Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf darf ich namens der CDU/CSU-Fraktion erklären, daß wir bereit sind, zu diesem Vorhaben positiv Stellung zu nehmen. Dabei leiten uns zuvörderst zwei Überlegungen:
Erstens ist die Afrikanische Entwicklungsbank, um die es hier geht, in dem Kontinent tätig, in dem die größte Anzahl der am wenigsten entwickelten Länder beheimatet ist, also, wenn ich so sagen darf, in dem ärmsten Kontinent, der unserer entwicklungspolitischen Hilfe und Zusammenarbeit in besonderem Maße bedarf. Zum anderen ist unsere positive Haltung von daher begründet, daß es in diesem Institut zu einer konkreten und unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungsländern und den Industrieländern kommt, was wir für überaus begrüßenswert halten.
Die Notwendigkeit der verstärkten Hilfe und Zusammenarbeit im afrikanischen Kontinent wird im Jahresbericht der Afrikanischen Entwicklungsbank für 1979 in besonders nachdrücklicher Weise beschrieben. Sie erlauben, daß ich Ihnen das kurz vor Augen führe: Die Lage der meisten afrikanischen Staaten wird nach Kenntnis der Bank gekennzeichnet durch stagnierende, vielfach zurückgehende Industrieproduktion, durch den Niedergang des Bergbausektors und des Transportwesens, durch eine weithin dramatisch verschlechterte Zahlungsbilanzsituation, erhöhte Verschuldung, Einengung des finanziellen Spielraums zur Durchführung von Ent-
wicklungsprogrammen und auch durch die Gefährdung der Nahrungsmittelversorgung.
Natürlich heben sich von diesem allgemein negativen Bild die öl- und gasproduzierenden Staaten Nigeria, Algerien und Libyen ab. Es läßt sich auch nicht übersehen, daß die Länder Tunesien, Kenia, Elfenbeinküste, Malawi, Kamerun und Niger wenigstens in Teilbereichen positive Entwicklungen zu verzeichnen haben. Trotzdem bleibt das erschrekkende Gesamtbild bestehen.
Der Bericht der Bank stellt vor diesem Hintergrund und der kritischen wirtschaftlichen Lage der meisten afrikanischen Länder die gegenwärtigen Entwicklungshilfeleistungen als unzureichend heraus. Ich erlaube mir, besonders darauf hinzuweisen, daß in diesem Zusammenhang festgestellt werden muß, daß die bilaterale und die multilaterale Entwicklungsfinanzierung durch die OPEC-Staaten zwischen 1975 und 1978 einen Rückgang um beinahe 50 % erlebt hat. Diese Tendenz hat auch 1979 noch angehalten.
Aus der geschilderten Situation wird in dem Bericht eine erhöhte Bedeutung und eine gesteigerte Verantwortung der Bankengruppe für die Entwicklung Afrikas abgeleitet. Es gibt für die Tätigkeit der Bank eine Reihe vordringlicher Notwendigkeiten, die identifiziert worden sind, nämlich die Notwendigkeit größerer Flexibilität bei der Festlegung der Darlehenskonditionen, vermehrte Mischfinanzierung herbeizuführen, großzügigere Finanzierung von Landeswährungskosten zu übernehmen, für einen schnelleren Mittelabfluß Sorge zu tragen, eine verbesserte Abstimmung mit bilateralen und multilateralen Gebern herbeizuführen, den Agrarsektor verstärkt zu fördern und technische Hilfe in höherem Maße einzusetzen. Ich denke, dem kann man tendenziell eigentlich nur zustimmen.
Mit dem Beitritt zur Afrikanischen Entwicklungsbank betonen wir unser Interesse an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der afrikanischen Staaten. Ich denke, daß unsere wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den einzelnen Ländern der Region, aber auch zu der Region Afrika als Ganzer damit gestärkt werden. Damit kommt diesem Beitritt politische und wirtschaftliche Bedeutung von einigem Rang zu.
Schließlich geht es auch um nicht ganz unerhebliche Summen. Im Gesetzentwurf sind die Kosten so beziffert, daß in fünf gleichen Jahresraten — wahrscheinlich ab 1981 — als einzahlbares Grundkapital rund 106 Millionen DM von der Bundesrepublik zur Verfügung gestellt werden müssen und daß zur Absicherung von Kreditaufnahmen Haftungskapital in Höhe von rund 318 Millionen DM gezeichnet werden muß. Bisher sind die Erfahrungen, was das Haftungskapital solcher Banken angeht, durchaus positiv. Hoffen wir, daß das auch hier so sein wird!
Die Beteiligung, sagte ich, der Bundesrepublik Deutschland an der Afrikanischen Entwicklungsbank verstärkt unsere bilaterale entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas, aber auch die von uns mitgetragenen Maßnahmen anderer internationaler Organisationen. Ich erin-
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nere an den Europäischen Entwicklungsfonds, die Europäische Investitionsbank, die Weltbank und zugehörige weitere Fonds.
Mit diesem Beitritt wird die deutsche Mitgliedschaft am Afrikanischen Entwicklungsfond ergänzt, dem die Bundesrepublik seit 1973 als Gründungsmitglied angehört und zu dem sie bisher Beiträge nach dem Stand des Vorjahres in Höhe von knapp 130 Millionen Dollar geleistet hat. Das uns hier vorliegende Übereinkommen entspricht in seinen wesentlichen Elementen weitgehend dem bewährten Weltbankabkommen. Um den afrikanischen Charakter der Bank zu erhalten, bleiben zwei Drittel der Anteile am Stammkapital in den• Händen afrikanischer Staaten; auf alle nicht regionalen Mitglieder entfallen ein Drittel der Anteile des Stammkapitals.
Die Entwicklung der Afrikanischen Entwicklungsbank, die bis Ende .1978 768 Millionen US-Dollar ausgeliehen hatte, war bisher durch die Beschränkung der Mitgliedschaft auf die afrikanischen Staaten und damit durch begrenzte Finanzkraft gekennzeichnet. Die im Vergleich zu den anderen regionalen Entwicklungsbanken, der Asiatischen und der Interamerikanischen Entwicklungsbank, geringe Kapitalausstattung ließ eine volle Entfaltung der Geschäftsmöglichkeiten bisher offenbar nicht zu. Trotzdem hat sich die Afrikanische Entwicklungsbank einen durchaus achtbaren Ruf erwerben können, vor allem auch auf Grund ihrer großen Vertrautheit mit den regionalen Verhältnissen.
An dieser Stelle kann man natürlich zu der Frage kommen, inwieweit eine Bank dieser Art und überhaupt die regionalen Entwicklungsbanken in einem Konkurrenzverhältnis zur Weltbank stehen oder in ein solches geraten können. Tatsächlich ist dies hier und da durchaus der Fall. Ich möchte schon an dieser Stelle der Bundesregierung nahelegen, ihre Einflußposition in den Aufsichtsgremien sowohl der Weltbank als auch der regionalen Entwicklungsbank noch stärker als bisher zu nutzen, um ungute und unnütze Konkurrenzsituationen und Überschneidungen zu vermeiden. Ich fände es ausgesprochen gut, wenn die Bundesregierung über die Richtlinien ihrer Politik auf diesem Gebiet und den Effekt, den sie dabei erzielt, dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit häufiger als bisher Bericht erstatten könnte.
Im übrigen meine ich aber, daß eine solche konkurrierende Situation nicht das Schlechteste ist. Wir wissen auch sehr wohl, daß die Weltbankgruppe durchaus Schwierigkeiten hat, im afrikanischen Kontinent ausreichend gut fundierte Projekte zu finden, so daß sie nicht selten — dann in einer gewissen Konkurrenzsituation zur Interamerikanischen Entwicklungsbank — auf den lateinamerikanischen Subkontinent ausweicht, wo sich offenbar leichter, wenn ich so sagen darf, Umsatz machen läßt. Gerade in diesem Zusammenhang denke ich, daß uns die Verstärkung der Wirkungsmöglichkeiten der Afrikanischen Entwicklungsbank näher an dringend notwendige Projekte in Afrika heranführen könnte,
die trotz manchen guten Willens der Weltbank bisher nicht erreicht werden konnten.
Uns ist sehr wohl bekannt, daß die Afrikanische Entwicklungsbank auch zeitweise unter durchaus ernst zu nehmenden Managementproblemen gelitten hat. Ich hoffe sehr, daß dieser Sektor das besondere Interesse der Bundesregierung findet und daß man alles tut, um solchen Schwächen abzuhelfen.
Für die Eröffnung der Bank ist eine Ratifizierung durch so viele afrikanische Länder notwendig, daß durch diese mindestens 75% der Stimmenanteile aufgebracht werden. Soweit mir bekannt ist, ist nach dem jetzigen Ratifizierungsstand diese Quote noch nicht erreicht. Nach der Ratifikation durch Liberia, Madagaskar und Simbabwe, liegt man — wenn ich recht informiert bin — im Moment bei 37 Staaten und einem Anteil von knapp 63%.
Wir bitten die Bundesregierung, auf diplomatischem Wege nachdrücklich ihren Einfluß geltend zu machen, daß der Ratifizierungsprozeß bei den afrikanischen Staaten beschleunigt wird. Denn angesichts der Schilderung der Gesamtsituation in Afrika, die ich anfangs gab, kann man doch wohl nur sagen, daß jeder Monat, den diese Bank in ihrer neuen Ausstattung eher zur Wirkung kommen kann, von größtem Wert und größter Bedeutung ist. Mir scheint, Einwirkungsmöglichkeiten könnten besonders gegenüber Nigeria und Algerien bestehen; für Libyen wage ich das nicht in gleicher Weise anzunehmen, überlasse das aber gern dem Urteil der zuständigen Stellen der Regierung.
Die Geschäftstätigkeit der Bankengruppe, die da „Afrikanische Entwicklungsbank" heißt, insgesamt ist trotz mancher Einschränkung, die ich gemacht habe, durchaus beachtlich. 1979 hat die Gruppe 520 Millionen Dollar ausgeliehen, und der Zuwachs des Kreditvolumens im Vergleich zum Jahre 1978 lag immerhin bei 22,8 %. 53 % dieser genannten Summen waren Ausleihen der Bank, 43 % Ausleihen des Afrikanischen Entwicklungsfonds, und der Rest entfiel auf den Nigeria Trust Funds, der j a auch zu dieser Gruppe gehört. Zum Größenvergleich darf ich aber anmerken, daß diese Gruppierung damit 1979 nur etwa ein Viertel des Zusagevolumens der Interamerikanischen Entwicklungsbank und nur etwa 40 % des Volumens der Asiatischen Entwicklungsbank hat leisten können.
In einer Reihe von Fällen hat sich die Bankengruppe an Kofinanzierungen, vor allem mit arabischen Fonds und der Weltbank, beteiligt. Ich halte das im Prinzip für begrüßenswert, genauso wie ich den zunehmenden Anteil der Finanzierung von Projekten im ländlichen Raum bei der Bankengruppe für begrüßenswert halte, ebenso den verstärkten Einsatz technischer Hilfe.
Der Agrarsektor erhielt im Jahre 1979 immerhin 41,5 % aller zugesagten Kredite. Drei Jahre vorher waren es nur wenig mehr als 18 %. Das scheint mir tendenziell richtig zu sein. Dieser Anteil ist auch kontinuierlich gestiegen.
Die Bundesregierung wird, wie wir wissen, im Einverständnis mit der Afrikanischen Entwicklungsbank bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunden in
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einem Briefwechsel eine Reihe von Vorbehalten, vor allem in steuerlicher Hinsicht, machen, die als berechtigt erscheinen.
Dies alles werden wir im Detail im Ausschuß sorgfältig prüfen. Dabei darf ich für meine Fraktion die konstruktive Zusammenarbeit zusagen, die der Sache angemessen ist.
Entsprechend der Zielsetzung der Afrikanischen Entwicklungsbank ist auch in Zukunft mit Aufstokkungen des Stammkapitals zu rechnen. Allerdings ist die Bundesregierung nach Art. 6 des Übereinkommens nicht verpflichtet, sich an den Aufstockungen zu beteiligen. Damit ergibt sich für uns ein gewisser Handlungsspielraum, wobei ich meine, daß wir bei Bewährung und weiterem Erfolg dieser Bank unser Interesse und unsere Aufgeschlossenheit nicht versagen sollten.
Im Namen meiner Fraktion stimme ich dem Überweisungsvorschlag zu. — Ich bedanke mich.