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ID0903100400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Inhalt: Bericht zur Lage der Nation in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Lorenz, Baron von Wrangel, Jäger (Wangen), Graf Huyn, Sauer (Salzgitter), Böhm (Melsungen), Lintner, Werner, Frau Roitzsch, Lowack, Diepgen, Schwarz, Würzbach, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Niegel und der Fraktion der CDU/ CSU Politische Häftlinge in den Haftanstalten der DDR — Drucksache 9/198 — Schmidt, Bundeskanzler 1541 B Dr. Zimmermann CDU/CSU 1549 B Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister von Berlin 1555C Ronneburger FDP 1562 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1566 D Franke, Bundesminister BMB 1573 C Dr. Barzel CDU/CSU 1578 B Hoppe FDP 1586 A Dr. Ehmke SPD 1588 D Lorenz CDU/CSU 1593A Junghans SPD 1597 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Beschleunigung des Asyslverfahrens — Drucksache 9/221 — Frau Leithäuser, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 1600 B Dr. Bötsch CDU/CSU 1602 D Dr. Schöfberger SPD 1604 D Dr. Wendig FDP 1607 A Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . . 1609 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Ächtung der Todesstrafe — Drucksache 9/172 — Klein (Dieburg) SPD 1610 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 1612 A Bergerowski FDP 1613 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Spranger, Dr. Miltner, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Dr. Laufs, Dr. George, Neuhaus, Dr. Bötsch, Broll, Biehle, Linsmeier, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU Prüfung der Notwendigkeit von Gesetzgebungsvorhaben — Drucksache 9/156 — Dr. Miltner CDU/CSU 1615A Dr. Kübler SPD 1616 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 1618A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Berufsbildung durch Planung und Forschung (Berufsbildungsförderungsgesetz) — Drucksache 9/279 — II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 Engholm, Bundesminister BMBW 1620 A Rossmanith CDU/CSU 1622 B Weinhofer SPD 1624 D Popp FDP 1628 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Windelen, Dr. Dollinger, Pfeffermann, Weirich, Neuhaus, Bühler (Bruchsal), Linsmeier, Maaß, Lintner, Dr. Riedl (München), Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Köhler (Wolfsburg), Frau Dr. Wilms, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Stavenhagen, Niegel, Röhner, Spilker, Dr. Bugl und der Fraktion der CDU/CSU Aufhebung des sogenannten Verkabelungsstopps der Bundesregierung — Drucksache 9/174 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" — Drucksachen 9/245, 9/314 — Weirich CDU/CSU 1630 C Paterna SPD 1632 D Dr. Hirsch FDP 1634 D Becker, Parl. Staatssekretär BMP . . . 1635 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und zu dem Europäischen Übereinkommen vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/68 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/298 — 1636 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Europäischen Übereinkommens vom 24. November 1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland und des Europäischen Übereinkommens vom 15. März 1978 über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland — Drucksache 9/69 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/299 — 1636 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) — Drucksache 9/65 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/301 — Dr. Klejdzinski SPD 1636 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der in Genf am 13. Mai 1977 unterzeichneten Fassung des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken — Drucksache 9/70 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 9/302 — 1637 A Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes — Drucksache 9/246 — 1637 B Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/289 — 1637 B Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Reichseigenes Grundstück Berlin 52 (Reinickendorf), Ollenhauerstraße 97/99; hier: Verkauf an das Land Berlin — Drucksachen 9/101, 9/261 — 1637 C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 über die Gemeinsame Marktorganisation für Getreide — Drucksachen 9/108 Nr. 13, 9/274 — . . .1637 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Durchsetzung von internationalen Normen für die Sicherheit im Seeverkehr und die Verhütung von Meeresverschmutzung in bezug auf den Schiffsverkehr in den Häfen der Gemeinschaft — Drucksachen 9/87, 9/300 — 1637 D Nächste Sitzung 1638 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1639* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. April 1981 1541 31. Sitzung Bonn, den 9. April 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 9. 4. Dr. Ahrens ** 10. 4. Amrehn 10. 4. Brandt * 9. 4. Burger 10. 4. Dr. Enders ** 9. 4. Francke (Hamburg) 10. 4. Franke 10. 4. Dr. Geißler 10. 4. Gilges 9. 4. Haase (Fürth) 10. 4. Hauser (Krefeld) 10. 4. Herterich 10. 4. Hoffie 10. 4. Dr. Holtz ** 10. 4. Dr. Hubrig 10. 4. Jungmann 10. 4. Kiep 9. 4. Kleinert 10. 4. Korber 10. 4. Dr. Kreile 10. 4. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Krone-Appuhn 10. 4. Landré 10. 4. Lenzer ** 10. 4. Mahne 10. 4. Matthöfer 10. 4. Meinike (Oberhausen) 10. 4. Dr. Mitzscherling 10. 4. Dr. Müller ** 10. 4. Neuhaus 10. 4. Frau Noth 10. 4. Petersen *** 10. 4. Picard 10. 4. Pieroth 10. 4. Dr. Pohlmeier 9. 4. Schäfer (Mainz) 10. 4. Scheer 10. 4. Frau Schlei 10. 4. Schreiber (Solingen) 10. 4. Schröder (Wilhelminenhof) 10. 4. Schwarz 10. 4. Dr. Schwarz-Schilling 10. 4. Sick 10. 4. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 4. Spilker 10. 4. Frau Dr. Timm 10. 4. Dr. Unland ** 10. 4. Dr. Vohrer ** 10. 4. Dr. von Weizsäcker 10. 4. Wischnewski 10. 4. Baron von Wrangel 10. 4.
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    Rede von Dr. Friedrich Zimmermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Bericht des Bundeskanzlers „Zur Lage der Nation" — „... im geteilten Deutschland", heißt das — eingehe, möchte ich ein Wort an unsere Nachbarn, an die polnische Nation, richten, die in diesen Tagen und Wochen besonderen Belastungen ausgesetzt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das paßt auch deswegen, weil die Polen einen Begriff von Nation haben, es in Hunderten von Jahren wechselvoller Geschichte bewiesen haben. Jeden, der die Sendungen im deutschen Fernsehen gesehen hat, wo Zehntausende das Lied singen „Noch ist Polen nicht verloren", wird es ergriffen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir sind uns in diesem Hause einig im Respekt vor dem polnischen Volk, das seine wirtschaftlichen und politischen Probleme aus eigener Kraft, ohne Pressionen von außen, lösen will. Wir können nicht übersehen, welche gewaltige Druck- und Drohkulisse die Sowjetunion aufgebaut hat. Es ist jedoch nicht nur die Sowjetunion, sondern es sind gerade die früheren Opfer sowjetischer Gewaltanwendung — an der Spitze die CSSR und die DDR —, die gegenwärtig verbal Polen besonders unter Druck setzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Ich hoffe, der Bundeskanzler hat recht, wenn er sagt, die Pflicht der Deutschen zur Erhaltung des Friedens werde auch von der DDR anerkannt. Denn für uns Deutsche in der Bundesrepublik wäre es doch ein unerträglicher Gedanke, wenn die Soldaten der sogenannten Nationalen Volksarmee der DDR vier Jahrzehnte nach dem Überfall auf Polen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges jetzt an einer Aktion gegen Polen beteiligt wären. Wir wollen, daß dies nicht geschieht. Doch niemand kann vorhersagen, wie sich die sowjetische Führung im Kreml entscheidet. Unsere Hoffnungen und Gedanken, unsere geistige Solidarität gelten in dieser Stünde dem polnischen Volk.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Zunahme der durch die Sowjetunion verursachten Spannungen in Europa wirkt sich auf die Deutschen diesseits und jenseits der Elbe aus. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die deutsche Frage eingebettet in das Ost-West-Verhältnis. Wer immer die Illusion hegte, zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR könne es unbeschadet der Positionen der Weltmächte ein deutsch-deutsches Sonderverhältnis geben, der hat sich getäuscht. Die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR sind heute auf einem Tiefstand seit dem Abschluß des Grundlagenvertrages angekommen. Alles wirtschaftliche und finanzielle Entgegenkommen der Bundesregierung hat die DDR-Führung nicht von ihrem Abgrenzungskurs abgebracht, im Gegenteil.
    Die erste Maßnahme Honeckers nach der Bundestagswahl war eine drastische Erhöhung des Zwangsumtausches für Westbesucher. Das war eine Aktion zur Verhinderung menschlicher Begegnungen, und sie wurde mit dem zynischen Hinweis der SED verbunden, man habe die Bundestagswahl abgewartet, um die Wahlchancen der SPD/FDP-Koalition nicht zu schmälern.

    (Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundesregierung reagierte auf die Erhöhung des Zwangsumtausches streng nach der internen Dienstvorschrift bei solchen Fällen: zuerst tiefe Bestürzung, dann Bedauern, dann der Hinweis, man werde das nicht hinnehmen. Gleichzeitig wird vorsorglich vor Überreaktionen gewarnt, und am



    Dr. Zimmermann
    Schluß kommt der Fetisch, die Entspannung müsse weitergehen, zu ihr gebe es keine Alternative.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das kann man wirklich kaum noch hören. Mit solchen Leerformeln rettet sich die Koalition über die Runden.
    Jetzt hat der Bundeskanzler, als wäre nichts gewesen, Herrn Honecker Gesprächsbereitschaft ohne Vorbedingungen angeboten. Die Bedingungen brauchen nicht öffentlich erörtert zu werden. Aber es muß sie geben, und ich hoffe, es gibt sie.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Unionsparteien haben der Bundesregierung in der Debatte über die Regierungserklärung am 26. November 1980 eine gemeinsame und ehrliche Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik angeboten. Ich muß heute zum zweiten Mal feststellen, daß unsere Offerte ohne Antwort geblieben ist. Warum eigentlich? Manchmal, wenn die Lage so geschildert wird, wie der Bundeskanzler es heute tat, könnte man doch den Eindruck haben, daß man auch die Opposition dazu brauchen könnte, wo doch alles schwerer geworden ist. Nein, die Bundesregierung rollt weiter auf den eingefahrenen Gleisen des Zahlens ohne gesicherte Gegenleistung und des Noch-mehr-Zahlens bei Erpressungen. Die SED-Führung weiß genau, daß hier immer etwas herauszuholen ist und daß man die eigene Position stetig verbessern kann.
    Die DDR hat zwei Ziele in den Vordergrund gestellt: die Anerkennung einer eigenen Staatsangehörigkeit und die Aufwertung der Ständigen Vertretungen zu regulären Botschaften. Keiner dieser Punkte kann auch nur als Verhandlungsgegenstand akzeptiert werden. Aber immer wieder suchen Politiker der Koalition nach Möglichkeiten, sich am Grundgesetz und am Urteil des Verfassungsgerichts vorbeizulavieren.
    Der Kollege Wischnewski will über den Status der Vertretungen „in vernünftiger Weise reden", wie er formuliert. Bei der Staatsbürgerschaft will er „niemand gegen seinen Willen in Anspruch nehmen". Für den Kollegen Ronneburger ist die gemeinsame deutsche Staatsangehörigkeit „nichts weiter als ein Angebot für die Deutschen aus der DDR". Der Außenminister umrundet die Diskussion mit den Worten, er lehne es ab, Deutsche aus der DDR durch Gesetz oder in anderer Weise zu Ausländern zu machen. Von einem klaren deutschlandpolitischen Kurs ist nach diesen Zitaten bedeutender Politiker der Koalition wenig zu spüren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Das zeigt sich bei jeder von Honecker bewußt herbeigeführten innerdeutschen Krise, ob es sich nun um Erhöhung des Zwangsumtausches, Behinderungen im Reiseverkehr, Einschränkung der Berichterstattung von Journalisten oder den Ausbau der Tötungsmaschinerie an der Demarkationslinie handelt. Aber wer sich — der Bundeskanzler hat das letztere beklagt; wir stimmen ihm zu — wie die Bundesregierung weigert, auch nur über Gegenmaßnahmen nachzudenken oder darüber im Bundestag gemeinsam zu beraten, darf sich nicht wundern, wenn die DDR ihren Weg des gleichzeitigen Kassierens und Abgrenzens zielbewußt weitergeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Bundestagsdebatten der letzten Jahre über die Lage der Nation dokumentieren nach unserer Auffassung einen permanenten deutschlandpolitischen Rückzug von Regierung und Koalition. Auch in der Regierungserklärung des Kanzlers Ende letzten Jahres wurde das deutlich. Der finanziellen Erpressung, aber auch der geistig-politischen Offensive Honeckers hat die Koalition nichts entgegenzusetzen als ihre Nachgiebigkeit.
    Vor zwei Jahren rückte man vom angeblich antiquierten Begriff der Wiedervereinigung ab — ein Wort, das übrigens in der letzten Regierungserklärung des Bundeskanzlers nicht vorkam. Prominente Politiker der Koalition sprachen plötzlich von einer „Neuvereinigung" oder schlicht von einer „Vereinigung der beiden deutschen Staaten". Mit einem einzigen Wort wurden hier Bindungen zwischen West- und Mitteldeutschland gekappt und den Abgrenzungsbestrebungen der anderen Seite Hilfestellung geleistet.
    Es war der Leiter der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin, Staatssekretär Gaus, der sich mit dem Vorschlag hervortat, nunmehr auf den Begriff der Nation überhaupt zu verzichten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)

    Morgen müssen wir uns hoffentlich nicht mit jemandem auseinandersetzen, der die Worte „Deutschland" oder „deutsch" aus dem Sprachgebrauch streichen will.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Deswegen ist der Gaus ja auch Universitätssenator geworden! — Dr. Barzel [CDU/CSU]: Aber nur für kurze Zeit, Herr Kollege!)

    — Aber nur für wenige Wochen, Herr Dr. Kohl.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir dürfen in Deutschland und erst recht in diesem Hause nicht der Gefahr erliegen, die Debatte über die Lage der Nation mit schlechtem Gewissen zu führen. Wir dürfen uns nicht einreden lassen, das sei ein Ritual, das man leider eben hinter sich bringen müsse.
    Im Vorfeld der heutigen Debatte hat ein namhafter Leitartikler einer deutschen Tageszeitung die provozierende Frage gestellt „Was soll die Debatte alle Jahre wieder?" und gleich die Antwort dazu gegeben: „eigentlich überflüssig, die Lage der Nation im geteilten Deutschland ändert sich ja nicht."
    Da müßten Regierung und Koalition nun wirklich energisch widersprechen; denn ihrer Meinung nach ist doch in den letzten zehn Jahren eine ständige Aufwärtsentwicklung festzustellen.
    Der Leitartikel ist aber auch grundsätzlich falsch; denn bekanntlich gibt es in der Politik keinen Stillstand, und wenn jemand sich selbst nicht bewegt,



    Dr. Zimmermann
    heißt das noch lange nicht, daß auch die andere Seite den Status quo pflegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In der Deutschlandpolitik ist das ganz und gar nicht der Fall.
    Wir dürfen auch der ständigen publizistischen Herausforderung nicht erliegen und nach dem Motto verfahren: Jetzt muß noch etwas Neues gesagt werden. Kein Thema eignet sich weniger zum Experimentieren als die deutsche Frage. Jeder Zentimeter, den wir zurückgehen, jeder Pflock, der von uns leichtfertig oder bewußt umgestoßen wird — die DDR ist sofort da, um das Terrain geistig zu besetzen und ihrerseits neue Pflöcke einzuschlagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, sich gegenüber Kommunisten mit Nachgiebigkeit die Ruhe erkaufen zu können oder gar den Menschen mehr Freiheit zu erwirken. Der Kommunismus hat eine offensive Ideologie in Theorie und Praxis. Wir können im Westen auf die Dauer nur bestehen, wenn wir unsere Ideale von Freiheit, von Menschenrechten und in Deutschland den Glauben an die Einheit der deutschen Nation dagegenstellen. Wer an die Wiedervereinigung nicht glaubt, der will sie auch nicht, und wer sie nicht will, wird auch nicht dafür eintreten und wird den Gedanken an sie nicht wachhalten können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die SED-Führung leugnet die Existenz der Nation seit Jahren. Trotz allem ist das gemeinsame Bewußtsein nicht ausgelöscht. Die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland und die Bewohner der DDR fühlen sich als Deutsche, wie alle Umfragen und Informationen zeigen. Wenn eine Bundesligamannschaft irgendwo in Osteuropa zu einem Europacupspiel antritt, dann kommen Hunderte, ja Tausende Schlachtenbummler aus der DDR, um diese Mannschaft zu unterstützen.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Sie wollen eine deutsche Mannschaft gewinnen sehen. Auch darin äußert sich Gemeinsamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die deutsche Frage ist derzeit nicht lösbar. Niemand gibt sich hier Illusionen hin. Aber niemand kann auch vorhersagen, wie lang der unnatürliche Zustand der gespaltenen Nation andauern wird. Die Aufgabe der frei gewählten Politiker in Deutschland kann es nur sein, das Bewußtsein der einen untrennbaren Nation aufrechtzuerhalten und alles zu unterlassen, was zu einer Zementierung einer Teilung führen könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auf diesem Weg hielt die CDU/CSU den Grundlagenvertrag mit der DDR für einen falschen Ansatz. Die Interpretation des Bundesverfassungsgerichts hat jedoch die Maßstäbe festgelegt und möglichem Mißbrauch einen Riegel vorgeschoben. Der Spielraum für Experimente ist gering. Es hat heute wenig Sinn, noch eine politische Auseinandersetzung über den Grundvertrag oder die Ostverträge insgesamt zu führen. Sie gehören zu den Fakten, die zu setzen eine Regierung und eine Parlamentsmehrheit die Möglichkeit gehabt haben. Der Streit um die Ostverträge ist inzwischen Zeitgeschichte geworden. Aber die Auswirkungen dieser Verträge sind spürbar, und darüber muß natürlich gesprochen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In kleinem Kreis wird auch bei der Koalition heute zugegeben, daß bei dem hektischen Getriebe um das Zustandekommen der Ostverträge einiges mit heißer Nadel genäht worden ist. Das brauchen wir nicht mehr jeden Tag zu wiederholen, genau so wenig wie eine Debatte über die Stalin-Note von 1952 heute noch einen praktischen Wert hat. Ich erwähne das, weil nach der Bundestagswahl ähnliche Aussagen von Unionspolitikern, u. a. von mir, von manchen als Kurskorrektur in der Ostpolitik mißverstanden wurden. Aber unsere Angebote sind nicht angenommen worden. Das ist das eine. Und das andere ist: wir haben nichts zu korrigieren oder zurückzunehmen; denn wir hatten niemals Illusionen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Ereignisse in Afghanistan und in Polen sind eine Bestätigung unserer Warnungen vor einer illusionären Entspannungspolitik. Das gleiche gilt im übrigen für die massive Aufrüstung der UdSSR ausgerechnet in der Phase angeblicher Ost-West-Entspannung, einer Aufrüstung, die, wie auch die nukleare Planungsgruppe dieser Tage hier in Bonn festgestellt hat, zu einer ernsten Gefahr für unsere Sicherheit geworden ist.
    Wenn ich vorhin feststellte, daß wir in der Deutschlandpolitik nicht leichtfertig Positionen räumen dürfen, weil die DDR sofort das Vakuum füllt, so gilt das vor allem zum Thema Wiedervereinigung und deutsche Nation. Die SED-Führung in der DDR weiß genau, daß auch nach kommunistischem Verständnis die SED-Lesart von der angeblich sich herausbildenden sozialistischen Nation in der DDR ein Unikum ist, das in der Geschichte keinen Bestand haben wird. Die kommunistische Nationentheorie, hergeleitet von Marx und in die politische Praxis umgesetzt von Stalin, läßt dafür keinen Spielraum. Nein, die SED-These von der sozialistischen Nation ist nichts anderes als ein Vehikel, um den Gedanken einer nationalen Einheit in Freiheit zurückzudrängen. Warum bemächtigt sich wohl die DDR der deutschen Geschichte? Jetzt bekennt sie sich zu dem Preußenkönig Friedrich dem Großen und stellt sein Denkmal Unter den Linden in Ost-Berlin wieder auf. Da liegt wohl die Frage nahe, wann der Gestalter des deutschen Kaiserreichs, Otto von Bismarck, zu neuen Ehren kommt, zumal er j a mit den Russen besonders gut gestanden hat. Die SED ist eben die „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" und ihr Zentralorgan das „Neue Deutschland". Vor SED-Funktionären hat Honecker, der gebürtige Saarländer, folgendes gesagt:
    Und wenn der Tag kommt, an dem die Werktätigen der Bundesrepublik an die sozialistische
    Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland



    Dr. Zimmermann
    gehen, dann entsteht die Frage der Vereinigung beider deutscher Staaten vollkommen neu. Wie wir uns dann entscheiden, daran dürfte wohl kein Zweifel bestehen.
    Der jubelnde Beifall der versammelten Parteifunktionäre war ihm sicher. Und dann kommt Herr Gaus und rät uns, den Begriff der Nation nicht mehr zu verwenden! Da erübrigt sich jeder Kommentar; das wirkt von selbst!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für die Deutschen in der Bundesrepublik gibt es neben der eigenen Existenzsicherung nur eine nationale Zielsetzung: die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Sie durchzuführen übersteigt heute die Möglichkeiten unserer Politik, und zwar unabhängig davon, welche Bundestagsparteien die Regierung stellen; aber die Älteren haben die Verpflichtung, ihre Lebenserfahrungen an die Jüngeren weiterzugeben. Im Schulunterricht muß die deutsche Frage intensiv behandelt werden. Es war ein erfreuliches Zeichen, daß sich die Kultusministerkonferenz auf eine Darstellung Deutschlands in Schulbüchern und Atlanten geeinigt hat, die sich an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts orientiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Leider sind einige SPD-regierte Bundesländer dabei, unter dem Druck der linken Parteibasis die vorgegebene Linie des Grundgesetzes wieder zu verlassen, und auch der Bundesregierung liegt offenbar das Verfassungsgerichtsurteil immer noch schwer im Magen.

    (Dr. von Dohnanyi [SPD]: Was ein Unsinn!)

    — Ich beweise es gleich — mit Ihnen, Herr von Dohnanyi! Mir ist unverständlich, wie Sie, Herr von Dohnanyi, gegen die Abmachungen der Kultusminister mit den Worten polemisieren konnten, dies sei „eine Irreführung des deutschen Volkes", man schreibe schließlich das Jahr 1981, „elf Jahre nach dem Warschauer Vertrag!"

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Das haben Sie gesagt und das haben Sie so gesagt, als sei dieses Datum sozusagen die Stunde Null einer vom Grundgesetz gelösten neuen Ostpolitik!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Er war ein unfähiger Bildungsminister, und er ist auch ein unfähiger Staatsminister im Auswärtigen Amt! — Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Jedes Einknicken in der deutschen Frage, jedes Nachgeben gegenüber DDR-Wünschen in Richtung Aufgabe der einen deutschen Staatsangehörigkeit würde nicht nur unabsehbare rechtliche Folgen nach sich ziehen. Wir haben hier mit Genugtuung die eindeutigen Worte des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland gehört. Wir sind uns darüber klar, daß eine solche Aufgabe auch bei den Deutschen in der DDR das Gefühl des endgültigen
    Abgeschiedenseins auslösen würde und das will die SED: den Menschen in ihrem Herrschaftsbereich die Hoffnung nehmen; denn wer keine Hoffnung mehr hat, der ordnet sich besser ein, ist ein bequemerer Untertan.
    Unabsehbare Folgen ergäben sich auch für den Status Berlins, das ja angeblich — im Sprachgebrauch der SED — auf dem Territorium der DDR liegt.
    Das Viermächteabkommen, meine Damen und Herren, ist kein sanftes Ruhekissen, auf dem es sich bequem in den Tag hineinträumen läßt. Die Bedrohung ist latent vorhanden; immer kann es zu Pressionen kommen. Davor bewahrt uns kein Abkommen. Wichtig ist die Stabilität West-Berlins im Innern. Da muß es besorgt stimmen, wenn sich die Berliner SPD in Erkenntnis der eigenen Schwäche auf Gruppen stützen will, die erklärte Gegner eines von den drei Westmächten geschützten freien Berlins sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unerhört!)

    Es ist kennzeichnend für die Lage der Berliner SPD auch heute, daß dort Plakate von Regierenden Bürgermeistern hängen, aber vier Regierende Bürgermeister — Suhr, Albertz, Schütz und Stobbe — weggelassen sind. 18 Jahre Berliner Geschichte werden einfach verschwiegen, weil sie nicht ins Bild passen!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Und dann redet man von Geschichte!)

    Die SPD in Berlin sollte sich überlegen, ob eine bloße Machterhaltung, eine Minderheitsregierung, gestützt von den Alternativen und Chaoten, Abhängigkeit vom Willen des Herrn Schily und einsitzender Häftlinge, diesen Preis wert ist. Man darf nicht nur vom demokratischen Wechsel reden und ihn bejubeln, wie Herr Brandt 1969, man muß ihn auch ertragen können, wenn man selbst davon getroffen wird.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Auch wenn es wehtut!)

    Ich glaube, die Union hat hierfür auch im letzten Jahr ein gutes Beispiel gegeben. Die Bundesregierung sollte, die Parteiführungen der Koalitionspartner eingeschlossen, ihren Berliner Freunden dringend raten, bei aller Koalitionsarithmetik nur an die Zukunft Berlins zu denken.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [SPD]: Laßt die doch mal erst wählen! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ihr wolltet doch gar nicht wählen!)

    Eine Debatte zur Lage der Nation muß sich auch mit dem inneren Zustand der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen. Der Bundeskanzler hat es getan. Nach seiner Regierungserklärung nach den Bundestagswahlen hat er das Motto ausgegeben: Mut zur Zukunft. Er hat ein umfangreiches Detailprogramm vorgelegt. Heute ist eine gute erste



    Dr. Zimmermann
    Gelegenheit, Zwischenbilanz zu ziehen. Dem Bundeskanzler ist damals bei der Aussprache über die Regierungserkärung auf den sachlichen Hinweis des Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Helmut Kohl, er lasse es an geistiger Führung fehlen, nichts anderes eingefallen, als diesen Verzicht auf geistige Führung auch noch intellektuell zu begründen. Das ist ein schwerwiegender Fehler, wie wir glauben; denn wer geistige Führung ablehnt, wer nicht weiß, in welche Richtung er seine Politik gestalten will, wer sich selbst nur zum Verwalter, sozusagen zum obersten Angestellten der Republik macht, der wird bei den Inhalten der Politik noch Schwierigkeiten bekommen.
    Beispiel Nr. 1: Der Kanzler hält die Kernenergie für notwendig; aber ein konkretes Energieprogramm, wo klipp und klar steht, wann, wo, welche Kernkraftwerke entstehen sollen, Fortschreibung des Energieprogramms und wie es mit der Endlagerung aussieht, legt er nicht vor.

    (Zurufe von der SPD)

    Die Kanzlerpartei ist gleichzeitig für und gegen Kernenergie, für neue Kraftwerke und gleichzeitig gegen neue Kraftwerke. Der Dämonisierung der Kernkraft stellt die Bundesregierung keine Aufklärung entgegen. Da darf man sich nicht wundern, daß sich darin viele junge Leute von den demokratischen Parteien abwenden, wenn man sie nicht informiert, wenn sie von scheinbar alternativen Quellen gelockt werden und nicht ahnen, welche Auswirkungen eine heraufziehende Energiekrise für ihr Leben selbst haben würde. Nichts geht mehr in der Energiepolitik, außer Steuererhöhungen beim Treibstoff, um die leeren Staatskassen zu füllen.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Haarsträubender Unsinn!)

    Die CDU/CSU hat der Bundesregierung ihre Bereitschaft, am gemeinsamen Energiekonzept mitzuwirken, nachdrücklich angeboten. Aber eine Regierungskoalition, wo jeder SPD-Landesverband in eine andere Richtung zerrt, muß natürlich zur Bewegungslosigkeit verdammt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Kein westliches Land ist so wie die Bundesrepublik Deutschland vom Florieren der Exportwirtschaft abhängig. Seit zwei Jahren weist die Leistungsbilanz nach unten. Wir leben von unserer Devisensubstanz, wir müssen neue Märkte erschließen. Saudi-Arabien hat nicht nur für die deutsche Bauwirtschaft einen gewaltigen Markt. Die Bundesregierung kennt die Wünsche und weiß, daß Ägypten und Saudi-Arabien unsere besten und wichtigsten Partnerländer am Golf sind. Irgendwann muß der Kanzler in dieser Frage Führung zeigen, statt die Dinge treiben zu lassen. Wir haben eine Reputation als zuverlässiger Partner zu wahren.
    Auch hier ist die Bundesregierung auf den Grundsatzbeschluß der CDU/CSU zum Rüstungsexport nicht eingegangen. Verteidigungsminister Apel hat schon recht — und nur in dieser Frage hat Verteidigungsminister Apel recht —, wenn er in dieser Frage von seinem Kanzler und vom Außenminister mehr politische Führung wünscht. Und Finanzminister Matthöfer, dem ich von hier aus gute Besserung wünschen darf,

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    hat wohlwollende Prüfung empfohlen. Er weiß am besten, warum.
    Herr Bundeskanzler, wenn Sie jetzt zusammen mit Frankreich viele Milliarden leihen und zur Verschleierung der Schuldenaufnahme im Bundeshaushalt das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau aufnehmen lassen: Schulden bleiben Schulden, gleich, wo sie verbucht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In der Nachrüstung haben Sie sich grundsätzlich für die Wiederherstellung des gestörten Gleichgewichts ausgesprochen. Aber, Herr Bundeskanzler, Sie selbst haben Zweifel durch Ihre Moratoriumseinlassungen in Essen geweckt. Das gibt ja selbst Generalsekretär Breschnew sozusagen mildernde Umstände, der darauf verweisen kann, daß Sie eigentlich den ersten, heute von der NATO einhellig abgelehnten Moratoriumsvorschlag gemacht haben.

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Was der Bundeskanzler, was die SPD in den letzten Wochen zur Frage der Nachrüstung an Papieren und Positionen, an Auslegungen und Deutungen produziert haben, kann niemand mehr unterscheiden. Die SPD-Führung weiß natürlich, daß an der NATO-Nachrüstung bei der ungebremsten sowjetischen Rüstung kein Weg vorbeführt; aber die Linken in der SPD wollen es nicht wissen. Aus diesen zwei gegensätzlichen Positionen wird dann ein gemeinsames Kompromißpapier. Da wundern sich die Leute in der SPD, daß unsere Verbündeten mit zunehmendem Mißtrauen auf diese Entwicklung schauen und sich fragen, wohin denn bei uns die Richtung geht!
    Die Welle des Neutralismus und des Pazifismus, die wir derzeit erleben, hängt unmittelbar mit dem Richtungsstreit in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zusammen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Graf Huyn [CDU/CSU]: Und der Führungsschwäche!)

    Auch hier weiß der Bundeskanzler, daß die CDU/ CSU in der Frage der Sicherheit eine geschlossene Haltung einnimmt, er also bei der Nachrüstung eine breite Rückendeckung in diesem Hause hätte. Warum nimmt er hier unsere Bereitschaft, im nationalen Interesse zu helfen, wieder nicht wahr? In den Vereinigten Staaten wäre es undenkbar, so auf den Konsens mit der nicht regierenden, aber stärksten politischen Kraft zu verzichten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese drei Beispiele einer handlungsunfähigen Regierung in existentiellen Fragen könnten ergänzt werden. Ich erspare mir das aus Zeitgründen. Aber in den drei genannten zentralen Fragen der deutschen Politik — Energie, Export und Sicherheit — haben wir von der Union klare Positionen bezogen.



    Dr. Zimmermann
    Wir haben darüber diskutiert. Am Ende stand eine Entscheidung.
    Das Wahlprogramm der Union vom letzten Jahr gilt bei uns, wie wir mit unserem Antrag zur Montan-Mitbestimmung bewiesen haben.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    Unsere Politik ist für den Wähler durchschaubar. Wir lassen unsere Entscheidungen nicht zerreden. Wir haben der Bundesregierung auf vielen Feldern Zusammenarbeit angeboten und blieben ohne Resonanz. Die Bundesregierung will offenbar weiterwursteln und Zeit schinden — in der vagen Hoffnung, es werde sich schon irgendwie richten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler hat dieser Tage gesagt: Die Deutschen sind verwöhnt. Das hat ein beträchtliches Echo gehabt. Es gab j a viele interessante Aussprüche von Willy Brandt und Helmut Schmidt damals bei der „Lebensqualität",

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Ja!)

    Aussprüche über den „Aufschwung", über den „Motor des Fortschritts". Ja, wer hat denn über so viele Jahre die Anspruchsinflation genährt und beschwert sich heute darüber, daß man verwöhnt sei? Wer war denn das? Wo sitzen denn die Leute?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Jetzt zu sagen, man sei verwöhnt, das ist nicht fair, das ist ungerecht.
    Vor zehn Jahren hat die SPD den Wahlkampf noch mit dem Slogan „Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land" geführt.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Sind wir auch!)

    In der Tat, das, was wir damals nach 20 Jahren übergeben hatten, war ein gutes Erbteil: gefüllte Kassen, Vollbeschäftigung, stabile Preise. Und jetzt? Am 20. März 1978, vor drei Jahren, findet der Bundeskanzler dieses Land provinziell, reichlich kleinkariert, reichlich kleinbürgerlich, ja — man zögert, es auszusprechen — sogar zum Kotzen. Das allerdings, Herr Bundeskanzler, steht in einem gewissen Gegensatz dazu, daß Sie in Ihrer Rede heute gesagt haben: Die allermeisten Menschen auf der ganzen Welt würden ihren Platz gern mit einem Deutschen tauschen. Das paßt nicht dazu, daß Sie so über dieses Land reden!

    (Bundeskanzler Schmidt: Das ist eine Fälschung! — Zuruf von der SPD: Wieder eine Fälschung, Herr Zimmermann!)

    — Das ist am 19. März 1978 in der Friedrich-EbertStiftung in Bergneustadt gesagt worden und am 20. März im „heute-journal" des Zweiten Deutschen Fernsehens von Klaus Bresser aus dem Manuskript wörtlich vorgelesen worden. Schauen Sie bitte nach!
    Die Führungsschwäche an der Spitze des Staates findet natürlich auch in einer Orientierungslosigkeit bei Teilen der Jugend ihr Echo. Wie sollen sich die jungen Menschen zurechtfinden, wenn eine „emanzipatorische Pädagogik" alles zuerst einmal „kritisch hinterfragt" und auf die Vermittlung von Werten verzichtet? Es wird nicht mehr vermittelt, daß die Soldaten der Bundeswehr und der Verbündeten den Frieden gesichert haben. Die Pazifisten haben zum Frieden bei uns am allerwenigsten beigetragen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Sie sonnen sich in ihrem Gewissen und genießen die Freiheiten, die andere ihnen sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In dieser Situation verzichtet der Verteidigungsminister auf die öffentlichen Gelöbnisse seiner Wehrpflichtigen und versteckt die Truppe vor den Bürgern! Und er tut das — das ist das Schlimmste — wider besseres Wissen, gegen seine eigene Überzeugung,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!) nur auf Grund des Drucks seiner Partei!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist doch bemerkenswert, daß der Wehrbeauftragte, der frühere Kollege dieses Hauses und Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Willi Berkhan, ein Vertrauter des Bundeskanzlers, das in seinem letzten offiziellen Bericht absichtlich und ausführlich beklagt und für falsch erklärt. Das sagt doch eigentlich, daß wir von der Union nicht ganz falsch liegen können, wenn wir das auch beklagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, in der Bundesrepublik Deutschland ist eine neue organisierte Protestbewegung entstanden, die dort, wo Führungslosigkeit ist, in die Lücken stößt. Ob gegen Bundeswehr, gegen Nachrüstung, gegen Kernenergie, bei San Salvador oder bei den organisierten Hausbesetzern: Der Kurs wird in fast allen Fällen durch die gleichen linken und kommunistischen Gruppen bestimmt. Wie hieß die Parole beim Kongreß der Hausbesetzer in Münster, bei den organisierten Rechtsbrechern? Es stand zu lesen: „Es geht nicht um Häuser, es geht um das System."
    An der Spitze der Anti-NATO-Demonstration in Bonn am letzten Wochenende marschierte der Ableger der SED bei uns, der Vorsitzende Mies von der Deutschen Kommunistischen Partei. In Berlin ließ man den Rechtsbrechern freie Hand. Weit über hundert Häuser sind besetzt. Die Polizei kam staatsanwaltlichen Aufträgen zur Räumung nicht nach. Es erklärt sich jetzt auch, warum der Polizeipräsident das nicht tun wollte: Offenbar war sein eigener Sohn bei einer solchen Hausbesetzung dabei.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    So sind rechtsfreie oder im Sinn der Stadtguerilla sogenannte „befreite Gebiete" entstanden.
    Der Bundesinnenminister hat zuerst einmal ungeprüft Protest erhoben, als Franz Josef Strauß feststellte, daß auch Mitglieder der Terrorszene unter den Hausbesetzern seien; er hat sich nachher korrigieren müssen. Die schweigende Mehrheit der Ju-



    Dr. Zimmermann
    gend will mit Hausbesetzern und gewalttätigen Demonstranten nichts zu tun haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Nur: Sie werden sich auch nicht für einen Staat engagieren, für die Demokratie engagieren, wenn die Repräsentanten des Staates Rechtsbrüche hinnehmen, als seien es Kavaliersdelikte.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: So ist es!)

    Jeder Bürger wird sich fragen: Warum soll ich ein Strafmandat für falsches Parken bezahlen, wenn sich andere ungestraft fremdes Eigentum aneignen können?

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Die für einen Einser-Juristen seltsame Rechtsphilosophie des Berliner Regierenden Bürgermeisters Vogel sieht so aus: Wenn einer eine Scheibe zertrümmert, hat er einen Straftatbestand erfüllt, bei 100 Personen ist das eine Demonstration, wo die Verhältnismäßigkeit gefragt ist.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ich glaube nicht, daß diese Philosophie vom Bürger nachvollzogen wird,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    denn 100 Straftaten sind nach unserem bescheidenen Rechtsverständnis unverhältnismäßig mehr als eine.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Jahr 1981 ist von zweierlei gekennzeichnet: von einer Zunahme der Probleme im Innern der Bundesrepublik und in der Weltpolitik. Wir brauchen in Krisenzeiten, meine Damen und Herren, sicher keinen starken Mann, aber wir bräuchten eine starke Regierung. Abwägen ist in der Politik notwendig, aber über einen gewissen Zeitraum hinaus wird Abwägen zum Zögern und dann zum Versagen. Der Kanzler steht kurz vor diesem letzten Schritt. Er weiß das selbst.
    Es ist eine verkehrte Welt, in der die Opposition den Kanzler einer anderen Partei, den Chef einer anderen Koalition zum Handeln auffordert.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Ich tue es trotzdem, weil dieser Staat eine handlungsfähige Regierung braucht und die SPD/FDPKoalition in diesem Haus über die Mehrheit verfügt. Der Kanzler muß von seiner Richtlinienkompetenz wieder Gebrauch machen und sich dann dem Hause stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Er schafft es aber nicht!)

    Nur so hat die Bundesrepublik Deutschland eine Chance, aus der Stagnation herauszukommen und in der gegenwärtigen weltpolitischen Krisenlage ihren Stellenwert zu behaupten. Am Tage des Berichts zur Lage der Nation wäre es die Aufgabe der Bundesregierung, wenigstens den Versuch zu unternehmen, im Bundestag — ich habe mehrere existentielle Fragen angesprochen — zu einer breiten Mehrheit in den Fragen der nationalen Existenz zu gelangen. Meine Damen und Herren, wer nicht sammelt, der zerstreut — zum Schaden für die Bundesrepublik Deutschland und für die deutsche Nation.
    Dieses traurige Fazit müssen wir heute ziehen, aber die stärkste politische Kraft der Bundesrepublik Deutschland in den Städten, in den Landkreisen, in den deutschen Bundesländern und in diesem Haus läßt sich in diesen Fragen nicht an die Seite drängen. Die CDU/CSU wird einig, entschlossen und präsent die Dinge wenden, wenn nicht heute, dann morgen. Dabei wird uns im demokratischen Entscheidungsprozeß auf allen Ebenen unseres Staates niemand aufhalten können, denn der Wechsel wird fällig werden — so wie am 10. Mai in Berlin — gegenüber einer Regierung, die nur mehr schwach reagiert und zur Führung des Landes leider nicht mehr fähig ist.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Regierende Bürgermeister von Berlin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand kann sich mit der Lage der Nation, mit der Lage unserer Nation beschäftigen, ohne sich mit der Lage Berlins auseinanderzusetzen. Berlin ist nicht nur eine der großen deutschen und europäischen Metropolen, übrigens der Einwohnerzahl nach unverändert die größte deutsche Metropole und die größte europäische zwischen Warschau und Paris; Berlin ist unverändert auch die Stadt, in der die Folgen eines der dunkelsten Kapitel unserer nationalen Geschichte für Millionen Menschen in ihrem täglichen Leben noch immer spürbare Gegenwart sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Trotz SPD-Regierung!)

    Dieses Kapitel hat übrigens nicht, wie manche meinen, im Mai 1945 begonnen. Dieses Kapitel ist am 30. Januar 1933 aufgeschlagen worden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Manche geistige und politische Strömung hat schon vor 1933 Beiträge zu diesem Kapitel geschrieben: Herr Hugenberg und seine Pressekonzerne zum Beispiel

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    oder der kleindeutsche Geschichtschauvinismus eines Heinrich von Treitschke.
    Zu diesen Folgen gehört die Teilung der Stadt, zu diesen Folgen gehört die militärische Präsenz der Drei Mächte, die aus Besatzungsmächten zu Schutzmächten geworden sind, dazu gehört die Lage an der Nahtstelle zweier Bündnissysteme und zweier tief unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen; dazu gehört das Ringen um den Zugang nach Berlin und um den Übergang von der einen Hälfte der Stadt in die andere, dazu gehört auch die Verpflichtung zum Wachhalten geschichtlicher Zusammenhänge und des Wissens um die gemeinsamen Wurzeln nationaler Existenz.



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin)

    Als der durch die Verfassung von Berlin legitimierte Sprecher Berlins danke ich dem Herrn Bundeskanzler und dem Sprecher der Opposition dafür, daß sie Berlin, daß sie der Lage, den Problemen und den Aufgaben Berlins in ihren Ausführungen breiten Raum gewidmet haben. Dem Herrn Bundeskanzler danke ich auch für das, was er gesagt hat, insbesondere für das, was er über und zu Berlin gesagt hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Zimmermann hat sicher Verständnis dafür, daß ich ihn in diesen Dank nicht einschließe.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich stimme dem Bundeskanzler zu: Die Lage Berlins hat sich durch die Vertragspolitik, insbesondere durch das Viermächteabkommen und den Grundlagenvertrag, entscheidend verbessert. Die Fäden der menschlichen Kontakte zwischen den beiden Hälften der geteilten Stadt, die vor 1972 spärlich und leicht zerreißbar waren, sind zu einem festen und haltbaren Gewebe geworden. Der Zugang nach Berlin ist sicherer, die Bindungen Berlins an den Bund sind enger. Sie bestehen nicht nur in der Einordnung Berlins in das Rechts-, Wirtschafts- und Finanzsystem der Bundesrepublik, Berlin ist auch ein Teil des politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens der Republik.
    Die Außenvertretung Berlins ist vertraglich geregelt, und vor allem: Berlin ist nicht mehr automatisch der Mittelpunkt jeder internationalen Spannung und jeder internationalen Krise. Die Kette der Ultimaten und Drohungen hat mit der Vertragspolitik ein Ende gefunden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Manche, offenbar auch in diesem Hause, scheinen das zu bedauern. Sie sagen, Berlin sei durch diese Entwicklung an den Rand des Weltinteresses geraten, in den Zeiten der Bedrohung habe man einen demokratischen Grundkonsens gehabt — als ob der heute nicht mehr bestünde —, sie sagen, die Stadt habe ihre Identität verloren. Mag sein, daß Politiker und auch Leitartikler das so empfinden, daß sie spüren, wie sie selber vor allem bei den Jungen immer mehr an den Rand des Interesses rücken, daß sie sich selbst mit der Stadt verwechseln. Die Menschen in Berlin sehen das anders — und die in Ost-Berlin nicht weniger als die in West-Berlin. Die Menschen in beiden Teilen der Stadt, sie sagen es einem — gestern im Bezirksamt Wedding von Berlin, wo 50 OstBerliner auf ihre Begrüßung gewartet haben —, sie sagen es einem spontan. Sie wissen, wem sie diese Fortschritte verdanken. Sie wissen, wer für und wer gegen die Verträge war. Und sie wissen auch, wer im Einzelfall weder dafür noch dagegen war, weil er sich der Stimme enthielt oder an wichtigen Abstimmungen überhaupt erst gar nicht teilnahm.

    (Beifall bei der SPD und der FDP) Das alles ist nicht vergessen.

    Und es ist auch nicht vergessen, daß es ein Berliner Bürgermeister, Willy Brandt, war, der unter dem Eindruck des Mauerbaus diese Politik der menschlichen Erleichterungen auf den Weg gebracht und, gegen bisweilen wütenden Widerstand, zusammen mit Walter Scheel durchgesetzt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Berlin will, daß diese Politik fortgesetzt wird, realistisch, mit Augenmaß, im Einklang mit unseren Verbündeten, die zugleich auch die Schutzmächte in Berlin sind. Berlin will, daß diese Politik fortgesetzt wird, über Rückschläge und Enttäuschungen hinweg.
    Die Erhöhung und die Ausweitung des Mindestumtausches ist ein solcher Rückschlag. Die Maßnahme berührt wichtige Annahmen, von denen man bei den Vereinbarungen über den Reise- und Besucherverkehr ausgegangen ist. Die Maßnahme widerspricht dem Geist der Verständigung und auch den Zielsetzungen der Schlußakte von Helsinki, auf die wir uns im übrigen nur berufen können, weil die Koalitionsmehrheit dieses Hauses den entsprechenden Entschließungen zugestimmt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Maßnahme hat dazu geführt, daß die Zahl der Besuche von West-Berlinern in Ost-Berlin und in der DDR um über die Hälfte zurückgegangen ist. Das ist eine Maßnahme der Abgrenzung, die wir nicht hinnehmen können. Zusammen mit der Bundesregierung wird der Senat von Berlin beharrlich auf die Korrektur der Erhöhung und der Ausweitung hinwirken. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind dagegen, daß Abgrenzung mit Abgrenzung beantwortet wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Damit würden wir den Falschen in die Hände arbeiten. Damit würden wir selbst in das Gewebe der menschlichen Beziehungen hineinschneiden, das wir doch erhalten und stärken wollen.
    An Themen für konkrete Bemühungen um weitere Verbesserungen in und für Berlin ist kein Mangel. Ein solches Thema ist die vom Abgeordnetenhaus von Berlin im Februar 1981 ohne Gegenstimmen gutgeheißene Einbeziehung der S-Bahn in das städtische Nahverkehrskonzept und die Integration der dafür geeigneten Strecken in ein Schienenschnellverkehrssystem. Wir arbeiten gemeinsam mit der Bundesregierung an der Umsetzung dieses Beschlusses. Ich bitte schon heute alle Fraktionen des Deutschen Bundestages um Unterstützung, um Unterstützung insbesondere dann, wenn es gilt, bislang für den weiteren Autobahnausbau in Berlin vorgesehene Mittel statt dessen für die Modernisierung von S-Bahn-Strecken zur Verfügung zu stellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist, jedenfalls in Berlin, vielleicht aber sogar über Berlin hinaus, ein Gebot der verkehrspolitischen, der finanziellen und der ökologischen Vernunft.

    (Beifall bei der SPD)

    An weiteren Beispielen und an weiteren Themen nenne ich: Verbesserungen im Reise- und Besucherverkehr der West-Berliner nach Ost-Berlin, die Of-



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin) fenhaltung des Grenzübergangs Staaken für den Transitverkehr über 1984 hinaus, die Einbeziehung Berlins in einen Erdgas- oder auch in einen Stromverbund, um die Ölabhängigkeit der Berliner Strom-und Gaserzeugung zu vermindern und schließlich auch die Einbeziehung Berlins in das Intercity-System auf einer dafür zu elektrifizierenden Strecke.
    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Berlin ist realistisch. Berlin erwartet keine Lösungen von heute auf morgen. Aber es wird nicht müde werden, immer aufs neue auf weitere Schritte der Normalisierung zu drängen. Auch das ist ein Teil der nationalen Aufgabe Berlins.
    Ebenso ist es unsere Aufgabe, zusammen mit der Bundesregierung — ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen zu dieser Frage — auf der einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit zu beharren. Sie ist für die Bürger von WestBerlin eine wichtige Klammer zur Bundesrepublik.

    (Beifall bei der SPD)

    Die kommunalen Probleme Berlins sind angesprochen worden, und zwar verständnisvoll vom Bundeskanzler, polemisch und deutlich allein mit dem Blick auf den 10. Mai 1981 vom Sprecher der Unionsfraktion. Hier ist nicht der Ort, kommunale Sorgen Berlins in der vollen Breite zu erörtern. Ich würde nur die Bitte äußern, daß sich niemand selbstgerecht täuschen möge. Jede kommunale Herausforderung, vor der Berlin steht, ist schon heute auch in den anderen Metropolen und in den anderen großen Städten zu finden. Die Fehlentwicklungen in der Modernisierung und Sanierung richten sich doch nicht nach der Parteizugehörigkeit der jeweiligen Stadt-, Landes- oder nationalen Regierung. Sind Sie denn blind bei dem Blick in die europäische Situation?

    (Beifall bei der SPD)

    Die partielle Wohnungsnot läßt sich doch nicht in dem Einfachverfahren jeweils am Parteibuch des jeweiligen Wohnungsbauministers festmachen. Die Hausbesetzungen sind doch nicht allein ein Berliner Problem. Der Jugendprotest ist doch inzwischen eine europäische Erscheinung, die auch die Grenze zwischen Ost und West längst überschritten hat. Ich will nur noch einige weitere Stichworte nennen: die Drogensucht, die Baukostensteigerungen, das Zusammenleben mit Hunderttausenden ausländischer Mitbürger auf engem Raum, die doch nicht alle widerrechtlich gekommen sind, sondern in ihrer Masse da sind, weil wir sie alle gemeinsam mit Prämien eingeladen haben, in unsere Städte und in unser Land zu kommen. Ich nenne das Problem der Sicherung der Arbeitsplätze.
    Wer da, ob Opposition oder nicht, mit dem Finger auf Berlin zeigt, möge sich erst einmal zu Hause und in seinem eigenen Wirkungsbereich umsehen und sachkundig machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Einiges, was der Sprecher der Unionsfraktion soeben gesagt hat, kann so nicht stehenbleiben. In Berlin gibt es keine rechtsfreien Räume. Erst recht wird dort das Recht nicht mit Füßen getreten. Der Senat fördert auch nicht, wie hier gesagt wurde, die Begehung von Straftaten. Mit der Fairneß, die vom Spitzenkandidaten der CDU für Berlin in Aussicht gestellt worden ist, sind solche Behauptungen schlechterdings nicht zu vereinbaren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Zimmermann hat es für richtig gehalten, an dieser Stelle mitzuteilen — was völlig unstreitig ist —, daß in Berlin von einzelnen Bürgern Straf an-träge gestellt und Strafanzeigen erstattet worden sind, mit der Behauptung, es liege Strafvereitelung im Amt vor. Was soll diese Selbstgerechtigkeit? Ist hier ein Politiker, der irgendwo in Verantwortung gestanden hat, der nicht schon mit den sinnlosesten Strafanzeigen überzogen wurde? Der bayerische Ministerpräsident hat sich immer wieder Strafanzeigen zu erwehren, in denen behauptet wird, er betreibe Volksverhetzung. Sie wissen doch ganz genau, was von solchen Strafanzeigen zu halten ist.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Es gibt eine sublime Form, das zu tun, Herr Bürgermeister!)

    — Herr Abgeordneter, ich bedanke mich, daß ich im Gegensatz zu Herrn von Dohnanyi von Ihnen im Amt des Oberqualifikators eine positive Zensur erhalten habe. Herzlichen Dank.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Eine sublime Form! — Dr. Barzel [CDU/CSU]: Das ist aber schwach!)


    (V o r sitz: Vizepräsident Leber)

    Im übrigen, da Sie von sublimen Formen reden: Sublime Formen sind Ihnen eigentlich in der Regel verschlossen, Herr Kollege Kohl. Sie lieben mehr die kräftigeren, die plumpen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Natürlich, meine Damen und Herren, werden in Berlin Gewalttaten verfolgt. Es werden auch Häuser durchsucht und geräumt. Was es allerdings nicht gibt, sind sinnlose oder gefährliche Aktivitäten, wie etwa kollektive Massenverhaftungen junger Leute,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    die dann später unter Feststellung ihrer Unschuld und der Mitteilung, daß ihnen finanzielle Entschädigung gewährt wird, wieder entlassen werden müssen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dabei denken wir nicht nur an die verheerenden Wirkungen, die solche Staatsdemonstrationen bei jungen Menschen hervorrufen. Meine Damen und Herren, dies sage ich mit dem Ernst, den ich immer wieder in das Gespräch mit der Opposition hineinzutragen suche: Ist Ihnen eigentlich nie in den Sinn gekommen, daß Sie mit solchen Aktivitäten im Ergebnis denen in die Hände arbeiten, die Sie so sehr zu bekämpfen vorgeben?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Junge Union in Berlin weiß das. Sie sagt: Wer
    nichts als pauschale Massenverhaftungen und neue
    Polizeiwaffen anzubieten hat, der offenbart er-



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin) schreckende Hilflosigkeit. — Dem ist nur zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Richtig ist, daß es zwischen dem Generalstaatsanwalt beim Kammergericht in Berlin und dem Justizsenator — Sie, Herr Zimmermann, haben in der sublimen Weise, die Herrn Kohl vorschwebt, darauf aufmerksam gemacht — eine Meinungsverschiedenheit über den richtigen Zeitpunkt einer Durchsuchung gab. Solche Meinungsverschiedenheiten — nun schaue ich die Rechtspolitiker an, mit denen ich früher zusammengearbeitet habe — gab es doch auch schon anderswo und in anderen Ländern. Es soll der Landesjustizminister aufstehen, der über derartige Fragen, über Fragen seiner Weisungsbefugnis, nicht auch schon in Meinungsverschiedenheiten mit seiner Staatsanwaltschaft gestanden hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen, zum Bedauern derer, die dies für ein vordergründig nützliches Thema hielten, hat diese Meinungsverschiedenheit in Berlin mittlerweile ihre Erledigung gefunden.
    Herr Kollege Zimmermann hat es für richtig gehalten, auf die Tatsache aufmerksam zu machen, daß sich unter den vorläufig festgenommenen, dann wieder entlassenen Hausbesetzern auch ein Sohn des Berliner Polizeipräsidenten Hübner befand —22 Jahre, volljährig. Der Vater hat sich zu diesem Sohn bekannt — nicht zu seinem Tun, aber zu diesem Sohn — und hat ihm seine Hilfe angeboten. Herr Kollege Zimmermann, spüren Sie eigentlich nicht die peinliche Selbstgerechtigkeit, die in Ihrer Äußerung steckt?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Soll ich jetzt, Ihrer Peinlichkeit folgend, die Söhne von CDU- oder CSU-Politikern oder die Töchter von CDU- oder CSU-Bürgermeistern unter Nennung der Stadt, in der sie wohnen, aufzählen, die sich ebenfalls in dieser Situation befunden haben? Was ist das für eine vordergründige, peinliche Art der Diskussion!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich brauche doch nur in die Gesichter derer zu sehen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Lenken Sie doch nicht ab!)

    die wissen, wovon ich rede, um die ganze Inhumanität dieser Art von Beweisführung deutlich zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wie kann man mit der Not eines Vaters, mit der Not von Eltern, die sich in einem solchen Konflikt befinden, so peinlich vordergründig politische Polemik betreiben!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Zimmermann, Sie haben dann einen weiteren Beitrag zur Lage der Nation geleistet und das Märchen von der angeblich beabsichtigten Zusammenarbeit der Berliner Sozialdemokraten mit der
    Alternativen Liste erneuert. Ich bin Ihnen dankbar für das Stichwort. Ich erkläre von der Tribüne dieses Hauses aus — im übrigen zum wiederholten Male —: Es gibt weder eine Koalition noch eine Zusammenarbeit. Es ist auch nie irgend etwas anderes erklärt worden.

    (Zustimmung bei der SPD — Dr. Zimmermann [CDU/CSU]: Minderheitsregierung! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Unterstützung! Duldung!)

    — Herr Kollege Zimmermann, ich nehme das Stichwort Minderheitsregierung auf. Danke sehr. Dieses Stichwort zeigt mir nur eines: daß die Berliner CDU ihre Hoffnung, die absolute Mehrheit zu erreichen, längst aufgegeben hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU)

    Herr von Weizsäcker hat doch dieses Thema überhaupt erst entdeckt, als ihm die Meinungsumfragen bedeutet haben, daß er den Höhepunkt des Januar und unseren Tiefpunkt durch Untätigkeit versäumt hat. Seitdem ist dieses Thema aktuell.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Kittelmann [CDU/CSU]: Das war wohl nichts!)

    Im übrigen bekenne ich mich dazu: Wir treiben auch hier keine Politik der Gesprächsverweigerung. Wir bemühen uns um die jungen Leute, die in die Irre laufen. Wir bemühen uns auch, die vernünftigen Gedanken aufzunehmen, die es auch in diesem Bereich gibt.
    Wenn Sie es gerne wollen, lese ich viele Zitate vor, in denen Herr von Weizsäcker, Herr Blüm und andere diesem Personenkreis ihr hohes Verständnis — Herr Blüm sogar seine Sympathie — ausgedrückt haben.

    (Lorenz [CDU/CSU]: Der Alternativen Liste? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Aber lieber Herr Abgeordneter Kohl, wenn Sie es gerne wollen, führe ich Ihnen das sogar im Bild vor. Herr Blüm fliegt doch gelegentlich nach Berlin und läßt sich dort in Kreuzberg mit den Hausbesetzern fotografieren, wie er ihnen freundlich zulächelt, wie er ihnen Mut zuspricht.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Widerspruch bei der CDU/CSU — Kittelmann [CDU/CSU]: Ihnen geht es doch nur um billige Polemik!)

    — Entschuldigung, ich habe das Stichwort nicht in die Debatte geworfen. Ich habe das Stichwort doch nur aufgegriffen. Es stammt doch von Herrn Zimmermann.
    Dann bedanke ich mich für die liebenswürdige Beratung über die sinnvolle Anfertigung von Plakaten. Von Public Relation verstehen Sie etwas, Herr Kollege Zimmermann. Das gestehe ich Ihnen zu. Trotzdem meine ich: Wir sollten die Verantwortung für unsere Plakate jeweils selbst tragen. Sie kriegen ja auch von mir nicht den Rat, Herrn Lorenz oder



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin)

    Herrn Lummer oder Herrn Strauß in Berlin zu plakatieren. Das empfehle ich ja auch nicht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich möchte sagen: Schuster, bleib bei Deinem Leisten.
    Meine Damen und Herren, ich kehre, nachdem ich jetzt nicht mehr auf Stichworte von Herrn Zimmermann Bezug nehmen muß, zur ernsthaften Auseinandersetzung zurück.

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

    Er hat das Stichwort Jugendprotest in all seiner Tragweite nämlich wieder sehr oberflächlich in die Nähe des Polizei- und Paragraphenthemas gerückt. Bei der Analyse des Jugendprotestes haben bisher fast alle Beteiligten die Thesen der eidgenössischen Kommission für Jugendfragen herangezogen. Ich freue mich, daß die SPD-Fraktion meinen Vorschlag aufgegriffen hat, zur Untersuchung der uns alle beunruhigenden neuen Formen des Jugendprotestes die Einsetzung einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zu beantragen. Ich hoffe, der Antrag findet, nachdem die FDP-Fraktion ihre Zustimmung erklärt hat, bei der Abstimmung die Billigung des gesamten Hauses.
    Wir könnten hier mehr versäumen als bei anderen Themen, die im Deutschen Bundestag breit behandelt werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nicht umsonst haben die katholischen Bischöfe vor wenigen Wochen in einer Presseverlautbarung folgenden Satz niedergeschrieben, der eigentlich die Alarmglocken hätte schrillen lassen müssen:
    Mit Sorge müssen wir — die Bischöfe —
    feststellen, daß in unserer Gesellschaft vielfach der Dialog zwischen den Generationen zerbrochen ist.
    Ein inhaltsschwerer Satz, über den niemand mit irgendeiner eleganten Bemerkung oder gar mit Polemik hinweggehen sollte. Vielleicht, so hoffe ich jedenfalls, trägt die Enquete dazu bei, Zerbrochenes im Verhältnis zwischen den Generationen wieder zusammenzufügen bzw. zusammenzuführen.
    Wir wissen in Berlin, daß es zunächst und vor allem unsere Aufgabe ist, mit unseren Problemen fertig zu werden. Wir sind auch selbstbewußt genug, um nicht andere anzusprechen, wo wir selbst gefordert sind. In einzelnen Punkten aber ist Berlin aus Gründen der Kompetenz und der Ausgleichsfunktion des größeren Verbands auf Ihre Hilfe, meine Damen und Herren, und auf die Hilfe des Bundes angewiesen.
    Wir brauchen weiterhin, ebenso wie andere Gebiete der Bundesrepublik — Ostbayern, um nur ein Beispiel zu nennen —, den materiellen Ausgleich der Erschwernisse und Nachteile, die sich aus unserer besonderen Lage ergeben. Nur infolge dieses Ausgleichs hat Berlin 1980 den Konkunkturgleichschritt mit der Bundesrepublik halten können, und nur deshalb ist die Investitionsneigung im ersten Quartal 1981 robust geblieben, nach den Feststellungen der Industrie- und Handelskammer sogar mit leicht steigender Tendenz.
    Auch für die Zukunft gilt: Ohne die Berlin-Hilfe ist unsere Wirtschaft nicht sicher. Wir wissen, daß Steigerungen dieser Hilfe jetzt schwierig sind. Wir sind Realisten. Aber wir werden nach dem 10. Mai 1981 schon wegen der Arbeitslosenzahlen bitten, die Berlin-Hilfe nicht allein am Umsatz, sondern stärker als bisher an der Sicherung und der Neuschaffung von Arbeitsplätzen zu orientieren.
    Wir brauchen außerdem die Änderung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Mietrechts. Alle Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses — gestern ist nach Überwindung von Schwierigkeiten diese Einigung zustande gekommen — fordern die Verlängerung der Mietpreisbindung für Altbauwohnungen bis 1990, d. h. nicht ein Einfrieren der Mietpreise, aber den Grundsatz, daß die Obergrenze angesichts der teilweisen Mangellagen nicht durch das freie Spiel der Kräfte, sondern durch einen politischen Beschluß der dafür Berufenen festgelegt wird.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich bitte sie sehr herzlich, diesem gemeinsamen Wunsch aller drei Fraktionen des Abgeordnetenhauses bald Rechnung zu tragen. Sie würden damit in Berlin viele Mieter, vor allem alte Menschen, vor Unruhe und Angst bewahren.
    Ebenso brauchen wir einen besseren Umwandlungsschutz für Mieter von Altbauwohnungen. Auch hier sind alle Fraktionen in Berlin einig. Die unionsregierten Länder, vor allem das Land Rheinland-Pfalz, das sich hier zum Sprecher des Widerstands gegen diese vernünftige Lösung gemacht hat, sollten ihren Widerstand aufgeben. Ich bitte Sie darum, daß Sie mithelfen, hier zu einer Lösung zu kommen, die alle drei Berliner Fraktionen einhellig anstreben.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe von den beiden großen Aufgaben Berlins gesprochen. Beide Aufgaben sind eng miteinander verbunden. Berlin kann seine ihm aus der jüngeren Geschichte zugewachsene Aufgabe nur ausreichend erfüllen, wenn es seine kommunalen Probleme bewältigt. Nur als eine menschliche Metropole kann es eine Stadt der Pluralität, der Liberalität, des Friedens und der Freiheit sein, deren Botschaft auch den Menschen um Berlin, den Menschen in ganz Deutschland etwas zu sagen hat; denn Berlin ist Teil der Geschichts-, der Gefühls-, der Kultur- und der Sprachgemeinschaft, die wir Deutschen auch im vierten Jahrzehnt nach der von Hitler verursachten und verschuldeten Teilung unverändert darstellen

    (Beifall bei der SPD)

    — nein, ich muß mich korrigieren: nicht darstellen, sondern sind. Diese Definition, die ich eben gegeben habe — die Geschichts-, Gefühls-, Kultur- und Sprachgemeinschaft —, ist nämlich die verständlichste und lebensnächste Definition des Begriffes „Nation", jedenfalls dann, wenn man diesen Begriff



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin)

    nicht als Kampf-, als Abgrenzungsbegriff, sondern als etwas Verbindendes, als etwas Zusammenführendes verwendet und in der politischen Sprache einsetzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Frage nach der Identität von Nation und Staat ist in der Geschichte unterschiedlich beantwortet worden. Es gab mehrstaatliche Nationen, es gab Staaten, die mehrere Nationen in sich vereinigten, und es waren und sind nicht die schlechtesten, wenn wir an den ost- und südosteuropäischen Bereich denken. Es gab aber auch Staaten, die Nationalstaaten waren.
    Für uns gilt — das sage ich für Berlin und ich befinde mich dabei im Einklang mit der Bundesregierung —: Wir anerkennen die DDR als Staat. Es gibt zwei deutsche Staaten. Das ist ein Tatbestand,

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: „Zwei Staaten in Deutschland" ist korrekt!)

    den wir im Grundlagenvertrag akzeptiert haben und den das Verfassungsgericht bestätigt hat. Mühsam genug hat sich dazu auch die Union durchgerungen.
    Dessen ganz unbeschadet sagt das Grundgesetz in seiner Präambel:
    Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
    Dem sind wir auch in Berlin verpflichtet.

    (Zustimmung bei der SPD)

    — Ich möchte schon aus zeitlichen Gründen keine Zwischenfragen zulassen. Ich bin aber sehr gerne bereit, mich bei jeder sich bietenden Gelegenheit, vielleicht in Berlin oder auch sonst öffentlich oder nicht öffentlich, mit Ihren Fragen auseinanderzusetzen, damit wir einander gut verstehen.
    Einen ganz ähnlichen Begriff, nämlich den der Vereinigung beider deutscher Staaten, hat kürzlich — der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen — der Staatsratsvorsitzende der DDR benutzt. Die Vorstellungen über die Voraussetzungen und die Ergebnisse der Vereinigung sind sicher grundverschieden. Aber wer selber den Begriff benutzt, der kann anderen nicht Annexionismus oder Revanchismus vorwerfen, wenn sie das gleiche tun.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sprach von der Geschichtsgemeinschaft. Das ist doch keine Schimäre. Es gibt doch genug aktuelle Beispiele dafür, daß sich beide Seiten der gleichen gemeinsamen historischen Persönlichkeiten erinnern, auch wenn sie ihr Wirken und ihre Motivation ganz unterschiedlich deuten. Ich nenne nur die Namen Martin Luther, Bach, Goethe, Yorck, Clausewitz, Scharnhorst und zuletzt Friedrich den Großen und Freiherr vom Stein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Vogel! — Lachen bei der CDU/CSU)

    Herr von Weizsäcker hat dazu gesagt, wir hätten keinen Grund, mit Überheblichkeit festzustellen, daß andere gemeinsame Personen aus der gemeinsamen Geschichte unter ihrem Aspekt in Anspruch nehmen. Die innerdeutschen Beziehungen, so fuhr er von dieser Stelle aus fort, seien keineswegs immer nur ein einseitiges Lerngeschäft von West nach Ost. Auch wir hätten unseren Teil zu lernen. Herr von Weizsäcker hat recht, und ich sehe keinen Anlaß, das etwa deshalb zu bestreiten, weil wir beide jetzt miteinander in einem Wahlkampf stehen.
    Aber ich frage, wie es da eigentlich mit der Einheit von Reden und Handeln steht. Wir haben anläßlich des 200. Geburtstags Karl Friedrich Schinkels mit dem Gedanken der Geschichtsgemeinschaft Ernst gemacht. Wir haben in Erinnerung an die gemeinsame Geschichte Berlins den größten Baumeister dieser Stadt dadurch geehrt, daß wir die Wiederherstellung eines seiner großen Bauwerke, nämlich der Schloßbrücke, in seiner vom Genius Schinkels entworfenen und gewollten Erscheinungsform ermöglichen, indem wir es möglich machen, die im Osten stehende Brücke und die bei uns in einem Magazin lagernden Figuren wieder zur Einheit zusammenzufügen, wenn Sie so wollen: wiederzuvereinigen

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    zu der Einheit, als die sie Schinkel konzipiert hat, zu der Einheit, als die sie Generationen von Berlinern vertraut war.
    Es war für mich wieder aufschlußreich, daß die Ost-Berliner gestern im Bezirksamt von Wedding von sich aus dies ansprachen und begrüßten. Verehrte Anwesende, meine Damen und Herren, das ist ein Akt lebendiger Geschichtsgemeinschaft, den wir in Bälde tatsächlich vollziehen werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Berliner Union, von der ich Zustimmung zu einer solchen Unterstreichung einer großen Linie unserer Geschichte — es war eine Verneigung vor der Geschichte und vor Schinkel — erwartet hätte, reagierte eher verlegen. Ihr Berliner Sprecher, der Fraktionsvorsitzende, redete von einer Stümperei und verwies auf einen Paragraphen der Landeshaushaltsordnung, der nicht beachtet worden sei. Das war alles.
    Die Frage nach unserem eigenen Geschichtsbewußtsein gehört übrigens für mich zur Frage nach der Lage der Nation. Manches deutet erfreulicherweise daraufhin, daß eine lange Phase der Gleichgültigkeit gegenüber unserer Geschichte und des mangelnden Geschichtsbewußtseins inzwischen ihren Höhepunkt überschritten hat. Es bricht sich zunehmend die Einsicht Bahn, daß nur der das Heute verstehen und für morgen Ziele entwickeln kann, der das Gestern begriffen hat. Begreifen setzt eben Kennen, setzt ein Mindestmaß auch von tatsächlichem Wissen voraus. Wer die Geschichte nicht zur Kenntnis nimmt, wer nur im Heute lebt, der gerät in Gefahr, seine augenblicklichen Maßstäbe als absolut zu setzen, der entbehrt in Zeiten der Krise und der Bedrängnis des Halts und der Sicherheit, die aus dem Wissen fließen, daß andere vor ihm schwereren Prüfungen ausgesetzt waren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin)

    Wer die Geschichte kennt, der ist stärker gegen Selbstmitleid und Überreaktionen gewappnet und der hört schneller den falschen Ton aus der Tagespolemik heraus. Wer die Geschichte kennt, der ist auch nicht schon deshalb dazu verurteilt, Fehler und Irrtümer früherer Generationen zu wiederholen, weil er versäumt hätte, das Mögliche aus diesen Fehlern und Ereignissen zu lernen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Geschichte Berlins und die Geschichte Preußens — und ich glaube, dies ist ein Punkt, in dem wir völlig übereinstimmen — ist reich an Beispielen sowohl für das eine wie für das andere. Die PreußenAusstellung, die am 15. August 1981 in Berlin eröffnet wird, wird mannigfach Gelegenheit geben, sich damit zu beschäftigen. Immerhin — lassen Sie mich das als landsmannschaftlicher Bayer ganz unbefangen sagen —: Preußen, das war ja nicht nur, wie es Theodor Fontane einmal formuliert hat, eine Armee, die sich einen Staat hielt. Preußen, das waren auch Kant, Hardenberg, der Freiherr vom Stein und die Gebrüder Humboldt; das waren Bismarck, Windhorst, Lasalle und August Bebel; das waren Dichter, Maler, Architekten und Bildhauer vom Range eines Heinrich von Kleist, eines Karl Friedrich Schinkel, eines Andreas Schlüter. Das alles gehört doch auch zu unserer Geschichtsgemeinschaft. Das alles kann und soll doch nicht aus unserer geschichtlichen Tradition ausgeschlossen und ausgesperrt werden!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sprach von der Kultur- und Sprachgemeinschaft. Auch sie ist wichtig. Es ist wichtig, daß Peter Hacks und Hermann Kant bei uns gelesen werden; Christa Wolf hat der Bundeskanzler schon genannt. Es ist für diese Sprach- und Kulturgemeinschaft ebenso wichtig, daß man drüben Günter Grass und Siegfried Lenz und Heinrich Böll und viele andere liest.
    Wichtig — und es wird noch wichtiger — ist auch das fortdauernde Gespräch der Kirchen über die Grenzen hinweg und ihre Gemeinschaft im Glauben — ein die Kultur- und geistige Gemeinschaft unglaublich stabilisierendes Element in der Wirklichkeit unserer Nation.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sprach schließlich von der Gefühlsgemeinschaft. Zu ihrer Pflege gehören die menschlichen Begegnungen und Kontakte, gehören die Besuche, die Anrufe, die Zusammenführung von Familien auch in schwierigsten Fällen, die humanitären Akte, über die nur derjenige vordergründig polemisch reden kann, der nicht weiß, welches Elend und welcher Jammer von Menschen hinter jedem einzelnen dieser Fälle steckt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dazu gehört, daß wir nicht nur das uns fremde und unseren Vorstellungen elementar zuwiderlaufende System der DDR und seine Funktionäre sehen, daß wir nicht nur die Mauer, die Grenzanlagen, ihre Bewacher, nicht nur das Schießen an der Mauer sehen, sondern daß wir auch die Millionen Menschen in diesem Staat sehen: die Thüringer, die Mecklenburger, die Brandenburger, die Sachsen etwa, ohne alle aufzuzählen, die unter schwierigsten Bedingungen Leistungen erbracht haben, über die — und ich bin dankbar, daß es gesagt wurde — gönnerhaft zu urteilen uns keineswegs zusteht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es heißt keineswegs — ich sage das, weil hier wieder vordergründige Polemik droht — dem Kommunismus huldigen, wenn man beispielsweise, wie ich das getan habe, nach Besichtigung des Alexanderplatzes in Ost-Berlin feststellt, daß es bei uns und in anderen Ländern bessere, ganz sicher aber auch schlechtere städtebauliche Lösungen gibt, als sie dort verwirklicht worden sind — an die Adresse der Menschen, die sich darum bemüht haben. Es wurde gesagt, die Sowjetunion wolle Berlin nicht von außen einnehmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da ist selbst ihm der Faden gerissen! Das war zu dünn!)

    — Ich bin manchmal traurig, verehrte Anwesende, daß die Zwischenrufe für die Zuhörer draußen nicht voll verständlich sind. Ich glaube, daß es unglaublich erhellend wäre, wenn jeweils der behandelte Gegenstand und der Zwischenruf voll zur Kenntnis unserer Bürgerinnen und Bürger gebracht würden. Vielleicht wäre es für die Beurteilung des jeweiligen Niveaus ein deutlicher Anhaltspunkt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In Berlin wurde in der Auseinandersetzung gesagt, die Sowjetunion wolle Berlin nicht von außen einnehmen. Sie setze vielmehr darauf, daß ihr die Stadt — ich glaube, es ist ein wörtliches Zitat von Ihnen, Herr Kollege von Weizsäcker — infolge innerer Auszehrung von allein zufalle. Nur die Union, so wird dann ausgesprochen oder sublim unausgesprochen hinzugefügt, könne diese Auszehrung aufhalten. Das ist nun nicht Ihr Zitat. Das sagen die weniger Sublimen, in der Eissporthalle etwa. Sie sagen das dann kräftiger in dieser Form. Welche Verblendung!

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das sagen Sie!)

    Es mag sein, daß die Sowjetunion über innere Schwierigkeiten bei uns nicht zu Tode betrübt ist, aber das gilt wohl umgekehrt ebenso, wenn ich das realistisch sehe. Aber wie kommt eigentlich eine Partei und wie kommen gerade die Sprecher von denen sich die Jugend immer stärker abwendet, die der Bundesvorsitzende Ihres eigenen Jugendverbandes ermahnt, sie sollten mehr als bisher das Grundverständnis, das Grundwertverständnis christlicher Demokraten vorleben und einen ernsthafteren Dialog mit der Jugend suchen, nur wenn sich die Union stärker den Interessen junger Menschen öffne, könne sich die Jugend wieder schrittweise mit der Union identifizieren, zu der Behauptung, gerade sie könnten der Auszehrung steuern?
    Unser Weg, der Weg des Gesprächs, des Eingeständnisses von Fehlern, der Korrektur von Fehlern, der mitunter mühsamen Integration, die leicht Angriffsflächen für polemische Verdächtigungen bie-



    Regierender Bürgermeister Dr. Vogel (Berlin)

    tet, ist da viel eher eine Antwort auf die Gefahr der Auszehrung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Eine Stadt, die ihre Jugend verliert, ist ausgezehrt und wird an der Auszehrung zugrunde gehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Lassen Sie uns doch zusammenarbeiten, um dieser Auszehrung zu begegnen!
    Es wurde weiter gesagt, wir würden in Berlin dem Antiamerikanismus Vorschub leisten und der Politik Helmut Schmidts in den Rücken fallen. Das weise ich zurück. Wir wissen um die Bedeutung der Vereinigten Staaten als Schutzmacht unserer Stadt, wir wissen um die Bedeutung des militärischen Gleichgewichts, und wir wissen, wie wichtig es für den Frieden ist, daß unsere Politik im westlichen Bündnis und die Politik der Supermächte berechenbar bleiben. Die Unberechenbarkeit — ich stimme dem Bundeskanzler zu — ist auch für uns in Berlin die größte Gefahr. Es geht um die Berechenbarkeit der Politik. Genau das haben die Berliner Sozialdemokraten in ihrem Wahlprogramm gesagt. Was ist denn daran zu beanstanden? Herr von Weizsäcker ist doch selbst mit einer Delegation des Rats der Evangelischen Kirche Deutschlands unter Leitung des Vorsitzenden, Bischof Lohse, im Februar mit der Absicht nach Amerika geeilt, die Vereinigten Staaten auf den zweiten Teil des NATO-Beschlusses hinzuweisen und sie zu Abrüstungsgesprächen zu ermutigen. So berichtet uns jedenfalls der „Evangelische Pressedienst" in seiner Ausgabe vom 4. März 1981 ohne Widerspruch. Da ich Ihre Auffassungen kenne, haben Sie dies sicher auch getan. Aber warum attackieren Sie dann andere, die mit ihren Worten und mit ihrer Sprache das gleiche tun?

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Wehner [SPD]: Das gehört zum Naturell mancher! — Zuruf von der CDU/CSU: Das war einer der Zwischenrufe, die Sie meinten!)

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mit einem Dank schließen. Berlin dankt durch mich von der Rednertribüne des Deutschen Bundestages aus seinen Freunden, die Stadt dankt den Schutzmächten, sie dankt den alliierten Soldaten und ihren Angehörigen in der Stadt. Berlin dankt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und den Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik, die der Stadt in so zuverlässiger Weise helfen. Berlin dankt auch allen, die geschlossene Verträge strikt einhalten und voll anwenden. Berlin stattet diesen Dank nicht nur mit Worten, sondern auch durch das ab, was es auf seine — zugegebenermaßen mangelhafte und unzulängliche — Weise für die Menschlichkeit, den Frieden und die Freiheit leistet. Berlin wird stets auf der Seite des Friedens, der Freiheit und der Menschlichkeit stehen. Das ist unser Beitrag zur Lage und zur Zukunft der Nation.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)