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    Plenarprotokoll 9/19 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 19. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. Januar 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 819 A Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Schmidt, Bundeskanzler 819 D Dr. Kohl CDU/CSU 836 B Mischnick FDP 846 A Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 851 C Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" — Drucksache 9/126 — 857 C Nächste Sitzung 857 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 859* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 859* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1981 819 19. Sitzung Bonn, den 30. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 30. 1. Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens* 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens* 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Breuer 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Egert 30. 1. Dr. Enders* 30. 1. Feinendegen 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Gansel 30. 1. Dr. Geißler 30. 1. Dr. Geßner* 30. 1. Haase (Fürth) 30. 1. Dr. Hauff 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. Jung (Kandel) * 30. 1. Kittelmann* 30. 1. Korber 30. 1. Dr. Kreile 30. 1. Lemmrich* 30. 1. Lenzer* 30. 1. Manning* 30. 1. Dr. Müller* 30. 1. Müller (Remscheid) 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack* 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen** 30. 1. Reddemann* 30. 1. Rösch* 30. 1. Sander 30. 1. Sauter (Epfendorf) 30. 1. Dr. Schäuble* 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Solms 30. 1. Dr. Sprung* 30. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 1. Dr. Unland* 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek 30. 1. Frau Zutt 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) - Drucksache 9/43 - zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Bericht des Bundesministers für Verkehr 1980 über den Fortgang der Verkehrserschließung des Zonenrandgebietes - Drucksache 9/89 - zuständig: Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen (federführend) Ausschuß für Verkehr Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über den Stand der Erörterungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zum Investitionsschutz - Drucksache 9/102 - zuständig: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über ihre 26. Jahreskonferenz vom 16. bis 21. November 1980 in Brüssel - Drucksache 9/75 - zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den Zweiten Teil der 26. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 1. bis 4. Dezember 1980 - Drucksache 9/74 - zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 3. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1980 - Drucksache 9/44 - zuständig: Haushaltsausschuß 860* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1981 Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 1113 Tit. 646 05 — Leistungen des Bundes für Aufwendungen nach dem Mutterschutzgesetz usw. —— Drucksache 9/64 — zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 35 02 — Besatzungskosten und Auftragsausgaben in Berlin — im Haushaltsjahr 1980 — Drucksache 9/73 — zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 1111 Tit. 643 01 — Kosten der Kriegsopferfürsorge (ausgenommen Darlehen) auf Grund des Bundesversorgungsgesetzes sowie entsprechender Leistungen auf Grund des Häftlingshilfegesetzes, des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen und des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 9/76 — zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 32 05 Tit. 575 02 — Zinsen für Bundesschatzbriefe —— Drucksache 9/100 — zuständig: Haushaltsausschuß Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung im Benehmen mit dem Ältestenrat die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Aufhebbare Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung —— Drucksache 9/121 — Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 14. Mai 1981 vorzulegen Aufhebbare Neunundvierzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung — Drucksache 9/122 —Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 14. Mai 1981 vorzulegen Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 22. Januar 1981 mitgeteilt, daß der Ausschuß beschlossen hat, bei den nachstehenden EG-Vorlagen von einer Beratung abzusehen: Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Ermächtigung der Französischen Republik, von der Richtlinie 73/403/EWG zur Synchronisierung der allgemeinen Volkszählungen abzuweichen — Drucksache 8/3733 Nr. 12 — Vorschläge für Verordnungen (EGKS, EWG, EURATOM) des Rates zur Änderung der Verordnung des Rates (EGKS, EWG, EURATOM) — Nr. 1859/76 vom 29. Juni 1976 zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung — Nr. 1860/76 vom 29. Juni 1976 zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen — Drucksache 8/3670 Nr. 25 —
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kohl, Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen geglaubt, feststellen zu sollen: Der Kanzler hat fast nichts zu den wesentlichen Problemen gesagt. Nun, Herr Kollege Kohl, ich bin sicher, wenn er nicht außenpolitische und sicherheitspolitische Punkte so stark in den Vordergrund gestellt hätte, sondern stärker innenpolitische Fragen gebracht hätte, hätten Sie hier festgestellt, es sei befremdend, daß der Bundeskanzler diese wichtigen, schicksalhaften Fragen nicht in den Mittelpunkt gestellt habe. Diese Art Kritik, Herr Kollege Kohl, bringt doch nichts!
    Wenn Sie dann noch sagen, eine Mischung aus Selbstmitleid und Resignation

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Genau so!)

    sei der Inhalt dessen gewesen, was der Kanzler gesagt hat, dann kann ich nur feststellen: Das hätten Sie gern gehabt; aber was der Kanzler heute hier getan hat, war das Gegenteil davon!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir stellen mit Befriedigung fest, daß der Bundeskanzler hier mit seinen Bemerkungen insbesondere zu den Fragen der Außen-, Sicherheits- und Bündnispolitik Probleme angesprochen und dazu in einer Weise Stellung genommen hat, die wieder einmal bestätigt, weshalb und auf welcher Grundlage wir, Sozialdemokraten und Freie Demokraten, zu Recht diese Koalition abgeschlossen haben und auch nach meiner Überzeugung erfolgreich durchführen werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sie, Herr Kollege Kohl, sprachen davon, daß diese sozialliberale Koalition eigentlich nur ein Kartell zur Erhaltung der Macht sei. Lieber Herr Kollege Kohl, ist Ihnen dabei bewußt, daß Sie hier, wenn
    auch verdeckt, eine Art Wählerbeschimpfung vornehmen? Es ist ja nur wenige Wochen her, daß der Wähler entschieden hat, daß diese Koalition mit einer größeren Mehrheit als bisher weiterregieren soll, und zwar nicht um ein Machtkartell zu bilden, sondern um Politik zu treiben!

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Aber nicht so regieren!)

    Wenn Sie meinen, das täte dem Wähler schon schwer leid, dann darf ich Sie an folgendes erinnern: Auch nach der letzten Bundestagswahl haben wir manche ähnliche Äußerungen gehört. Nun gut, ich verschweige nicht: Wenn Sie die Zeit vor vier Jahren und heute vergleichen, dann läßt sich feststellen, daß die Koalition ihre Krise zu Beginn der Legislaturperiode genommen hat; die Opposition nimmt sie am Ende, und der Wähler entscheidet dann zugunsten der Koalition. Wenn das so bleibt, habe ich gar keine Bedenken, daß das wieder vier Jahre lang gut laufen wird.
    Herr Kollege Kohl, Sie sprachen davon, daß es elf Jahre dieser Zusammenarbeit nicht mehr möglich gemacht hätten, mehr Demokratie zu wagen. Es verwundert mich etwas, daß ausgerechnet von Ihnen dieser Vorwurf kommt, wo doch alles, was beispielsweise die Freien Demokraten in die Regierungserklärung eingebracht haben, um mehr Demokratie zu erreichen — wenn ich zum Beispiel an die Verbandsklage denke —, von Ihnen auf das heftigste bekämpft wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Das sind doch Krokodilstränen, die Sie hier darüber
    vergießen!
    Meine Damen und Herren, natürlich wissen wir, daß die Probleme, die vor uns liegen, nicht leichter geworden sind und daß nach einer elfjährigen Zusammenarbeit manche Dinge, die am Anfang mit einem gewissen Schwung gelöst werden konnten, dann oft mehr Schwierigkeiten bereiten, sie einer Lösung zuzuführen. Aber ich bin sicher: Mancher in Ihren Reihen wäre froh, wenn es bei den früheren Koalitionen, die wir mit Ihnen hatten, tatsächlich einmal zu einer Zusammenarbeit von elf Jahren und länger gekommen wäre. Das war leider — aber aus Gründen, die bei Ihren damaligen Freunden lagen — nicht machbar.
    Ich will hier nicht länger auf das eingehen, was Sie dazu gesagt haben, daß Sie vom Bundeskanzler, von der Bundesregierung die geistige Führung vermißten. Herr Kollege Kohl! Natürlich muß auch von einer Regierung durch ihr Handeln ein bestimmter Teil geistiger Führung ausgehen. Wir werden aber nie auf die Idee kommen, daß dies ausschließlich von einer Regierung ausgeht, sondern daß dies immer nur ein Teil der gesamten geistigen Kräfte eines Volkes sein kann und daß sie dafür sorgen muß, daß die geistigen Kräfte in einem Volk mobil werden, mobil sein können, daß sie gestalten können und daraus auch Entscheidungen für die praktische Politik gezogen werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)




    Mischnick
    Das ist unser Verständnis zu diesem Teil, den Sie hier ansprachen.
    Herr Kollege Kohl, Sie haben eine kurze Berner-kung gemacht und dabei weitgehend, wie Sie sagten, Übereinstimmung in den Fragen festgestellt, die mit dem Rüstungsexport zusammenhängen. Ich möchte hier ein paar Sätze mehr darauf verwenden.
    Sie wiesen freundlicherweise darauf hin, daß die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, Herbert Wehner und ich, Anfang Juli 1980 in einem Brief an den Bundeskanzler ihre grundsätzlichen Meinungen zu den Fragen der Rüstungsexportpolitik dargelegt haben. Ich will hinzufügen, daß war das Ergebnis einer Arbeitsgruppe beider Koalitionsfraktionen, die sich schon wochenlang vorher um Lösungen dieser schwierigen Frage bemüht haben. Wir haben erstens die Zusicherung erhalten, daß der Punkt, in dem es um das Außenhandelsgesetz geht, in das Gesetz eingebaut werden soll, und zweitens, daß wir über die Frage, inwieweit hier eine parlamentarische Unterrichtung erfolgen kann und erfolgen muß, miteinander weiter im Gespräch bleiben.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Unterrichtung oder anderes? — Wehner [SPD]: Nein, das hat er falsch dargestellt, ich habe ihm die Unterlagen gegeben!)

    — „Unterrichtung" habe ich ausdrücklich gesagt. Wenn es Ihnen wichtig ist, Herr Kollege Barzel, bin ich gern bereit, damit kein Irrtum entsteht, hier deutlich zu machen, daß der Wortlaut dieses Punktes in diesem Brief folgendermaßen war:
    Die Bundesregierung sollte den Deutschen Bundestag eingehender als bisher über die von ihr getroffenen Rüstungsexportentscheidungen informieren. Als zu unterrichtendes Gremium kommt der Auswärtige Ausschuß, eventuell der Unterausschuß für Rüstungskontrolle in Betracht.
    Es ist ganz klar, daß es hier um die Unterrichtung geht, daß es nicht um Verlagerungen von Verantwortung geht, daß wir aber auch der Meinung sind, daß es auch für eine Regierung gut ist, das, was sie für notwendig hielt, dem Parlament darzustellen und eine Unterrichtung, in welcher Form auch immer, vorzunehmen. Ob das der gesamte Ausschuß, ob das der Unterausschuß oder ob das die Obleute sind, das sind Fragen, über die wir uns unterhalten können. Wir wollen eine Lösung finden, die der Sache gerecht wird, die die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht einschränkt, die es aber auch den Parlamentariern, wenn sie zu solchen Dingen gefragt ' werden, möglich macht, sie sachgerecht darzustellen. Das ist das Ziel, nicht mehr und nicht weniger.
    Ich möchte allerdings zusätzlich in der Sache selbst noch ein paar Bemerkungen machen. Die Fraktion der Freien Demokraten hat dieses ganze Problem am vergangenen Montag sehr ausführlich, gründlich und umfassend behandelt. Am Schluß dieser Diskussion hat der Bundesaußenminister und Parteivorsitzende Hans-Dietrich Genscher in sechs Punkten, die jedermann zugänglich sind, unsere gemeinsame Meinung festgestellt. Ich möchte sie hier
    ausdrücklich wiederholen, damit er gar keinen Irrtum über diese gemeinsame Meinung gibt.
    Erstens: Die Freien Demokraten sind der Auffassung, daß die restriktive Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung weiter beibehalten wird. Wir sind froh darüber, daß sie restriktiv ist, sie soll es auch bleiben.

    (Beifall bei der FDP)

    Der nächste Punkt scheint mir sehr wesentlich zu sein, kam aber hier nicht so deutlich zum Ausdruck. Es wurde in dem, was der Bundeskanzler sagte, sichtbar. Das, was der Herr Kollege Kohl sagte, schloß es zwar nicht aus, unterstrich es aber auch nicht so:
    Zweitens: Die Initiative der Bundesregierung zur Begrenzung des internationalen Rüstungsexports, wie sie vor der UNO bereits ergriffen worden ist, ist nachdrücklich fortzusetzen. Wir wollen, daß Rüstungsexporte ähnlich wie Entwicklungshilfe offen für jedermann sichtbar dargelegt werden, damit man sich bei den Vereinten Nationen einmal über das auseinandersetzen kann, was Entwicklungshilfe ist, und das, was mit Rüstungsexport geschieht. Das muß für alle gelten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir haben ausdrücklich festgestellt: Beschäftigungspolitische Argumente dürfen für die Rüstungsexportpolitik keine ausschlaggebende Rolle spielen. Ich weiß, daß manche versuchen, das Wort „ausschlaggebend" mißzudeuten. Wir sehen ganz klar, daß innerhalb der NATO Rüstungsexporte notwendig sind. Kein Mensch bestreitet das. Diese Rüstungsexporte müssen hergestellt werden. Sie sind natürlich auch in der Beschäftigungsbilanz sichtbar. Was wir nicht wollen, ist, etwa der Idee zu folgen: Je mehr von uns Waffen wollen, um so größer sind die Chancen, hier Arbeitsmarktprobleme zu lösen, neue Exportkapazitäten aufzubauen, und am Ende das Gegenteil von dem zu machen, was wir wollen, nämlich einschränken. Das ist der Punkt, der damit angesprochen wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir haben dann festgestellt, daß die Kriterien für die Rüstungsexporte zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu definieren und zu präzisieren sind. Aber dabei soll an dem restriktiven Charakter keine Änderung vorgenommen werden. Das heißt, da, wo sich die Begriffe bewährt haben, wollen wir sie nicht ändern; da, wo sie sich nicht bewährt haben, sollen sie geändert werden, aber nicht mit dem Ziel der Ausweitung, sondern mit der Absicht, den Grundsatz, den wir bisher hatten, beizubehalten.
    Über die Unterrichtung habe ich schon gesprochen. Natürlich können — so ist der Punkt 6 zu verstehen — spezielle Fälle auftreten. Wenn etwa Wünsche aus Saudi-Arabien kommen, dann sind sie als spezieller Fall unter diesen Gesamtkriterien zu prüfen. Gerade bei Saudi-Arabien — das ist der letzte Punkt, den wir festgestellt haben — ist natürlich die geschichtliche Verantwortung, die wir Deutsche ge-



    Mischnick
    genüber dem jüdischen Volk haben, in erster Linie zu sehen.

    (Beifall bei der FDP)

    Damit wird deutlich, daß wir sämtliche Gesichtspunkte in eine Bewertung eingebracht wissen wollen, wenn eine solche Entscheidung auf uns zukommen sollte. Die Bewertung ist nicht eine Frage, die wir im Gegensatz zu sonst an uns ziehen wollen. Hier werden wir die Meinungen zum Ausdruck bringen und austauschen. Ich bin sicher, daß dies in der gleichen Kooperation wie bei allem anderen geschieht.
    Ich habe dies etwas ausführlicher dargestellt, um den falschen Eindruck zu vermeiden, in der Koalition gebe es Leute, die wild auf Expansion der Rüstungsexportpolitik aus sind, und andere, die eine größere Friedenssehnsucht in sich spüren und deshalb gegen jeden Rüstungsexport sind. Das Ganze ist nur mit nüchterner Logik zu behandeln.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es kann hier nicht mit Pathos behandelt werden. Das bringt gar nichts.
    Lassen Sie mich einen weiteren Punkt aufgreifen, den Herr Kollege Kohl angesprochen hat. Er hat allerdings zur Lösung nicht mehr sehr viel gesagt. Das verstehe ich. Denn wir haben in den vier Tagen dieser Debatte schon eine ganze Menge Probleme behandelt. Nur würde ich umgekehrt dem Kanzler nicht vorwerfen, daß er nicht ins Detail geht, wenn auch Herr Kohl es nicht tut.
    Ich meine das Problem der Arbeitslosigkeit. Natürlich wissen wir, wie schwierig es ist, in einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die wir heute haben, Forderungen der eigenen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik mit Fragen der Entwicklungspolitik — ich denke an die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländer, die j a in den letzten Tagen schon eine Rolle gespielt hat, auf der einen Seite, und an die Bedürfnisse unserer Wirtschaft auf der anderen Seite — unter einen Hut zu bringen.
    Ich wäre — das sage ich hier ganz persönlich — sehr froh, wenn etwas mehr Gehirnschmalz darauf verwendet würde, ob wir es nicht schaffen, daß von den 250 000 freien Arbeitsplätzen wenigstens 100 000 — ich will gar nicht sagen: alle — von denen besetzt werden, die heute arbeitslos sind.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Hier gilt es, zu überlegen, wo wir hier ansetzen können und was wir mehr tun können, um Angebot und Nachfrage auch da besser in Einklang zu bringen. Ich glaube, es war nicht nur ein Hinweis, um Widersprüchlichkeit deutlich zu machen, als der Bundeskanzler auf die merkwürdige Unterschiedlichkeit der Argumentation auch der Opposition aufmerksam machte, indem er an den Brief des bayerischen Ministerpräsidenten wegen der Möglichkeiten erin. nerte, Gastarbeiter für bestimmte Bereiche, nämlich Gaststätten und Hotels, zusätzlich hereinzunehmen. Meine Damen und Herren, natürlich wissen wir, daß in diesem Bereich eine Mangellage vorhanden ist, und natürlich ist es notwendig, hier Änderungen, Verbesserungen zu erreichen, damit die angebotenen Arbeitsplätze auch für deutsche Arbeitskräfte attraktiver werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Friedmann [CDU/ CSU])

    Nur: Wer hier vordergründig sagt „Das Problem ist gelöst, wenn wir mehr ausländische Arbeitskräfte hereinlassen", verkennt doch völlig, daß gerade ausländische Arbeitskräfte in diesem Bereich teilweise sehr schnell — oft nach wenigen Wochen, spätestens nach Monaten — diese Beschäftigung aufgeben und versuchen, in andere Bereiche hineinzukommen und damit die Problematik im Hotel- und Gaststättenbereich die gleiche bleibt, aber eine zusätzliche Belastung des Arbeitsmarkts in anderen Bereichen eintritt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Deshalb sollte man es nicht so billig machen, wie das hier durch diesen Brief zum Ausdruck kam.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Es sind oft Frauen, die schon hier wohnen!)

    Wir teilen die Meinung — ich bin überzeugt, daß es dazu eine breite Überzeugung quer durch die Fraktionen gibt —, daß wir alles tun müssen, um den Investitionsstau abzubauen, den wir aus der Nichtabwicklung des Kraftwerksbaus haben — es sind ja nicht nur Kernkraftwerke, sondern auch Kohlekraftwerke —, aus der Nichtfortsetzung des Strekkenneubaus der Bundesbahn usw. Aber ich wäre dankbar, wenn die Kollegen der Opposition nicht nur immer den oder die Splitter in den Augen der Koalition sähen, sondern dasselbe auch im eigenen Bereich.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die Balken sind halt bei Ihnen!)

    Ich denke an die Reaktionen aus der CDU im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den Bau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens, ich denke an die Auseinandersetzungen um die Frage, wohin man in Hessen ein neues Gefängnis setzen soll. 36 Gemeinden wurden angesprochen, 35 haben nein gesagt; es waren nicht nur SPD-regierte Gemeinden, sondern auch CDU-regierte Gemeinden. Das zeigt doch, daß wir alle gemeinsam dafür sorgen müssen, in den eigenen Reihen, in den Ländern, regional und örtlich, daß wir das, was wir als richtig erkannt haben, auch bei den eigenen Leuten vor Ort umsetzen, daß wir nicht immer nur den anderen beschuldigen dürfen, er tue das nicht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Hier ist wieder einmal Brokdorf ansgesprochen worden. Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar dafür, daß er mit seiner Rede heute deutlich gemacht hat, daß in der Regierung zwischen Bundeskanzler und Wirtschaftsminister über die Notwendigkeit, zu einer Entscheidung zu kommen, keine Meinungsverschiedenheit besteht. Wir stehen zu dieser Entscheidung. Wir haben es uns aber nie so leicht gemacht und werden es uns nie so leicht machen, Bedenken, Ängste und Sorgen einfach wegzuwischen. Wir sind vielmehr der Meinung: Ich kann nur dann zu einer tragbaren, zu einer durchsetzbaren Entscheidung kommen, wenn ich vorher diese



    Mischnick
    Ängste geprüft und mich mit ihnen auseinandergesetzt habe. Das heißt nicht, die Entscheidung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auszusetzen, zu verschieben, sondern es bedeutet nur, die Durchsetzbarkeit der Entscheidung leichter zu machen, besser zu machen. Darum ringen wir und um nichts anderes.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Hier ist gesagt worden, man lasse Herrn Stoltenberg und Herrn Albrecht allein. Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Oppostition, es ist doch unbestritten für jeden, der die Monate des letzten Jahres aufmerksam verfolgt hat, daß es die hessische Landesregierung war, daß es der Ministerpräsident Börner und der Wirtschaftsminister Karry waren, die als erste ganz klare Entscheidungen im Bereich der Kernenergie — zum einen für die Wiederaufbereitung, zum anderen für die Lagerung — getroffen haben. Erst dann entstand in anderen Ländern — auch in CDU-regierten Ländern — so langsam das Gefühl: Wenn die vorangehen, müßten wir eigentlich mitziehen, nachdem wir es j a immer waren, die verlangt haben, daß solche Entscheidungen getroffen werden. Ich wäre sehr froh, wenn die Entscheidungsbereitschaft in diesen Ländern, die hier genannt worden sind, genauso vorangetrieben würde, wie das in Hessen geschieht.
    Meine Damen und Herren, hier ist von Herrn Kohl eine kurze Zwischenbemerkung gemacht worden, in der er darauf verwies, daß in einer Veröffentlichung der SPD vor der Wahl der Hinweis auf die 35-Stunden-Woche, mehr Urlaub usw. enthalten gewesen sei, dies aber unter den heutigen Umständen nicht voll umsetzbar sei. Deshalb sei es nicht gut, so etwas vor einer Wahl zu verkünden. Wir haben so etwas nicht verlangt. Im Gegenteil, wir haben uns dagegen gewandt. Nur, etwas merkwürdig hat mich berührt, als der Kollege Graf Lambsdorff als Wirtschaftsminister davon sprach, daß wir in diesem Bereich nicht dies und jenes tun könnten, waren es die Kollegen Geißler und Blüm, die ihm vorwarfen, daß er praktisch ein unsozialer Mensch geworden sei.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Aber doch nicht wegen der Sache! Das stimmt doch gar nicht!)

    — Aber das stimmt haargenau! Sie haben dem Kollegen Lambsdorff vorgeworfen, daß er genau in diesem Punkt gesagt habe, daß man hier nicht weiterkommen könne.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Was ich hier gesagt habe, habe ich doch vor der Wahl genauso gesagt!)

    Wir sind immer bereit, über Probleme nachzudenken, die mit einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit zusammenhängen. Wir sind allerdings auch der Meinung, sie müssen in die jeweilige gesamtwirtschaftspolitische Landschaft eingepaßt werden. Darüber muß zum rechten Zeitpunkt entschieden werden. Im Augenblick sehen wir keine Entscheidungsmöglichkeit.


Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Blüm?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Bitte sehr.