Rede von
Dr.
Alois
Mertes
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wir brauchen ein Gleichgewicht an geschichtlichem Weitblick und politischer Entschlossenheit, wenn wir die 80er Jahre in Frieden und Freiheit überstehen wollen.
Daß auch in diesen Jahren mit Ost-Berlin, mit Moskau und mit anderen Staaten des Warschauer Paktes verhandelt werden muß, ist klar. Aber diese Verhandlungen dürfen nicht das fernsehwirksame Geschäft von Gipfelkonferenzen à la Schmidt — Honecker oder Schmidt — Gierek sein.
Dialog mit dem Osten muß heißen: Ernste Diplomatie nach dem Grundsatz „Mehr sein als scheinen". Das war für uns, als wir mit großen Erfolgen an der Regierung waren, eine Selbstverständlichkeit.
Die Kunst des Verhandelns mit den Sowjets und den SED-Führern setzt aber eines voraus: Wir müssen sie wieder ernster nehmen als in den letzten Jahren. Uns unterscheidet von vielen in der SPD nicht ein höheres Ausmaß an Feindseligkeit oder Haß gegen die Sowjetführer; das sind Begriffe, die uns fremd sind. Aber wir erwarten von Ihnen, daß Sie die Führer der Sowjetunion und der DDR in dem, was sie in aller Offenheit sagen, in Zukunft ernster nehmen und sich nicht die Augen und die Ohren zuhalten vor dem, was diese Männer in aller Klarheit als ihr geschichtliches Programm hinstellen und in der Tagespolitik durchzusetzen versuchen — Schritt für Schritt. Honecker hat noch vor kurzem darauf hingewiesen, warum es selbstverständlich ist, daß Haß die Triebfeder der Nationalen Volksarmee sein muß.
Es wird nach diesen grundsätzlichen Erwägungen sicher im Laufe der kommenden Zeit über einige konkrete Verhandlungsbereiche gesprochen werden müssen. Mir lag es daran, heute in einem Kurzbeitrag einmal einige Rahmenbedingungen für unsere künftigen Diskussionen, für das Ausmaß an Gemeinsamkeit und für das Ausmaß an Gegensatz hier vorzutragen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.