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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/208 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 208. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Ziegler 16615A Verzicht des Abg. Ahlers auf die Mitgliedschaft im und Eintritt des Abg. Dr. Schweitzer in den Deutschen Bundestag . . . . 16615A Begrüßung der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Simone Veil, und einer Delegation 16615 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 16706 B Erweiterung der Tagesordnung . . . 16706B Bericht zur Lage der Nation Schmidt, Bundeskanzler 16615 D Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Frei- staates Bayern 16624 A Genscher, Bundesminister AA 16635 D Dr. Marx CDU/CSU 16642 B Brandt SPD 16650 C Hoppe FDP 16656 C Dr. Dregger CDU/CSU 16660 C Wehner SPD 16665 D Möllemann FDP 16670 A Franke, Bundesminister BMB 16674 D Graf Huyn CDU/CSU 16679 B Frau Schlei SPD 16683 A Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur sowjetischen Intervention in Afghanistan — Drucksache 8/3667 — 16686 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes — Drucksache 8/2067—Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3826 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 8/3495, 8/3758 — Egert SPD 16686B, 16688 A Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . . 16686 C Hölscher FDP 16690 A Höpfinger CDU/CSU 16691 D Urbaniak SPD 16693 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 Spitzmüller FDP 16694 D Grobecker SPD 16696 B Frau Dr. Neumeister CDU/CSU . . . 16696 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 16697B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 8/873 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3827 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/3764 — Brandt (Grolsheim) SPD . . . . 16701B, 16703A Regenspurger CDU/CSU 16701 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 16704 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Schulte (Unna), Spitzmüller und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im Bundesrecht — Drucksache 8/3105 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/3716 — 16705 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Kaffee- und Teesteuergesetzes — Drucksache 8/3297 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3769 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3745 — 16705 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abgeltung von Kriegsschäden deutscher Staatsangehöriger in Italien — Drucksache 8/3419 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3744 — 16706 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bergmannsprämien — aus Drucksache 8/3688 — Erster Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3830 — Erste Beschlußempfehlung und erster Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3824 — 16706 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften 1980 — Drucksache 8/3624 — von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI 16706D Regenspurger CDU/CSU 16707 C Liedtke SPD 16709 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 16710 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 — Drucksache 8/3662 — Lemmrich CDU/CSU 16711A Topmann SPD 16713A Merker FDP 16714 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 17. Oktober 1979 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte — Drucksache 8/3748 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 3 vom 17. Oktober 1979 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte — Drucksache 8/3749 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. Dezember 1979 zur Änderung des Vertrages vom 11. September 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten — Drucksache 8/3746 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Mauritius zur Vermeidung der Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 III Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Förderung des Handels und der Investitionstätigkeit zwischen den beiden Staaten — Drucksache 8/3747 — 16717 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung — Drucksache 8/3785 — 16717 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes — Drucksache 8/3750 — 16717B Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge — Drucksache 8/3752 — 16717 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes — Drucksache 8/3766 — 16717 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Förderung der Menschenrechtserziehung — Drucksache 8/3751 — 16717 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zur Unterrichtung durch die Bundesregierung UNESCO-Empfehlung über die Fortentwicklung der Weiterbildung — Drucksachen 8/1130, 8/3763 — . . . 16717D Beratung der Sammelübersicht 64 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/3768 — 16718A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/3770 — 16718B Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Aufhebbaren Vierundvierzigsten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung Aufhebbaren Vierzigsten Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — Aufhebbaren Dreiundsiebzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Aufhebbaren Vierundsiebzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —— Drucksachen 8/3540, 8/3539, 8/3519, 8/3544, 8/3787 — 16718C Nächste Sitzung 16718 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16719* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 16615 208. Sitzung Bonn, den 20. März 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 21. 3. Dr. van Aerssen* 20. 3. Dr. Ahrens** 21. 3. Dr. Aigner* 21. 3. Alber * 21. 3. Amling 21. 3. Dr. Bangemann* 21. 3. Dr. Bayerl 21. 3. Blumenfeld*** 20. 3. Dr. Corterier*** 21. 3. Dr. Enders** 21. 3. Fellermaier* 21. 3. Flämig*** 21. 3. Frau Geier 21. 3. Dr. Geßner** 20. 3. Kittelmann** 21. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Klepsch* 21. 3. Dr. Kreile 21. 3. Dr. Graf Lambsdorff 21.3. Lampersbach 21. 3. Lange * 20. 3. Dr. Mende** 20. 3. Milz 21. 3. Mischnick 21. 3. Dr. Müller** 21. 3. Müller (Mülheim) 21. 3. Dr. Pfennig * 21. 3. Reddemann** 20. 3. Dr. Schäuble** 21. 3. Frau Schleicher* 21. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 21. 3. Schmidt (Würgendorf) ** 21. 3. Schulte (Unna) 21. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) * 21. 3. Seefeld* 21. 3. Frau Tübler 21. 3. Dr. Vohrer** 20. 3. Walkhoff 21. 3. Dr. Wendig 21. 3. Wissmann 21. 3. Wuwer 21. 3. Zebisch** 20. 3.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der diesjährige Bericht des Bundeskanzlers zur Lage der Nation hat uns vor Augen geführt, was wir Deutschen, insbesondere die Berliner, zu verlieren haben, wenn es tatsächlich dahin kommen sollte, daß der Osten und der Westen in Europa wieder in Konfrontation, Konflikt und Abgrenzung zurückfallen. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen; sie besteht tatsächlich. Sie zu bannen, liegt allerdings nicht in erster Linie an uns, auch und gerade wenn wir noch so sehr darum bemüht sind, die Voraussetzungen und Grundbedingungen gleichgewichtiger Entspannungspolitik aufrechtzuerhalten.
    Dem Bundeskanzler — vielleicht darf ich das auch als Minister für innerdeutsche Beziehungen einmal sagen — ist dafür zu danken, daß er bei unseren Verbündeten unermüdlich um Verständnis für unsere spezifischen deutschen Interessen wirbt, für spezifische deutsche Interessen, was das Verhältnis zu den Staaten des Warschauer Paktes, zu denen ja auch die DDR gehört, betrifft.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, dieses Thema „Bericht zur Lage der Nation" verlangt gerade in der heutigen Zeit, daß wir im Bündnis mit unseren Freunden auch



    Bundesminister Franke
    die Wahrnehmung unserer speziellen Interessen noch pflegen können und daß diese mit eingebracht werden. Und das ist überhaupt unser Problem in der Welt: daß viele weitab von uns leben und wohnen und diese Probleme besonderer Art nicht kennen. Um so wichtiger ist es, in solchen entscheidenden Situationen in aller Sachlichkeit, aber auch Behutsamkeit die Gemeinsamkeiten zu betonen und dennoch das deutsche Interesse nicht untergehen zu lassen. Diese Interessen sind uns aus Erfolgen unserer Entspannungspolitik zugewachsen, und ich sehe nichts Vorwerfbares oder gar Verwerfliches darin, um ihren Bestand besorgt zu sein.
    Ein Wort zur Größenordnung: Man wirft uns häufig vor, wir übertrieben aus parteipolitischen oder wahltaktischen Gründen diese Erfolge. Andere sagen es so: Das sind nur Rinnsale, das alles ist kümmerlich. Man hat sich daran gewöhnt, man sagt kaum noch etwas darüber. Man versucht, den ganz beachtlichen Unterschied gegenüber der Zeit vor zehn Jahren völlig zu ignorieren, und man verfährt nach der Parole, daß man auch mit der Vergeßlichkeit der Menschen taktieren kann.
    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle sollten ein Interesse daran haben, daß wir in der Tat durch unser ernsthaftes Bemühen, durch unser sachliches Bemühen für die Deutschen in beiden Teilen, in beiden Staaten Deutschlands Erleichterungen und Veränderungen herbeiführen, die zum menschlichen Zusammenhalt beitragen können.
    Hinsichtlich der Größenordnung, dann, wenn es um die Behauptung geht, wir hätten diese Erfolge nur aus parteipolitischen oder wahltaktischen Gründen gefeiert, empfehle ich die Gegenprobe. Dabei stellt sich heraus, daß auch kein Politiker der Opposition es wagt, die Vorteile, die wir Deutschen, insbesondere die Berliner, aus der europäischen Entspannungspolitik ziehen, in Frage zu stellen oder gar aufs Spiel zu setzen. Auch das ist für mich, so muß ich sagen, ein Indiz für den Wert dieser Vorteile, die ja die besonderen deutschen Interessen an der Politik der Entspannung ausmachen.
    Ich habe auch noch keinen Oppositionspolitiker gehört, der es auf sich genommen hätte, die besonderen deutschen Probleme und Interessen gegen die nichtspezifischen deutschen Interessen zu gewichten, sie zueinander in ein Verhältnis zu bringen. Dabei denke ich in erster Linie an diejenigen unserer Interessen, die wir als Bundesrepublik etwa mit unseren westlichen Verbündeten gemeinsam haben, die uns also mit ihnen verbinden. Von der Opposition hören wir nur vage Verdächtigungen und Anschuldigungen, daß wir es an dem nötigen Eifer im Dienste unserer gemeinsamen westlichen Bündnisinteressen fehlen ließen. Dann wieder hören wir Bekenntnisse zur einen deutschen Nation. Das eine wie das andere wäre überzeugender, wenn beides einmal in Verbindung zueinander gesetzt würde, um dann an dieser Verbindung, wie immer sie auch gewichtet wäre, das tatsächliche Handeln der Bundesregierung in der einen wie in der anderen Richtung zu messen.
    Das, meine Damen und Herren von der Opposition, sind Sie uns und der Öffentlichkeit bisher schuldig geblieben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich vermute, wohlweislich, denn das ist in der Tat eine dornige Sache. Sie verlangt Augenmaß und Unvoreingenommenheit. Im Grunde verlassen Sie sich da doch ganz auf die Bundesregierung in der Hoffnung, diese werde es schon schaffen, die besonderen deutschen Belange in die gemeinsame westliche Interessenlage und Beschlußfassung einzubringen. Mit dieser Hoffnung in die Bundesregierung liegen Sie gar nicht einmal falsch. Wir bemühen uns immer wieder darum, ungeachtet Ihrer Unkenrufe.
    Der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, daß die jüngsten weltpolitischen Entwicklungen die innerdeutschen Beziehungen nicht belasten — bis jetzt wenigstens nicht. Meine Damen und Herren, ich wiederhole noch einmal: bis jetzt wenigstens nicht belasten. Es ist wichtig, diesen Umstand richtig einzuordnen. So wäre es ein Irrtum, daraus zu schließen, daß die innerdeutschen Beziehungen von den bestimmenden Faktoren der allgemeinen Ost-West-Lage, wie dem militärischen Gleichgewicht und dem Verhältnis zwischen den beiden Weltmächten, bereits weitgehend oder auch nur relativ unabhängig sind. Das sind sie in Wirklichkeit nicht. Es gibt keine deutsche Entspannung abseits oder, besser, im Windschatten internationaler Vorgänge, die das Kräfteverhältnis insgesamt beeinflussen. Hüten wir uns vor solchen Illusionen.
    Wir tun deshalb heute mehr denn je gut daran, uns ständig gegenwärtig zu halten: Beide Staaten sind in ihr jeweiliges Bündnis eingebunden, und danach bemißt sich ihr Spielraum. Beide müssen sogar darauf bedacht sein, diesen Spielraum einzuhalten, sonst verlören sie mit der Lockerung ihrer Bindung zu den Verbündeten auch den Rückhalt im internationalen Kräfteverhältnis. Auf diesen Rückhalt ist jeder von ihnen aus je eigenen Gründen angewiesen. Ich brauche, was uns betrifft, dabei nur das Stichwort Berlin zu nennen.
    So sagt denn auch das derzeitige innerdeutsche Verhältnis nichts weiter aus, 41s daß in beiden Staaten und darüber hinaus in beiden Bündnissen kein Interesse herrscht, in Mitteleuropa die Politik der Zusammenarbeit aufzugeben. Im Gegenteil, beide Seiten sind bemüht, ihren Wunsch und ihr Bestreben nach mehr statt weniger Zusammenarbeit zu demonstrieren. Die innerdeutschen Beziehungen sind und bleiben ein Teil der Ost-West-Politik in Europa, ein gewichtiger Teil mit Anzeige- und sogar Antriebsfunktionen.
    Weil das so ist, steht nach meiner Auffassung die Opposition weiterhin vor dem Problem, eine tragfähige glaubwürdige Einstellung zu unserer innerdeutschen und europäischen Entspannungspolitik zu finden. Dieses Problem hat Ihnen Afghanistan mitnichten vom Halse geschafft, meine Damen und Herren, auch wenn einige von Ihnen das hoffen mögen.
    Was Ihre Einstellung zur Deutschlandpolitik seit 1969 angeht, so empfehle ich Ihrem Nachdenken die



    Bundesminister Franke
    Ausführungen des bayerischen Ministerpräsidenten, die dieser hier am 28. Februar, also vor wenigen Wochen, zu unserem Thema gemacht hat. Sie sind im Protokoll der 203. Sitzung auf Seite 16192 nachzulesen. Zur Erklärung ist es notwendig, ein wenig weiter auszuholen.
    Bei Rednern der CDU/CSU ist es gang und gäbe, auf das angebliche Mißverhältnis zwischen „unwiderruflichen Leistungen" unserer Seite und den angeblich „widerruflichen Gegenleistungen" der anderen Seite hinzudeuten. Mit unseren „unwiderruflichen Leistungen" ist insbesondere unsere Hinnahme der Staatlichkeit der DDR gemeint, während unter den Gegenleistungen der DDR vor allem die Kommunikationsverbesserung für die Menschen und humanitäre Zusagen im Bereich der Familienzusammenführung verstanden werden. Diese Redewendung vom angeblichen Mißverhältnis — ich sage das hier nicht zum erstenmal — beruht schlichtweg darauf, daß man den Wert unserer damaligen Leistungen beharrlich überschätzt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sie unterschätzen sie!)

    Es war eben nicht so, daß die damals neu gebildete Bundesregierung von hier auf jetzt und aus purem Ubermut auf den Gedanken verfiel, die DDR als Staat zu akzeptieren. Vielmehr folgte sie damit einer Notwendigkeit, nachdem die Deutschlandpolitik längst in einer Sackgasse festgefahren war und die Kräfte unserer Außenpolitik sich mit abnehmendem Erfolg darin verbrauchten, das Ignorierungsgebot in bezug auf die DDR durchzusetzen. Sie erinnern sich an die Hallstein-Doktrin — um es noch genauer zu sagen. Hier tat Abhilfe not, und zwar möglichst zu einem Zeitpunkt, als für das ohnehin Unvermeidliche etwas zu bekommen war. Dieser Zeitpunkt war Ende der 60er Jahre in der Tat gegeben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das behaupten Sie nur!)

    Hier darf ich nun zur Bestätigung auf die Äußerung
    von Franz Josef Strauß vom 28. Februar verweisen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Das behauptete „Unvermeidliche"!)

    — Nein! Ich beziehe mich ja nur auf Ihren Spitzenreiter. Auch der hat das richtig erkannt. Nur, Sie sind sogar ein Ignorant der Wirklichkeit. Das zeichnet Sie in besonderer Form aus.

    (Seiters [CDU/CSU]: Ausgerechnet Herrn Mertes!)

    — Ja, ausgerechnet Mertes!

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Auch der ist zeitweise Ignorant. Sie haben eine interessante Arbeitsteilung vorgenommen. Sie meinen, Sie können jeden hier mit dem bedienen,was gerade gebraucht wird. Wir wollen mal eine Gesamtkonzeption bei Ihnen entdecken!
    Jetzt beziehe ich mich mal auf den Mann, der nach Ihrem Willen demnächst die Richtlinien der Politik bestimmen soll. Da werden Sie sehen, was auf Sie zukommt. Sie haben jetzt gar keine Veranlassung, zu kritisieren. Er sagte nämlich: Erstens. In der zweiten
    Hälfte der 60er Jahre habe im Kreml ein Ernüchterungsprozeß eingesetzt. Demzufolge hätten die sowjetischen Führer eingesehen, daß sie mit dem Westen in eine wirtschaftliche Zusammenarbeit eintreten müßten. Hier liege — so Strauß wörtlich — „der realistische Ansatz der Entspannungspolitik".

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Ja!)

    Zweitens sagte Strauß — ein Stück weiter —, er glaube nicht, daß wir, die Bundesrepublik, die Hinnahme der Staatlichkeit der DDR auf längere Zeit hätten vermeiden können.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Weiterlesen!)

    Da haben wir es doch! Diese Entwicklung hat sogar Strauß damals schon erkannt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Bitte weiterlesen!)

    „Auf längere Zeit" ist natürlich ein dehnbarer Begriff Außerdem macht uns Herr Strauß einen verhandlungstaktischen Vorwurf. Etwas muß er ja schließlich kritisieren.
    Aber das Wesentliche ist doch wohl, daß es sich bei der Hinnahme der Staatlichkeit der DDR um etwas handelte, das auch nach Straußens Urteil letztlich unvermeidbar war.
    Hiermit ist eine wichtige Aussage über den tatsächlichen Wert unserer Leistungen und damit über unsere tatsächliche Verhandlungsposition getroffen. Wenn man etwas gibt, dessen Dreingabe mit dem Zeitablauf ohnehin nicht zu vermeiden ist, dann ist die Position am Verhandlungstisch nicht so stark, wie sie wäre, wenn man sein Leistungsangebot ohne Not und Notwendigkeit abgäbe. Davon konnte in unserem Fall keine Rede sein. Das war der anderen Seite wohl bewußt. Wohl bewußt war ihr schließlich auch das, was bei Strauß in der Qualifizierung „auf längere Zeit" zum Ausdruck kommt: daß unsere Leistung, je mehr sie verzögert wurde, an Wert einbüßte.
    Jedenfalls, meine Damen und Herren von der Opposition: Spätestens seit dem 28. Februar 1980 können Sie das Argument von dem angeblichen Mißverhältnis zwischen „unwiderruflichen Leistungen" und „widerruflichen Gegenleistungen" nicht länger bringen. Franz Josef Strauß hat es Ihnen sanft aus der Hand gewunden. Sie sollten es nun endlich ausrangieren. Gestimmt hat es ja sowieso nie. Es hat Sie nur daran gehindert, sich auf den Boden der Tatsachen zu stellen.
    Diese sehen, zusammengefaßt, so aus: Die Deutschlandpolitik, die seit zehn Jahren von den Bundesregierungen der sozialliberalen Koalition verfolgt wird, berücksichtigt die Lage, wie sie sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Welt, in Europa und besonders in Deutschland entwickelt hat. Auf dieser Grundlage war es möglich, die internationale Tendenz zur Minderung und Beherrschung der Ost-West-Spannungen auch in Deutschland für die Menschen spürbar zur Wirkung zu bringen. Selbst Rückschläge haben es nicht vermocht, den substantiellen Ertrag der 1969 eingeleiteten Politik zu schmälern: die Verbesserung der gegenseiti-



    Bundesminister Franke
    gen Information und der Verbindung über Reisen und Telefon zwischen den Menschen im geteilten Deutschland; die Wiedergewinnung von mehr örtlicher Bewegungsfreiheit für Einwohner von West-Berlin; die Erleichterung, Beschleunigung und rechtliche Absicherung des Transitverkehrs sowie die Verbesserung der Verkehrswege von und nach Berlin (West); die Erweiterung der Möglichkeiten, Menschen aus der DDR mit ihren Angehörigen in der Bundesrepublik Deutschland zusammenzuführen. Das in diesen unterschiedlichen Bereichen inzwischen stabilisierte Niveau weist nach Auffassung der Bundesregierung den Erfolg ihrer Deutschland- und Berlinpolitik aus. Diese Politik erfolgreich fortzusetzen, heißt, auf dem erreichten Stand aufzubauen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch dazu einige Worte sagen: Es hat in letzter Zeit Pressemeldungen gegeben, wonach die öffentliche Behandlung von Einzelfällen — sei es im Bereich der Familienzusammenführung, sei es im Bereich besonderer Bemühungen — künftig ausreicht, um das Ausreisebegehren der betreffenden Personen endgültig niederzuschlagen. Dazu muß ich erklären: Anhaltspunkte und Hinweise dafür, daß. solche Befürchtungen zutreffen, gibt es in letzter Zeit mehr denn je. Ich habe auf die Gefahren publizistischer Behandlung und anderweitiger Benutzung von Einzelfällen wiederholt hingewiesen und dem Weg der diskreten Problemlösung stets den Vorzug gegeben. Daß dieser Weg, wenn man den beteiligten Personen wirklich helfen will — diese Einschränkung mache ich allerdings —, erfolgreich und richtig ist, wissen in der Opposition sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die sich mit mir zusammen um Lösungen mühen.
    Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang bitte ich auch zu bedenken, daß die Zahl derjenigen, denen wir helfen wollen und müssen, wenn wir unsere Glaubwürdigkeit nicht verlieren wollen, um ein Vielfaches größer ist als die Aufmerksamkeit, die zu mobilisieren in der hiesigen Öffentlichkeit überhaupt möglich ist. Wir sollten an die Gefühle der vielen, vielen Unbekannten denken, deren Namen hier nicht bekanntgemacht werden können, die aber deshalb nicht weniger in Bedrängnis sind und Anspruch auf Hilfe haben als die paar exemplarischen Fälle.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Richard von Weizsäcker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jäger (Wangen)?

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    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Nein. Mir ist vorhin zugerufen worden, ich solle mich möglichst kurz fassen, da noch weitere Redner sprechen wollten.

    (Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/ CSU])

    — Er kann ja sprechen, er kann sich ja zu Wort melden. — Wir, die Bundesregierung, sehen es jedenfalls in erster Linie als unsere Aufgabe an, die vielen, die von ihren Voraussetzungen her nicht in solchem
    Maße öffentliche Beachtung erwarten dürfen, mit Rat und Tat zu unterstützen; dabei bleibt es auch.
    Lassen Sie mich einige Worte zu den Vorwürfen sagen, die Bevölkerung der Bundesrepublik werde von uns zu wenig, einseitig oder unzutreffend über die Verhältnisse in der DDR informiert. Richtig ist: Wir bemühen uns um sachliche Information. Wer das als einseitig empfindet, bestätigt nur, daß er in Vorurteilen befangen ist. Dazu, solche zum Teil „alteingesessenen" Vorurteile zu bestätigen, ist unsere Informationsarbeit allerdings nicht da.
    Hierbei befinden wir uns augenscheinlich im Einklang mit einem wachsenden Teil unserer Bevölkerung. Die Nachfrage nach sachlicher Information wächst ständig. Wir haben alle Mühe, dieser steigenden Nachfrage trotz Mittelaufstockung — trotz Mittelaufstockung! — gerecht zu werden. Wer hier die Nachtigall trapsen hören sollte, hört durchaus richtig. Wir haben für die Informationspolitik mehr Mittel als je zuvor bekommen, und diese Politik wird angenommen.
    Ich will für die steigende Nachfrage ein Beispiel aus allerjüngster Zeit nennen. Im Benehmen mit der Kultusministerkonferenz der Länder haben wir ein Bücherpaket mit 104 Titeln zur deutschen Frage zur Einstellung in Schulbibliotheken angeboten. Die Schulen sollen es bei einer geringen finanziellen Eigenbeteiligung von uns beziehen können. Drei Bundesländer haben bisher in ihren Amtsanzeigern auf dieses Angebot hingewiesen: Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Berlin. Wie ich höre, wird Nordrhein-Westfalen diese Woche folgen. Die Aktion läuft erst einige Wochen, und doch liegen allein aus den drei genannten Bundesländern heute schon mehr Bestellungen vor, als wir allen Bundesländern für das ganze Jahr 1980 überhaupt zur Verfügung stellen können. Mit anderen Worten: Wir werden vom Erfolg unserer Aktion, den Fachleute vorher eher skeptisch beurteilten, förmlich überrollt. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das bereitgestellte Kontingent streng nach Länderproporz zu rationieren. Niemand wird uns übelnehmen können, wenn wir aus solchen Nachfragen — die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen — entnehmen, daß wir mit unserer sachlichen Informationsarbeit auf dem richtigen Wege sind.
    Darin werden wir uns durch nichts und niemand beirren lassen, auch nicht durch noch so viele Große Anfragen, wie diejenige, die vorgestern von der Fraktion der CDU/CSU eingebracht wurde. Um welches Kaliber es sich dabei handelt, zeigt sich besonders eindrucksvoll an der Frage 9. Da wird doch die Bundesregierung allen Ernstes gefragt:
    Wie beurteilt die Bundesregierung die- auch in der Debatte des Deutschen Bundestages verwandte Bezeichnung „die Bevölkerung der beiden deutschen Staaten" an Stelle der Bezeichnung „Deutsches Volk"?
    Die Bundesregierung als Zensor des Deutschen Bundestages? Und in diese Rolle bringt sie ausgerechnet die Oppositionsfraktion! Das ist schon erstaunlich.



    Bundesminister Franke
    Nicht weniger erstaunlich sind die Probleme, die den Fragestellern offenbar auf den Nägeln brennen. So achten sie peinlich darauf, daß das Eigenschaftswort „deutsch" nur ja immer groß geschrieben wird: Deutsche Frage, Deutsches Volk, Deutsche Nation. „Deutsch" immer groß. Daran erkennt man nächstens den wahren Patrioten, ob er „deutsch" immer groß schreibt.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie schon so weit gekommen sind, darin Deutschlandpolitik zu erkennen, dann merkt man, wie weit das gediehen ist. — Sie können den Kopf schütteln. Das ist das jüngste Produkt, das ist Ihr jüngster Beitrag zu dem Problem, das wir ganz anders sehen.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Natürlich ist das Ihr Beitrag! Herr Jäger, daß Sie lachen, erheitert mich auch in besonderer Weise. Es würde was fehlen, wenn Sie kein Lebenszeichen von sich gäben.
    Zur Sache selber will ich mich jetzt nicht weiter äußern. Die Antwort werden Sie, wie es sich gehört, bekommen. Aber vier Sätze will ich dennoch sagen.
    Erstens. Die Bundesregierung hat jedes Interesse daran — und wo wir können, handeln wir danach —, daß unsere Bevölkerung wahrheitsgemäß und sachlich über die historischen wie heutigen Bedingungen und Inhalte der deutschen Frage unterrichtet wird.
    Zweitens. Wir sind nicht für unterschwellige Methoden der Vermittlung, sondern für offene rationale Darstellung der Probleme und Verhältnisse.
    Drittens. Die Bundesregierung sieht sich und alle demokratischen Kräfte dieses Landes zu einem Sprechen und Handeln verpflichtet, durch das nicht falsche Ansprüche, Erwartungen oder Illusionen in unserem Volk genährt werden, vielmehr die Fähigkeiten zu einem nüchternen Urteil.
    Viertens. Augenmaß und nüchternes Urteil sind die Voraussetzungen für eine verantwortliche deutsche Politik, die dem Frieden und der Nation gleichermaßen verpflichtet ist.
    Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, zum Schluß noch einmal auf einen Aspekt zurückzukommen, den ich eingangs schon erwähnt habe. Ich bin mir der ernsten Gefahren, die aus der internationalen Lage für die innerdeutsche Entspannungspolitik erwachsen können, sehr bewußt. Ich glaube, es ist von höchster Wichtigkeit, daß wir vor allem nach außen gegenüber unseren Freunden und Nachbarn den Sinn und den Zweck unserer Deutschlandpolitik überzeugend vertreten.
    Die Bundesrepublik Deutschland akzeptiert seit 1970 die Existenz eines zweiten, des anderen deutschen Staates. Zum Zeichen dessen unterhalten wir zu ihm formelle Beziehungen. Wir erstreben zur Deutschen Demokratischen Republik ein Verhältnis kooperativer Nachbarschaft. Unser Ziel dabei ist, die Folgen der Teilung zu mildern. Wir wollen die Folgen der Teilung für die Menschen mildern. Unsere
    Politik ist vielmehr das Gegenteil. Wir sehen darin einen unserer Beiträge zur Sicherung des Friedens in Europa. Jedes Stück Normalisierung zwischen den beiden Staaten und Gesellschaftsordnungen in Deutschland ist in unseren Augen und nach unserem Willen ein Beitrag zur Befriedung Europas.
    Unsere Nachbarn und Freunde müssen wissen, daß der Friede und die Gewaltfreiheit zwischen den Völkern Europas uns Deutschen höher stehen als die Fragen und Anliegen unserer geteilten Nation.

    (Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU])

    Für uns Deutsche und wegen uns Deutschen soll von unserem Boden aus kein Krieg mehr über uns und unsere Nachbarn kommen. Als Angehöriger einer Generation, sehr verehrter Herr Kollege Jäger, die erlebt hat, wie und woran der erste Versuch, in Deutschland eine freie offene Gesellschaft, eine Republik zu schaffen, gescheitert ist, weiß ich, wovon ich rede, wenn ich behaupte, daß wir Deutschen in übergroßer Zahl — ich verwende diese einschränkende Formel — heute gegen Nationalismus, gegen nationalistisches Verhalten immun sind — in großer Zahl, aber nicht absolut. Diese Immunität ist die wichtigste Lehre, die wir aus unseren nationalen Katastrophen in diesem Jahrhundert gezogen haben. Diese Erfahrung hat die Selbstgewißheit der deutschen Nation auf Generationen getroffen. Damit zugleich hat sie den Nationalismus, in dessen Zeichen Hitler den großen Krieg im Osten gesucht hat und die millionenfachen Rassenmorde verübt wurden, so diskreditiert, daß er auf absehbare Zeit keine Versuchung mehr für uns Deutsche darstellen kann.
    Nur in einem gesamteuropäischen Prozeß in Richtung auf einen Frieden, der die einzelnen Menschen und Völker zu ihrem Recht kommen läßt, erblicken und erhoffen wir Deutschen eine Lösung auch unseres nationalen Problems. Aus den Erfahrungen unserer jüngsten Vergangenheit haben wir gelernt, wie ein solcher Frieden beschaffen sein muß, wenn er gerecht sein und Bestand haben soll. Er muß unbedingt an Gewaltverzicht, Menschenrecht und Selbstbestimmung orientiert sein. Diese Dreiheit verschmilzt die Rechte und Pflichten der Völker und Staaten untereinander mit den Rechten und Pflichten der einzelnen Menschen.
    Der Frieden zwischen Staaten kann nicht als stabil und sicher gelten, wenn im Innern der Staaten Intoleranz, Furcht und Mißtrauen regieren. DasVerhalten der Staaten nach außen ist keine Veranstaltung, die sich unabhängig von der Innenpolitik und den inneren Verhältnissen vollzieht. Das haben gerade auch wir Deutschen in diesem Jahrhundert erfahren müssen. Es war derselbe Geist der Gewalt, der einerseits Gleichschaltung betrieb und Bücher verbrannte und der andererseits den Zweiten Weltkrieg entfesselte

    (Beifall bei der SPD)

    in der Absicht, andere Völker zu unterjochen.
    Meine Damen und Herren, ich werde manchmal makaber erinnert an Atmosphäre und Milieu meiner jüngsten politischen Lebensjahre, die vor 1933



    Bundesminister Franke
    lagen, wenn ich so manches in politischen Diskussionen erlebe. Keiner von Ihnen wird mir nachsagen können, daß ich je eingeheizt habe, um Gegensätze in der Tagespolitik demagogisch zu nutzen, um einen parteipolitischen Vorteil zu gewinnen. Im Gegenteil, ich habe dafür zahlen müssen, daß wir nicht zur richtigen Zeit in Deutschland erkannt haben, daß die Probleme nur mit den Mitteln des Gewaltverzichts gelöst werden können. Ich weiß mich einig mit der breiten Mehrheit unseres Volkes — da sind Sie mit eingeschlossen —, daß es nie zur Wiederholung einer solchen Situation kommen darf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Darum heißt unser Beitrag heute in der aktuellen Situation, das Risiko zu vermeiden, wieder in eine Situation zu schliddern, bei der hinterher keiner mehr richtig feststellen kann, wie das eigentlich gekommen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    So war es beim Ersten Weltkrieg, und beim Zweiten war es deutlicher. Jetzt haben wir die Aufgabe, für die Zukunft des Friedens in Deutschland und Europa unsere speziellen Beiträge zu leisten, und das in Gemeinschaft mit unseren Verbündeten. Daran haben wir nie einen Zweifel aufkommen lassen.
    Meine Damen und Herren, wir können nur wenig bewegen, sehr wenig können wir bewegen. Der Zweite Weltkrieg ist verloren. Die Einbindung der beiden deutschen Staaten in zwei unterschiedliche, ja gegensätzliche Bündnisse ist eine Tatsache. Sich in dieser Tatsache zu bewegen und den Deutschen in beiden Bereichen zu helfen, das ist eine Aufgabe, die mehr Ernsthaftigkeit verlangt, als mancher von Ihnen aufzubringen bereit ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)