Rede von
Dr.
Manfred
Vohrer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Da noch einige Nichtentwicklungspolitiker im Saal sind, möchte ich die damit belohnen, daß ich möglichst wenige Kürzel verwende. Da die Fakten von meinen beiden Vorrednern sehr detailliert geschildert wurden, möchte ich mich darauf beschränken, hier einige kritische Punkte zu beleuchten.
In diesem Sinne sehe ich die Frage, inwieweit der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Abkommen über die Afrikanische Entwicklungs-
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bank den entwicklungspolitischen Zielen entspricht. Da läßt sich eindeutig aufzeigen, daß sich in Afrika die größte Zahl der ärmsten Länder dieser Welt befindet. Deshalb ist es richtig, hier auch einen Schwerpunkt in bezug auf die Beteiligungen an Entwicklungsbanken zu legen und aus diesem Grunde diesem Abkommen beizutreten.
Zum zweiten hat sich die Koalition vorgenommen, den Anteil der multinationalen Entwicklungshilfe zu erhöhen. Wir sind jetzt bei einer Größenordnung von 25 % angelangt. Ich glaube, daß der Beitritt — das Volumen des Bankanteils beträgt immerhin über 400 Millionen DM — diesen Anteil der multinationalen Entwicklungshilfe mit erhöhen wird und insofern einen Schritt in die richtige Richtung darstellt.
Aber der eigentliche Schwerpunkt der Überlegungen liegt sicher — wie Herr Köhler angedeutet hat — in dem Spannungsverhältnis zwischen der Afrikanischen Entwicklungsbank, also einer Regionalbank, und der Weltbank. Hier wird sich zeigen, ob die Afrikanische Entwicklungsbank ihr eigentliches Gewicht in Afrika entfalten kann oder ob weiterhin die Weltbank dominiert. Wenn man sich die Ausleihevolumina ansieht, dann ist sicherlich der jetzige Beitrag der Afrikanischen Entwicklungsbank bescheiden. Aber die Öffnung für die Länder, die nicht der Region angehören, bringt wahrscheinlich die notwendige Möglichkeit, am internationalen Kapitalmarkt stärker auftreten zu können, die Bonität zu verbessern und das Volumen der Geschäftstätigkeit in dem Maße auszudehnen, wie dies für den Zweck notwendig ist. Eines bleibt zu hoffen: daß die Qualität der Projekte, die gefördert werden, der derer entspricht, die die Weltbank bisher gefördert hat.
Es wird notwendig sein, daß sich die Afrikanische Entwicklungsbank personell verstärkt und die geographische Nähe, die sie mit ihrem Sitz in Abidjan und mit der einen Zweigstelle in Nairobi hat, sinnvoll nutzt. Wer allerdings sieht, wie schlecht im Moment die Verkehrsverbindungen in Afrika sind — einige der Kollegenwaren in Arusha dabei, wo wir mit Afrikanern zusammensaßen, die oftmals, um von der Westküste zur Ostküste zu gelangen, über Paris oder London geflogen sind —, dem wird bewußt, daß bei der jetzigen Infrastruktur der Bank die geographische Nähe noch nicht als entscheidender Vorteil gegenüber der Weltbank gesehen werden kann. Aber Art. 39 sieht immerhin vor, daß weitere Zweigstellen an anderen Orten errichtet werden können. Ich halte es für notwendig, daß man diese geographische Nähe auch zum Ausdruck bringt, indem eine gewisse Infrastruktur der Bank geschaffen wird, die diesen Vorteil auch wirksam werden läßt. Im Moment ist es eher so, daß die Weltbank von sich behaupten kann, daß sie durch ihre regionalen Niederlassungen einen größeren Kontakt, eine größere Nähe zur Abwicklung ihrer Geschäfte hat, als dies für die Afrikanische Entwicklungsbank gilt.
Die zweite Überlegung, die ja bei der UNCTAD-Vorbereitungskonferenz vor wenigen Tagen in Bonn von dem Generalsekretär vorgetragen wurde, ist der Wunsch, daß man zukünftig gerade in den ärmsten Ländern weg von der Projektförderung und hin
zur Programmförderung kommen will. Auch hier wäre es möglich, daß Regionalbanken mit den Entwicklungsprogrammen der Länder enger vertraut wären, aber es wird auch hier entscheidend darauf ankommen, daß die Bank personell so gut ausgestattet ist, daß sie eng mit den Empfängerländern zusammenarbeiten kann. Wenn es gelingen würde, zur Programmförderung über die Regionalbanken mit einer stärkeren Beachtung der Nebenwirkungen der Entwicklungsprojekte im sozialen, im kulturellen und im ökologischen Bereich zu kommen, dann wäre in der Tat die Zielrichtung einer Programmförderung für die ärmsten Länder über die Regionalbanken effizienter erreichbar, als dies mit der Weltbank im Moment der Fall ist.
Immerhin kommt noch eines dazu: Man hat ja die Regionalbanken aus einer gewissen Skepsis gegenüber der Weltbank geschaffen, wobei ursprünglich in ganz starkem Maße die USA das Sagen hatten. Vielleicht führt es dazu, daß auf Grund der Mehrheitsverhältnisse in den Entscheidungsgremien der Bank ein größeres Vertrauen der Länder zu der Regionalbank aufkommt und daß die Zusammenarbeit innerhalb der Region, also zwischen den afrikanischen Staaten, durch die Afrikanische Entwicklungsbank gefördert wird.
Ein Punkt, auf den wir hier hinweisen sollten, erscheint mir sehr wichtig zu sein. Immer wieder werden wir als Entwicklungspolitiker darauf angesprochen, warum wir auf Lieferbindungen unserer Entwicklungshilfe verzichten. Wenn wir Beiträge zu internationalen Gremien — hier: zu multinationalen Institutionen — leisten, so können wir immerhin darauf hinweisen, daß bislang der Rückfluß, der zur Beschäftigung im Inland geführt hat, größer war als unser Kapitalanteil. Das sollte hier gerade angesichts der jetzigen konjunkturellen Situation nicht ganz verschwiegen werden. Wenn man dann noch sieht, daß neben der öffentlichen Entwicklungshilfe verstärkt auch die Möglichkeit besteht, auf dem deutschen Kapitalmarkt einen Beitrag zur Finanzierung der Bank zu leisten, dann kann man davon ausgehen, daß hier die öffentliche Entwicklungshilfe durch die Aufnahme oder Erweiterung der Kreditmöglichkeiten der Bank doch zu einem erheblichen Multiplikator führt und damit auch positive Beschäftigungswirkungen im Inland zeigen wird.
Ich sehe neben der Bank den Fonds als entscheidendes Instrument der Entwicklungshilfe an. Da die Fonds-Bedingungen denen der Weltbank-Tochter IDA entsprechen — nämlich Zinssatz von 0 %, Laufzeit 50 Jahre bei 10 tilgungsfreien Jahren —, wird ganz deutlich, daß hier neben der eigentlichen Finanzierungsaufgabe auch in starkem Maße ein Instrument der Entwicklungshilfe geschaffen wurde.
Wir gehen deshalb — übrigens genau mit der gleichen Zielrichtung wie die Opposition und der Bundesrat — mit einer positiven Haltung zu dem Beitritt der Bundesregierung in die weiteren Beratungen. Wir würden uns freuen, wenn wir durch zügige Beratung in den Ausschüssen dazu beitragen könnten, daß der Beitritt der Bundesregierung zu der Afrika-
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nischen Entwicklungsbank bald vonstatten gehen kann. — Danke schön.