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    Plenarprotokoll 9/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1151 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bericht der Enquete-Kommission Frau und Gesellschaft — Drucksache 9/124 — Frau Dr. Wex CDU/CSU 1151 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 1154 B Eimer (Fürth) FDP 1157 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 1159 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 1161 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 1165 A Frau Fromm FDP 1167 D Frau Steinhauer SPD 1169 C Schmidt, Bundeskanzler 1171 C Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 1174 B Frau Matthäus-Maier FDP 1176 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 1179 B Frau Karwatzki CDU/CSU 1181 A Dr. Diederich (Berlin) SPD 1183 C Frau Dr. Wilms CDU/CSU 1185 B von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI . 1187 D Frau Dr. Timm SPD 1188 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Klein (Göttingen), Dr. Wittmann, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Dregger und der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen rechtspolitischer Entscheidungen oder Unterlassungen — Drucksache 9/183 — Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . . .1207 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . .1215 B Dr. Emmerlich SPD 1221 B Kleinert FDP 1226 A Dr. Hillermeier, Staatsminister des Freistaates Bayern 1230 A Dr. Herzog, Minister des Landes BadenWürttemberg 1237 A Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 1240 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1246 D Schmidt, Bundeskanzler 1250 C Dr. Kohl CDU/CSU 1256 C Engelhard FDP 1262 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/210 — 1264 D Beratung der Übersicht 1 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/162 — 1265 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Dollinger, Pfeffermann, Bühler (Bruchsal), Neuhaus, Linsmeier, Lintner, Maaß, Weirich, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Wörner, Sauter (Epfendorf), Dr. Jenninger, Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksache 9/128 — Dr. Linde SPD 1265 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1981 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1981) — Drucksache 9/228 — 1265 C Fragestunde — Drucksache 9/226 vom 13. 03. 1981 — Benachteiligung der Versicherten in Großstädten durch die geplante neue Regionalstruktur der Kraftfahrzeughaftpflichtprämien MdlAnfr 68, 69 13.03.81 Drs 09/226 Fischer (Hamburg) CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1191 A, C, D, 1192 A, B ZusFr Fischer (Hamburg) CDU/CSU . 1191 B, C, 1192 A Wettbewerbsnachteile der deutschen Stahlindustrie durch den EG-Ministerratsbeschluß MdlAnfr 70 13.03.81 Drs 09/226 Menzel SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 1192 B, D, 1193 A, B, C, D, 1194 A ZusFr Menzel SPD 1192 D ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 1193 A ZusFr von der Wiesche SPD 1193 B ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 1193 B ZusFr Meininghaus SPD 1193 C ZusFr Urbaniak SPD 1193 D Einführung einer Grenzabgabe für einreisende Autobusse und Erhöhung der Abfertigungsgebühren für Lastzüge in Dänemark MdlAnfr 72, 73 13.03.81 Drs 09/226 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1194 A, B, C, D, 1195 A ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . 1194 C, D, 1195 A Vorfinanzierung der Kraftwerke in Cattenom durch Stromabnahmeverträge deutscher Energieversorgungsunternehmen mit der Electricité de France MdlAnfr 74 13.03.81 Drs 09/226 Schreiner SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1195 A, B, C, D ZusFr Schreiner SPD 1195 B, C ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . .1195 C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1195 D Rückgang der Zahl der Genehmigungen zur Ausreise aus Polen und der Sowjetunion seit 1978 MdlAnfr 39, 40 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1196 B, D, 1197 A, B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1196 C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1197 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1197 B Pflege deutscher Kriegsgräber in der Sowjetunion MdlAnfr 44 13.03.81 Drs 09/226 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1197 C, 1198 A, B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 1197 D, 1198 A ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1198 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1198 B ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1198 C Festnahme von vier deutschen Staatsbürgern nach einem Gewerkschaftstreffen in Santiago de Chile MdlAnfr 45 13.03.81 Drs 09/226 Weisskirchen (Wiesloch) SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1198 D, 1199 A ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 1198 D ZusFr Hansen SPD 1199 A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 III Verzicht auf die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa MdlAnfr 46 13.03.81 Drs 09/226 Thüsing SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1199 A, D ZusFr Hansen SPD 1199 D Störung der Entspannungspolitik durch Sendungen von Radio Free Europe und Radio Liberty MdlAnfr 47, 48 13.03.81 Drs 09/226 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1200 A, B, D, 1201A,C,D, 1202A,B ZusFr Hansen SPD 1200 B, C, D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1201 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1201 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . 1201 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1201 D ZusFr Thüsing SPD 1202 A ZusFr Dr. Schöfberger SPD 1202 B Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahme des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw sowie Folgerungen für den Akademikeraustausch und das Kulturabkommen mit der CSSR MdlAnfr 49 13.03.81 Drs 09/226 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1202 C, D, 1203 A, B ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1202 D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1203 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 A Protest gegen die Inhaftierung des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw bei der tschechoslowakischen Regierung MdlAnfr 50 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . .1203 C Überreichung von Listen mit Härtefällen der Familienzusammenführung und Ausreise an osteuropäische Delegationen während des KSZE-Nachfolgetreffens in Madrid MdlAnfr 51 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 D, 1204 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . 1203 D, 1204 A Vereinbarkeit der Anwesenheit des Wachbataillons „Feliks Dzierzynski" in Ost-Berlin mit dem entmilitarisierten Status GroßBerlins MdlAnfr 52 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 A, B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1204 B ZusFr Thüsing SPD 1204 C Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des fünf Jahre in Warschau inhaftierten Deutschen Achim Rösch gegenüber der polnischen Regierung MdlAnfr 53 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 C, 1205 A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . .1205 A Benachteiligung von Bundeswehroffizieren aus der Truppe gegenüber Bundeswehrhochschulabsolventen durch das geänderte Punktesystem für die Einstellung von Berufsoffizieren MdlAnfr 75, 76 13.03.81 Drs 09/226 Daweke CDU/CSU Antw StSekr Dr. Hiehle BMVg . 1205 B, 1206 C, D, 1207 A ZusFr Daweke CDU/CSU 1206 B, C, D Nächste Sitzung 1265 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1266* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 1151 26. Sitzung Bonn, den 19. März 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Böhme (Freiburg) 20. 3. Büchner (Speyer) * 20. 3. Dr. Enders * 20. 3. Fellner 20. 3. Dr. Geißler 20. 3. von der Heydt Freiherr von Massenbach 20. 3. Dr. Hubrig 20. 3. Jung (Kandel) 20. 3. Kiehm 20. 3. Kittelmann * 20. 3. Korber 20. 3. Dr. Graf Lambsdorff 20. 3. Männing 20. 3. Dr. Mitzscherling 20. 3. Dr. Müller * 20. 3. Müller (Wadern) * 20. 3. Picard 20. 3. Reddemann ** 19. 3. Frau Roitzsch 20. 3. Frau Schlei 20. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 20. 3. Voigt (Frankfurt) 20. 3. Dr. Wendig 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Will-Feld 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bayern fühlt sich außerordentlich geschmeichelt, daß es heute in dieser intensiven Weise wieder einmal angesprochen wurde, — was unserer Bedeutung gerecht wird. Herzlichen Dank.

    (Lachen bei der SPD — Zuruf von der SPD: Diese Ironie! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich möchte den so versöhnlichen Abgang, den der Herr Kollege Kleinert eben genommen hat — seine erfrischende Rede hat ja einen unwahrscheinlichen Beifallsturm auf Ihrer Seite hervorgerufen —,

    (Zurufe von der SPD)

    zum Anlaß nehmen, um bei aller Ernsthaftigkeit den Humor in diesem Hause auch von einem Mitglied des Bundesrates nicht zu kurz kommen zu lassen. Kollege Kleinert, Ihre Kenntnisse auf allen Gebieten in Ehren,

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Kommen Sie mal zu Nürnberg! Kommen Sie mal zur Sache!)

    aber bezüglich der topographischen Verhältnisse in Bayern und ihrer besonderen Bevorzugung als Schigebiet scheinen Sie doch nicht ganz die Erfahrungen zu haben, die notwendig sind, um „die Schlepplifte" aufzugreifen. Sie sind aber herzlich von uns eingeladen, zu kommen, um ein bißchen Nachhilfeunterricht zu nehmen.

    (Zuruf von der SPD: Aus welchem Titel, Herr Staatsminister? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Kollege Emmerlich, das — wenn ich das vorweg sagen darf —, was Sie geglaubt haben darstellen zu sollen, kann kaum mit einer anderen Bezeichnung als mit „unerträglicher Polemik" gekennzeichnet werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Pfui Teufel!)

    Sie kommen, wie ich weiß, aus dem Beruf derer, die als Angehörige der dritten Gewalt im Rahmen der ihnen aufgetragenen Befugnis und der ihnen auf getragenen Rechte unabhängige Entscheidungen gefällt haben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Emmerlich [SPD])

    Lieber Herr Kollege Emmerlich, Ihre parlamentarische Tätigkeit scheint Sie schon weit von dem weggeführt zu haben, was wir an Achtung, an Respekt gegenüber der dritten Gewalt und ihrer Unabhängigkeit hier zeigen sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Jetzt verteilt er auch noch Zensuren!)

    Wenn hier von verschiedenen Usancen, Entscheidungen, bayerischer Linie, Hysterie, Staat, harter Mann und dergleichen gesprochen worden ist, darf ich mir doch folgende Erwiderung erlauben. Ich halte die bayerische Bevölkerung nicht für dümmer und nicht für weniger urteilsfähig — nicht mehr, aber auch nicht weniger — als die Bevölkerung anderer Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Aber immerhin hat diese bayerische Bevölkerung in langen Jahren, über mehrere Perioden hinweg nahezu zu 60 % dieser Regierung das Vertrauen ausgedrückt. Ich glaube, das sollten Sie bei Ihrer Polemik auch einmal ein bißchen berücksichtigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Weil manches Informationsdefizit über den Hergang der jetzt so hochgespielten Ereignisse in Nürnberg

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Was heißt „hochgespielt"?)

    zu bestehen scheint, bin ich gehalten, die Dinge wieder in das normale Feld der Betrachtung auf Grund der Vorgänge in aller Leidenschaftslosigkeit zurückzuführen. Ich darf dies nun in meinen weiteren Ausführungen einmal versuchen.
    In Nürnberg sind am 5. März schwere Straftaten verübt worden. Das wird wohl von niemandem bestritten. Nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft, der den bisherigen Stand der Ermittlungen wiedergibt, hat sich folgendes zugetragen: Am Donnerstag, dem 5. März 1981, gegen 20.15 Uhr, fand im Kommunikationszentrum — abgekürzt: KOMM — der Stadt Nürnberg eine Versammlung statt, bei der ein längerer Film über das Auftreten der militanten Hausbesetzer in Amsterdam vorgeführt wurde. Anschließend wurde u. a. darüber diskutiert, ob auch in Nürnberg, insbesondere bei einer Demonstration, die man anschließend durchführen wollte, Gewalt angewendet werden sollte. Man kam zu dem Ergebnis, daß die Mehrzahl der Diskussionsteilnehmer zwar gegen Gewaltanwendung sei, daß jedoch diejenigen — und nun bitte ich genau herzuhören —, die anderer Meinung seien, durchaus Gewalt anwenden



    Staatsminister Dr. Hillermeier (Bayern)

    könnten; wenn dabei Schaufensterscheiben zu Bruch gingen, könne dies hingenommen werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was sich im Anschluß an die Filmvorführung in diesem KOMM ereignet hat, sollte man sich einmal vergegenwärtigen, wenn jetzt plötzlich so in pauschaler Form vorschnell, ohne die eigentlichen Zusammenhänge und den Gang der Ereignisse zu kennen, von lauter Unschuldigen gesprochen wird. Das sollte man Ihnen, Herr Kollege, der Sie auch eine solche Äußerung gemacht haben, und all den vielen einmal sagen, die jetzt im Augenblick eine Entschuldigung verlangen — zu einem Zeitpunkt, zu dem das Ermittlungsverfahren ja eben erst angelaufen ist und wir erst abwarten müssen, welche Ergebnisse die Strafverfahren, die höchstwahrscheinlich kommen werden, zeitigen. Dann erst könnte sich eine Situation ergeben, in der Kritik angezeigt ist. Von Kritik ist natürlich auch die Justiz nicht ausgenommen: sie steht nicht irgendwie in einem elfenbeinernen Turm.
    Aber ich möchte das bereits im Augenblick bekannte Ermittlungsergebnis, daß man beraten hat, daß wohl ein größerer Teil gegen Gewaltanwendung war, aber das, was hinterher passiert ist, in Kauf genommen hat, doch in aller Deutlichkeit herausgestellt wissen, weil man sonst zu ganz falschen Ergebnissen kommt, wie das bei Ihnen und auch bei einer Reihe Ihrer Kollegen im Bayerischen Landtag, die vorschnell geurteilt haben, der Fall gewesen ist.
    Lassen Sie mich nun den Gang der Ereignisse kurz weiter darstellen: Gegen 22 Uhr — wir sind immer noch an diesem Freitag — hielt sich nur noch eine kleine Gruppe im KOMM auf. Die Anwesenden waren in kleinen Gruppen abgewandert. Man konnte annehmen — und dies hat die Polizei getan —, daß mit einer Demonstration und mit Störaktionen nicht mehr zu rechnen war. Die bereitgehaltenen Polizeikräfte waren deshalb entlassen worden.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Warum sind die denn bereitgehalten worden?)

    Ohne erkennbare Vorbereitung versammelten sich dann um 22.30 Uhr ca. 150 Personen vor dem KOMM. Als man dabei das einzige anwesende Polizeifahrzeug, einen zivilen, mit zwei Beamten in Zivil besetzten Pkw, entdeckte, umringte man diesen, brachte ihn ins Schaukeln, setzte sich auf die Kofferraumhaube und beschädigte das Fahrzeug durch Fußtritte. Den Beamten gelang es schließlich, das Fahrzeug aus dem Ring der Demonstranten herauszufahren.
    Nunmehr gingen und liefen die Teilnehmer in relativ geschlossenem Pulk und wechselndem Tempo durch die Innenstadt. Sie waren teilweise vermummt und johlten. Unterwegs wurden Schaufensterscheiben und Glasvitrinen am Kaufhof, in der Breiten Gasse, in der Färbergasse und in der Jakobstraße eingeschlagen, Personenkraftwagen wurden beschädigt, Zeitungsstände und Mülltonnen auf die Straße geworfen. Der erfaßbare Gesamtschaden beträgt ca. 30 000 DM; ich komme in anderem Zusammenhang nachher noch einmal darauf zu sprechen.
    Während der Durchführung des Zuges konnte die Polizei nicht eingreifen, da sie kräftemäßig zu schwach war. Ich glaube, dies ist wohl uns allen verständlich. Es standen nur einige Streifenwagenbesatzungen zur Verfügung. Erst als die Teilnehmer wieder beim KOMM angelangt waren, waren die Polizeikräfte soweit verstärkt, daß eine Umstellung des Gebäudekomplexes, zunächst in loser Form, mit Eintreffen weiterer Verstärkungen dichter, möglich war.
    Während der Demonstration waren nach Information der Polizei ca. 20 Personen im KOMM zurückgeblieben. Die Staatsanwaltschaft wurde gegen Mitternacht von den Vorfällen verständigt. Ihre Vertreter informierten sich in den folgenden Stunden im Polizeipräsidium in Nürnberg und entschieden schließlich, daß sämtliche Personen, die nach der Umstellung durch die Polizei im KOMM angetroffen wurden, dem Haftrichter vorgeführt werden sollten, soweit sie nicht von vornherein als Teilnehmer an der gewalttätigen Demonstration ausschieden.
    Demgemäß wurden am 6. März 1981 von insgesamt 164 im KOMM angetroffenen Personen 143 mit Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Nürnberg überstellt. Bei den nicht vorgeführten 21 Personen handelte es sich um solche, bei denen auf Grund objektiver Gegebenheiten ein dringender Tatverdacht nicht gegeben war, Haftgründe erkennbar nicht vorlagen oder die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt gewesen wäre.

    (Schmidt [München] [SPD]: Und bei den anderen? — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Auf die anderen komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege Schmidt. Da muß ich wohl doch, ohne überheblich zu sein, einigen von Ihnen und auch meinen Kollegen im Bayerischen Landtag ein bißchen Nachhilfeunterricht dahin erteilen, was Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 112 StPO bedeutet. Hier wird von einer allgemeinen Verhältnismäßigkeit in der Weise gesprochen, daß die Polizei, die Staatsanwaltschaft und womöglich auch noch die Richter ihrem Handeln irgendwelche politischen Opportunitätskriterien zugrunde zu legen hätten, meine Damen und Herren. Verhältnismäßigkeit in diesem Fall, also bei der Prüfung der Frage, ob ein Haftbefehl zu erlassen ist oder nicht, ist einzig und allein nach § 112 StPO zu beurteilen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Weiß man das in Nürnberg?)

    Nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis und frischen Sie Ihre eigenen juristischen Kenntnisse ein bißchen auf, wenn die etwa verlorengegangen sein sollten.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun weiterfahren: Im Laufe des 6. März 1981 erließ der Ermittlungsrichter in 142 Fällen — dem Antrag des Staatsanwalts entsprechend — Haftbefehl; in einem Fall verneinte er den dringenden Verdacht. Unter den Festgenommenen befanden sich 21 Jugendliche und 49 Heranwachsende; der Rest waren Erwachsene. Im Augenblick wird j a in der Publizistik nur noch



    Staatsminister Dr. Hillermeier (Bayern)

    von den Jugendlichen gesprochen, von den Erwachsenen ist keine Rede mehr.


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
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Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lutz?

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    Bitte sehr.