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ID0822905500

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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Plenarprotokoll 8/229 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . 18675 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Treffen der sieben Staats- und Regierungschefs in Venedig und zu den Gesprächen des Bundeskanzlers und des Bundesministers des Auswärtigen in Moskau Schmidt, Bundeskanzler 18583 A Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern . 18588 D Genscher, Bundesminister AA 18606 A Dr. Jaeger CDU/CSU 18611 B Wehner SPD 18616 D Mischnick FDP 18620 B Beratung des Berichts über den Stand der Arbeit und die Ergebnisse der EnqueteKommission Zukünftige KernenergiePolitik" — Drucksachen 8/2353, 8/2628, 8/4341 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 18624 B Ueberhorst SPD 18627 A Dr.-Ing. Laermann FDP 18630 B Gerstein CDU/CSU 18635 B Reuschenbach SPD 18637 C Dr. Gruhl fraktionslos 18639 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU Rationelle und sparsame Energieverwendung — Drucksachen 8/1963, 8/4355 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Riesenhuber, Dr. Narjes, Dr. Dollinger, Pfeifer, Lenzer, Dr. Probst, Benz, Breidbach, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Laufs, Dr. II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 Freiherr Spies von Büllesheim, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU Energiepolitisches Programm zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Narjes, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Lenzer, Dr. Waigel, Dr. Laufs, Gerstein, Kolb, Dr. Czaja, Dr. Probst, Engelsberger, Dr. Hubrig, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, von Hassel, Benz, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Sicherung der Energieversorgung und Zukunftsorientierung der deutschen Energiepolitik zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordnten Dr. Dollinger, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Dr. Narjes, Lenzer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Probst, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU Beitrag der Kernenergie zur Sicherung der Energieversorgung — Drucksachen 8/1394 (neu), 8/2961 (neu), 8/3434, 8/4354 — Dr. Dollinger CDU/CSU 18642 A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 18644 A Dr.-Ing. Laermann FDP 18646 C Dr. Narjes CDU/CSU 18648 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 18652 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes (Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz) — Drucksache 8/3019 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/4250 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/4222 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes (Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz) — Drucksache 8/3020 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/4250 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/4222 — Kühbacher SPD 18656A Porzner SPD 18656 C Dr. Jenninger CDU/CSU 18656 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 18657 B Biermann SPD 18657 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 18659 D Hölscher FDP 18663A Jungmann SPD 18667 B Frau Tübler CDU/CSU 18668 C Dr. Zumpfort FDP 18671 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 18672 B Lutz SPD 18673 A Immer (Altenkirchen) SPD (Erklärung nach § 59 GO) 18675 B Namentliche Abstimmung 18677 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 18678 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Gerlach (Obernau), Handlos, Dr. Dregger, Dr. Wörner, Dr. Marx, Dr. Miltner, de Terra, Spranger, Weiskirch (Olpe), Biechele, Dr. Laufs, Frau Krone-Appuhn, Dr. Kraske, Dr. Riedl (München), Gerster (Mainz), Dr. Waffenschmidt, Biehle, Broll, Regenspurger, Dr. Friedmann, Frau Pieser, Dr. Hüsch, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU Gesamtverteidigung — Drucksachen 8/2295, 8/4340 — . . . 18675 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Narjes, Dr. Marx, Dr. Mertes (Gerolstein), Dr. Dollinger, Dr. Stercken, Dr. von Geldern, Kittelmann, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Hoffacker, Hüsch, Sick, Dr. Voss, Hartmann, Dr. Wittmann (München), Dr. Hupka, Kunz (Berlin), Dr. Ritz, Amrehn, Broll, Dr. Hornhues, Schetter, Seiters, Graf Huyn, Hanz, Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Hammans, Dr. Möller, Berger (Lahnstein), Würzbach, Werner, Dr. Sprung, Schröder (Wilhelminenhof), Dr. Wulff, Reddemann, Bahner, Frau Berger (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU III. VN-Seerechtskonferenz Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 III Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Dritte Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen — Drucksachen 8/3760, 8/3910, 8/4328 — 18676A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Narjes, Grunenberg, Angermeyer, Dr. Corterier, Ewen, Dr. von Geldern, Kittelmann, Rapp (Göppingen), Dr. Wittmann (München) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus — Drucksache 8/2363 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 8/4359 — 18676 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Sportförderung in den Entwicklungsländern — Drucksache 8/5357 — 18676 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Wilms, Pfeifer, Rühe, Schedl, Frau Benedix-Engler, Pieroth, Hasinger, Daweke, Prangenberg, Dr. Hornhues, Frau Krone-Appuhn, Voigt (Sonthofen), Berger (Lahnstein), Dr. Blüm, Dr. George, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Möller, Frau Karwatzki, Neuhaus, Dr. Laufs, Dr. Langguth, Hauser (Krefeld), Josten, Würzbach, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Berufliche Fortbildung in Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen — Drucksachen 8/2884, 8/4294 — . . . 18676D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zum Jahresbericht 1979 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksachen 8/3800, 8/4374 — . . . 18676D Beratung der Sammelübersicht 77 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/4375 - 18677 A Nächste Sitzung 18679A Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18681 *A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 18583 229. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1980 Beginn: 9.00 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 4. 7. Dr. Ahrens ** 4. 7. Dr. Aigner * 4. 7. Alber ** 4. 7. Dr. Bangemann * 3. 7. Dr. Barzel 4. 7. Baum 4. 7. Dr. Blüm * 4. 7. Blumenfeld * 3. 7. Frau von Bothmer ** 4. 7. Büchner (Speyer) ** 4. 7. Dr. Evers ** 4. 7. Fellermaier * 4. 7. Flämig ** 4. 7. Frau Dr. Focke * 4. 7. Friedrich (Würzburg) * 4. 7. Dr. Fuchs * 4. 7. Dr. Geßner ** 4. 7. von Hassel * 4. 7. Dr. Holtz ** 3. 7. Hoppe 4. 7. Katzer * 4. 7. Dr. h. c. Kiesinger 4. 7. Kittelmann ** 4. 7. Dr. Klepsch * 4. 7. Lagershausen ** 4. 7. Lenzer ** 4. 7. Lücker * 4. 7. Luster * 4. 7. Dr. Mende ** 4. 7. Dr. Müller ** 4. 7. Dr. Pfennig * 4. 7. Reddemann ** 4. 7. Scheffler ** 4. 7. Frau Schleicher * 4. 7. Schmitz (Baesweiler) 4. 7. Dr. Schwencke (Nienburg) * 4. 7. Seefeld * 4. 7. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 4. 7. Dr. Sprung 4. 7. Ueberhorst ** 4. 7. Dr. Vohrer ** 4. 7. Walkhoff 4. 7. Frau Dr. Walz * 4. 7. Weber (Heidelberg) 4. 7. Wischnewski 3. 7. Dr. Wulff 4. 7. Zebisch ** 4. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Reinhard Ueberhorst


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

      Verehrter Herr Kollege, ich sagte Ihnen schon, daß wir im Kreise der Kommissionsmitglieder immer Mehrheiten, bestehend aus Sachverständigen und Abgeordneten, bilden müssen. Das Konzept zur Entsorgungspolitik ist — wenn Sie bitte die erste Seite dieses Papiers lesen — deutlich ein Konzept, das in sich geschlossen ist, das zur Erörterung hier im Parlament vorgelegt worden ist und das nicht wortgleich — es ist in einigen Punkten anders angelegt — mit dem ist, was die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten beschlossen haben.
      Nun sage ich Ihnen ganz freimütig auch — ich habe jetzt durch Ihre Frage mehr Zeit bekommen — dies:

      (Kolb [CDU/CSU]: Das ist ja ganz neu» Wir sind doch nicht als eine parlamentarische Kommission eingesetzt worden, um nach einem Jahr Arbeit festzustellen: Alles bleibt so, wie es ist Wir sind doch wohl eingesetzt worden — und das ist das Recht einer parlamentarischen Kommission —, um auch der Bundesregierung und dem Hohen Hause — letzterem zuerst, da es sich um eine Enquete-Kommission handelte — Vorschläge zu machen, die auch mithelfen können, die Politik der. Bundesregierung weiterzuentwickeln — Sie können gerne zurückdrehen —, nicht nur im Bereich der Entsorgungspolitik, sondern auch in anderen Bereichen. Ueberhorst Ich möchte zum Abschluß sagen — wir haben ja eine begrenzte Redezeit vereinbart —: Die Kommission hat — wiederum mit den Stimmen aller Sachverständigen und der Mehrheit der parlamentarischen Mitglieder — beschlossen, dem 9. Deutschen Bundestag zu empfehlen, eine Weiterarbeit zu ermöglichen. Das ist erforderlich, weil zum einen die Diskussionsergebnisse dieses vorgelegten Zwischenberichts aufgenommen werden müssen und weil wir zum anderen jedem die Gelegenheit bieten möchten, nicht vorschnell zu urteilen, sondern den Bericht intensiv zu prüfen. Das Deutsche Atomforum hat z. B. gesagt, das werde geschehen und bis zum Ende des Jahres dauern. Das ist wohl etwa die Größenordnung, die man braucht, um das in der Öffentlichkeit, in den Verbänden, in der Wirtschaft zu diskutieren. In der nächsten Periode werden wir die restlichen Arbeitsaufgaben in Angriff nehmen müssen, insbesondere auch solche Arbeitsfelder wie etwa die Frage der eventuellen Inbetriebnahme des Schnellen Brüters oder der sozialen Folgen von Energiesystemen, die wir jetzt noch nicht haben behandeln können. Für den Wahlkampf wünsche ich mir: Wir sollten nicht vergessen, daß die Kommission mit einer breiten Mehrheit einen Vorschlag gemacht hat, der auch über den Wahltermin hinaus trägt. Wir werden uns das durch die Opposition im Wahlkampf jedenfalls nicht kaputtreden lassen. Es geht jetzt auch nicht darum, immer kindisch zu fragen: Wer darf sich bestätigt fühlen, und wer muß sich in den Rücken gefallen fühlen?, sondern jeder sollte sich fragen: Wer kann sich mit dem Konzept aufgenommen fühlen? Da lese ich das Urteil von Herrn Knizia aus der Wirtschaft, da lese ich die Stellungnahme des DGB, da lese ich viele Stellungnahmen aus dem Bereich der Umweltschützer. Es beginnt also ein neuer interessanter Dialog, der mithelfen kann, die breite Zustimmung, die wir in der Kommission gefunden haben, auch in der Öffentlich zu gewinnen. Hilfreich wäre es, wenn der Deutsche Bundestag, der durch die Einrichtung des Stabes bisher sehr. gute Arbeitsmöglichkeiten für die Kommission geschaffen hat, jetzt die Mittel bereitstellen würde — wie bei anderen Enquete-Kommissionen üblich —, um den Bericht drucken und jedem interessierten Bürger zuleiten zu können; denn für die Bürger haben wir ihn erarbeitet. Wir hoffen, einen guten Beitrag erarbeitet zu haben. Vielen Dank. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Laermann. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik'' hat nach rund 15monatiger Arbeit einen Bericht vorgelegt, der nur einen Teil der Aufgaben abdeckt, die ihr vom Deutschen Bundestag aufgegeben wurden. In diesem Bericht kommt das Bemühen zum Ausdruck, die kontroversen Diskussionen um die Nutzung der Kernenergie zusammenzuführen. Ich möchte ausdrücklich würdigen, daß die Aufgaben, insbesondere von den Sachverständigen mit großer Ernsthaftigkeit und mit sehr viel Verständnis für die gegensätzlichen Positionen, Einstellungen und Argumente — der Bedeutung der Kommissionsarbeit im Blick auf die öffentliche und politische Diskussion entsprechend — behandelt wurden. Ich vermag die Kritik der CDU/CSU an den Sachverständigen überhaupt nicht zu teilen, ja, ich muß sie zurückweisen. Offenbar sind die Kollegen von der Opposition darüber enttäuscht, daß die Sachverständigen nicht auf ihren parteipolitischen Kurs eingeschwenkt sind. Mein Eindruck ist, daß die Arbeit in der Enquete-Kommission von dem Bemühen getragen wurde, die Konfrontation in der öffentlichen Diskussion aufzulösen. Es ist bedauerlich, daß die CDU/CSU-Mitglieder der Kommission, zumal in der letzten Phase, so sehr auf Kollisionskurs gegangen sind und sich grundsätzlich außerhalb der Bemühungen um einen breiten Konsens gestellt haben, (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


      (Beifall bei der SPD und der FDP)


      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Zurückzudrehen!)


      (Zurufe von der CDU/CSU)





      (Beifall bei der SPD und der FDP)


      (Kolb [CDU/CSU]: Der Bundeskanzler!)


      (Beifall bei der SPD und der FDP)


    Rede von Georg Leber
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


      (Beifall bei der FDP und der SPD)

      und das in den grundlegenden Fragen gegen die Auffassung aller Sachverständigen. Das, verehrte Kollegen, war doch wohl schon Wahlkampf. Ich weiß nicht, ob da nicht möglicherweise schon Weisungen aus der bayerischen Zentrale, der Leitstelle des Kanzlerkandidaten, vorgelegen haben.

      (Kolb [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht! — Gerlach [Obernau] [CDU/ CSU]: Wer macht denn jetzt Wahlkampf ?)

      — Das zu widerlegen, überlasse ich Ihnen.
      Der Bericht, meine sehr verehrten Damen und Herren, war noch nicht einmal insgesamt beschlossen, er lag noch nicht gedruckt vor, da wurde er schon von unterschiedlichen Positionen aus beurteilt und verurteilt. Es war unschwer festzustellen, daß hier ein gerüttelt Maß an Vorurteilen und an Oberflächlichkeit in diesen Kritiken enthalten war. Das wird der Arbeit und dem Bericht der Kommission keinesfalls gerecht.

      (Beifall bei der FDP und der SPD)

      Der Bedeutung der Sache selbst, um die es geht, und der Leistung der Sachverständigen wegen verdient das Ergebnis der Kommissionsarbeit eine eingehende Befassung, und der wahre Gehalt des Berichts verdient eine objektive Würdigung.
      Da wird in der Öffentlichkeit von verpaßten Chancen geredet, pauschal von undemokratischen, dirigistischen Empfehlungen gesprochen, die zu gesellschaftspolitischem Rückschritt führten, da wird geredet und geschrieben von der Kapitulation der Kommission vor den entscheidenden Fragen.

      (Gerstein [CDU/CSU]: So ist es!)




      Dr.-Ing. Laermann
      Da wird der Vorwurf erhoben, der Kommissionsbericht berücksichtige z. B. nicht die Beschlüsse des Weltwirtschaftsgipfels.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Stimmt doch!)

      Herr Kollege Stavenhagen hat ja nur Teile der Beschlüsse des Weltwirtschaftsgipfels zur Energiepolitik zitiert. Er hätte die ersten Teile, nämlich die Prioritäten, mit zitieren sollen; dann wäre das Bild schon runder geworden.
      Ich möchte dazu feststellen: Erstens. Der Bericht der Enquete-Kommission wurde vor dem Treffen in Venedig erarbeitet

      (Zuruf des Abg. Gerlach [Obernau] [CDU/ CSU])

      — Herr Kollege Gerlach, das mit den Fußnoten lassen Sie doch bitte.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Man wird doch fragen dürfen!)

      Sie hätten genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, an der Arbeit der Kommission im letzten Jahr teilzunehmen, nicht erst in der letzten abschließenden Phase.

      (Beifall bei der FDP und der SPD — Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Das ist doch unerhört, Herr Kollege! — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Das sind Unverschämtheiten!)

      Ich möchte zweitens feststellen: Die Kommission hat in ihre Arbeit die Erkenntnisse der OECD, der Internationalen Energie-Agentur und auch der Weltenergiekonferenz mit einbezogen. Dies wird doch wohl von niemandem bestritten.
      Ich möchte einen dritten Punkt erwähnen. Die. Kommission hat sich nicht als Publikationsorgan des Weltwirtschaftsgipfels verstanden, und das sollte sie auch nicht tun.
      Viertens. Die Position des Kommissionsberichts stimmt im Grundansatz mit den Beschlüssen von Venedig zur Energiepolitik überein: Energiesparen bis zu Details, wie z. B. Reduzierung des Kraftstoffbedarfs im Verkehr, Nutzung der Kohle und erneuerbarer Energieträger, Zubau von Leichtwasserreaktoren, Notwendigkeit, die Entsorgung zu sichern. Ich empfehle Ihnen das Studium der Beschlüsse von Venedig.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Die Kilometerpauschale haben Sie vergessen zu erwähnen!)

      Dazu hat natürlich der Gipfel von Venedig keine Beschlüsse gefaßt. Darauf komme ich gern noch zurück.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Aber Sie!)

      Der Auftrag der Enquete-Kommission war auch nicht so zu verstehen, als ob es nur darum gehen könne, die Politik der Regierung zu bestätigen. Aber im übrigen darf bei sorgfältigem Studium des Berichts auch festgestellt werden, daß der Bericht auf der Linie der Energiepolitik der Bundesregierung liegt. Das mußte einmal in aller Deutlichkeit festgestellt und hier gesagt werden, gegen alle unqualifizierte Kritik, die hier inzwischen schon geäußert worden ist.

      (Zuruf des Abg. Kolb [CDU/CSU])

      Alle diese Kritiken und Vorwürfe belegen, daß die Verfasser sich offensichtlich noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, die Vorlage sorgfältig zu lesen, ganz zu schweigen davon, daß sie offenbar nicht bereit sind, Absicht und Selbstverständnis der Kommission zu erfassen, nämlich Konfrontationen, Widerstände und Emotionen in der Auseinandersetzung um die friedliche Nutzung der Kernenergie abzubauen. Nein, hier soll wieder angeheizt werden. Manchem paßt offenbar der Versuch nicht ins Konzept, Energiepolitik in den gebotenen Sachzusammenhängen rational darzustellen.

      (Beifall bei der SPD)

      Im Grundsätzlichen sind die Kommissionsempfehlungen klar. Es ist im Hinblick auf die sich über Jahrhunderte erstreckenden Entwicklungen sicherlich jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, zur Sicherung der Energieversorgung ausschließlich auf die Nutzung der Kernenergie zu setzen. Die rationelle Energieverwendung und die weitestgehende Erschließung und Nutzung erneuerbarer Energieträger, die direkte und indirekte Nutzung der Sonnenenergie müssen vielmehr mit derselben Intensität gefördert und betrieben werden. Die Kommission empfiehlt, die Bemühungen um die rationelle Energieverwendung, ja, Energieeinsparungen, zu verstärken, um in zehn Jahren die Auswirkungen dieser Bemühungen auf den Energiebedarf in der Trendentwicklung besser beurteilen zu können als heute. Dann wird sich erweisen, ob im Sinne der Vorschläge der Kommission Kernenergienutzung in verstärktem Maße unter Einbeziehung brütender oder konvertierender Reaktorsysteme erforderlich werden wird, ob die Entwicklung über den weiteren Zubau von Energieerzeugungskapazität, also nicht nur Strom, auf der Basis von Leichtwasserreaktoren laufen wird oder ob tatsächlich im Laufe der dann folgenden Jahrzehnte auf den weiteren Ausbau der Kernenergienutzung verzichtet werden kann. Das bedeutet — und dies wird in dem Bericht klar dargestellt —, daß aus versorgungs- und industriepolitischen Gründen weitere Kernkraftwerke nach dem Bedarf zugebaut werden, die Entsorgung gesichert werden muß; das bedeutet die zügige Erschließung eines Endlagers, die Sicherung der Zwischenlagerung, den Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage in einer Größenordnung, die sich aus der Notwendigkeit der Entwicklung und Erprobung in technischem Maßstab ergibt. Gleichzeitig soll entsprechend dem Parallelansatz der Bundesregierung in den schon zitierten BundLänder-Vereinbarungen als Alternative auch die Entsorgungsvariante der Konditionierung und Lagerung abgebrannter Brennelemente ohne Wiederaufarbeitung zur technischen Reife entwickelt und eventuell erprobt werden, um Bewertungsgrundlagen für die sicherheitstechnisch und vorsorgungspolitisch optimale Entsorgungskonzeption zu finden, auch unter Einbeziehung der Empfehlungen der Internationalen Konferenz für die Bewertung von Brennstoffkreisläufen.



      Dr.-Ing. Laermann
      Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hier verstehe ich Ihre Erregung und Aufregung überhaupt nicht

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Wer regt sich denn auf? Sie regen sich doch auf!)

      Sie müßten einmal den Blick nach Bayern wenden. Da sagt der bayerische Wirtschaftsminister Jaumann, Bayern sei das letzte Land, das eine Wiederaufarbeitungsanlage brauche, und Herr Ministerpräsident Strauß weist das Ansinnen der DWK auf Prüfung der Frage nach Errichtung einer Wiederaufarbeitungsanlage in Bayern zurück.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Da reden Sie doch Unsinn!)

      Die Begründungen sind recht interessant
      In den letzten Tagen hat sich der bayerische Umweltminister dazu verstanden zu behaupten, daß Bayern seinen Beitrag zur Entsorgung längst durch die Genehmigung der Kompaktlagerung erbracht habe.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Das genügt ja für Ihre nächsten zehn Jahre!)

      Das aus dem Munde eines Umweltministers zu hören, ist schon sehr erstaunlich.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Er hat sich nur an Ihre zehn Jahre gehalten!)

      Ich möchte Sie bitten, daß Sie nächstens bei Ihrer Beurteilung oder Verurteilung solcher Bemühungen, wie sie innerhalb der Kommission gemacht worden sind, auf die Position der bayerischen Landesregierung stärker Bedacht nehmen.

      (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

      Die Nutzung der Kernenergie und der weitere Zubau von Kernkraftwerken setzen weitere intensive Bemühungen und weitere Verbesserungen der Reaktorsicherheit voraus, und zwar über den bisher erreichten hohen Stand hinaus. Die Kommission hat dazu ein Bündel von Empfehlungen für administrative und technische Maßnahmen vorgelegt, die geprüft und umgesetzt werden sollten. Es entspricht weiterhin der Logik der Empfehlungen der Kommission, grundsätzlich, wenn erforderlich, den Weg zur kommerziellen Nutzung brütender Reaktorsysteme im Sinne der Beschlußlage des Deutschen Bundestages offenzuhalten und damit den SNR-300 in Kalkar weiterzubauen. Das hat nichts damit zu tun, Herr Stavenhagen, daß es darum geht, hier weitere Verzögerungenbeim Baufortschritt hervorzubringen. Ganz und gar nicht! In dem Bericht kommt auch keine Kritik am Genehmigungsverfahren zum Ausdruck.

      (Zuruf von der CDU/CSU: Hoffentlich ist das sol — Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Fragen Sie mal die Regierung von NordrheinWestfalen! — Kolb [CDU/CSU]: Der Herr Hirsch ist nicht mehr drin!)

      — Ja, nehmen Sie den Brief und die Stellungnahme des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministers und des Arbeits- und Sozialministers hinzu.

      (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Lesen Sie sie doch!)

      Ich meine, dann wird das klar, und Sie werden sehen, daß Ihre Vorwürfe überhaupt nicht haltbar sind.

      (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Sie können nicht lesen!)

      Die Kommission empfiehlt, zur Vorbereitung einer politischen Entscheidung über die Inbetriebnahme parallel zum Genehmigungsverfahren, ohne daß dieses dadurch beeinträchtigt wird, ergänzende Untersuchungen und Analysen durchzuführen, um in einer risikoorientierten Studie einen Sicherheitsvergleich zum Leichtwasserreaktor ziehen zu können und die Fragen der Obergrenzen von Energiefreisetzungen im Auslegungsstörfall in der wissenschaftlichen Kontroverse zu klären. Ich glaube, es gehörte mit zu den Aufgaben der Enquete-Kommission, und wir sollten versuchen, diese auch zu lösen.
      Es kommt nun darauf an, die Empfehlungen der Kommission in die politischen Entscheidungen des Parlaments einzubeziehen und umzusetzen. Dies wird eine Aufgabe des 9. Deutschen Bundestages sein. Eine fundierte Bewertung schon jetzt vorzunehmen, halte ich für nicht möglich und nicht vertretbar, da der etwa 600 Seiten umfassende Bericht erst seit zwei Tagen vorliegt, die Materialien erst noch vorgelegt werden müssen und die Kollegen dieses Hohen Hauses wohl nicht in der Lage waren und auch nicht sein konnten, diesen Bericht zu verarbeiten.
      Alle Kommissionsmitglieder waren sich, als sie darangingen, einen Bericht zu erarbeiten, darüber im klaren, daß sie vor einer schwierigen Aufgabe standen. Diese Aufgabe erforderte nicht nur die Befassung mit der Kernenergie und ihren Problemen, sondern es mußten auch die Einflußgrößen der internationalen energiepolitischen Entwicklungen — wie z. B. Bevölkerungsentwicklung, Wirtschafts-
      und Strukturentwicklung sowie Erkundung und Erschließung von Ressourcen — in ihren komplexen Zusammenhängen erfaßt werden.
      Der von der Kommission hinsichtlich der Energiepfade betrachtete Zeithorizont umfaßt einen mit insgesamt 50 Jahren sehr langen Zeitraum. Er wurde deshalb gewählt, weil man Erkenntnisse über den erst nach dem Jahr 2000 relevanten Einsatz des Brüters zur Energieversorgung mit in die Betrachtungen einfließen lassen wollte.
      In diesem langen Zeitraum sind vielfältige, heute noch nicht absehbare Entwicklungsmöglichkeiten der Energiewirtschaft denkbar, und der Versuch, eine Prognose zu stellen, gerät leicht zur Prophetie. Ebenso aber unterliegen die zahlreichen Annahmen bezüglich der energieverbrauchsbestimmenden Parameter einer ständigen Veränderung. Deshalb hat die Enquete-Kommission vier Szenarien mit Untervarianten, die ein breites und zum Teil kontrovers vertretenes Spektrum in der Kommission abdecken,



      Dr.-Ing. Laermann
      als Grundlage ihrer Betrachtungen gewählt. Diese Strategien beinhalten jedoch Annahmen und treffen Aussagen für einen insbesondere hinsichtlich der Voraussehbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung — mit großen Unsicherheiten behafteten Zeitraum.
      Zudem erwecken die computersimulierten Szenarien den Eindruck großer Genauigkeit. Gesellschaftliche oder strukturpolitische Entwicklungen aber kann der Computer nicht erfassen. Deshalb können die Szenarien nur Eckwerte für die Bandbreite einer möglichen Entwicklung nach heutigem Kenntnisstand, deren Unschärfe mit zunehmendem Zeithorizont wächst, sein. Die betrachteten Energiepfade bedürfen daher, wenn man aus ihnen energiepolitische Handlungsempfehlungen ableiten will, einer Bewertung, und für diese Bewertung muß eine Reihe von Kriterien herangezogen werden.
      Pfad 1 der Berichtsvorlage versucht trotz einer Berücksichtigung von Einspareffekten, das Energieproblem schwerpunktmäßig von der Angebotsseite her zu lösen. Dies führt langfristig in etwa zu einer Verdoppelung des Primärenergiebedarfs gegenüber dem heutigen Niveau und erfordert einen forcierten Ausbau der Kernenergie. Gegenüber anderen Pfaden bietet Pfad 1 ein höheres Wirtschaftswachstum und beinhaltet geringere Eingriffe in das Leben der Bürger durch weitreichende staatliche Verordnungen beispielsweise zum Energiesparen. Diese Vorteile müssen jedoch durch einen anhaltend hohen Import von Erdöl und Erdgas, durch steigende Importe von Kohle und Natururan sowie durch zu erwartende Akzeptanzprobleme infolge der forcierten Kernenergienutzung erkauft werden.
      Pfad 4 dagegen versucht, die Energieprobleme schwerpunktmäßig von der Nachfrageseite her zu lösen. Die erhebliche Reduzierung des Primärenergiebedarfs, der langfristige Verzicht auf die Kernenergienutzung und die Reduzierung des Erdölanteils verringern zwar auf der einen Seite die Umweltprobleme, die Probleme der Akzeptanz der Kernenergie und die Abhängigkeit von Energieimporten aus politisch instabilen Regionen der Welt; auf der anderen Seite aber ist eine derartige Entwicklung nur bei einem Rückgang der Bevölkerung, erheblichen Strukturveränderungen der Wirtschaft und einschneidenden Sparmaßnahmen realisierbar.

      (Kolb [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

      Dies führt zu neuen Akzeptanzproblemen und zu Konsequenzen von heute noch nicht vorhersehbarer Art und Größe.

      (Kolb [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal genau, welche Folgen das hat!)

      Gemeinsam ist diesen beiden Pfaden 1 und 4 die mangelnde Flexibilität der energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten, wenn die unterstellten Voraussetzungen, z. B. bezüglich der Bevölkerungsentwicklung, des erforderlichen Wirtschaftswachstums oder der Verfügbarkeit von Erdöl, nicht oder nur teilweise eintreffen. Pfad 1 bietet nämlich kaum noch eine Möglichkeit der Verbreiterung des Energieangebots; Pfad 4 dagegen läßt keine Handlungsspielräume mehr offen, weil die Einsparmöglichkeiten und die Nutzung regenerativer Energieträger unter Beachtung angemessener Lebensbedingungen ausgeschöpft sind und weil auf Kernenergie verzichtet werden soll.

      (Kolb [CDU/CSU]: Dann gegen wir zurück in die Höhlen!)

      — Ganz recht.
      Daher ergibt sich die Notwendigkeit, eine Energiepolitik anzustreben, die einerseits die Energienachfrage deutlich reduziert, anderseits aber auch ein diversifiziertes Energieangebot bereitstellt. Eine solchermaßen gestaltete Energiepolitik ist flexibel und kann auf die nicht exakt einzuschätzenden Entwicklungen antworten. Es muß ein vorrangiges Ziel dieser Energiepolitik sein, den Energiebedarf unter Berücksichtigung der Wiedererlangung und dauerhaften Sicherung der Vollbeschäftigung, Erhaltung der sozialen Sicherheit, Erhaltung eines angemessenen Wohlstandes, Erhaltung der Wirtschaftskraft und Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Unabhängigkeit so gering wie möglich zu halten.

      (Kolb [CDU/CSU]: Darin unterscheiden Sie sich gar nicht von uns!)

      Dazu sind alle Möglichkeiten zur rationellen Energieverwendung zu nutzen und ihre Einführung unter Beachtung möglichst marktwirtschaftlicher Prinzipien zu fördern. Dies gilt sowohl im Bereich der Umwandlung von Primär- in Nutzenergie als auch auf der Verbraucherseite. Außerdem sind die Potentiale alternativer Energiequellen weitgehend auszuschöpfen.
      Die Kommission nimmt zu den Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Energieeinsparung in generellen Bemerkungen Stellung. Darin wird zum Ausdruck gebracht, daß die Frage der Kosten, die Intensität und die erforderlichen Zeiträume wie auch die Akzeptanz von drastischen Einschränkungen und Umstellungen im Verbraucherverhalten nicht untersucht wurden. Der Katalog der Empfehlungen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr müssen laufende Entwicklungen und wechselnde Bedingungen berücksichtigt werden. Keinesfalls, so meine ich, darf die Illusion geweckt werden, ein Abhaken des Maßnahmenkataloges würde automatisch schon zum Ziel starken Sparens führen.
      Ich muß an dieser Stelle wegen einiger unqualifizierter Äußerungen — hier wende ich mich insbesondere an Sie, Herr Kollege Riesenhuber, der Sie ja mit Ihrer letzten Presseveröffentlichung im Gegensatz zu den Ausführungen des Kollegen Stavenhagen stehen — darauf hinweisen, daß ich den Empfehlungen mit dirigistischem Charakter, die nicht marktwirtschaftlichen Prinzipien entsprechen, ausdrücklich nicht zugestimmt habe. Dies sind u. a. staatliche Energiedienste, die Abschaffung der Kilometerpauschale, Energiesteuer, Wärmeabgabe und eine Energieanlagenverordnung.
      Herr Kollege Gerlach, das hat nichts mit Fußnotenakrobatik zu tun, sondern es hat etwas mit dem



      Dr.-Ing. Laermann
      Bemühen zu tun, weitgehend den Bericht in Konsens zu verabschieden. Sie werden mir wohl gestatten, daß ich zu einzelnen Teilbereichen noch diversifizierende Meinungen vertrete, wie Sie es insgesamt nur durch Ihre Sondervoten zu allen Berichtsteilen getan haben.

      (Gerlach [Obernau] [CDU/CSU]: Das ist Ihr gutes Recht! Nur sollten Sie auch dazu stehen!)

      — Ich vertrete sie — das können Sie nachlesen, weil es Bestandteil des Berichtes ist — nach draußen und nach drinnen. Sie müssen mich erst noch überführen, daß ich hier mit gespaltener Zunge rede.
      Es ist unsicher, in welchem Zeitrahmen und in welchem Umfange die Einsparziele zu erreichen sind. Der in Pfad 3 prognostizierte Energiebedarf als Zielvorstellung dürfte aus heutiger Sicht nur schwer zu erreichen sein. Die Ungewißheiten und Unsicherheiten in den Projektionen der Faktoren mit Einfluß auf den Energiebedarf über 20 und 50 Jahre hinweg lassen realistischerweise nur die Abschätzung einer Bandbreite der Bedarfsentwicklung zu.
      Dabei darf auch nicht übersehen werden, daß viele Maßnahmen zur rationellen Energieverwendung und zum Energiesparen in der Durchführungsphase energieverbrauchsteigernd wirken werden, so daß das Erreichen bestimmter, auf die Jahre 2 000 und 2 030 bezogener Zielvorstellungen in den Zwischenzeiten zu erhöhtem Energiebedarf führen kann. Dies gilt vor allem für Strom, da bei Substitution von 01 und Gas und bei verstärktem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung insbesondere durch den zunehmenden Einsatz von elektrischen Wärmepumpen, aber auch beispielsweise durch Elektroautos der Strombedarf stärker steigen wird als die Nachfrage nach Energiedienstleistungen insgesamt.

      (Gerstein [CDU/CSU]: Das wollen ja viele in der Kommission nicht glauben, was Sie sagen!)

      — Deswegen betone ich es ja noch einmal, Herr Kollege Gerstein. Ich nehme an, daß sie es auch noch aufnehmen.
      Die Unsicherheiten in der langfristigen Vorausschätzung des Energiebedarfs werden auf der Dekkungsseite noch durch die Ungewißheit über die langfristig zur Verfügung stehenden Mengen an Erdöl und Erdgas verstärkt. Jedes Bedarfsdekkungsszenario muß deshalb die Alternative einbeziehen, daß Öl und Gas nur in wesentlich geringerem Umfang, als im allgemeinen noch angenommen, zur Verfügung stehen. Da die Primärenergieträger Kohle — auch unter Einbeziehung der Importkohle — und Wasserkraft einschließlich des Potentials der erneuerbaren Energieträger den Bedarf nicht werden decken können, müssen neue Energietechniken, die einen wesentlichen Beitrag leisten können, eingeführt und genutzt werden. Die derzeit und in einigen Jahrzehnten als einzige zur Verfügung stehende Energietechnik ist die Kernenergie auf der Grundlage der Leichtwasserreaktoren. Es bleibt offen, ob je nach Entwicklung des Energiebedarfs und unter Berücksichtigung der weltweiten Situation
      später brütende oder fortentwickelte konvertierende Reaktorsysteme eingesetzt werden müssen.
      Der politische Ansatz zur Lösung der Energieprobleme muß deshalb auf der einen Seite den rationellen und sparsamen Einsatz von Energie, der auf Grund steigender Energiepreise und marktkonformer staatlicher Anreize eintritt, beinhalten, auf der anderen Seite schließt dieser Ansatz auch den weiteren Ausbau der Kernenergie mit ein, soweit es der Markt verlangt. Eine derartige Politik bietet, meine ich, zudem die Chance, einen gesellschaftspolitischen Konsens für die zukünftige Energieversorgung zu erreichen, der eine für alle gesellschaftlichen Gruppen zufriedenstellende Lösung des Energieproblems ermöglicht.
      Auf einen Gesichtspunkt soll jedoch nochmals besonders hingewiesen werden: Gleichgültig, welchen Pfad die zukünftige Entwicklung der Energiewirtschaft annäherungsweise auch beschreiten wird, für den Verbraucher, sowohl in der Industrie wie auch im privaten Bereich, wird der Anteil der Ausgaben für Energiedienstleistungen zunehmen. Dies bedeutet ganz eindeutig, daß in anderen Bereichen am vorhandenen Budget Streichungen vorgenommen werden müssen und damit auch ein gewisser Verzicht geübt werden muß. Die Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur rationellen Energieverwendung erfordern im privaten, im industriellen wie im öffentlichen Bereich Investitionen in derzeit nur grob abschätzbarer Höhe. Einige sprechen von mehreren hundert Milliarden Mark.

      (Kolb [CDU/CSU]: Das ist nachzurechnen!)

      Dies wird auch oder gerade bei steigenden Energiepreisen zu erheblichen Einsparungen privaten Konsums führen müssen.
      Andererseits darf auch nicht übersehen werden, daß ein stärkerer Ausbau der Kernenergie zur Abdeckung des Wärmemarkts und zur Substitution von Öl im Heizungsbereich erstens hohe Investitionen im Anlagenbau und im Ausbau des Stromnetzes erfordert, zweitens aber wohl noch höhere Investitionen im Verbrauchssektor, zur Umstellung der Haustechniken wie der Heizungsanlagen und Geräte. Diese Ausgaben werden wohl in vergleichbarer Größenordnung liegen wie beim starken Sparen allein. Machen wir uns keine Illusionen darüber, daß in jedem Fall ein derzeit noch nicht quantifizierbarer Aufwand an Energie, Rohstoffen und Kapital erforderlich ist, um in einem noch nicht darstellbaren Zeitraum das Potential der rationellen Energieverwendung zur Substitution von Öl in durchgreifendem Umfang zu mobilisieren!
      Wegen der Komplexität des gesamten Themenbereichs konnten nicht alle Aufgaben von der Kommission erledigt werden. Gutachten und Studien wurden empfohlen, einige Untersuchungen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen müssen noch erarbeitet, die nicht erledigten Aufgaben sollten noch erfüllt werden, damit entsprechend dem Einsetzungsauftrag eine abgeschlossene Stellungnahme der Enquete-Kommission vorgelegt werden kann.



      Dr.-Ing. Laermann
      Die Arbeit der Enquete-Kommission findet über die Grenzen unseres Landes hinaus, auch in den USA, ein lebhaftes Interesse und hat auch gewisse Erwartungen geweckt Es ist deshalb zu hoffen, daß der 9. Deutsche Bundestag die Fortsetzung der Arbeiten ermöglichen wird. Ich persönlich meine, daß auch hier eine Empfehlung der Kommission aufgenommen werden sollte. Diese Empfehlung der Kommission fand die Zustimmung aller Sachverständigen. Für mich ist dies Beweis und Zeichen dafür, daß trotz aller Auseinandersetzungen, die stets — das möchte ich betonen — sachlich und fair waren, die Arbeit in der Kommission von allen Sachverständigen als notwendig und hilfreich in der Auseinandersetzung um die zukünftige Sicherung der Energieversorgung bewertet wurde und wird.
      Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung machen. Die Enquete-Kommission hat sich nicht als Organ einer Regierung oder einer Behörde verstanden, nicht als eine Art oberstes Gutachtergremium. In dem Bemühen um Unabhängigkeit muß sie den Versuch der Einflußnahme auf die Formulierung ihrer Aussagen und ihrer Empfehlungen ablehnen. Das schloß und schließt die sachliche Zuarbeit und Information aller möglicherweise betroffenen Institutionen und Organe der Exekutive — auch der Genehmigungsbehörde — selbstverständlich nicht aus. Dies ist vielmehr eine Voraussetzung für eine wirkungsvolle Kommissionsarbeit.
      Meine Damen und Herren, ich hoffe, daß der vorliegende Bericht von allen Interessierten in der Öffentlichkeit wie vor allem in den Parlamenten und in den parlamentarischen Gremien mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und ohne Vorurteile aufgenommen und diskutiert wird. — Ich danke Ihnen.

      (Beifall bei der FDP und der SPD)