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ID0900100700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/1 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 1. Sitzung Bonn, Dienstag, den 4. November 1980 Inhalt: Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten Wehner 1 A Weitergeltung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der am 1. Oktober 1980 in Kraft getretenen Fassung mit den sie ergänzenden Beschlüssen und Vereinbarungen, der Geschäftsordnungen für den Vermittlungsausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes, für den Gemeinsamen Ausschuß nach Art. 53 a des Grundgesetzes und für das verkürzte Gesetzgebungsverfahren nach Art. 115 d des Grundgesetzes sowie der Beschlüsse betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages vom 16. März 1973 1 A Bestellung vorläufiger Schriftführer . . . 1 B Ansprache des Alterspräsidenten 1 B Wahl des Präsidenten verbunden mit Namensaufruf und Feststellung der Beschlußfähigkeit Dr. Kohl CDU/CSU 5 A Wehner, Alterspräsident 5 B, C Amtsübernahme und Ansprache des Präsidenten Stücklen 5 D, 6 A Wahl der Stellvertreter des Präsidenten Präsident Stücklen 8 B Frau Renger SPD 8 C Leber SPD 8 C Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 8 C Wurbs FDP 8 D Nächste Sitzung 8 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 9*A Anlage 2 Alphabetisches Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundestagspräsidenten teilgenommen haben 9* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 1. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. November 1980 1 1. Sitzung Bonn, den 4. November 1980 Beginn: 11.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 1. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. November 1980 9* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Barzel Frau Hoffmann (Hoya) 6. 11. Frau Hürland Dr. Ritz 6. 11. 6. 11. 4. 11. Anlage 2 Alphabetisches Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Bundestagspräsidenten teilgenommen haben Dr. Abelein Frau Dr. Adam-Schwaetzer Dr. van Aerssen Dr. Ahrens Dr. Althammer Amling Amrehn Antretter Dr. Apel Dr. Arnold Auch Baack Bahner Bahr Dr. Bardens Baum Bayha 3) Becker (Nienberge) Beckmann Frau Benedix-Engler Frau Berger (Berlin) Bergerowski Bernrath Berschkeit Biehle Biermann Bindig Dr. Blüm Böhm (Melsungen) Dr. Böhme (Freiburg) Börnsen Dr. Bötsch Bohl Borchert Brandt Brandt (Grolsheim) Braun Frau von Braun-Stützer Bredehorn Breuer Broll Brück Dr. Brunner Brunner Büchler (Hof) Büchner (Speyer) Bühler (Bruchsal) Dr. von Bülow Dr. Bugl Burger Buschfort Carstens (Emstek) Catenhusen Clemens Collet Conrad (Riegelsberg) Conradi Coppik Dr. Corterier Cronenberg Curdt Dr. Czaja Frau Dr. Däubler-Gmelin Dallmeyer Daubertshäuser Daweke Deres Dr. Diederich (Berlin) Diepgen Dörflinger Dr. von Dohnanyi Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreßler Dr. Dübber Duve Echternach Egert Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Eigen Eimer (Fürth) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engelhard Engelsberger Engholm Erhard (Bad Schwalbach) Ertl Esters Ewen Dr. Faltlhauser Feile Feinendegen Fellner Fiebig Frau Fischer Fischer (Hamburg) Fischer (Homburg) Fischer (Osthofen) Francke (Hamburg) Franke Franke (Hannover) Dr. Friedmann Frau Fromm Frau Fuchs Funke Gärtner Gallus Gansel Ganz (St. Wendel) Gattermann Frau Geier Frau Geiger Dr. Geißler Dr. von Geldern Anlagen zum Stenographischen Bericht Genscher Dr. George Gerlach (Obernau) Gerstein Gerster (Mainz) Gerstl (Passau) Dr. Geßner Gilges Ginnuttis Glos Gnädinger Gobrecht Dr. Götz Grobecker Grüner Grunenberg Günther Dr. Haack Haar Haase (Fürth) Haase (Kassel) Dr. Hackel Dr. Häfele Haehser Frau Dr. Hamm-Brücher Handlos Hansen Hanz (Dahlen) Frau Dr. Hartenstein Hartmann Hauck Dr. Hauff Hauser (Bonn- Bad Godesberg) Hauser (Krefeld) Dr. Haussmann Heistermann Frau Dr. Hellwig Helmrich Dr. Hennig Herberholz Herkenrath Herterich von der Heydt Freiherr von Massenbach Heyenn Hinsken Dr. Hirsch Höffkes Hölscher Höpfinger Hoffie Hoffmann (Saarbrücken) Hofmann (Kronach) Holsteg Dr. Holtz Hoppe Horn Dr. Hornhues Horstmeier Frau Huber Dr. Hubrig Dr. Hüsch Huonker Dr. Hupka Graf Huyn Ibrügger Immer (Altenkirchen) Jäger (Wangen) Jagoda Jahn (Marburg) Dr. Jahn (Münster) Jansen Jaunich Dr. Jenninger Dr. Jens Dr. Jentsch (Wiesbaden) Dr. Jobst Jung (Kandel) Jung (Lörrach) Junghans Jungmann Kalisch Dr. Kansy Frau Karwatzki Keller Kiechle Kiehm Kiep Kirschner Kittelmann Klein (Dieburg) Dr. Klein (Göttingen) Klein (München) Kleinert Dr. Klejdzinski Dr. Köhler (Duisburg) Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster Dr. Kohl Kolb Kolbow Korber • Kraus Dr. Kreile Kretkowski Dr. Kreutzmann Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kübler Kühbacher Kuhlwein Kunz (Berlin) Dr. Kunz (Weiden) Dr.-Ing. Laermann Lambinus Dr. Graf Lambsdorff Lamers Dr. Lammert Lampersbach Landré Dr. Langner Dr. Laufs Leber Lemmrich Lennartz Dr. Lenz (Bergstraße) Lenzer Leonhart Frau Dr. Lepsius Leuschner Liedtke Dr. Linde Link Linsmeier Lintner Löffler Löher Lorenz Louven Lowack Lutz Frau Luuk Maaß Männing Magin Mahne Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Dr. Marx Frau Matthäus-Maier Matthöfer Meinike (Oberhausen) Meininghaus Menzel Merker Dr. Mertens (Bottrop) Dr. Mertes (Gerolstein) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Michels Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Mischnick 10* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 1. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 4. November 1980 Dr. Mitzscherling Möhring Möllemann Dr. Möller Dr. Müller Müller (Bayreuth) Müller (Remscheid) Müller (Schweinfurt) Müller (Wadern) Müller (Wesseling) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Dr. Narjes Nehm Nelle Neuhaus Neuhausen Neumann (Bramsche) Neumann (Stelle) Frau Dr. Neumeister Niegel Dr. Nöbel Frau Noth Offergeld Dr. Olderog Oostergetelo Dr. Osswald Frau Pack Paintner Paterna Pauli Pawelczyk Dr. Penner Pensky Peter (Kassel) Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Dr. Pohlmeier Polkehn Popp Porzner Poß Prangenberg Dr. Probst Purps Rainer Rapp (Göppingen) Rappe (Hildesheim) Rawe Rayer Reddemann Regenspurger Frau Renger Rentrop Repnik Reschke Reuschenbach Reuter Dr. Riedl (München) Dr. Riemer Dr. Riesenhuber Röhner Rösch Rohde Frau Roitzsch Ronneburger Dr. Rose Rosenthal Rossmanith Roth Rühe Ruf Dr. Rumpf Sander Sauer (Salzgitter) Sauer (Stuttgart) Sauter (Epfendorf) Sauter (Ichenhausen) Dr. Schachtschabel Schäfer (Mainz) Schäfer (Offenburg) Schätz Dr. Schäuble Schartz (Trier) Dr. Scheer Schirmer Schlaga Schlatter Frau Schlei Schluckebier Frau Schmedt (Lengerich) Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg) Schmidt (Kempten) Schmidt (München) Frau Schmidt (Nürnberg) Schmidt (Wattenscheid) Schmidt (Würgendorf) Schmitt (Wiesbaden) Schmitz (Baesweiler) Schmöle Dr. Schmude Dr. Schneider Dr. Schöfberger von Schoeler Freiherr von Schorlemer Schreiber (Solingen) Schreiner Dr. Schroeder (Freiburg) Schröder (Hannover) Schröder (Lüneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Schröer (Mülheim) Frau Schuchardt Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) Schulte (Unna) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwenk (Stade) Dr. Schwörer Seehofer Seiters Sick Sielaff Sieler Frau Simonis Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell Dr. Solms Dr. Sperling Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spilker Dr. Spöri Spranger Dr. Sprung Stahl (Kempen) Dr. Stark (Nürtingen) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Steger Steiner Frau Steinhauer Dr. Stercken Stiegler Stockleben Stöckl Straßmeir Dr. Struck Stücklen Stutzer Susset Frau Terborg Thüsing Tietjen Tillmann Frau Dr. Timm Timm Dr. Todenhöfer Topmann Frau Traupe Ueberhorst Dr. Unland Urbaniak Frau Verhülsdonk Vogel (Ennepetal) Dr. Vogel (München) Vogelsang Vogt (Duren) Dr. Vohrer Voigt (Frankfurt) Volmer Vosen Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Graf von Waldburg-Zeil Waltemathe Walther Dr. Warnke Wartenberg Dr. von Wartenberg Wehner Weinhofer Weirich Weiskirch (Olpe) Weiß Weisskirchen (Wiesloch) Dr. von Weizsäcker Dr. Wendig Werner Dr. Wernitz Westphal Frau Dr. Wex Frau Weyel Wieczorek Dr. Wieczorek Wiefel von der Wiesche Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer (Eggenfelden) Wimmer (Neuötting) Wimmer (Neuss) Windelen Wischnewski Frau Dr. Wisniewski Wissmann Witek Dr. de With Dr. Wittmann Dr. Wörner Wolfgramm (Göttingen) Wolfram (Recklinghausen) Baron von Wrangel Wrede Würtz Würzbach Dr. Wulff Wurbs Wuttke Zander Zeitler Zierer Dr. Zimmermann Zink Dr. Zumpfort Frau Zutt Zywietz
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben mich soeben erneut zum Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Ich danke Ihnen für das mir damit ausgesprochene Vertrauen. Ich sehe in der Wiederwahl eine Bestätigung meines Bemühens, dieses Amt gerecht und unparteiisch auszuüben. Dies wird auch in der 9. Wahlperiode mein Bestreben sein. Ich bitte Sie alle um vertrauensvolle Zusammenarbeit und Mitarbeit.
    Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Herr Professor Karl Carstens, Platz genommen. Ich sehe darin ein Zeichen der Wertschätzung und der Achtung vor dem frei gewählten Parlament der Bundesrepublik Deutschland. Ich begrüße ihn sehr herzlich.

    (Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

    Erlauben Sie mir nun zunächst ein Wort des Dankes an Sie, sehr geehrter Herr Kollege Wehner, für die Konstituierung dieses 9. Deutschen Bundestages und die Durchführung des Wahlaktes.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ich bedanke mich auch für die Glückwünsche, die Sie mir zu dieser Wahl entgegengebracht haben.
    Seit vielen Jahren wirken Sie an der Spitze Ihrer Fraktion und nehmen mit beispielhafter parlamentarischer Pflichtauffassung an der Arbeit des Plenums teil.

    (Erneuter Beifall bei allen Fraktionen)

    Wie der Beifall des Hauses zeigt, sind Ihre Worte, die Sie als Alterspräsident soeben zur Eröffnung unserer Sitzung an uns gerichtet haben, mit großer Aufmerksamkeit und mit großer Zustimmung aufgenommen worden.
    Wenn ich heute von meinem Platze aus in die Runde sehe, sehe ich viele altvertraute Mitglieder des Hauses und sehe auch eine große Zahl von Mitgliedern, die zum erstenmal ihren Sitz im Deutschen Bundestag eingenommen haben. Sie alle, die alten und die neuen Abgeordneten, heiße ich recht herzlich willkommen. Ich wünsche Ihnen allen ein gutes Beginnen!
    Einen besonderen Willkommensgruß richte ich an unsere vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählten Kolleginnen und Kollegen. Ich verbinde damit meine Grüße an alle Bürgerinnen und Bürger Berlins.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Sie werden von den jüngsten Maßnahmen der DDR-Regierung, die durch finanzielle Auflagen die Pflege der menschlichen Bande und Kontakte zwischen hüben und drüben so unerträglich erschweren, in besonderem Maße betroffen. Deshalb möchte ich diese Stunde erneut zum Anlaß nehmen, unsere enge Verbundenheit mit dieser Stadt und ihren Bürgern zum Ausdruck zu bringen und unsere Solidarität mit allen Deutschen zu bekunden.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Lassen Sie mich nun einige Punkte ansprechen, die mir für unsere künftige Arbeit hier im Hause besonders am Herzen liegen.
    Der erste Punkt betrifft die Frage, wie wir unser Verhältnis zueinander in unserer täglichen parlamentarischen Arbeit gestalten wollen. Der Wahl zum 9. Deutschen Bundestag gingen Wochen harter Auseinandersetzungen voraus. Dabei ist auch manches verletzende Wort gesprochen und geschrieben worden. Es ist eine Atmosphäre entstanden, die unsere parlamentarische Arbeit und den menschlichen Umgang untereinander während der ganzen 9. Wahlperiode belasten könnte, wenn sie nicht bereinigt würde. Es ist meine Auffassung, daß es auch zu den Aufgaben des Parlamentspräsidenten gehört, einen Beitrag zur Versachlichung der parlamentarischen Auseinandersetzung zu leisten. Deshalb erlaube ich mir, um konkret zu werden, dazu die folgende Feststellung. Es gibt in diesem Hause keine Fraktion und keine Partei, die bereit war und bereit wäre, Vollstrecker der Politik einer ausländischen Macht zu sein oder einer ausländischen Macht hörig zu sein.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Ebenso gibt es unter den Fraktionen oder Parteien dieses Hauses und deren führenden Persönlichkeiten keine, die nicht friedenswillig und friedensfähig wäre.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Wenn das ganze Haus mit dieser Feststellung übereinstimmen könnte, wäre der entscheidende Schlußstrich unter den Wahlkampf gezogen und die Grundlage für eine konstruktive, natürlich auch kritische Zusammenarbeit geschaffen.
    Auch aus der Verantwortung gegenüber dem Staatsbürger, insbesondere dem jungen Staatsbürger, müssen diese Beschuldigungen aus der Welt geschafft werden.
    Lassen Sie mich ergänzend einen Satz aus meinem Wahlaufruf am Vorabend der Bundestagswahl wiederholen. Ich habe darin gesagt:
    Sicher ist die Politik eine ernste Angelegenheit. Sie muß auch ernsthaft betrieben werden; aber nirgends steht geschrieben, daß die politische Auseinandersetzung mit tierischem Ernst geführt werden muß. Mehr Menschlichkeit und auch ein Schuß Humor ist für uns alle dringend vonnöten.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Wir stehen am Anfang einer neuen Wahlperiode, in der diesem Parlament schwerwiegende Entscheidungen für die Sicherung der Zukunft unseres Volkes und zur Erhaltung des Friedens in Freiheit abverlangt werden. Alle Mitbürgerinnen und Mitbürger erwarten, daß sich der Deutsche Bundestag die-



    Präsident Stücklen
    ser Verantwortung fähig und würdig erweist. Dazu gehört natürlich, daß die unterschiedlichen Auffassungen mit Klarheit und auch mit Leidenschaft vertreten werden. Die Konfrontation, die Gegenüberstellung abweichender Meinungen, ist in einer parlamentarischen Demokratie unverzichtbar. Doch ebenso gehört auch die Achtung vor der Meinung des anderen zu den Tugenden, die es verdienen, gepflegt und erhalten zu werden. Es ist eine alte Lebenserfahrung, daß der eine nicht immer recht und der andere nicht immer unrecht hat. Das gilt für die Regierung, für die Koalition und selbstverständlich auch für die Opposition. Wenn wir in unserer parlamentarischen Demokratie nicht die Fähigkeit haben, aufeinander zuzugehen, die Meinung des anderen abzuwägen und zu prüfen, so geben wir ein entscheidendes Stück einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie auf.
    Wer sich noch an die 1. und 2. Wahlperiode erinnern kann, wird mir zustimmen, wenn ich feststelle, daß sie sich u. a. dadurch auszeichneten, daß die Mitglieder des Hauses in dieser Zeit nicht nur in den Ausschüssen, sondern auch noch im Plenum bei zweiten und dritten Lesungen zu Kompromissen bereit waren. Sollte das nicht auch in Zukunft wieder einmal möglich sein? Ich möchte alle Fraktionen des Hauses bitten, diese Überlegungen freundlich und, wenn es geht, positiv zu prüfen.
    Ich möchte dieser Bitte eine Randbemerkung zu unserer Gesetzgebungsarbeit anfügen. Wir alle haben gerade in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, daß das Parlament nicht unbedingt gelobt wird, weil es viele Gesetze verabschiedet hat. Im Gegenteil: Der Staatsbürger würde es als Wohltat empfinden, wenn sich der Bundestag in der Gesetzgebung eine gewisse Zurückhaltung auferlegte.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Aber ganz besonders lebhaft würde es der Staatsbürger begrüßen, wenn die Gesetze in einer Sprache abgefaßt wären, die er auch ohne Hinzuziehung von Spezialisten verstehen würde.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    In dieser Stunde des Wiederbeginns liegt mir daran, auch noch einmal an die Hoffnungen und Erwartungen zu erinnern, die in der Debatte ausgesprochen wurden, als wir kurz vor Ende der 8. Legislaturperiode unsere neue Geschäftsordnung verabschiedeten. In diese Geschäftsordnung sind die Erfahrungen vieler Jahre unseres parlamentarischen Lebens eingegangen. Dabei war eines unserer Hauptziele, die Arbeit im Plenum zu verbessern. Vor allem soll die lebendige Auseinandersetzung gefördert werden. Das ist ein Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn wir alle daran mitarbeiten. Dazu sind in der damaligen Debatte einige konkrete Vorschläge gemacht worden, an die ich erinnern möchte.
    Wir haben gesagt, daß wir mehr Kurzdebatten haben wollen, in denen die kurze, präzise Rede die Regel sein soll. Dabei soll der Dialog zwischen Redner und Vorredner begünstigt werden. Ferner wurde angeregt, häufiger als in der Vergangenheit Aktuelle Stunden anzusetzen, in denen es um aktuelle Fragen und Probleme geht, zu denen die Arbeitskreise
    und Ausschüsse noch keine Stellungnahmen und Vorlagen erarbeitet haben. Daran knüpft sich auch die Hoffnung, daß die Plenardebatte mehr Ursprünglichkeit und Aktualität gewinnt. Wenn mehr und kürzere Debatten stattfinden, gibt es auch häufiger Gelegenheit, die jüngeren Abgeordneten im Plenum zu Wort kommen zu lassen. Auch das war eine in der Aussprache zum Ausdruck gebrachte Erwartung.
    Das alles sind zunächst nur Hoffnungen, Erwartungen, Anregungen. Doch die neue Geschäftsordnung gibt uns die Möglichkeit, sie in die Tat umzusetzen. Deshalb lassen Sie uns versuchen, unsere parlamentarische Arbeit im Plenum in diesem Sinne zu gestalten.
    Zum Schluß sei mir noch ein Wort zur Verbindung von Parlament und Öffentlichkeit gestattet.
    Der Deutsche Bundestag hat immer großen Wert darauf gelegt, im Bewußtsein der Offentlichkeit präsent zu sein. Parlament und Offentlichkeit gehören zusammen. Deshalb erfüllt es mich auch mit Genugtuung, daß wir hinsichtlich der Freiheit der parlamentarischen Berichterstattung und der Übertragungen unserer Debatten durch Rundfunk und Fernsehen zur Spitzengruppe aller Parlamente in der Welt gehören.
    Es dient der Demokratie, wenn die Bürger Gelegenheit haben, den Verlauf der parlamentarischen Auseinandersetzung unmittelbar zu verfolgen. Wir wissen und müssen es in Kauf nehmen, daß dabei gelegentlich auch ungünstige Eindrücke entstehen. Nicht jeder Zuschauer berücksichtigt beim Anblick eines schwach besetzten Hauses, daß ein großer Teil der parlamentarischen Arbeit außerhalb des Plenums geleistet wird. Deshalb sollte unser aller Bemühen darauf gerichtet sein, dem vorzubeugen und irrigen Vorstellungen von der Arbeit des Parlaments und seiner Mitglieder entgegenzuwirken.
    Alle diejenigen aber, die unsere Arbeit mit kritischer Aufmerksamkeit verfolgen, bitte ich, auch in bezug auf die Parlamentsarbeit zu bedenken, daß die Abgeordneten j a auch nur Menschen sind. Ich habe schon einmal, vor eineinhalb Jahren, auf die zeitliche Belastung hingewiesen, die sich aus den politischen Verpflichtungen hier im Hause, außerhalb des Hauses und im Wahlkreis für uns alle und für unsere Familien ergeben. Besonders von unseren Familien werden große Opfer verlangt. Ich habe die Idee aufgegriffen, einmal im Monat für die Mandatsträger ein zusammenhängendes freies Wochenende einzuführen, das die Mitglieder des Hauses ihren Familien und sich selbst widmen können.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben dazu schriftlich ihre grundsätzliche Zustimmung gegeben. Das Jahr 1981 bietet sich in besonderer Weise zur Verwirklichung dieses Vorschlags an, da es von Bundes- und Landtagswahlen frei ist. Unsere Familien würden uns dies danken, und für uns Abgeordnete wäre es gut, wenn wir wenigstens einmal im Monat dem Bibelwort gerecht würden: „Sechs Tage



    Präsident Stücklen
    sollst du arbeiten, aber am siebten Tage sollst du ruhen."

    (Heiterkeit und Beifall)

    Ich werde mir erlauben, die im Bundestag vertretenen Parteien zu einem Gespräch einzuladen, mit dem Ziel, ein politikfreies Wochenende im Monat herbeizuführen.
    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe hier als Ihr neuer Präsident für die 9. Wahlperiode gesprochen, als eines von drei Mitgliedern, die dem Deutschen Bundestag von der ersten Stunde an angehören. Sollte das eine oder das andere, was ich gesagt habe, wie eine Belehrung geklungen haben, so lag das nicht in meiner Absicht. Vielmehr wollte ich aus meiner Erfahrung und aus meiner Überzeugung heraus sprechen und Ihnen sagen, was mich heute zum Beginn unserer gemeinsamen Arbeit für das Wohl unseres Volkes und der uns anvertrauten parlamentarischen Demokratie bewegt.
    Ich schließe in der Hoffnung, daß wir die Kraft haben, unseren schweren Verpflichtungen gerecht zu werden, daß wir vor Gott, den Menschen und der Geschichte bestehen können. Beginnen wir in diesem Geiste unsere Arbeit! .

    (Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
    Wahl der Stellvertreter des Präsidenten
    Die Fraktionen haben sich dahin gehend verständigt, daß — wie in den vorhergehenden Wahlperioden — vier Stellvertreter des Präsidenten gewählt werden sollen.
    Für die Wahl zum Vizepräsidenten sind die folgenden Wahlvorschläge gemacht worden: von der Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Renger, und der Abgeordnete Leber, von der Fraktion der CDU/CSU der Abgeordnete von Weizsäcker, von der Fraktion der FDP der Abgeordnete Wurbs. Werden darüber hinaus weitere Vorschläge gemacht? — Dies scheint nicht der Fall zu sein.
    Nach § 2 unserer Geschäftsordnung sind auch die Stellvertreter des Präsidenten mit verdeckten Stimmzetteln zu wählen. Interfraktionell ist jedoch verabredet worden, in Abweichung von der Geschäftsordnung über die vier Vorschläge gemeinsam durch Handzeichen abzustimmen. Ist das Haus mit diesem Verfahren einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Damit ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit so beschlossen.
    Wir kommen jetzt zur Wahl. Wer die vier vorgeschlagenen Abgeordneten als Vizepräsidenten des Bundestages wählen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die vier Stellvertreter des Präsidenten des Deutschen Bundestages sind somit einstimmig gewählt.

    (Beifall)

    Ich frage Sie, Frau Abgeordnete Renger: Nehmen Sie die Wahl an?


Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich nehme die Wahl an, Herr Präsident.

(Beifall)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Abgeordneter Leber, nehmen Sie die Wahl an?