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ID0822900400

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    Vokabeln: 10
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    2. Ministerpräsident,: 1
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    6. Zwischenfrage: 1
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    8. Herrn: 1
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    10. Brandt?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/229 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . 18675 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Treffen der sieben Staats- und Regierungschefs in Venedig und zu den Gesprächen des Bundeskanzlers und des Bundesministers des Auswärtigen in Moskau Schmidt, Bundeskanzler 18583 A Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern . 18588 D Genscher, Bundesminister AA 18606 A Dr. Jaeger CDU/CSU 18611 B Wehner SPD 18616 D Mischnick FDP 18620 B Beratung des Berichts über den Stand der Arbeit und die Ergebnisse der EnqueteKommission Zukünftige KernenergiePolitik" — Drucksachen 8/2353, 8/2628, 8/4341 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 18624 B Ueberhorst SPD 18627 A Dr.-Ing. Laermann FDP 18630 B Gerstein CDU/CSU 18635 B Reuschenbach SPD 18637 C Dr. Gruhl fraktionslos 18639 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Lenzer, Dr. Probst, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU Rationelle und sparsame Energieverwendung — Drucksachen 8/1963, 8/4355 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Riesenhuber, Dr. Narjes, Dr. Dollinger, Pfeifer, Lenzer, Dr. Probst, Benz, Breidbach, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Laufs, Dr. II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 Freiherr Spies von Büllesheim, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU Energiepolitisches Programm zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Narjes, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Lenzer, Dr. Waigel, Dr. Laufs, Gerstein, Kolb, Dr. Czaja, Dr. Probst, Engelsberger, Dr. Hubrig, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, von Hassel, Benz, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Sicherung der Energieversorgung und Zukunftsorientierung der deutschen Energiepolitik zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Abgeordnten Dr. Dollinger, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Dr. Narjes, Lenzer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Probst, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU Beitrag der Kernenergie zur Sicherung der Energieversorgung — Drucksachen 8/1394 (neu), 8/2961 (neu), 8/3434, 8/4354 — Dr. Dollinger CDU/CSU 18642 A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . 18644 A Dr.-Ing. Laermann FDP 18646 C Dr. Narjes CDU/CSU 18648 C Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 18652 A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes (Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz) — Drucksache 8/3019 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/4250 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/4222 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung und des Zivildienstes (Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz) — Drucksache 8/3020 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/4250 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/4222 — Kühbacher SPD 18656A Porzner SPD 18656 C Dr. Jenninger CDU/CSU 18656 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 18657 B Biermann SPD 18657 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 18659 D Hölscher FDP 18663A Jungmann SPD 18667 B Frau Tübler CDU/CSU 18668 C Dr. Zumpfort FDP 18671 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 18672 B Lutz SPD 18673 A Immer (Altenkirchen) SPD (Erklärung nach § 59 GO) 18675 B Namentliche Abstimmung 18677 B Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . 18678 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Gerlach (Obernau), Handlos, Dr. Dregger, Dr. Wörner, Dr. Marx, Dr. Miltner, de Terra, Spranger, Weiskirch (Olpe), Biechele, Dr. Laufs, Frau Krone-Appuhn, Dr. Kraske, Dr. Riedl (München), Gerster (Mainz), Dr. Waffenschmidt, Biehle, Broll, Regenspurger, Dr. Friedmann, Frau Pieser, Dr. Hüsch, Dr. Meyer zu Bentrup und der Fraktion der CDU/CSU Gesamtverteidigung — Drucksachen 8/2295, 8/4340 — . . . 18675 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Narjes, Dr. Marx, Dr. Mertes (Gerolstein), Dr. Dollinger, Dr. Stercken, Dr. von Geldern, Kittelmann, Dr. Klein (Göttingen), Dr. Hoffacker, Hüsch, Sick, Dr. Voss, Hartmann, Dr. Wittmann (München), Dr. Hupka, Kunz (Berlin), Dr. Ritz, Amrehn, Broll, Dr. Hornhues, Schetter, Seiters, Graf Huyn, Hanz, Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Hammans, Dr. Möller, Berger (Lahnstein), Würzbach, Werner, Dr. Sprung, Schröder (Wilhelminenhof), Dr. Wulff, Reddemann, Bahner, Frau Berger (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU III. VN-Seerechtskonferenz Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 III Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Dritte Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen — Drucksachen 8/3760, 8/3910, 8/4328 — 18676A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Narjes, Grunenberg, Angermeyer, Dr. Corterier, Ewen, Dr. von Geldern, Kittelmann, Rapp (Göppingen), Dr. Wittmann (München) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Tiefseebergbaus — Drucksache 8/2363 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 8/4359 — 18676 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Sportförderung in den Entwicklungsländern — Drucksache 8/5357 — 18676 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Wilms, Pfeifer, Rühe, Schedl, Frau Benedix-Engler, Pieroth, Hasinger, Daweke, Prangenberg, Dr. Hornhues, Frau Krone-Appuhn, Voigt (Sonthofen), Berger (Lahnstein), Dr. Blüm, Dr. George, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Möller, Frau Karwatzki, Neuhaus, Dr. Laufs, Dr. Langguth, Hauser (Krefeld), Josten, Würzbach, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Berufliche Fortbildung in Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen — Drucksachen 8/2884, 8/4294 — . . . 18676D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zum Jahresbericht 1979 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksachen 8/3800, 8/4374 — . . . 18676D Beratung der Sammelübersicht 77 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/4375 - 18677 A Nächste Sitzung 18679A Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 18681 *A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1980 18583 229. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1980 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 4. 7. Dr. Ahrens ** 4. 7. Dr. Aigner * 4. 7. Alber ** 4. 7. Dr. Bangemann * 3. 7. Dr. Barzel 4. 7. Baum 4. 7. Dr. Blüm * 4. 7. Blumenfeld * 3. 7. Frau von Bothmer ** 4. 7. Büchner (Speyer) ** 4. 7. Dr. Evers ** 4. 7. Fellermaier * 4. 7. Flämig ** 4. 7. Frau Dr. Focke * 4. 7. Friedrich (Würzburg) * 4. 7. Dr. Fuchs * 4. 7. Dr. Geßner ** 4. 7. von Hassel * 4. 7. Dr. Holtz ** 3. 7. Hoppe 4. 7. Katzer * 4. 7. Dr. h. c. Kiesinger 4. 7. Kittelmann ** 4. 7. Dr. Klepsch * 4. 7. Lagershausen ** 4. 7. Lenzer ** 4. 7. Lücker * 4. 7. Luster * 4. 7. Dr. Mende ** 4. 7. Dr. Müller ** 4. 7. Dr. Pfennig * 4. 7. Reddemann ** 4. 7. Scheffler ** 4. 7. Frau Schleicher * 4. 7. Schmitz (Baesweiler) 4. 7. Dr. Schwencke (Nienburg) * 4. 7. Seefeld * 4. 7. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 4. 7. Dr. Sprung 4. 7. Ueberhorst ** 4. 7. Dr. Vohrer ** 4. 7. Walkhoff 4. 7. Frau Dr. Walz * 4. 7. Weber (Heidelberg) 4. 7. Wischnewski 3. 7. Dr. Wulff 4. 7. Zebisch ** 4. 7. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat am Ende seiner Ausführungen die subjektive Feststellung getroffen,



    Ministerpräsident Dr. h. c. Strauß (Bayern)

    daß in seinen Augen und in den Augen des Herrn Außenministers der Zweck der Reise erreicht worden sei. Ich kann mir auch schwer vorstellen — obendrein angesichts der Vorgeschichte dieser Reise —, daß ihm eine umgekehrte Feststellung möglich gewesen wäre.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Es wird aber viele denkende, der Geschichte und der Zeitgeschichte bewußte Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, in den Ländern unserer Bündnispartner und in anderen Ländern geben, die mit dieser Feststellung nicht übereinstimmen.
    Es ist allerdings schwer, den Zweck der Reise zu definieren. Denn ursprünglich wurde der Zweck der Reise damit begründet, daß man wieder in den Dialog eintreten wolle, daß man der Sowjetunion den Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan abringen wolle, daß man in der Frage des Rüstungsgleichgewichts, in der Frage der Mittelstreckenraketen durch die eigenen Vorschläge sowjetisches Entgegenkommen, den Beginn der Problemlösung erreichen werde. Von all dem ist nur noch übrig geblieben, daß es gut gewesen sei, miteinander geredet zu haben.

    (Wehner [SPD]: Alles ist eingehalten worden, Herr Ministerpräsident!)

    — Miteinander geredet zu haben. — Denn von Verhandlungen kann man in dem Zusammenhang nicht reden.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Das hat auch niemand!)

    Nachdem ich nun diese Erklärung gehört habe, wundert es mich, warum wir am Dienstagabend diese geheimnisvollen Andeutungen über sensationelle Vorschläge der sowjetischen Seite im Zusammenhang mit den Mittelstreckenraketen vernommen haben, Vorschläge, die so geheim seien, daß man sie erst den Bundesgenossen durch den Sonderkurier Hans-Dietrich Genscher mitteilen müsse, bevor man sie der staunenden Öffentlichkeit übergeben dürfe. Nach dem, was wir jetzt gehört haben, was das sowjetische Gegenangebot zu dem Moratoriumsvorschlag des Bundeskanzlers war, kann ich nur feststellen: Man braucht kein Fachmann zu sein, um zu sagen: Das ist doch ein alter Hut.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Warten Sie auf die Antwort Amerikas!)

    — Herr Kollege Wehner sagt, ich solle auf die Antwort Amerikas warten. Nun, es ist im Bündnis nicht üblich, daß man Mitteilungen eines Bündnispartners nach einer Reise, die gerade von den Amerikanern und ihrer politischen Führung am allerwenigsten begrüßt worden ist,

    (Zurufe von der SPD)

    etwa abwertend beurteilt. Ich habe noch nie internationale Anregungen gehört, bei denen nicht das Echo war, sie seien konstruktiv und nützlich, man werde sie mit der gebotenen Sorgfalt prüfen. Das gehört doch alles zu dem Zeremoniell der Sinngebung
    des Sinnlosen, aber nicht zu ernsthaften politischen Auseinandersetzungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    — Herr Wehner, es wäre gut, wenn Sie mich ausreden lassen würden. Denn gerade Sie haben zur Vergiftung der Atmosphäre in diesem Zusammenhang Ihren dauernden Anteil beigetragen. —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn der Bundeskanzler damit sagen wollte, daß kein unmittelbarer Schaden eingetreten sei, dann würde ich ihm recht geben. Aber es geht nicht nur um die auf der Oberfläche erkennbaren unmittelbaren Schäden, es geht auch um die langfristige psychologische, politische Wirkung solcher Vorgänge.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Regierungserklärung war ebenso dürftig wie die Behandlung der darin angedeuteten Probleme oberflächlich.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Ich wundere mich, warum man nicht in der Lage war, uns den Inhalt dieser Regierungserklärung wenigstens eine Stunde vorher zur Verfügung zu stellen. Gestern haben wir gehört, es fänden noch laufend Konsultationen mit den Verbündeten statt, heute morgen um 8 Uhr sei noch eine Besprechung, in der letzte Hand an die Regierungserklärung angelegt werden würde. Es ist für den Arbeitsstil und das gegenseitige Vertrauen in diesem Kabinett kennzeichnend, daß diese Platitüden, diese Gemeinplätze, diese Oberflächlichkeiten in einer besonderen Kabinettsitzung heute morgen um 8 Uhr den darob also verwunderten Kabinettsmitgliedern mitgeteilt werden müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Schwätzer!)

    Wenn der Bundeskanzler feststellt, daß besonnenes Handeln notwendig sei — wer würde dem widersprechen? Aber haben nicht auch Chamberlain und Daladier seinerzeit für sich besonnenes Handeln in Anspruch genommen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte die Rolle Helmut Schmidts in Moskau nicht mit der Chamberlains und Daladiers in München unmittelbar vergleichen.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich gebrauche nicht falsche historische Vergleiche wie etwa den, daß wir uns im Jahre 1980 in einer Lage wie 1914 kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges befinden würden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber besonnenes Handeln soll doch nur andeuten, daß hier einer, der nach meiner Meinung leider von den Problemen weniger versteht, als wir ihm ursprünglich zugetraut oder von ihm erwartet hatten, als einziges noch eine Maxime von sich geben kann, die er zur Hervorhebung seiner Grundhaltung gegenüber der CDU/CSU besonders unterstreichen



    Ministerpräsident Dr. h. c. Strauß (Bayern)

    wollte, er, der besonnen handelnde Staatsmann, und daneben die stürmischen Hitzköpfe, die mit den großen Redensarten,

    (Lachen bei der SPD)

    — ja, ja, ich kenne das alles —, diejenigen, von deren Äußerungen man „die Schnauze voll" habe, um ihn wörtlich zu zitieren usw. Ich darf nur sagen, Herr Bundeskanzler, ich spreche Ihnen nicht den Willen zur Besonnenheit ab,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Hört! Hört! — Lachen bei der SPD und der FDP)

    aber den Instinkt, in der richtigen Stunde zu verstehen, welche Handlungsweise der Begriff „Besonnenheit" erfordern würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich nur am Rande sagen: Ich habe im Laufe der letzten Jahre und Monate mit der mir eigenen Vergessens- und Bewunderungskapazität aus Ihrem Munde gehört, welche Elemente die Grundlagen Ihrer Friedenspolitik seien: einmal die Mitarbeit im Bündnis, dann eine funktionsfähige Bundeswehr und dann auch die Bereitschaft zur Rüstungskontrolle, zur Rüstungsbegrenzung und zu Abrüstungsverhandlungen. Ich habe — bei der Wiedergabe von einem Tonband — im Wortlaut gehört, daß Sie an der Formulierung des Soldatengesetzes persönlich entscheidend mitgewirkt hätten. Sie sollten doch auch einmal so bescheiden sein, zuzugeben, daß seinerzeit Ihr in namentlicher Abstimmung gegebenes Nein zum Einbau einer Wehrverfassung in das Grundgesetz, Ihr in namentlicher Abstimmung abgegebenes Nein zum Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in die Atlantische Allianz kein Ausdruck der Besonnenheit, sondern parteipolitischer Blindheit waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn Sie darauf hinweisen, daß Sie an der Formulierung des Soldatengesetzes mitgewirkt haben, dann sollten Sie auch sagen, daß Sie dieses Gesetz damals gemeinsam mit Ihrer Fraktion abgelehnt haben und daß Sie Ihre Ablehnung damit begründet haben, daß man dem Wettrüsten auf deutschem Boden nicht Vorschub leisten dürfe. Das sind genau dieselben Argumente, mit denen Sie heute eine in der Anlage verfehlte, im Ergebnis undurchsichtige und in der langfristigen Auswirkung gefährliche Reise als Akt der Besonnenheit auszugeben sich bemühen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist nur auffallend, daß Sie um so interessanter darüber reden, um so geheimnisvollere Andeutungen machen, je weniger Sie recht haben in der Sache. Nicht die Vergangenheit oder die Zukunft muß man an der Geschichte studieren, sagt ein chinesisches Sprichwort; dies ist richtig.

    (Lachen bei der SPD und der FDP)

    — Das ist richtig, auch wenn Ihnen die Quelle nicht
    paßt. — Der Berg gebar eine Maus, aber der Westen
    wird die politischen Alimente auf die Dauer bezahlen.

    (Heiterkeit)

    Lassen Sie mich im Zusammenhang mit dieser Reise einen Vergleich anstellen. Es gibt zwei Reisen eines jeweiligen deutschen Bundeskanzlers nach Moskau, die besondere Aufmerksamkeit erweckt haben, die weltweite Beachtung gefunden haben und die mit besonderer Sorgfalt verfolgt worden sind. Das eine war die unter den damaligen Umständen sensationelle Reise Konrad Adenauers nach Moskau im Jahre 1955, das andere die des heutigen Bundeskanzlers Schmidt im Jahre 1980. Die Reise Adenauers kann man — ich möchte nur einen Satz darüber sagen — als notwendig und richtig bezeichnen. Er hatte die Einbindung in den Westen gegen den erbitterten Widerstand der Sozialdemokratischen Partei mit seiner parlamentarischen Mehrheit durchgesetzt, den Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in die NATO. Dann kam die zielstrebige, behutsame, vorsichtige Regelung der Beziehungen zu Moskau. Behutsam, besonnen, vorsichtig und zielstrebig — Ergebnis: Aufnahme diplomatischer Beziehungen, Freilassung der Kriegsgefangenen.
    Die Reise Adenauers war genauso notwendig und nützlich, wie die Reise Schmidts überflüssig und gefährlich war.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Pfui-Ruf von der SPD)

    — Es ist bezeichnend, daß Sie auf intellektuelle Bewertungen nur die Ausdrücke entweder blinden Beifalls oder gehässiger persönlicher Angriffe haben, aber mehr dazu nicht beizutragen vermögen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Denn die Reise Schmidts im Jahre 1980 erfolgte auf dem Hintergrund einer gefährdeten Allianz, im Alleingang und ohne Mandat der Bündnispartner.

    (Zuruf von der SPD: Unsinn!)

    Wenn ich hier über diese Reise nach Konzeption, Vorgeschichte, Hintergrund, Dramaturgie und Zeitpunkt ein kritisches Urteil mir erlaube, dann nicht zuletzt deshalb, weil die Wahl des Zeitpunkts dieser Reise genauso instinktlos war wie der Besuch des gleichen Politikers ein Jahr nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in Prag am 21. August 1969.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damals dauerte es ein Jahr; in der Zwischenzeit genügt ein halbes Jahr zwischen dem Einmarsch der russischen Truppen in Afghanistan mit seinen brutalen Folgewirkungen des Völkermordes in ganzen Bereichen bis zur Dramaturgie dieser Reise und ihrem dürftigen Ergebnis.
    Eine Weltkrise ist die Szene, in der diese Reise stattgefunden hat. Die Weltkrise hat nicht wie eine Krise stattgefunden, die durch Einwirkung höherer Umstände, von Menschengewalt nicht zu verhindern, ausgelöst wird, die Weltkrise ist nicht eine



    Ministerpräsident Dr. h. c. Strauß (Bayern)

    Weltkrise, sondern ein Akt brutaler sowjetischer Machtpolitik,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    eine Ausdehnung sowjetischer Machtkontrolle bei Gleichschaltung des innenpolitischen Systems in einem Land, von dem zu behaupten, es sei eine Bedrohung der Sowjetunion gewesen, eine Beleidigung der Welt und der Zeitgeschichte darstellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wollen uns doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich das Bündnis bei der Reise Adenauers im Zustand der Festigung, des Fortschritts und der vollen Funktionsfähigkeit befand, daß sich das Bündnis in diesem Jahre — und nicht ohne maßgebende Schuld europäischer Staatsmänner, an der Spitze Helmut Schmidt;

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    wenn ich mir diesen Ausdruck als Funktionsbezeichnung hier erlauben darf — in einem Zustand befindet, der von neutraler Seite als „zerfallende Allianz" bezeichnet wird. Die Frage ist nicht, ob man verbale Bekenntnisse zu Allianzen ablegt, ob man betont, man stehe zu dem Bündnis, man habe Vertrauen zu den Bündnispartnern, man sei bereit, die eigenen Bündnisverpflichtungen zu erfüllen, man lehne es mit Entrüstung ab, irgendwelche Unsolidarität zu zeigen. Das ist doch nicht das Entscheidende. Kein Bündnis ist stärker als das Vertrauen der Bundesgenossen zueinander und die psychologische und politische Bereitschaft, alle Lasten, Konsequenzen aus diesem Bündnis, nicht nur seine Vorteile in Anspruch zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Und da sieht es leider anders aus.

    Niemand wird dem langjährigen Korrespondenten der „Neuen Zürcher Zeitung" dem heutigen Chefredakteur Fred Luchsinger, absprechen, daß er ein scharfsinniger analytischer Beobachter, ein scharfsinniger Prognostiker und ein zuverlässiger Bewerter ist. Ich sage das auch im Wissen darum, wie oft seine kritischen Urteile uns oder mir persönlich gegolten haben. Aber das ist nicht das Thema. Er schrieb am 25./26. Mai 1980 unter der Überschrift „Zerfallende Allianz":
    Das Bild vom Zustand der freien Welt ist im letzten Vierteljahrhundert noch nie so düster gewesen, wie es sich zurzeit präsentiert. Die europäisch-amerikanische Solidarität, die Grundlage und Voraussetzung der gemeinsamen Sicherheit und politischen Handlungsfähigkeit, zeigt in kritischer Situation tiefe Risse.
    Es gibt einen persönlichen Freund bzw. Anhänger des Herrn Bundeskanzlers, den jetzigen Leiter des Londoner Instituts für strategische Studien, Christoph Bertram. Er hat jüngst im „U.S. News & World Report" die Moskau-Reise des Kanzlers einen zum gegenwärtigen Zeitpunkt schweren taktischen Fehler genannt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zur Besonnenheit gehört auch die Fähigkeit, eigene Wünsche, parteipolitische Opportunitäten und persönliche Ambitionen kritisch unter Kontrolle halten zu können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es war zu erwarten, daß alle regierungsamtlichen Kosmetiker Tag und Nacht tätig sein würden, um aus dieser Reise einen Erfolg zu machen. Aber das hält kritischer Beurteilung nicht stand. Die Reise war mindestens verfrüht, solange Moskau noch nicht das geringste ehrliche Signal zur Bereinigung des Afghanistan-Konflikts gegeben hat

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Naivität, sich von diesem sogenannten teilweisen Truppenabzug gewissermaßen einen Auftakt für die Fortsetzung des löblichen Handelns bis zur Freigabe zu versprechen, ist selbst für einen Fanatiker falsch verstandener Entspannungspolitik eine intellektuell unzulässige und, wenn er in amtlicher Funktion ist, für die Öffentlichkeit gefährliche Fehlleistung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Herr Bundeskanzler sollte doch wenigstens das nachlesen, was mit seiner Erlaubnis — die Informationen sind ja eh recht spärlich, die wir erhalten — von einer für die Auswertung solcher Dinge zuständigen Stelle des Bundes als Brosamen selbst den Oppositionspolitikern zur Verfügung gestellt wird. Dann würde er diesem Bericht entnehmen, daß es sich hier um den Austausch für den Einsatz in dieser Gegend unbrauchbarer, verschlissener und im übrigen für die Erfüllung des Kampfauftrages nicht ausreichender Einheiten gehandelt habe und daß diese Einheiten selbstverständlich durch andere Einheiten ersetzt würden. Wer glaubt, daß die Sowjetunion von Afghanistan her bedroht worden und daß sie deshalb gezwungen gewesen sei einzumarschieren, um den Einmarsch und das Vordringen ausländischer Agenteneinheiten oder — hier sind die USA und China gemeint — ausländischer Kampfeinheiten aufzuhalten, der glaubt allerdings auch das mit dem Teilabzug.
    Wir wissen doch, daß man in einer gefährlichen und häßlichen Zeit deutscher Geschichte einmal Wert darauf gelegt hat, militärische Stärke zu simulieren statt militärische Stärke in Abrede zu stellen. Das war damals beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Rheinland 1936, als Hitler dieselben Truppenteile dreimal — z. B. — in Heidelberg, einmarschieren ließ, um vorzutäuschen, über welche militärische Stärke er verfüge. Die Sowjetunion ist weiser. Sie macht genau das Gegenteil. Aber daß Diktaturen mit totaler Beherrschung der Medien, mit totaler Beherrschung des Informationsstromes in der Lage sind, Truppen scheinbar abzuziehen, um hernach bei Nacht — notfalls auf dem Luftweg — wieder ein Mehr an geeigneten Truppen hereinzubringen, sollte doch erwachsene Männer nicht veranlassen, einen solchen Unsinn als Beginn einer Lösung des Afghanistan-Problems darzustellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Ministerpräsident Dr. h. c. Strauß (Bayern)

    Die Reise schwächte auch den Widerstandswillen und die Geschlossenheit des Westens allein durch ihre Tatsache, durch ihren Zeitpunkt und durch das Vorpreschen eines Allianzpartners, dem diese Rolle nicht zugefallen wäre und der sie auch nicht hätte beanspruchen dürfen.
    Die Reise ermutigt Moskau auch, die erreichten Positionsgewinne zu behaupten. Notfalls wird die abendliche Lachstunde im Kreml verlängert.
    Viertens. Die Moratoriumsangebote Helmut Schmidts hinsichtlich der Verwirklichung des Nachrüstungsbeschlusses sind doch in Moskau trotz ihrer Schwäche und ihrer einseitigen Bevorzugung der sowjetischen Position auf nackte Ablehnung gestoßen — eine vorläufige Bewertung. Man kann doch auch nicht an solchen Urteilen vorbeigehen, wie sie etwa so eine ausgewogene Wochenzeitung wie der „Economist" vom 28. Juni 1980 veröffentlicht hat: Es sei unwahrscheinlich, daß Präsident Carter von Helmut Schmidt überzeugt worden sei, seine Plauderei mit Helmut Schmidt auf dem Gipfel von Venedig habe die Atmosphäre bereinigt, aber nicht die fundamentalen Meinungsverschiedenheiten beseitigt Es heißt: „Der Präsident denkt, daß die Deutschen zu weich seien in ihren Verhandlungen mit den Russen, und der Kanzler fährt fort zu glauben, daß des Präsidenten Unberechenbarkeit eine Drohung sei für das, was von der Détente" — also von der Entspannung — „noch übriggeblieben sei."
    In der Weltmeinung hat sich doch der Begriff der „fundamental difference of opinion" zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland festgesetzt. Und wer hat diesen Begriff von der Differenz der Interessen in die Welt gesetzt, mit gefährlichen Argumenten begründet? — Das war Helmut Schmidt und niemand anders!
    Ich denke daran, daß Helmut Schmidt auf seiner Amerika-Reise davon gesprochen hat, daß es in Deutschland 16 Millionen Geiseln gebe, auf die man Rücksicht nehmen müsse. Abgesehen davon, daß es 17 Millionen Einwohner der DDR sind, ist dazu zu sagen — ich habe das hier schon einmal erwähnt —: Das sind nicht 17 Millionen Geiseln, sondern das sind 17 Millionen Ankläger, daß der Geist von Helsinki die Machtpraxis des Kommunismus noch nicht erfaßt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Brandt?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte sehr.