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ID0902602200

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    7. Däubler-Gmelin.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1151 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bericht der Enquete-Kommission Frau und Gesellschaft — Drucksache 9/124 — Frau Dr. Wex CDU/CSU 1151 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 1154 B Eimer (Fürth) FDP 1157 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 1159 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 1161 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 1165 A Frau Fromm FDP 1167 D Frau Steinhauer SPD 1169 C Schmidt, Bundeskanzler 1171 C Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 1174 B Frau Matthäus-Maier FDP 1176 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 1179 B Frau Karwatzki CDU/CSU 1181 A Dr. Diederich (Berlin) SPD 1183 C Frau Dr. Wilms CDU/CSU 1185 B von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI . 1187 D Frau Dr. Timm SPD 1188 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Klein (Göttingen), Dr. Wittmann, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Dregger und der Fraktion der CDU/CSU Auswirkungen rechtspolitischer Entscheidungen oder Unterlassungen — Drucksache 9/183 — Dr. Schmude, Bundesminister BMJ . . . .1207 B Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . .1215 B Dr. Emmerlich SPD 1221 B Kleinert FDP 1226 A Dr. Hillermeier, Staatsminister des Freistaates Bayern 1230 A Dr. Herzog, Minister des Landes BadenWürttemberg 1237 A Dr. Vogel, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 1240 D Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 1246 D Schmidt, Bundeskanzler 1250 C Dr. Kohl CDU/CSU 1256 C Engelhard FDP 1262 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/210 — 1264 D Beratung der Übersicht 1 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/162 — 1265 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Dollinger, Pfeffermann, Bühler (Bruchsal), Neuhaus, Linsmeier, Lintner, Maaß, Weirich, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Wörner, Sauter (Epfendorf), Dr. Jenninger, Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksache 9/128 — Dr. Linde SPD 1265 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1981 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1981) — Drucksache 9/228 — 1265 C Fragestunde — Drucksache 9/226 vom 13. 03. 1981 — Benachteiligung der Versicherten in Großstädten durch die geplante neue Regionalstruktur der Kraftfahrzeughaftpflichtprämien MdlAnfr 68, 69 13.03.81 Drs 09/226 Fischer (Hamburg) CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 1191 A, C, D, 1192 A, B ZusFr Fischer (Hamburg) CDU/CSU . 1191 B, C, 1192 A Wettbewerbsnachteile der deutschen Stahlindustrie durch den EG-Ministerratsbeschluß MdlAnfr 70 13.03.81 Drs 09/226 Menzel SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 1192 B, D, 1193 A, B, C, D, 1194 A ZusFr Menzel SPD 1192 D ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 1193 A ZusFr von der Wiesche SPD 1193 B ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 1193 B ZusFr Meininghaus SPD 1193 C ZusFr Urbaniak SPD 1193 D Einführung einer Grenzabgabe für einreisende Autobusse und Erhöhung der Abfertigungsgebühren für Lastzüge in Dänemark MdlAnfr 72, 73 13.03.81 Drs 09/226 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1194 A, B, C, D, 1195 A ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . 1194 C, D, 1195 A Vorfinanzierung der Kraftwerke in Cattenom durch Stromabnahmeverträge deutscher Energieversorgungsunternehmen mit der Electricité de France MdlAnfr 74 13.03.81 Drs 09/226 Schreiner SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 1195 A, B, C, D ZusFr Schreiner SPD 1195 B, C ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . .1195 C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1195 D Rückgang der Zahl der Genehmigungen zur Ausreise aus Polen und der Sowjetunion seit 1978 MdlAnfr 39, 40 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1196 B, D, 1197 A, B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1196 C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1197 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1197 B Pflege deutscher Kriegsgräber in der Sowjetunion MdlAnfr 44 13.03.81 Drs 09/226 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1197 C, 1198 A, B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 1197 D, 1198 A ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU 1198 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1198 B ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1198 C Festnahme von vier deutschen Staatsbürgern nach einem Gewerkschaftstreffen in Santiago de Chile MdlAnfr 45 13.03.81 Drs 09/226 Weisskirchen (Wiesloch) SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1198 D, 1199 A ZusFr Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . 1198 D ZusFr Hansen SPD 1199 A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 III Verzicht auf die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa MdlAnfr 46 13.03.81 Drs 09/226 Thüsing SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1199 A, D ZusFr Hansen SPD 1199 D Störung der Entspannungspolitik durch Sendungen von Radio Free Europe und Radio Liberty MdlAnfr 47, 48 13.03.81 Drs 09/226 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1200 A, B, D, 1201A,C,D, 1202A,B ZusFr Hansen SPD 1200 B, C, D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1201 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1201 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . 1201 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 1201 D ZusFr Thüsing SPD 1202 A ZusFr Dr. Schöfberger SPD 1202 B Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahme des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw sowie Folgerungen für den Akademikeraustausch und das Kulturabkommen mit der CSSR MdlAnfr 49 13.03.81 Drs 09/226 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1202 C, D, 1203 A, B ZusFr Engelsberger CDU/CSU 1202 D ZusFr Graf Huyn CDU/CSU 1203 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 A Protest gegen die Inhaftierung des Bayreuther Universitätsprofessors Konrad Löw bei der tschechoslowakischen Regierung MdlAnfr 50 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 1203 B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . .1203 C Überreichung von Listen mit Härtefällen der Familienzusammenführung und Ausreise an osteuropäische Delegationen während des KSZE-Nachfolgetreffens in Madrid MdlAnfr 51 13.03.81 Drs 09/226 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1203 D, 1204 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . 1203 D, 1204 A Vereinbarkeit der Anwesenheit des Wachbataillons „Feliks Dzierzynski" in Ost-Berlin mit dem entmilitarisierten Status GroßBerlins MdlAnfr 52 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 A, B, C ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . 1204 B ZusFr Thüsing SPD 1204 C Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des fünf Jahre in Warschau inhaftierten Deutschen Achim Rösch gegenüber der polnischen Regierung MdlAnfr 53 13.03.81 Drs 09/226 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 1204 C, 1205 A ZusFr Graf Stauffenberg CDU/CSU . . . .1205 A Benachteiligung von Bundeswehroffizieren aus der Truppe gegenüber Bundeswehrhochschulabsolventen durch das geänderte Punktesystem für die Einstellung von Berufsoffizieren MdlAnfr 75, 76 13.03.81 Drs 09/226 Daweke CDU/CSU Antw StSekr Dr. Hiehle BMVg . 1205 B, 1206 C, D, 1207 A ZusFr Daweke CDU/CSU 1206 B, C, D Nächste Sitzung 1265 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1266* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1981 1151 26. Sitzung Bonn, den 19. März 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Böhme (Freiburg) 20. 3. Büchner (Speyer) * 20. 3. Dr. Enders * 20. 3. Fellner 20. 3. Dr. Geißler 20. 3. von der Heydt Freiherr von Massenbach 20. 3. Dr. Hubrig 20. 3. Jung (Kandel) 20. 3. Kiehm 20. 3. Kittelmann * 20. 3. Korber 20. 3. Dr. Graf Lambsdorff 20. 3. Männing 20. 3. Dr. Mitzscherling 20. 3. Dr. Müller * 20. 3. Müller (Wadern) * 20. 3. Picard 20. 3. Reddemann ** 19. 3. Frau Roitzsch 20. 3. Frau Schlei 20. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 20. 3. Voigt (Frankfurt) 20. 3. Dr. Wendig 20. 3. Dr. Wieczorek 20. 3. Frau Will-Feld 20. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, daß in dieser Debatte Technik, Gesetze und Regelungen sehr stark im Vordergrund stehen. Ich werde darüber gleich auch noch etwas sagen. Aber ich glaube, ein bißchen zu kurz kommt die Beschreibung und Diskussion darüber,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Stimmt doch nicht! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das steht in dem Manuskript!)

    was an Bitterkeit, an Befürchtungen, an Ängsten, an Frustrationen, an Enttäuschungen bei vielen Frauen vorhanden ist. Wir haben in den letzten Jahren z. B. das Anwachsen einer starken feministischen Bewegung feststellen können. Ich will mich nicht mit allen oder auch nur den meisten Forderungen dieser Bewegung identifizieren. Ich glaube aber, daß der Unmut, die Empörung und die Enttäuschung darüber, daß trotz 32 Jahren Grundgesetz und Gleichheitssatz vieles noch nicht geschehen ist, bei diesen Frauen zu Recht bestehen. Dafür gibt es viele Gründe, die sich im einzelnen belegen lassen. Ich will hier nur einige wenige nennen.
    So erhielt ich beispielsweise 1978 eine Zuschrift einer jungen Rechtsanwältin, die sich um eine Position in einem Frankfurter Rechtsanwaltsbüro beworben hatte. Sie erhielt folgendes Antwortschreiben:
    Für Ihre Zuschrift danken wir Ihnen verbindlich, müssen Ihnen jedoch mitteilen, daß wir die ausgeschriebene Position mit einem männlichen Kollegen besetzen möchten. Sie werden im wahren Sinne des Wortes naturgemäß früher oder später Mutterpflichten übernehmen und dann für längere Zeit nicht mehr den Aufgaben einer freiberuflichen Tätigkeit nachkommen können. Mit besten Grüßen usw.
    Oder: Noch immer werden im Strafvollzug, also beim Staat — wir reden hier nicht nur von der priva-



    Frau Matthäus-Maier
    ten Wirtschaft, sondern auch von staatlichen Institutionen —, Frauen bei ihrer Vorbereitung auf die Haftentlassung benachteiligt. Da nämlich die Verwaltung befürchtet, die Frauen könnten während des Hafturlaubs schwanger werden, gewährt sie den Frauen später Hafturlaub als den Männern.
    Oder — und das kommt in der öffentlichen Diskussion, wie ich finde, viel zu kurz —: Alleinstehende Mütter z. B. von drei Kindern werden steuerlich viel schlechter behandelt als das kinderlose Ehepaar.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD)

    Ein weiteres Beispiel: Noch immer werden Frauen in der Werbung diskriminiert. So wurde in einem Magazin für Taschendiktiergeräte geworben mit der Abbildung nackter Frauen neben folgendem Text:
    Spielzeug für Männer — Diese Geräte haben mit Mädchen manches gemeinsam: handlich, immer wieder bespielbar und stets bereit.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, auch dieses muß hier vorgetragen werden, um eben aufzuzeigen, daß es nicht nur darum gehen kann, über gesetzliche Regelungen und Techniken zu sprechen, die wichtig und sinnvoll sind als Voraussetzung für einen Abbau von Diskriminierungen, sondern auch darüber, wie die Konzeption ist, in der es weiter gehen soll.
    Herr Gerster, Sie haben hier antike Harmonievorstellungen vorgetragen. Ich kann Ihnen nur sagen, das, was ich zitiert habe und was sich beliebig erweitern ließe, hat mit Harmonie überhaupt nichts zu tun. Deswegen kommt es darauf an, hier anzusetzen, und deswegen kommt es auch darauf an, Frau Verhülsdonk, Träume und Utopien zu haben. Sie haben sich z. B. dagegen gewandt, daß es in diesem Hause Leute gibt — ich zähle mich dazu, weil ich das seit rund 10 Jahren vertrete —, die sagen, wir brauchten auf Dauer eine Arbeitszeit von z. B. 6 Stunden für Mann und Frau gemeinsam, damit die verschiedenen Rollen in Beruf, Familie und Politik von beiden gemeinsam wahrgenommen werden können, und das geht eben nur bei deutlich reduzierter Arbeitszeit. Sie, Frau Verhülsdonk, haben gesagt, das sei eine Utopie, und Sie hielten gar nichts davon. Ich glaube, daß es richtig ist, solche Utopien und solche Träume, wie wir es nennen, zu haben, um zu sehen, wohin die Reise geht, und um den Enttäuschten zu zeigen, was man tun kann.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das sehen Sie doch, wohin die Reise geht!)

    Selbstverständlich kann das nicht von heute auf morgen sein. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation ist es schwieriger als vor 10 oder 20 Jahren.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Das ist der einzige Punkt, Frau Kollegin, sagen Sie das als erstes!)

    — Herr Kohl, es ist doch unstreitig, daß es bestimmte Situationen gibt, in denen es schneller geht oder nicht so schnell. Selbstverständlich streben wir aber ein solches Ziel nach wie vor an, und selbstverständlich ist die Frage des Lohnausgleichs bei die-
    sem Problem je nach wirtschaftlicher Situation anders zu beurteilen. Das wissen wir alles, trotzdem lassen wir uns aber nicht das Recht nehmen, auch solche langfristigen Konzeptionen aufzuzeigen, damit der Bürger und auch die Frauen wissen, wie es nach unserer Vorstellung weitergehen soll.
    Nur mit solchen konkreten, auch weitergehenden Utopien werden Sie mittel- und langfristig Wege eröffnen, daß wir nicht nur eine Gleichberechtigung der Frau bekommen, sondern auch eine Gleichberechtigung des Mannes. Ich weiß, daß sich immer mehr Männer dagegen wehren, daß sie z. B. bei der Kindererziehung nicht gleichberechtigt sind, daß sie eben von 8 bis 17 Uhr im Beruf sind und nicht einmal merken, wenn die Kinder groß sind. Nur wenn Sie solche Utopien, wie Sie es nennen, aufweisen, haben Sie die Chance, wie es die ehemalige Kollegin Funcke sehr schön ausgedrückt hat, von der mutterlosen Gesellschaft — wir sehen das j a; das ist heute hier nicht repräsentativ, die vielen Frauen, die hier sitzen, machen nur einen Bruchteil der Mitglieder dieses Parlaments aus — und der vaterlosen Familie wegzukommen. Ich finde, deswegen gehören Emotion und Hoffnung, aber auch Enttäuschung in diese Debatte.
    Man sollte darüber nicht vergessen, daß wir eine ganze Menge erreicht haben. Wer das tut, der handelt unredlich. Wir haben noch im letzten Jahr ein Gesetz, das EG-Anpassungsgesetz, verabschiedet, das zu tatsächlichen Veränderungen führt. Es ist ein Beispiel dafür, daß wir durchaus auch mit gesetzlichen Regelungen noch etwas ändern können. Der Bundeskanzler hat gesagt: „Suchen wir nicht das Heil in der Gesetzgebung." Dem stimme ich ausdrücklich zu. Wir sollten aber nicht vergessen, daß ein Teil der noch offenstehenden Probleme eben auch mit Gesetzgebung zu lösen ist, obwohl ein mindestens ebenso großer Teil das Bewußtsein der Menschen betrifft. Wenn es z. B. nach jahrelangem vergeblichen Kampf auch von Abgeordneten dieses Hauses dagegen, daß die Deutsche Lufthansa sich weigert, Frauen als Pilotinnen einzustellen, mit dem EG-Anpassungsgesetz gelungen ist, daß die Lufthansa überhaupt erst einmal Bewerbungen von Frauen entgegennimmt, halte ich das für einen Fortschritt. Es wird jetzt darauf ankommen, aufzupassen, ob wir in den nächsten Jahren bei der Lufthansa auch einmal einen weiblichen Piloten sehen werden. Darauf gilt es zu achten.
    Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, der, wie man weiß, zwischen den Koalitionsfraktionen nicht unbedingt überstimmend gesehen wird. Ich spreche ihn trotzdem an. Ich glaube, daß wir ein Antidiskriminierungsgesetz brauchen. Ob dieses Gesetz die ganze Problematik umfassend regelt oder ob das in einzelnen Gesetzen geschieht, darauf sollten wir uns hier nicht festlegen. Auch die Enquete-Kommission hat dazu einiges gesagt. Wichtiger aber als die gesetzlichen Vorschriften ist das, was wir mit der Einsetzung einer Gleichberechtigungskommission verlangen, einer Kommission, die konkrete Befugnisse, Kompetenzen haben muß, um noch bestehende Diskriminierungen abzubauen.



    Frau Matthäus-Maier
    Übrigens verhält sich die Kommission demgegenüber ja sehr viel zurückhaltender. Auf der letzten Seite des Kommissionsberichts steht:
    Der Gesetzgeber sollte prüfen, ob es unter den gegebenen verfassungsrechtlichen Bedingungen in der Bundesrepublik möglich und notwendig sein wird, eine Gleichbehandlungsstelle als Institution sui generis analog zum Wehrbeauftragten zu schaffen.
    Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, daß solche Kommissionen selbstverständlich nicht alle Probleme lösen können, aber daß konkrete Verbesserungen für Frauen im Alltag erreicht werden können.
    Ich erinnere an das englische Vorbild oder an die USA, die ein solches Gesetz, das die Einrichtung solcher Kommissionen vorsieht, kennen. Ich erinnere daran, daß die Europäische Kommission und das Europäische Parlament in einem kürzlich verabschiedeten Entschließungsantrag auch Gleichbehandlungsstellen vorgeschlagen haben. Ich erinnere ebenso daran, daß die Schweden erst im Jahre 1979 ein Gleichberechtigungsgesetz verabschiedet haben, das eine Gleichbehandlungsstelle und einen Gleich-behandlungsbeauftragten vorsieht, die u. a. das Recht haben, Auskünfte von den Unternehmen zu verlangen, und denen ein Klagerecht zusteht zur Unterstützung diskriminierter Frauen, aber auch ein Klagerecht ohne die betroffene Frau; das halte ich für wichtig, weil selbstverständlich in dem einen oder anderen Fall ein konkreter Grund dafür vorliegen kann, daß eine Frau den Gang vor die Gerichte nicht wagt. Schließlich besteht in Schweden die Befugnis, Bußgeldbescheide zu erlassen, wenn sich herausstellt, daß Unternehmen auf Dauer strikt gegen Gleichberechtigungsgebote verstoßen.
    Ich glaube, wir sollten alle gemeinsam darüber nachdenken, ob nicht eine solche Kommission mit konkreten Befugnissen eingerichtet werden sollte. Meine Damen und Herren, von Kommissionen ohne Befugnisse, die nur berichten, halte ich überhaupt nichts. Wir sollten sie schnell vergessen.

    (Beifall bei der FDP und der SDP)

    Das ist auch nicht die Überlegung der FDP. Aber wir sollten prüfen, ob es uns nicht gelingen kann, eine solche Kommission einzurichten, die einerseits analog der Position des Wehrbeauftragten — das steht auch in dem Bericht der Enquete-Kommission — Auskunftsrechte und Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag hat, die andererseits aber auch — etwa analog zum Bundeskartellamt — die Kompetenz hat, Bußgeldbescheide zu erlassen und ein Klagerecht wahrzunehmen.
    Selbstverständlich gibt es im Zusammenhang mit dieser Forderung noch Probleme. So ist z. B. problematisch, ob in einem solchen Antidiskriminierungsgesetz der Bildungsbereich mit abgedeckt werden könnte, weil das bei uns Sache der Länder ist. Es ist problematisch, ob eine solche Kommission nach unserer Verfassungsordnung die genannten Befugnisse haben kann; das wissen wir alle selber. Ich finde jedoch, um so mehr sollten wir uns daranbegeben — insbesondere im Familienministerium und im Innenministerium —, die verfassungsrechtlichen Probleme gemeinsam zu überdenken.
    Bei den Vorarbeiten zu diesem Gesetz werden wir auch zu überlegen und zu prüfen haben, ob wir uns für eine Quotierung aussprechen. Meine Damen und Herren, meine Fraktion und auch ich selber haben erhebliche Zweifel, ob eine Quotierung, d. h. eine gesetzlich vorgesehene Aufteilung etwa von Ausbildungsplätzen oder Arbeitsplätzen hälftig auf Männer und Frauen, sinnvoll ist, ob die entstehenden Probleme nicht größer sind als der Nutzen. Aber lassen Sie mich auch sagen: Nachdem ich jahrelang Gegner einer Quotierung war, muß ich Ihnen zugeben, daß — jedenfalls was meine Person betrifft — in den letzten Jahren ein Umdenkungsprozeß begonnen hat. Wenn ich lese — ich habe eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung gerichtet —, daß der Anteil der Frauen an den obersten Gerichtshöfen der Bundesrepublik Deutschland, die ja durch staatliche Organe besetzt werden, null bis ein Prozent beträgt, dann stellt sich mir schon die Frage, ob in diesem Bereich durch Quotierung nicht doch das eine oder andere zu ändern wäre.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Zumindest scheint mir das erwägenswert, was die Amerikaner mit Erfolg betreiben, nämlich sogenannte affirmative action plans. Das sind Pläne, die gemeinsam mit den Unternehmen erstellt werden und die auf freiwilliger Basis Quotierungen innerhalb bestimmter Zeiträume vorsehen. Vielleicht sollten wir solche Dinge in der Bundesrepublik Deutschland mit sehr viel offeneren Augen betrachten und ihnen gegenüber mehr Bereitschaft entgegenbringen. Ich denke daran, daß der Staat auch die Möglichkeit hätte, z. B. durch öffentliche Aufträge in diesem Bereich tätig zu werden. Warum eigentlich kann bei Sonderaufträgen in speziellen konjunkturellen Situationen der eine oder andere Betrieb nicht bevorzugt werden, der nachweist, daß er mehr Frauen eingestellt hat als andere? Ich frage: Warum kann nicht das, was in den USA erfolgreich gehandhabt worden ist, auch bei uns entsprechend praktiziert werden?
    Die Regierungserklärung sieht zu dem Thema Antidiskriminierungsgesetz einen Prüfauftrag vor. Ich weiß, daß es hier Vorbehalte gibt, und zwar bei der SPD und bei Kolleginnen, mit denen ich mich, wenn ich so sagen darf, ansonsten politisch enger verbunden fühle. Wenn der Vorwurf gemacht wird, daß z. B. der Bundeswirtschaftsminister beim EG- Anpassungsgesetz weitergehende Regelungen verhindert habe, und deshalb sei es unglaubwürdig, jetzt ein Antidiskriminierungsgesetz zu fordern, dann sage ich Ihnen, meine Kolleginnen in der SPD: ich weiß, daß das so ist, und ich habe mit zu denen gehört, die es kritisiert haben; aber dies kann doch nicht der Grund dafür sein, daß wir auf Dauer nicht bereit sind, an die gemeinsame Prüfung eines solchen Gesetzes heranzugehen. Es sollte uns erst recht dazu motivieren, zu prüfen, was hier zu machen ist.
    Wir wissen, daß auch die Gewerkschaften, die anfangs ziemlich einhellig dagegen waren, langsam anfangen, ihre Position zu überdenken. Ich erinnere



    Frau Matthäus-Maier
    daran, daß sich die DAG in dem Hearing der Enquete-Kommission zum Antidiskriminierungsgesetz positiv geäußert hat. Ich hoffe, daß auch der DGB anfängt umzudenken. Denn es geht uns mit diesem Gesetz und mit der Kommission nicht darum, Positionen der Gewerkschaften anzugreifen oder sie durch neue Kommissionen zu ersetzen. Ich glaube, daß sich dieses ergänzen könnte.
    Die Zusammensetzung der Kommission müßte meiner Ansicht nach vom Deutschen Bundestag bestimmt werden, um das Gewicht der Kommission besonders in den Vordergrund treten zu lassen. Es gibt Kollegen, die sagen: Dann haben wir wieder eine neue Bürokratie, neue Kosten. Ich glaube hingegen, besonders angesichts der Tatsache, daß wir umfangreiche kostenträchtige Gesetze auf diesem Gebiet in absehbarer Zeit nicht werden machen können, daß wir erst recht die Chance nutzen sollten, Dinge wie das Antidiskriminierungsgesetz, die ja vergleichsweise wenig kosten, in die Tat umzusetzen als eine der notwendigen Voraussetzungen für eine Verbesserung der Situation der Frauen. Ich glaube, daß das Problem der Bürokratie auch deshalb wird gering gehalten werden können, weil nach meiner festen Überzeugung ein Teil der Diskriminierung von Frauen, etwa im Arbeitsleben, schon vor einem Tätigwerden der Kommission beseitigt würde. Denn viele Unternehmen müßten befürchten, daß sie öffentlich angeprangert würden. Sie würden schon deswegen Diskriminierungen unterlassen, wie sie sie bisher jahrelang durchgeführt haben.
    Ein letztes! Ich glaube, daß die Diskussion über ein solches Gesetz den großen Vorteil hätte, das Problem „Diskriminierung von Frauen in diesem Lande" wieder öffentlich akuter zu betreiben, klarer zu machen. Die Diskussion, die etwa in England über das ganze Problem in Gang gekommen ist, als dieses Gesetz gemacht worden ist, täte uns, glaube ich, gut, damit wir diese Fragen nicht nur vor wenigen Leuten im Parlament diskutieren, sondern damit die Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau eine öffentliche Diskussion wird, stärker als sie es bisher war. Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat eines mit Deutlichkeit gezeigt: daß sowohl im Hinblick auf die Analyse der Benachteiligungen von Frauen heute wie auch im Hinblick auf die Ziele, die wir verfolgen, eigentlich eine weitgehende Übereinstimmung besteht. Ich halte es für wert, das festzuhalten,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

    gerade wenn wir uns überlegen, was wir in den Ausschüssen erörtern wollen — auch dann, wenn die eine oder andere solistische, ideologisch verbrämte Kür manchmal weniger amüsant sein mag.
    Ich möchte der Enquete-Kommission herzlich danken, daß sie sehr viele der Forderungen, der Mittel und der Wege aufgenommen hat, die heute in den Parteien, Frauenorganisationen, Gewerkschaften und anderen Verbänden diskutiert werden. Sie hat immer die Frage gestellt: welche Forderungen gibt es, welche sind sinnvoll und welche sind durchsetzbar? Ich möchte in meinem Beitrag auf die Frage der Durchsetzbarkeit unter unseren Bedingungen einen Schwerpunkt legen.
    Lassen Sie mich damit anfangen, daß ich die verschiedenen Forderungen in Erinnerung rufe. Da sagt eine CDU-Gruppe: Wir brauchen Forschungsinstitute. Das ist sicherlich eine Forderung am Rande, da stimmen Sie mir bestimmt zu. Wir wissen heute, unter welchen Bedingungen Frauen leben. Wir wissen heute, wo Diskriminierungen, wo Benachteiligungen sind. Wir sind im Stadium der Umsetzung dieses Wissens.
    Es gibt eine zweite Gruppe von Forderungen, die an der Verteilung der Lasten, an der Funktions- und Arbeitsverteilung selbst nicht viel ändern, die aber sinnvoll sind, weil sie darauf abzielen, die Frauen von der Doppelbelastung zu entlasten. Das sind die Forderungen nach Kinderkrippen, -horten, -gärten, Service-Einrichtungen, nach Hilfseinrichtungen, auch nach Modellen, die der Bund, die Länder und die Gemeinden anbieten können. Hier gibt es viele nützliche Dinge, die neue Initiativen anstoßen und so positive Auswirkungen zeigen.
    Eine dritte Gruppe von Forderungen umfaßt neue gesetzliche Ansprüche für Frauen — über diesen Punkt werden wir uns noch unterhalten müssen — und neue verfahrensrechtliche Vorschriften, damit die Frauen die Möglichkeit haben, sich auch selbst besser zu wehren.
    Schließlich geht es um die Frage: Brauchen wir Institutionen wie Gleichstellungsstellen, wo brauchen wir sie, wo sollen sie angesiedelt sein, haben sie einen Wert, können wir uns das kostenmäßig leisten, wohin soll ihr Zuständigkeitsbereich wirken, mehr in die öffentliche Verwaltung intern oder mehr draußen ins Land?
    Ein letzter Punkt betrifft schließlich die Koppelung von Leistungen, Aufgaben und Subventionen des Staates: Frau Matthäus-Maier, Sie haben schon auf die Möglichkeit hingewiesen, Auftrags-und Subventionsvergabe auch von dem Nachweis abhängig zu machen, daß die betroffenen Unternehmen wie andere gesetzliche Bestimmungen so auch die Gleichberechtigungsvorschriften eingehalten haben.
    Wenn wir uns die einzelnen Forderungen anschauen, stellen wir fest, daß eigentlich alle, gleichgültig, ob Gesetze oder Leistungen angesprochen sind, ein Tätigwerden des Staates auf den einzelnen Ebenen erfordern. Ich glaube, wir sollten uns gerade im Bereich der Überwindung, des Ausgleichs von Benachteiligung dessen sehr bewußt sein, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß es die Durchsetzbarkeit unserer Forderung verbessert, wenn wir gleichzeitig sagen: Der Staat ist ein Moloch, ein Leviathan, er fördert die Rentnermentalität, er kommt mit sei-



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    nen Krakenarmen überall hinein und verrechtlicht alles.
    Ich möchte Sie von der CDU bitten, sich einmal zu überlegen, ob Sie nicht das Dilemma, in das Sie durch Ihre Forderung nach Hausfrauengeld und Ihre gleichzeitige Beschwörung des Staatsmolochs und der Erziehung zum Rentnerbewußsein durch den Staat gekommen sind, auflösen müssen, bevor Sie darlegen, wie und mit welchen Mitteln Sie die Forderungen der Frauen vorantreiben wollen, und bevor Sie mit glaubwürdigen Forderungen an die Offentlichkeit treten.
    Wenn wir uns diejenigen Forderungen nach mehr materiellen Ansprüchen und diejenigen anschauen, die mehr verfahrensrechtliche Hilfen anbieten wollen, dann, Kollegin Matthäus-Maier, stellt sich die Frage eines Antidiskriminierungsgesetzes nicht nur in dem Zusammenhang, in dem Sie davon gesprochen haben. Sicherlich sind die von Ihnen aufgeführten Benachteiligungen alle da. Unser Einwand ist nicht, daß wir ein Antidiskriminierungsgesetz nicht wollten, weil wir, na ja, beleidigt seien, weil nicht alles so gelaufen ist, wie es in der letzten Legislaturperiode von uns gewünscht wurde, oder weil wir der Meinung seien, uns passe die Ressortierung der Angelegenheit nicht. Ich bitte Sie, auch über diesen Punkt nachzudenken, denn da bekommt Ihre Forderung einen eigenartigen Sinn. Vielmehr haben wir klar zum Ausdruck gebracht — auch im Bericht der Enquete-Kommission wird das klar —, daß wir in einigen Bereichen sehr wohl gesetzliche Änderungen brauchen. Die greifen auch in Lebenssachverhalte, von denen Sie gesprochen haben. Das betrifft das EG-Anpassungsgesetz, die Umkehr der Beweislast, Sanktionen, Umwandlung der Soll-Vorschrift in eine Muß-Vorschrift bei der Informationspflicht, bei der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung. Das betrifft die Arbeitsschutzbestimmungen in dem Sinne, wie es die Kollegin Steinhauer gesagt hat. Das betrifft betriebsverfassungsrechtliche Änderungen, auf die der Bundeskanzler eingegangen ist: Auch da kann man eine Soll-Vorschrift in eine Muß-Vorschrift umwandeln, wo es um Frauen und Betriebsrat geht. Sie wissen, welche Vorschrift ich meine. Da kann man auch gesetzlich festlegen, daß jährlich ein Bericht über den Stand und die Förderung von Frauen im jeweiligen Betrieb gegeben wird. Und es gibt auch im Familien- und im Steuerrecht noch diese und jene Vorschrift, die geändert werden sollte.
    Wir haben die Befürchtung, daß mit der Diskussion um das Antidiskriminierungsgsetz zuviel Pathos in die Diskussion kommt,

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    daß der Zwiespalt zwischen Papierform und tatsächlicher Wirklichkeit nicht verengt, sondern ausgeweitet wird, daß viel mehr Erwartungen geweckt werden, als wir erfüllen können.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Folgendes sage ich jedem im Haus, der sich angesprochen fühlen muß: Ich habe die Befürchtung, daß
    die Diskussion über Annahme oder Ablehnung eines Antidiskriminierungsgesetzes von einem Sachverhalt ablenkt: Die Rechtspositionen, die wir den Frauen mit Hilfe der Gesetze verschaffen wollen, sind besetzt. Sie müssen per Gesetz und per politische Willensentscheidung gegen viele Widerstände erst freigeschaufelt werden.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Und dies gilt, ob Sie nun einem Antidiskriminierungsgesetz zustimmen oder ein solches ausdrücklich ablehnen. Die Glaubwürdigkeitsfrage stellt sich mir noch in einem anderen Zusammenhang: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Leute Politiker in FDP und CDU, die in der vorigen Wahlperiode beim EG-Anpassungsgesetz nicht hilfreich genug waren, jetzt ausgerechnet den Weg eines pathetischen Antidiskriminierungsgesetz wählen, um all das durchzusetzen. Da habe ich meine Sorgen und nur da.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt etwas sagen, nämlich zu den Gleichberechtigungsstellen, -stäben und -institutionen. Ich halte es für ganz wichtig, daß wir beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden die Institutionen schaffen, in denen der Bund oder Nordrhein-Westfalen oder Hessen oder die Stadtstaaten uns vorausgegangen sind. Ich sage Ihnen: Ich habe nichts dagegen, daß es in Art und Aufgabensetzung Unterschiede gibt. Man kann das so oder so organisieren; die Lebensverhältnisse sind vielfältig. Ich sehe gerade die Frau Kollegin Hellwig. Ich glaube, auch vieles von dem, was sie in Rheinland-Pfalz gemacht hat, sollte gewürdigt werden; das ist für mich keine Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für mich ist weder die Ebene der Ansiedlung noch die Ressortfrage allein entscheidend,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Der Wille entscheidet!)

    — Nein, Herr Kohl, entscheidend sind die Kompetenzen.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Der Wille!)

    — Es ist nicht nur der Wille, sondern es sind in der Tat die Kompetenzen. Die Stäbe sollten ein Mitspracherecht bei Gesetzen und Verordnungen, bei Stellenausschreibungen, bei der Beförderungspraxis ihres Bereichs haben. Sie sollten Öffentlichkeitsarbeit machen und in die Verfahren bei der Koppelung von Geldleistungen der staatlichen Körperschaft und Nachweis der Einhaltung von Gleichberechtigungsvorschriften durch die Unternehmen bei Aufträgen, Subventionen u. ä. eingeschaltet werden. Solche Kompetenzen sollten gewährleistet werden, dann kommen wir weiter. Wenn wir das ernst nehmen — und damit komme ich zum Schluß —, stellen sich auch an uns unmittelbar Anforderungen: Dann muß es nämlich darum gehen, den Arbeitsstab beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit in seiner Arbeit zu unterstützen und nicht nach außen ständig herabzusetzen, wie dies teilweise geschieht. Das beeinträchtigt die Durchsetzung. Dann



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    müssen wir bei den kommenden Haushaltsberatungen auch die Unterstützung geben, die sie brauchen; dann dürfen dort keine Mittel gestrichen, sondern müssen Ausbaumöglichkeiten vorgesehen werden. Und es wird darum gehen, daß bei aller Kritik an unserer Haltung in der Öffentlichkeit unsere Forderungen nicht ständig herabgesetzt werden, daß gerade wir Frauen uns davor hüten, Frauen in den verschiedenen Lebenslagen und in dem Aufgabenbereich, den sie zur Zeit wahrnehmen, gegeneinander ausspielen. Dies alles schadet der Durchsetzung. Ich glaube, wir könnten hier eine ganze Menge erreichen, wenn wir uns in den Ausschüssen auf konkrete Themen beschränken. — Recht herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)