hingewiesen —, daß gegen die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Behörde kein Widerspruch stattfinden kann und daß die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat. Wir werden bei allem Verständnis für eine notwendige Beschleunigung der Verfahren gerade diesen Teil der Vorlage mit der größten Sorgfalt zu bedenken haben.
    Nicht problemlos ist desgleichen die Vorschrift, Entscheidungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen obligatorisch einem Einzelrichter zu übertragen. Mit dieser Vorschrift wird an ein Grundproblem des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gerührt. Mit der Bundesregierung bin ich der Auffassung, daß die gedachte Vorschrift einen effektiveren Einsatz der richterlichen Arbeitskraft möglich machen kann. Indessen wissen wir, daß die Bundesregierung für eine Änderung der Verwaltungsprozeßordnung etwas anders geartete Vorstellungen über die künftige Funktion des Einzelrichters im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entwickelt hat. Ich will hierauf nicht näher eingehen. Man muß nicht so weit gehen wie der Deutsche Richterbund, der davor warnt, das Asylrecht praktisch zum Experimentierfeld für diese Frage zu machen.
    Hinzu kommt dann aber auch für manchen Kollegen die Frage, ob dies wirklich an dieser Stelle oder besser im Rahmen der geplanten Neufassung der Verwaltungsprozeßordnung geregelt werden sollte. Um Ihnen meine Meinung hierzu zu sagen: Ich würde vor einer derartigen Überlegung eher warnen. Ein solcher Weg müßte entweder eine Beschleunigungsregelung für Asylverfahren behindern oder umgekehrt einen sonst nicht notwendigen Zeitdruck auf die Behandlung der noch einzubringenden Verwaltungsprozeßordnung ausüben.
    Einer besonderen Beachtung bedarf schließlich die vorgesehene Einführung der Zulassungsberufung. Für uns Freie Demokraten ist dies heute ebenso wie bei den Erwägungen des vergangenen Jahres eine Lösung, mit der wir uns nur sehr schwer würden befreunden können. Sicher kann die Einführung der Zulassungsberufung eine beträchtliche Verkürzung der gerichtlichen Verfahren bewirken, obwohl schon das erste Beschleunigungsgesetz von 1978 gewisse Beschränkungen der Berufungsmöglichkeiten — und zwar, wie ich meine, sehr wirksame — gebracht hat.
    Sollte man indessen in der Zulassungsberufung ein zulässiges und geeignetes Mittel zur Straffung gerichtlicher Verfahren erblicken, halten wir — hier stimme ich wiederum der Bundesregierung zu — einen Verzicht auf eine Nichtzulassungsbeschwerde für nur sehr schwer vertretbar. Ich weiß — das will ich gleich einfügen, da wir in einer ersten Beratung sind —, welche Probleme daraus für Oberverwaltungsgerichte entstehen können. Nach all dem wird in den Beratungen in den zuständigen Ausschüssen noch sehr vieles zu bedenken sein.
    Darüber hinaus möchte ich darauf verweisen, daß es Problembereiche gibt, die der Entwurf des Bundesrates überhaupt nicht aufgreift. Die Frau Senatorin hat darauf schon in ihrer Einbringungsrede hingewiesen. Diese Bereiche betreffen allerdings nicht das Verfahrensrecht im strengen Sinne. Ich denke z. B. an die Verteilung der Asylbewerber auf die einzelnen Länder. Wenn es richtig ist, daß der länderinterne Ausgleich z. B. auch deswegen nicht funktioniert, weil sich etwa das Land Bayern nicht daran beteiligt und daher 10 000 Bewerber zuwenig aufgenommen hat,

    (Hört! Hört! bei der SPD)




    Dr. Wendig
    muß man es bedauern, daß der Versuch gescheitert ist, eine gesetzliche Regelung der Aufnahmequoten durch einen Initiativantrag des Bundesrates in das Gesetzgebungsverfahren des Bundestages einzuführen.

    (Zuruf von der FDP: Das war überhaupt nicht christlich!)

    Auch hieran sollten wir denken, wenn wir an die Beratung der Bundesratsvorlage gehen. Das hieße, meine Damen und Herren, mit anderen Worten: Einfügung einer zusätzlichen Vorschrift, in der ein bestimmtes Quotierungssystem gesetzlich vorgeschrieben wird.
    Vor allem aber — dies, meine Damen und Herren, zum Schluß — kommen wir um eine Frage nicht herum. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe existiert fort. Sie arbeitet in vier Arbeitskreisen an den Problemen des Asylrechts: Verwaltungsverfahren, Gerichtsverfahren, Arbeitsmarktfragen und Sonstiges, wozu Unterbringung, Verteilung, Sozialhilfe und Kindergeld gehören. Die Ergebnisse dieser vier Arbeitsgruppen werden uns möglicherweise alle zu weitergehenden Ergebnissen führen, als uns heute zur Verfügung stehen. Dann könnte sich die in dem Entwurf des Bundesrates vorgeschlagene Lösung sehr bald wiederum als zu eng erweisen. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, daß uns die Bundesregierung ihrerseits — auch auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppen der Bund-Länder-Kommission aufbauend — eine umfassende Regelung anderer Fragen im Zusammenhang mit dem Asylproblem sehr bald in Gestalt eines eigenen Entwurfs vorlegen wird. Dies müßte, meine Damen und Herren, keine größere Verzögerung bedeuten. Ich meine nicht: 1. April 1984. Schon dies aber — 31. Dezember 1983 als Zeitgesetz — nötigt uns zu einem schnellen Handeln.
    Meine Damen und Herren, ich möchte hier nicht mißverstanden werden. Wir wollen keineswegs beschleunigende und zugleich rechtsstaatlich saubere Lösungen für das Asylverfahren behindern oder erschweren, wir wollen uns aber auch nicht alle Jahre wieder mit Gesetzentwürfen befassen, die jeweils für sich nur Stückwerk sind.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Das ist einmal richtig!)

    Das Grundrecht des Art. 16 des Grundgesetzes nehmen wir, die Freien Demokraten, sehr ernst.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Ich weise auf viele Sätze hin, die Redner meiner Fraktion wie auch ich selber in früheren Debatten hierzu geäußert haben. Wir wissen, daß dieses Grundrecht, wie übrigens jedes andere Grundrecht auch, durch eine dauernde mißbräuchliche Inanspruchnahme in seinem Wert vermindert werden kann, und zwar sowohl objektiv als auch subjektiv in der Beurteilung durch die Bevölkerung.
    Deshalb ist die Fraktion der Freien Demokraten an einer baldigen und umfassenden Lösung, die Behörden und Gerichte entscheidend entlastet und zu einer wirklichen Beschleunigung der Verfahren führt, interessiert. Sie will dies auch zu dem Zweck, meine Damen und Herren, daß die Fälle wirklicher politischer Verfolgung, um die es uns bei der Verwirklichung des Grundrechts nach Art. 16 im Kern geht, um so gründlicher, um so zügiger und damit um so gerechter behandelt werden können. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)