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    Plenarprotokoll 9/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1151 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bericht der Enquete-Kommission Frau und Gesellschaft — Drucksache 9/124 — Frau Dr. Wex CDU/CSU 1151 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 1154 B Eimer (Fürth) FDP 1157 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 1159 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 1161 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 1165 A Frau Fromm FDP 1167 D Frau Steinhauer SPD 1169 C Schmidt, Bundeskanzler 1171 C Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 1174 B Frau Matthäus-Maier FDP 1176 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 1179 B Frau Karwatzki CDU/CSU 1181 A Dr. Diederich (Berlin) SPD 1183 C Frau Dr. Wilms CDU/CSU 1185 B von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI . 1187 D Frau Dr. Timm SPD 1188 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Klein (Göttingen), Dr. Wittmann, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Dregger und der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen rechtspolitischer Entscheidungen oder Unterlassungen — Drucksache 9/183 — Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . . .1207 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . .1215 B Dr. Emmerlich SPD 1221 B Kleinert FDP 1226 A Dr. Hillermeier, Staatsminister des Freistaates Bayern 1230 A Dr. Herzog, Minister des Landes BadenWürttemberg 1237 A Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 1240 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1246 D Schmidt, Bundeskanzler 1250 C Dr. Kohl CDU/CSU 1256 C Engelhard FDP 1262 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/210 — 1264 D Beratung der Übersicht 1 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/162 — 1265 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Dollinger, Pfeffermann, Bühler (Bruchsal), Neuhaus, Linsmeier, Lintner, Maaß, Weirich, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Wörner, Sauter (Epfendorf), Dr. Jenninger, Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksache 9/128 — Dr. Linde SPD 1265 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1981 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1981) — Drucksache 9/228 — 1265 C Fragestunde — Drucksache 9/226 vom 13. 03. 1981 — Benachteiligung der Versicherten in Großstädten durch die geplante neue Regionalstruktur der Kraftfahrzeughaftpflichtprämien MdlAnfr 68, 69 13.03.81 Drs 09/226 Fischer (Hamburg) CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1191 A, C, D, 1192 A, B ZusFr Fischer (Hamburg) CDU/CSU . 1191 B, C, 1192 A Wettbewerbsnachteile der deutschen Stahlindustrie durch den EG-Ministerratsbeschluß MdlAnfr 70 13.03.81 Drs 09/226 Menzel SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 1192 B, D, 1193 A, B, C, D, 1194 A ZusFr Menzel SPD 1192 D ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 1193 A ZusFr von der Wiesche SPD 1193 B ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 1193 B ZusFr Meininghaus SPD 1193 C ZusFr Urbaniak SPD 1193 D Einführung einer Grenzabgabe für einreisende Autobusse und Erhöhung der Abfertigungsgebühren für Lastzüge in Dänemark MdlAnfr 72, 73 13.03.81 Drs 09/226 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1194 A, B, C, D, 1195 A ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . 1194 C, D, 1195 A Vorfinanzierung der Kraftwerke in Cattenom durch Stromabnahmeverträge deutscher Energieversorgungsunternehmen mit der Electricité de France MdlAnfr 74 13.03.81 Drs 09/226 Schreiner SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1195 A, B, C, D ZusFr Schreiner SPD 1195 B, C ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . .1195 C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1195 D Rückgang der Zahl der Genehmigungen zur Ausreise aus Polen und der Sowjetunion seit 1978 MdlAnfr 39, 40 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1196 B, D, 1197 A, B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1196 C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1197 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1197 B Pflege deutscher Kriegsgräber in der Sowjetunion MdlAnfr 44 13.03.81 Drs 09/226 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1197 C, 1198 A, B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 1197 D, 1198 A ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1198 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1198 B ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1198 C Festnahme von vier deutschen Staatsbürgern nach einem Gewerkschaftstreffen in Santiago de Chile MdlAnfr 45 13.03.81 Drs 09/226 Weisskirchen (Wiesloch) SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1198 D, 1199 A ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 1198 D ZusFr Hansen SPD 1199 A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 III Verzicht auf die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa MdlAnfr 46 13.03.81 Drs 09/226 Thüsing SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1199 A, D ZusFr Hansen SPD 1199 D Störung der Entspannungspolitik durch Sendungen von Radio Free Europe und Radio Liberty MdlAnfr 47, 48 13.03.81 Drs 09/226 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1200 A, B, D, 1201A,C,D, 1202A,B ZusFr Hansen SPD 1200 B, C, D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1201 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1201 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . 1201 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1201 D ZusFr Thüsing SPD 1202 A ZusFr Dr. Schöfberger SPD 1202 B Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahme des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw sowie Folgerungen für den Akademikeraustausch und das Kulturabkommen mit der CSSR MdlAnfr 49 13.03.81 Drs 09/226 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1202 C, D, 1203 A, B ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1202 D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1203 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 A Protest gegen die Inhaftierung des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw bei der tschechoslowakischen Regierung MdlAnfr 50 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . .1203 C Überreichung von Listen mit Härtefällen der Familienzusammenführung und Ausreise an osteuropäische Delegationen während des KSZE-Nachfolgetreffens in Madrid MdlAnfr 51 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 D, 1204 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . 1203 D, 1204 A Vereinbarkeit der Anwesenheit des Wachbataillons „Feliks Dzierzynski" in Ost-Berlin mit dem entmilitarisierten Status GroßBerlins MdlAnfr 52 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 A, B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1204 B ZusFr Thüsing SPD 1204 C Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des fünf Jahre in Warschau inhaftierten Deutschen Achim Rösch gegenüber der polnischen Regierung MdlAnfr 53 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 C, 1205 A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . .1205 A Benachteiligung von Bundeswehroffizieren aus der Truppe gegenüber Bundeswehrhochschulabsolventen durch das geänderte Punktesystem für die Einstellung von Berufsoffizieren MdlAnfr 75, 76 13.03.81 Drs 09/226 Daweke CDU/CSU Antw StSekr Dr. Hiehle BMVg . 1205 B, 1206 C, D, 1207 A ZusFr Daweke CDU/CSU 1206 B, C, D Nächste Sitzung 1265 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1266* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 1151 26. Sitzung Bonn, den 19. März 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Böhme (Freiburg) 20. 3. Büchner (Speyer) * 20. 3. Dr. Enders * 20. 3. Fellner 20. 3. Dr. Geißler 20. 3. von der Heydt Freiherr von Massenbach 20. 3. Dr. Hubrig 20. 3. Jung (Kandel) 20. 3. Kiehm 20. 3. Kittelmann * 20. 3. Korber 20. 3. Dr. Graf Lambsdorff 20. 3. Männing 20. 3. Dr. Mitzscherling 20. 3. Dr. Müller * 20. 3. Müller (Wadern) * 20. 3. Picard 20. 3. Reddemann ** 19. 3. Frau Roitzsch 20. 3. Frau Schlei 20. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 20. 3. Voigt (Frankfurt) 20. 3. Dr. Wendig 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Will-Feld 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Benno Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Minister hat vor allem zum Schluß seiner Rede den Appell an uns gerichtet, zu möglichst gemeinsamen rechtspolitischen Entscheidungen zu kommen. Herr Minister, wer Gemeinsamkeit will, stößt bei uns auf breite Bereitschaft, und wir stimmen dieser Forderung voll zu. Das haben wir bereits bei der ersten rechtspolitischen Debatte unter der jetzigen Koalition 1970 hier erklärt.

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Die Erklärung reicht aber nicht!)

    Es muß aber derjenige, der die Forderung aufstellt, selber zu dieser Gemeinsamkeit bereit sein und nicht bei allen streitigen Fragen größte Sorgfalt darauf verwenden, das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates auslösenden Vorschriften aus den Gesetzen herauszuoperieren, um Opposition und Bundesrat zu überstimmen, um dann von Gemeinsamkeit zu reden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben diese Praxis auch schon in dieser Legislaturperiode erlebt.
    Gemeinsamkeit wird auch dann unmöglich, wenn man so tut, als hätte Rechtspolitik erst ab 1969 stattgefunden, wie das leider bei Ihnen am Anfang Ihrer Rede in den verschiedensten Formen zum Ausdruck kam. Damit soll überhaupt nichts anderes erreicht werden, als die CDU politisch in Mißkredit zu bringen. Solche Äußerungen können nur entweder aus totaler Unkenntnis stammen — das brauche ich bei Ihnen doch wohl nicht zu unterstellen, Herr Minister — oder aus der politischen Mottenkiste der Schlechtmacherei entnommen sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Waren es denn keine rechtspolitisch weittragenden Entscheidungen, als wir zum Schutz der Bürger das Bundesverfassungsgericht und das entsprechende Gesetz für sein Verfahren geschaffen haben?

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Das stand doch im Grundgesetz!)

    Von welch großer Bedeutung waren und sind denn die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsordnung für unsere Bürger? Was war denn die Schaffung der Sozialgerichte, die Ordnung der Verfahren vor den Finanz- und den Arbeitsgerichten? Ist das Jugendgerichtsgesetz Ausdruck von rechtspolitischer Untätigkeit bis 1969 gewesen? Wollen Sie die Neuordnung des Aktienrechts, die Schaffung des Kartellrechts mit den die Freiheit der Bürger im Wirtschaftsbereich sichernden Elementen als rechtspolitisch bedeutungslos abwerten? Haben Sie vergessen, daß über mehr als drei Wahlperioden, über mehr als zwölf Jahre hinweg die Große Strafrechtsreform gelungen ist, die seit der Jahrhundertwende keinem Parlament und keiner Regierung gelungen war?

    (Dr. Emmerlich [SPD]: Aber unter dem Justizminister Heinemann!)

    — Nein. Das ist ein Werk des Bundestags unter der Führung der CDU gewesen; das wollen wir nicht vergessen. Herr Heinemann hat als Justizminister nicht einen einzigen Paragraphen dazu vorgelegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Er war in der Zeit, als es verabschiedet wurde, Minister; das stimmt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das reicht aber nicht!)

    Das ist aber auch alles, was er dazu beigetragen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ist nicht das Recht der nichtehelichen Kinder nach langjährigen Beratungen verabschiedet worden, bevor es die Regierung Brandt gab?

    (Zurufe von der SPD)

    Ist nicht das Recht der Gleichberechtigung in Vermögensfragen im Eherecht 1953 von der CDU/CSU mit absoluter Mehrheit durchgesetzt worden?

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Das hat aber lange genug gedauert!)

    Haben nicht wir das Wohnungseigentumsrecht und das Dauerwohnrecht Anfang der 50er Jahre geschaffen? So etwas Ähnliches, für die Menschen Wichtiges haben Sie in den zehn Jahren doch auf keinem einzigen Gebiet vorzuweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Erhard (Bad Schwalbach)

    Mit solchen Äußerungen, verehrter Herr Justizminister Schmude, werten Sie sich leider selbst ab, wozu Sie gar keine Veranlassung haben. Andere Teile Ihrer Rede können dagegen sehr wohl durchaus vernünftige Ansätze für Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und uns darstellen.
    Sie, meine verehrten Damen und Herren von der Koalition — ich spreche hier jetzt zur linken Seite und zur rechten Seite dieses Hauses —, haben, sozusagen als rechtspolitischen Einstand, wie alles neu werden sollte, 1970 eine Amnestie für den Mißbrauch des Demonstrationsrechts erlassen — bis hin zur schweren Körperverletzung. Das mußte doch den Eindruck erwecken, diese Mißbräuche seien im Grunde harmlos gewesen und bei weiteren Mißbräuchen werde künftig ähnlich verfahren, vorausgesetzt, der Druck der Straße sei nur groß genug. Wird nicht auch jetzt schon wieder der Ruf nach einer Amnestie laut, trotz weniger Verurteilungen, und immer lauter? Ich schaue nach dem rechten Flügel dieses Hauses, dort hinüber, und meine jemanden in Berlin.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Einen Rechtsradikalen?)

    Sie haben in der Vergangenheit die CDU oft beschimpft als die ewiggestrigen Reaktionäre, die unfähig seien, zu begreifen, daß gesellschaftliche Probleme nicht mit dem Knüppel des Strafrechts zu lösen sind. Das wissen wir auch.

    (Zuruf von der SPD: Was?)

    Wir haben die Lockerung des Demonstrationsstrafrechts schon 1970 für falsch gehalten — in Übereinstimmung mit allen Polizeipräsidenten in der Bundesrepublik, allen —,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und zwar deshalb, weil diese Veränderung dem Mißbrauch des Demonstrationsrechts Tür und Tor geöffnet hat. Wir haben diese Meinung seither, in den letzten zehn Jahren viermal durch Gesetzentwürfe hier im Bundestag immer wieder zum Ausdruck gebracht, immer wieder in der gleichen Weise. Trotzdem haben Sie das alles abgelehnt und tun so, als wollten wir unentwegt das Strafrecht ändern. Nein, wir wollen das schon in der Weimarer Zeit bewährte öffentliche Demonstrationsrecht so gestaltet wissen, wie es in der Rechtsprechung wirksam festgeschrieben und von der Polizei gehandhabt werden konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber Sie sind zur Überprüfung Ihres eigenen Standpunktes nur bereit, wenn es um das Kontaktsperregesetz geht, wenn es um die Anleitung zu Straftaten und die Befürwortung verfassungsfeindlicher Gewalttaten geht. Die Abschaffung des § 130 a des Strafgesetzbuches paßt jedenfalls in die gegenwärtige Situation wie die Faust aufs Auge. Und, Herr Emmerlich, Sie wissen das selbst ganz genau.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Natürlich sind gesellschaftliche Probleme nicht mit den Mitteln des Strafrechts zu lösen. Aber ist diese Binsenwahrheit ein Grund, Rechtsbrüche als Beitrag zur Problemlösung in einem freiheitlichen
    Staat verständnisvoll zuzulassen? Wer steht denn eigentlich seit 1969 in unserem Staat in der Regierungsverantwortung für die Lösung gesellschaftspolitischer Fragen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut! — Dr. Emmerlich [SPD]: In Bayern die CSU — leider!)

    Doch diejenigen, die immer wieder die letzte gesellschaftliche Ursache von Rechtsverletzungen betonen. Sie haben die angeblich bestehenden gesellschaftlichen Ursachen ganz offenbar nicht beseitigt; sonst hätte doch die Kriminalität sinken müssen, während sie in Wahrheit gestiegen ist. Vor 1969 gab es keine Welle von Hausbesetzungen und von organisierter Gewalttätigkeit in unserem Land. Die gibt es erst unter Ihrer Führung.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Emmerlich [SPD]: Geschichtsklitterung!)

    Den Opfern von Krawallen und Gewalttaten sollte unser aller Aufmerksamkeit gelten. Die berechtigte Verbitterung derer, die sich rechtstreu verhalten, die ihre Steuern zahlen, über die Vorteile, die jene einheimsen, die lautstark Gesetze mißachten, könnte sonst leicht umschlagen in den Ruf nach einer Staatsreform, die kein Demokrat wollen kann, keiner. Sehen Sie nicht, daß die Ergebnisse Ihrer Politik — ich sage nicht: Ihre Absichten — Wasser auf die Mühlen radikaler Kräfte leiten, die schon jetzt im Trüben fischen? Die argumentative Auseinandersetzung, der Dialog, die engagierte Diskussion sind gewiß ein Lebenselixier der Demokratie und vor allen Dingen der parlamentarischen Demokratie, ebenso wie die Achtung und Beachtung von Recht und Gesetz eine unerläßliche Voraussetzung für den Bestand des Rechtsstaates ist. Sicher ist auch, daß veränderte Lebensbedingungen und neue technische Entwicklungen neue gesetzliche Regelungen erforderlich machen, damit der Rechtsstaat keine leere Hülse wird und der Rechtsfriede gewährleistet bleibt. Herr Minister, auf dieser Ebene gibt es volle Übereinstimmung.
    Die Rechtspolitik der Koalition stand und steht aber unter einem gänzlich anderen Leitmotiv. Ihr geht es darum, wie der frühere Bundesjustizminister Vogel mehrfach gesagt und geschrieben hat, mit den Mitteln der Rechtsetzung evolutionäre Gesellschaftsveränderungen zu bewirken, mit den Mitteln der Gesetzgebung — ich wiederhole es — evolutionäre Gesellschaftsveränderungen zu bewirken.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Nicht um gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen, sondern um gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, wird das Gesetz als Gestaltungsmittel und Transmissionsriemen und -element eingesetzt. Sie haben das in Ihrer Rede heute auch, wenn auch mit anderen Worten, gesagt. Dabei zieht eine Gesetzesänderung die andere nach sich, um schneller und auch unauffälliger das angestrebte Ziel zu erreichen. Hier liegt eine wesentliche Ursache der oft beklagten Gesetzesflut. Zwar haben der Herr Bundesjustizminister Vogel und heute sein Nachfolger, Herr Schmude, in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Notwendigkeit einer Konsoli-



    Erhard (Bad Schwalbach)

    dierung hervorgehoben. Wenn man etwas konsolidieren muß, ist es ja zunächst einmal in Unordnung. Was darunter jedoch in der Praxis konkret für die nächsten Jahre zu verstehen ist, zeigt ein Blick auf das rechtspolitische Arbeitsprogramm der Bundesregierung für die laufende Legislaturperiode, von dem wir eben nur ein kleines Stückchen gehört haben. Im Rechtsausschuß ist uns dieses Programm aber als ein dickes Papier vorgelegt worden.
    Ich habe mir die Mühe gemacht, es einmal durchzusehen und zu zählen. Ich hoffe, ich habe richtig gezählt. Bis 1983 — das ist gar nicht so furchtbar lange hin — sollen 73 Gesetze und außerdem 12 Rechtsverordnungen vorgelegt und die Gesetze vom Bundestag verabschiedet werden. Dazu kommen 34 überstaatliche Normen, die in die Gesetzgebung eingefügt werden sollen. Zusammen sind das schon 107 Gesetze. Damit aber nicht genug. 23 weitere Gesetzesvorhaben sollen bis zur Kabinettsreife gelangen, und in weiteren 46 Fällen sollen Gesetze weiter bearbeitet werden; in diesen Fällen steht nur der Termin, wann das Justizministerium seine Arbeiten abschließen wird, noch nicht fest. Das sind alles zusammen 175 Gesetze — ohne die Verordnungen — allein im engeren Justizbereich, nicht irgendwelche Paragraphen, nein, Gesetze, mit Ankündigungseffekt, mit Vorlageeffekt, mit Verunsicherungseffekt, weil niemand mehr weiß, was jetzt schon Recht ist und was nicht.
    Unter den nach Auffassung des Justizministers politisch bedeutsamen Vorhaben finden sich für die nächsten drei Jahre sechs Strafrechtsänderungen. Elfmal wird am Eherecht, am Familienrecht, am Kindschaftsrecht, am Scheidungsrecht mit eigenen Gesetzen Veränderung betrieben. Fünfmal — über die Jahre verteilt — werden Strafverfahrensänderungen geplant. Dreimal sollen Strafvollzugsgesetzesänderungen das Gesetzesblatt füllen. In mindestens der Hälfte dieser Gesetze werden neue und vielgestaltige Ansprüche neu geschaffen. Das Mietrecht — wir haben es eben auch gehört — soll, über die Jahre verteilt, mehrfach geändert werden. Wir werden sehen, was wirklich aus dem Kabinett herauskommt. Nach meinem Eindruck werden auch diese Gesetze das, was im Mietrecht und von Hausbesetzern angegriffen wird, nicht lösen. Es wird an den Symptomen herumgeschafft, aber es wird nicht am Kern gearbeitet und eine Lösung herbeigeführt.
    Was ist denn eigentlich bei dieser Art von Fülle noch Konsolidierung? In welchem Umfang ist die Kritik des Richterbundes aus dem Jahre 1978 „gegen Überproduktion und Dilettantismus in der Gesetzgebung" denn in Ihrem Programm berücksichtigt? Statt Konsolidierung also Normeninflationierung! Sie wollen offensichtlich die Hektik evolutionärer Gesellschaftsveränderung mit aller Kraft fortsetzen. Das hat Rechtsunsicherheit, Unkalkulierbarkeit und weniger Sicherheit für die Bürger zur Folge.
    Es fällt auf, daß immer weniger Achtung vor dem Recht, auch immer weniger Achtung vor der Person des anderen und ihrem Eigentum in unserem Volk eingetreten ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Emmerlich [SPD]: Eine schlimme Beschimpfung des deutschen Volkes!)

    Ein Blick auf die Entwicklung der polizeilichen Kriminalstatistik macht das überdeutlich. 1970 wurden rund 2,4 Millionen Straftaten — ohne die Verkehrsstraftaten — bekannt. 1979 waren es bereits 3 533 000 Straftaten. Auf 100 000 Einwohner ist die Zahl der Straftaten im gleichen Zeitraum von 3 924 auf 5 761 angestiegen. Von 1970 bis 1979 hat sich die Häufigkeitsziffer — das ist die Quote auf 100 000 Einwohner, die von mir eben genannte statistische Zahl — für schweren Diebstahl fast verdoppelt. Bei der Sachbeschädigung liegt die Zuwachsrate bei etwa 65 %, bei der gefährlichen Körperverletzung bei rund 55 %. In absoluten Zahlen bedeutet das für den schweren Diebstahl etwa 1,2 Millionen Fälle pro Jahr in unserem Land. Das ist der Einbruchdiebstahl, um das im Klartext zu nennen!
    Dabei sinkt die Aufklärungsquote bei diesen Vermögensdelikten, auch bei der vorsätzlichen Körperverletzung auf unter 25 %, während noch vor 15 Jahren, als diese böse CDU im Lande regierte, die Aufklärungsquote noch bei knapp 50 % lag. Wir wissen doch alle, wo die Einstiegskriminalität stattfindet.

    (Kleinert [FDP]: Kellerfenster!)

    An diesen Stellen findet sie für die schwere Kriminalität statt — praktisch ein rechtsfreier Raum!
    Sind das etwa rühmenswerte Fortschritte durch rechtspolitische Entscheidungen oder nicht vielmehr beklagenswerte Rückschritte infolge rechtspolitischer Unterlassungen? Hier zeigt sich — —


Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hirsch?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege, wenn Sie die Kriminalitätsentwicklung zu Recht beklagen — —