Rede:
ID0901711400

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/17 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 17. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1981 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 607 A Eidesleistung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Engholm, Bundesminister BMBW 607 B Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1981 (Haushaltsgesetz 1981) — Drucksache 9/50 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1980 bis 1984 — Drucksache 9/51 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 — Drucksache 9/91 — in Verbindung mit Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau von Subventionen und sonstigen Vergünstigungen, zur Erhöhung der Postablieferung sowie zur Klarstellung von Wohngeldregelungen (Subventionsabbaugesetz) — Drucksache 9/92 — Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 608A Dr. Posser, Minister des Landes NordrheinWestfalen 622 C Hoppe FDP 633 B Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 637 D Brandt SPD 645A Genscher, Bundesminister AA 652 B Würzbach CDU/CSU 661 D Dr. Apel, Bundesminister BMVg 666 C, 680B, 681 B Jung (Kandel) FDP 673 C Biehle CDU/CSU 675 D Würtz SPD 678 D II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1981 Dr. Wörner CDU/CSU 680 D Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 682 B Dr. Ehmke SPD 686 B Schäfer (Mainz) FDP 691 C Dr. Hupka CDU/CSU 693 D Pieroth CDU/CSU 696 B Schluckebier SPD 698 D Frau Schuchardt FDP 701 B Offergeld, Bundesminister BMZ 704 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 707 C Dr. Hupka CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 709 C Nächste Sitzung 709 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 710*A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. Januar 1981 607 17. Sitzung Bonn, den 28. Januar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen 30. 1. Dr. Ahrens * 30. 1. Dr. Althammer 30. 1. Dr. Bardens * 30. 1. Böhm (Melsungen) * 30. 1. Büchner (Speyer) * 30. 1. Dr. Dollinger 30. 1. Dr. Enders * 30. 1. Francke (Hamburg) 30. 1. Dr. Geßner * 30. 1. Dr. Hennig 30. 1. Hoffie 28. 1. Dr. Hubrig 30. 1. Jäger (Wangen) * 30. 1. Junghans 28. 1. Kittelmann * 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Klein (Dieburg) 30. 1. Korber 30. 1. Lemmrich * 30. 1. Lenzer * 30. 1. Männing * 30. 1. Dr. Müller * 30. 1. Müller (Wadern) * 30. 1. Frau Pack * 30. 1. Peter (Kassel) 30. 1. Petersen ** 30. 1. Reddemann * 30. 1. Rösch * 30. 1. Sander 30. 1. Dr. Schäuble * 30. 1. Schmidt (München) * 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 30. 1. Dr. Schroeder (Freiburg) 30. 1. Schulte (Unna) * 30. 1. Frau Simonis 30. 1. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 30. 1. Dr. Sprung * 30. 1. Dr. Unland * 30. 1. Dr. Vohrer * 30. 1. Dr. Wittmann (München) * 30. 1. Dr. Wieczorek 30. 1.
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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ja, bitte.


Rede von Dr. Alois Mertes
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister, teilen Sie meine Auffassung, daß es zu einer verantwortlichen Außen- und Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren auch gehören wird, die junge Generation auf die Natur und die Intensität der sowjetischen Bedrohung hinzuweisen, die primär eine militärische Bedrohung mit politischen Expansionszielen ist?

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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege, das, was Sie mit Ihrer Frage zum Ausdruck bringen wollen, ist ja gerade Gegenstand des Vortrages, den ich eben hier halte.
    Meine Damen und Herren, es ist deutlich: Nicht nur das Schicksal der Entspannung, sondern das Schicksal der Menschheit wird in den achtziger Jahren entscheidend davon abhängen, ob es gelingt, weltweit von Konfrontation zu Kooperation und Interessenausgleich zu kommen. Dazu gehört, daß alle Industriestaaten die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Staaten der Dritten Welt respektieren. Deshalb müssen wir auch alle einer Übertragung des Ost-West-Gegensatzes auf die Dritte Welt widerstehen. Aber dieser für uns ëntscheidende Grundsatz darf nicht dazu führen, daß der Westen nun in seiner Gesamtheit zusieht, wenn Staaten der Dritten Welt in ihrer Unabhängigkeit durch raumfremde Kräfte bedroht sind.
    Wir müssen erkennen — und da komme ich auf _ das zurück, was Kollege Brandt gesagt hat —, daß die innere Stärkung, daß wirtschaftliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit von zentraler Bedeutung für die innere und äußere Sicherheit auch dieser Länder sind. Hier muß der Schwerpunkt unserer Bemühungen liegen. Unsere in der ersten Afghanistan-Debatte des Deutschen Bundestages geforderte und in ihren Grundzügen damals dargelegte Gesamtkonzeption des Westens hat im Laufe des Jahres 1980 an Gestalt gewonnen. Diese arbeitsteilige Konzeption hat zu zunehmender Vertrauensbildung gerade bei den Staaten der Dritten Welt geführt, die sich durch raumfremdes Machtstreben bedroht fühlen. An dieser Konzeption muß weitergearbeitet werden.
    Meine Damen und Herren, es darf nicht dazu kommen, daß der Wille zu Unabhängigkeit und Selbständigkeit und die Bereitschaft zur Partnerschaft von Staaten der Dritten Welt mit dem Westen als ein Risiko erscheinen, das man nur durch Anlehnung an den Osten abwenden kann.
    Hier wird auch die Bewegung der Blockfreien eine zunehmende Bedeutung gewinnen. Die Fähigkeit und der Wille, aus der Position der Blockfreiheit heraus zur Lösung von Konflikten beizutragen, wird immer stärker.
    Ich erwähne hier nur die Mitwirkungen der Frontstaaten in Afrika bei der Lösung des Problems von Simbabwe. Ich erwähne die Bemühungen dieser Staaten béi der Lösung der Namibia-Frage. Ich denke, daß diejenigen, die an der Begegnung mit den Vertretern der Interessengemeinschaft der Deutschen in Namibia teilgenommen haben, von dem beeindruckt waren, was uns diese Deutschen aus Namibia über ihre Zusammenkunft mit der SWAPO-Führung in Genf erzählt haben, eine Zusammenkunft, die wir als Bundesregierung ermöglicht und begünstigt haben. Hier ist ein Beitrag für eine Vertrauensbildung geleistet worden, ohne die es eine Lösung der Namibia-Frage nicht geben wird. Ich hoffe, daß aus dem Vokabular des Deutschen Bundestages jene Begriffe über Befreiungsbewegungen verschwinden, die eine rationale Debatte der Entwicklung in Afrika über viele Jahre in diesem Hause verhindert haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich möchte, wenn ich die Rolle der Blockfreienbewegung unter Staaten in der Blockfreienbewegung auch bei der Überwindung internationaler Konflikte erwähne, hier besonders feststellen, daß ich beeindruckt und von Dankbarkeit erfüllt bin über die erfolgreiche Vermittlung Algeriens zwischen den USA und dem Iran, die letztlich dann zur Freilassung der amerikanischen Geiseln geführt hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Hier hat ein wichtiges blockfreies Land gezeigt, wie es seine Verantwortung für den Weltfrieden sieht.
    Meine Damen und Herren, so zeigt sich, daß sich die deutsche Außenpolitik an der Schwelle dieses Jahres unverändert der Notwendigkeit gegenübersieht, das für die eigene Sicherheit Erforderliche zu tun, die Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung beharrlich fortzusetzen, immer wieder die Bereitschaft zum Ausgleich und zur Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas zu unterstreichen und unsere große Aufgabe im Hinblick auf Frieden und Stabilität in der Dritten Welt zu sehen.
    Wenn ich von der Bereitschaft zum Ausgleich und zur Zusammenarbeit mit den Staaten des Warschauer Pakts spreche, so meine ich auch Zusammenarbeit mit der DDR. Ich habe am Anfang gesagt, daß wir uns bewußt sind, daß das deutsch-deutsche Verhältnis von uns nur dann erfolgreich gestaltet



    Bundesminister Genscher
    werden kann, wenn wir es in Zusammenarbeit und im Rahmen des westlichen Bündnisses gestalten. Da wissen wir: Das kann man nicht isoliert losgelöst sehen und tun.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das haben wir immer gesagt!)

    Ich denke, daß die Führung der DDR ernsthaft überdenken sollte, ob nicht auch für sie in dieser Zusammenarbeit die größeren Vorteile liegen. Reisebeschränkungen durch Zwangsumtauscherhöhung verstoßen gegen den Geist des Grundlagenvertrages. Daß gerade diejenigen darunter leiden, deren Einkommen nicht zu den höchsten bei uns gehören, ist eigentlich nur ein Zeichen für die Verkennung der wirklichen Probleme, die die Menschen in Deutschland bedrängen. Die Menschen möchten nämlich unabhängig von ihrem Einkommen, wenn schon die Reise von Ost nach West nicht möglich ist, wenigstens von West nach Ost zu ihren Angehörigen reisen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Verstoß gegen die Geschäftsgrundlagen des Vertrages!)

    Die DDR möge erwägen, ob sie das Verhältnis weiter belasten will oder ob sie nicht einen Beitrag zur Entlastung des deutsch-deutschen Verhältnisses leisten sollte, was auch einen positiven Impuls für die Entwicklung in Europa haben kann und vielleicht auch in den Rahmen der Konferenz passen würde, die jetzt in Madrid stattfindet.
    Da muß man sich auch bewußt sein, daß es nicht zum Wohle der Menschen im geteilten Land weiterführen kann, wenn Forderungen neu aufgestellt werden, deren Nichtdurchführbarkeit sich beim Abschluß des Grundlagenvertrages gezeigt hat. Die Nichtregelung bestimmter Positionen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR ist ja gerade ein Teil des Modus vivendi, den man gefunden hat und auf dem der Grundlagenvertrag überhaupt erst möglich wurde. Daran soll man jetzt nicht rütteln. Das soll man nicht in Frage stellen.
    Da wird mit Recht darauf hingewiesen, daß die Staatsbürgerschaftsforderungen, die vom Osten erhoben werden, gegen das Grundgesetz und gegen das Urteil des Verfassungsgerichts verstoßen. Das ist richtig. Doch ich würde unsere Politik als national nicht verantwortlich empfinden, wenn wir uns in dieser Frage nur auf das Grundgesetz beriefen. Ich denke, daß wir uns im Deutschen Bundestag darüber einig sein sollten, daß man unabhängig davon, ob das Grundgesetz es verbietet oder es durch Nichterwähnung zulassen würde, auf gar keinen Fall bereit sein werden, durch Gesetz der Bundesrepublik Deutschland unsere deutschen Mitbürger in der DDR zu Ausländern zu machen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Das würde hier wie dort und nirgends in der Welt verstanden werden.
    Die geschichtliche Entwicklung geht auf Selbstbestimmung der Völker, geht nicht auf Trennung. Die geschichtliche Entwicklung geht auf Überwindung des Trennenden. Deshalb ist unsere Politik des Willens zur Zusammenarbeit und des Interessenausgleichs wahrlich nicht eine Politik des Alles oder Nichts. Deshalb ist unsere Politik des Willens zur Zusammenarbeit und des Interessenausgleichs eine Politik, die diesem geschichtlichen Grundtrend entspricht, den wir durch diese Politik mitbestimmen, sie ist ein Ausdruck dieses geschichtlichen Grundtrends. Wir handeln bei dieser Politik nicht nur in der Verantwortung vor unserem Volke, sondern auch in der Verantwortung vor den Völkern Europas und dem Frieden Europas.
    Denn das ist wohl richtig, was der Bundeskanzler gesagt hat, hier in Übereinstimmung mit dem, was der Staatsratsvorsitzende Honecker sagte: daß es eine geschichtliche Verantwortung der Deutschen gibt, daß von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgeht. Nur, denke ich, muß diese geschichtliche Verantwortung noch mehr bedeuten: daß von deutschem Boden auch nicht zusätzliche Spannungen für die Welt ausgehen sollten.
    In diesem Willen zum Frieden, in diesem Willen zum Interessenausgleich, in diesem Willen zur Zusammenarbeit wollen wir hier in der Bundesrepublik Deutschland fortfahren. Er ist breit getragen in unserem Lande. Ich hoffe, daß wir in diesem Willen auch in konkreten Fragen immer mehr Übereinstimmung finden können. Herr Kollege Kohl hat das bei der Debatte über die Regierungserklärung angeboten. In diesem Willen zum Interessenausgleich, zur Friedenssicherung, zur Rüstungskontrolle und Abrüstung, aber auch in dem Willen, den Frieden in Freiheit zu bewahren, in diesem Willen ist unsere Außenpolitik berechenbar. In diesem Willen muß sie berechenbar sein. Das ist der beste Beitrag, den wir zum Frieden in der Welt leisten können. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)