Rede:
ID0820801600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 45
    1. den: 3
    2. dem: 2
    3. für: 2
    4. daß: 2
    5. der: 2
    6. Herr: 2
    7. Wir: 1
    8. fahren: 1
    9. in: 1
    10. Beratungen: 1
    11. fort.: 1
    12. Ich: 1
    13. möchte: 1
    14. Hause: 1
    15. Fall,: 1
    16. Sie: 1
    17. sich: 1
    18. über: 1
    19. die: 1
    20. Abwesenheit: 1
    21. des: 1
    22. Herrn: 1
    23. Bundesaußenministers: 1
    24. wundern,: 1
    25. nur: 1
    26. mitteilen,: 1
    27. Bundesaußenminister: 1
    28. noch: 1
    29. bei: 1
    30. Empfang: 1
    31. festgehalten: 1
    32. ist,: 1
    33. er: 1
    34. Frau: 1
    35. Veil: 1
    36. gibt,: 1
    37. und: 1
    38. deswegen: 1
    39. etwas: 1
    40. später: 1
    41. kommt.Das: 1
    42. Wort: 1
    43. hat: 1
    44. Abgeordnete: 1
    45. Brandt.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/208 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 208. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Ziegler 16615A Verzicht des Abg. Ahlers auf die Mitgliedschaft im und Eintritt des Abg. Dr. Schweitzer in den Deutschen Bundestag . . . . 16615A Begrüßung der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Simone Veil, und einer Delegation 16615 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 16706 B Erweiterung der Tagesordnung . . . 16706B Bericht zur Lage der Nation Schmidt, Bundeskanzler 16615 D Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Frei- staates Bayern 16624 A Genscher, Bundesminister AA 16635 D Dr. Marx CDU/CSU 16642 B Brandt SPD 16650 C Hoppe FDP 16656 C Dr. Dregger CDU/CSU 16660 C Wehner SPD 16665 D Möllemann FDP 16670 A Franke, Bundesminister BMB 16674 D Graf Huyn CDU/CSU 16679 B Frau Schlei SPD 16683 A Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zur sowjetischen Intervention in Afghanistan — Drucksache 8/3667 — 16686 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes — Drucksache 8/2067—Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3826 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 8/3495, 8/3758 — Egert SPD 16686B, 16688 A Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . . 16686 C Hölscher FDP 16690 A Höpfinger CDU/CSU 16691 D Urbaniak SPD 16693 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 Spitzmüller FDP 16694 D Grobecker SPD 16696 B Frau Dr. Neumeister CDU/CSU . . . 16696 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 16697B Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 8/873 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3827 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/3764 — Brandt (Grolsheim) SPD . . . . 16701B, 16703A Regenspurger CDU/CSU 16701 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 16704 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Schulte (Unna), Spitzmüller und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Berücksichtigung des Denkmalschutzes im Bundesrecht — Drucksache 8/3105 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/3716 — 16705 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Kaffee- und Teesteuergesetzes — Drucksache 8/3297 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3769 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3745 — 16705 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abgeltung von Kriegsschäden deutscher Staatsangehöriger in Italien — Drucksache 8/3419 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3744 — 16706 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bergmannsprämien — aus Drucksache 8/3688 — Erster Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3830 — Erste Beschlußempfehlung und erster Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 8/3824 — 16706 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften 1980 — Drucksache 8/3624 — von Schoeler, Parl. Staatssekretär BMI 16706D Regenspurger CDU/CSU 16707 C Liedtke SPD 16709 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 16710 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 — Drucksache 8/3662 — Lemmrich CDU/CSU 16711A Topmann SPD 16713A Merker FDP 16714 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 17. Oktober 1979 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte — Drucksache 8/3748 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll Nr. 3 vom 17. Oktober 1979 zu der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte — Drucksache 8/3749 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. Dezember 1979 zur Änderung des Vertrages vom 11. September 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten — Drucksache 8/3746 — 16717A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1978 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Mauritius zur Vermeidung der Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 III Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Förderung des Handels und der Investitionstätigkeit zwischen den beiden Staaten — Drucksache 8/3747 — 16717 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung — Drucksache 8/3785 — 16717 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes — Drucksache 8/3750 — 16717B Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge — Drucksache 8/3752 — 16717 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes — Drucksache 8/3766 — 16717 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP Förderung der Menschenrechtserziehung — Drucksache 8/3751 — 16717 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zur Unterrichtung durch die Bundesregierung UNESCO-Empfehlung über die Fortentwicklung der Weiterbildung — Drucksachen 8/1130, 8/3763 — . . . 16717D Beratung der Sammelübersicht 64 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/3768 — 16718A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/3770 — 16718B Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Aufhebbaren Vierundvierzigsten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung Aufhebbaren Vierzigsten Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — Aufhebbaren Dreiundsiebzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — Aufhebbaren Vierundsiebzigsten Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —— Drucksachen 8/3540, 8/3539, 8/3519, 8/3544, 8/3787 — 16718C Nächste Sitzung 16718 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 16719* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 208. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. März 1980 16615 208. Sitzung Bonn, den 20. März 1980 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 21. 3. Dr. van Aerssen* 20. 3. Dr. Ahrens** 21. 3. Dr. Aigner* 21. 3. Alber * 21. 3. Amling 21. 3. Dr. Bangemann* 21. 3. Dr. Bayerl 21. 3. Blumenfeld*** 20. 3. Dr. Corterier*** 21. 3. Dr. Enders** 21. 3. Fellermaier* 21. 3. Flämig*** 21. 3. Frau Geier 21. 3. Dr. Geßner** 20. 3. Kittelmann** 21. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Klepsch* 21. 3. Dr. Kreile 21. 3. Dr. Graf Lambsdorff 21.3. Lampersbach 21. 3. Lange * 20. 3. Dr. Mende** 20. 3. Milz 21. 3. Mischnick 21. 3. Dr. Müller** 21. 3. Müller (Mülheim) 21. 3. Dr. Pfennig * 21. 3. Reddemann** 20. 3. Dr. Schäuble** 21. 3. Frau Schleicher* 21. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 21. 3. Schmidt (Würgendorf) ** 21. 3. Schulte (Unna) 21. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) * 21. 3. Seefeld* 21. 3. Frau Tübler 21. 3. Dr. Vohrer** 20. 3. Walkhoff 21. 3. Dr. Wendig 21. 3. Wissmann 21. 3. Wuwer 21. 3. Zebisch** 20. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren, einer Vereinbarung im Ältestenrat zufolge soll eine Mittagspause eingelegt werden. Wir unterbrechen jetzt die Sitzung. Sie wird um 14 Uhr fortgesetzt.

    (Unterbrechung von 13.00 bis 14.01 Uhr)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir fahren in den Beratungen fort. Ich möchte dem Hause für den Fall, daß Sie sich über die Abwesenheit des Herrn Bundesaußenministers wundern, nur mitteilen, daß der Herr Bundesaußenminister noch bei dem Empfang festgehalten ist, den er für Frau Veil gibt, und deswegen etwas später kommt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man übertreibt gewiß nicht, wenn man sagt, daß bange Fragen in Europa umgehen. Es gehört wohl zu den Charakteristika dieses Jahres 1980, daß es ähnlich bange Fragen sind, die die Menschen im östlichen wie im westlichen Teil Europas bewegen und umtreiben. Wenn ich mir das westeuropäische und das deutsche Interesse vor Augen zu führen versuche, so sollte dies klar sein: Es darf keine Zweifel an der Loyalität innerhalb des Bündnisses und im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten geben. Als Fußnote füge ich nur hinzu: Dies erreicht man nicht durch bloßes Übersetzen und Übernehmen amerikanischer Texte.

    (Beifall bei der SPD)

    Man tritt niemandem zu nahe, wenn man sagt: Was für Texas gut sein mag, ist nicht notwendigerweise im einzelnen auch schon für das Rheinland und Westfalen gut.

    (Beifall bei der SPD)

    Hier und da ist in diesen Wochen — wie ich finde, törichterweise — von einer Achse Bonn-Paris die Rede gewesen, von der man behauptet, sie könne gegen die Vereinigten Staaten gerichtet sein.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das war doch Herr Wehner! Das stammt doch nicht von uns!)

    Das enge Zusammenwirken ist aber richtig und bleibt notwendig, denn in Europa läuft nichts, wenn es zwischen Bonn und Paris nicht klappt. Die Allianz steht insgesamt besser da, wenn die Europäer einig sind.

    (Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

    Das Besondere unserer Lage und unserer Interessen wird deutlich, wenn wir nie vergessen, was an unvorstellbaren Vernichtungsmitteln auf deutschem und europäischem Boden gelagert ist, wenn wir aber auch nicht in Vergessenheit geraten lassen, was sich in diesem Teil der Welt doch in zehn -Jahren in Richtung auf mehr Zusammenarbeit, mehr Austausch, mehr menschliche Begegnungen entwickelt hat. Humanitäre, mitmenschliche Fragen



    Brandt
    sind im deutschen Fall immer auch nationale Fragen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dazu habe ich von Herrn Strauß heute vormittag so gut wie nichts gehört. Es ist fast ein Kunststück, eine so lange Rede mit so wenig konstruktivem Inhalt zu halten,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    wobei es an Polemik freilich nicht gefehlt hat.
    Frau Präsidentin, ich will auf eine Änderung in der Parlamentspraxis hinweisen, die ich nicht zu kritisieren habe. Auch ich bin als ein Mitglied des Bundesrates 1961 und 1965 angetreten, um für meine Partei einen Wahlkampf zu führen. Ich habe aber nie diesen Platz in Anspruch genommen, um von hier aus in den Wahlkampf einzugreifen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber wenn man schon von der Bundesratsbank aus hierher geht, dann sollte man mehr zu bieten haben, als es der bayerische Ministerpräsident heute früh geboten hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Frau Pack [CDU/CSU]: Na, na, Herr Oberlehrer! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Was soll das?)

    Wenn ich an meine Zeit als Regierender Bürgermeister denke — das sage ich an die Adresse meines Vorredners, des Kollegen Marx, der vor der Mittagspause gesprochen hat —, so meine ich: Keiner von uns hat im Laufe dieser Jahre seit 1949 oder davor immer und in allem recht gehabt. Aber niemand wird ernsthaft den deutschen Sozialdemokraten ihren Beitrag streitig machen können, der sich z. B. ausdrückt in den Begriffen: Berlin und deutsche Einheit, Grundgesetz und Orientierung hin auf den demokratischen und sozialen Bundesstaat und, nicht zuletzt, Freundschaft mit dem Westen, ergänzt durch möglichst gute Beziehungen mit unseren östlichen Nachbarn. Das ist unsere Politik.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hier ist heute an Erfurt vor zehn Jahren erinnert worden, an den 19. März 1970. Einen Tag nach jener Begegnung von Erfurt, heute genau vor zehn Jahren, am 20. März, konnte ich dem Deutschen Bundestag aus meiner damaligen Verantwortung einen ersten Bericht über meine Gespräche geben. Ich habe das nachgelesen und mich vergewissert, daß ich gesagt habe:
    Erfurt konnte nur ein Anfang sein. Es war ein Anfang.
    Ich verschwieg nicht — warum hätte ich es tun sollen? — daß, mit allem, was dazugehörte, dies auch ein starkes menschliches Erlebnis war. Hier habe ich hinzugefügt — ich darf, was man eigentlich nicht soll, mich selbst zitieren —:
    Daß derartige praktische Ergebnisse möglich sein können, daß eine schrittweise Milderung der Folgen, die sich aus der Spaltung Deutschlands ergeben, denkbar ist — denkbar ! wenn auch alles andere als sicher —, das halte ich heute
    — das war jener 20. März 1970 —
    bei aller gebotenen Skepsis eher für möglich als vorgestern.
    Nun wird, meine Damen und Herren, zuweilen noch immer so getan, als hätten wir Illusionen nachgejagt. Die mit aller Zurückhaltung ausgesprochene Hoffnung, an die ich soeben erinnert habe, war keine Illusion. Sie war auch nicht überzogen. Auch die Kritiker unserer Politik müssen heute einräumen, daß in Deutschland, trotz allem, fühlbare, im Alltag vieler Menschen spürbare Verbesserungen erreicht werden konnten, und die wollen wir, wenn es irgend geht — ich weiß es nicht —, bewahren und dann auch ausbauen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich hatte in Erfurt gesagt, wir- stünden allenfalls am Anfang eines langen und mühseligen Weges. Herr Stoph — wenn ich mal von manchem absehe, was polemisch übersteigert war, zum Teil auch durch die Entwicklung überholt ist — sagte aus seiner Sicht erstens, daß es darum gehe — wie er es formulierte —, Grundfragen der Normalisierung der Beziehungen zu erörtern. Er sagte zweitens, er erwarte von uns — von beiden Seiten, war damit gemeint — einen konstruktiven Beitrag zur Sicherung des Friedens im Herzen unseres Kontinents.
    Ich selbst — wenn ich daran erinnern darf - forderte uns dazu auf, erstens nach solchen Gebieten zu suchen, auf denen es die beiderseitigen Interessen gestatteten, Fortschritte für den Frieden und die Menschen zu erreichen, und zweitens aktiv zu einer Entwicklung beizutragen, durch die es möglich werde, die Gräben zuzuschütten, die uns in Deutschland trennen.
    Ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als hier meinen Eindruck zu vermitteln, alle Beteiligten hätten sich seitdem stets so verhalten, wie es der Sache, d. h. den insoweit gemeinsamen Interessen, objektiv entsprochen haben würde. Gleichwohl ist es heute, in diesen schwierigen Zeiten, ein Vorteil, daß die Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland damals auf eine neue Grundlage gestellt worden sind. Wir kamen ja auch, was heute bei uns und erst recht bei unseren westlichen Nachbarn so viele vergessen, zunächst einmal auf das Niveau von Beziehungen, das andere längst erreicht hatten. Wir wurden insofern „gleicher", als wir es vorher waren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das Verhältnis zwischen beiden deutschen Staaten ist dann auch zu einem der Faktoren von Stabilisierung und Friedenssicherung in Europa geworden. Ich sage dies in vollem Bewußtsein dessen, daß wir in Mitteleuropa natürlich nicht mit einer Oase des Friedens und der Sicherheit rechnen könnten, falls um uns herum die Spannungen weiter zunehmen würden, und daß auch beide deutsche Staaten zusammen nicht allzuviel bewirken könnten, wenn sie es sich zumuteten, eine Konfrontation der Weltmächte und damit der Blöcke zu verhindern.
    Aber, meine Damen und Herren, wer sich mit mir daran erinnert, wie innerdeutsche Probleme, Pro-



    Brandt
    bleme auf deutschem Boden, weltpolitische Spannungen früher noch verschärften, wird ermessen, daß immerhin einiges erreicht worden ist.
    Herr Kollege Marx, das Wort „den Frieden sicherer machen" konnte immer nur auf diesen unseren Teil der Welt bezogen sein. Ichhabe nie gemeint — das wäre eine völlige Fehleinschätzung der Dinge auf dieser Welt gewesen —, die Beziehungen — —

    (Dr. Freiherr Spies von Büllesheim [CDU/ CSU]: Sie haben damit aber Hoffnungen erwecktl)

    — Ach was! Wir sind immer davon ausgegangen — Sie würden zu den Illusionisten gehören, wenn Sie nicht davon ausgegangen wären —, daß eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Weltmächten auch auf die europäischen und die deutschen Verhältnisse durchschlägt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Vermutlich werden es die Partner auf der anderen deutschen Seite ähnlich sehen, wenn ich sage: Sollte das alles noch sehr viel schwieriger werden — das gilt auch für den Satz von Herrn Strauß heute früh über das Verhältnis zu gewissen Staaten, die er genannt hat —, dann wird es in den Bereichen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion leider keine „Naturparks" geben. Vielleicht hätte ich besser sagen sollen: im Verhältnis zu den Partnern, um die es sich dort handelt.
    Ich halte es jedenfalls für gut, daß wir damals die Kraft zu einem neuen Anfang gefunden haben. Die Lage der Nation sähe im Frühjahr 1980 sonst noch bedenklicher aus; denn wir hätten es mit einem zusätzlichen Spannungsherd zu tun. Das aber kann nicht in unserem Interesse liegen, auch nicht im Interesse unserer europäischen und unserer atlantischen Verbündeten.
    Nun brauchen wir in Wirklichkeit nicht darüber zu streiten, wie wichtig unsere im Bündnis verankerte Sicherheitspolitik ist, eine Sicherheitspolitik, die jedoch über die Verankerung im Bündnis hinaus zu behaupten und auch zu gestalten bleibt.
    Der Vorstand meiner Partei hat dieser Tage einen Entwurf für das in die Diskussion eingeführt, womit wir den Wählerinnen und Wählern nach der Sommerpause begegnen wollen. Dort machen wir die Definition unserer Sicherheitspolitik an sechs Punkten fest. Das sollte eigentlich auch die Kollegen von der Opposition davon überzeugen, daß wir einiges aus dem Bereich überflüssiger Polemik herausnehmen könnten. Wir sagen: 1. Aktive Friedenspolitik heißt Sicherheit im Bündnis, 2. aktive Friedenspolitik heißt Entspannung, 3. aktive Friedenspolitik heißt Politik für die Menschen in Deutschland, 4. aktive Friedenspolitik ,heißt Rüstungsbegrenzung, 5. aktive Friedenspolitik heißt Ausgleich zwischen Nord und Süd, 6. aktive Friedenspolitik heißt mehr europäische Einigung. Das begründen wir im einzelnen. Das werden wir im großen Gespräch mit den Bürgern im Laufe dieses Jahres — jeder auf seine Weise — zusätzlich zu erläutern wissen.
    Der bayerische Ministerpräsident, der nun selber nicht hört und vielleicht auch nicht einmal nachliest — was weiß ich —, was ich ihm zu sagen habe, dient —(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Brandt, das sollten Sie doch nicht sagen! Der Bundeskanzler ist auch nicht da! Was soll denn das?)

    — Ich habe nicht dem Bundeskanzler in diesem Augenblick zu antworten. Ich sage nur — —

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Brandt, wir reden über die Regierungserklärung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich stelle nur die Tatsache fest, daß er das zweite Mal von der Bundesratsbank hierher geht und danach wegfährt. Das ist die Tatsache.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

    Jetzt sage ich: Der bayerische Ministerpräsident dient der eigenen Sache nicht, wenn er den deutschen Wahlkampf in die USA trägt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Was soll denn das? Wenn Sie wollen, lasse ich den Kanzler herholen! — Weitere fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)

    Er wird den Interessen der Bundesrepublik nicht gerecht, wenn er meint, deutschen Wahlkampf mit amerikanischen-Argumenten bestreiten oder Carter gegen Schmidt ausspielen zu können.

    (Beifall bei der SPD)

    Er hat ja auf dieses Argument hier übrigens heute vormittag interessanterweise verzichtet.

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Er weiß selber, was er von Schmidt halten kann! — Zuruf von der CDU/CSU: Sie sagen doch Unterschiedliches!)

    Der bayerische Ministerpräsident riskiert dann auch, durch diejenigen, auf die er sich beruft, so rasch dementiert zu werden, wie er durch den amerikanischen Verteidigungsminister dementiert worden ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    — Herr Kohl, es gab gar keinen Grund, so nervös zu reagieren.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Brandt, es ist unfair, einen Kollegen in dieser Form anzugehen! Das ist doch billig!)

    Denn was ich jetzt an die Adresse von Herrn Strauß sagen will, war ganz nett gemeint. Ich hätte ihm gerne sagen wollen, daß mir das Bild im Fernsehen mit dem großen Hut richtig Spaß gemacht hat.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ich würde ihm auch gesagt haben — wenn er hätte da sein können, sage ich jetzt und werde ihm damit hoffentlich auch gerecht —: Der Ehrensheriff von Dallas/Texas braucht sich gegenüber der SPD, ihrer



    Brandt
    inneren Meinungsbildung und ihrem Auftreten nach außen nicht als Ordnungsfaktor aufzuführen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Da gibt es ja überhaupt einiges, wo wir uns wohl unterscheiden. In der eigenen Partei diskutieren wir offen, auch kritisch. Das war so, das bleibt so. Ich halte das immer noch für überzeugender als manches, was ich über die Phantastereien aus Gesprächen mit europäischen Rechtsradikalen über die Zukunft der Welt lese.
    Nun kann man natürlich Herrn Strauß eine ganze Menge zutrauen, aber eines nicht: daß er klüger ist als alle anderen zusammengenommen. Das ist nicht glaubhaft.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Das hat er auch nie gesagt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist auch ein Kunststück, Erklärungen bei Präsident Ceausescu in Bukarest, beim Premierminister Raymond Barre in Paris, bei Carter und für Frau Thatcher auf einen Nenner bringen zu wollen. Das ist nicht leicht. Aber auch Herr Strauß würde nicht widersprochen haben — wenn er da wäre —, daß es nicht im Interesse Europas liegen kann, wenn Spannungen weiter zunehmen. Aus europäischer Sicht ist es vielmehr gut, wenn die Weltmächte wieder mehr — ich betone: mehr — miteinander ins Gespräch kommen. Der Wille der amerikanischen Regierung, von dem ich vor einem Monat ja auch einiges gehört habe, alles zu tun, um einen Rückfall in den Kalten Krieg zu vermeiden, verdient nicht unser Mißtrauen, sondern unsere ausdrückliche Unterstützung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich habe mit großem Interesse gelesen, was Präsident Carter am 5. März anläßlich eines Abendessens für den deutschen Bundeskanzler gesagt hat. Mir liegt die englische Fassung der Rede des Präsidenten vor; ich trage es der Einfacheit halber auf Deutsch vor.

    (Lachen bei der CDU/CSU) Er sagt dort:

    Wir erkennen an, daß es ernsthafte Bedrohungen der Stabilität gibt, daß wir die Vorteile der Entspannung in den letzten Jahren schätzen gelernt haben und daß trotz anderer möglicher wichtiger Differenzen die Kontrolle von Rüstung und Nuklearwaffen an der Spitze der Tagesordnung stehen muß. Diese Verpflichtungen sind erschüttert, aber nicht verändert worden durch die sowjetische Invasion in Afghanistan.
    Dann sagt Carter weiter — ich zitiere —:
    Wir sind weiter der Entspannung verpflichtet. Wir bekennen uns weiter dazu, einen Rückfall in den Kalten Krieg zu vermeiden. Wir fühlen uns weiter der Kontrolle von Nuklear- und konventionellen Waffen verpflichtet. Wir sind weiterhin der Zusammenarbeit aller Nationen der Welt verpflichtet. Wir sind weiter der Stabilität
    und dem Frieden verpflichtet, und wir fühlen uns weiter verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß jede Aktion, die wir unternehmen, um Krisen zu bewältigen, eine friedliche und konstruktive Aktion ist, die dazu beiträgt, unsere Ziele zu erreichen, ohne diese fest verankerten Verpflichtungen und Prinzipien zu verletzen, auf denen die Politik unseres Landes begründet ist.
    Dies, meine verehrten Damen und Herren, unterscheidet sich nicht nur nach der Sprache, sondern auch dem Inhalt nach gründlich von dem, was mancher aus den Reihen der Opposition unserer Öffentlichkeit als maßgeblichen Kurs der amerikanischen Politik darzustellen versucht. Man sollte nicht nahtlose Übereinstimmung vorgaukeln, wenn man auf nichts anderes aus ist, als den Präsidenten für eigene Positionen oder eigene Interessen in unserem Wahlkampf einzuspannen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber ich fürchte, meine Damen und Herren, man wird alles in allem feststellen müssen: Auch zu beginn der 80er Jahre ist Europa immer noch mehr Objekt als Subjekt der Weltpolitik. Trotz seines großen geistigen und materiellen Reichtums ist Europa weiterhin nicht in der Lage, dem hohen und zugleich zwingenden Anspruch, als starker Faktor des Friedens in der Welt zu wirken, auch nur einigermaßen zu genügen.
    Ich schätze nicht gering, was die Außenminister der Neun — Außenminister Genscher hat heute früh daran erinnert — zur Lösung der AfghanistanKrise beizutragen versuchen. Ich meine, man darf dort und auch anderswo nicht lockerlassen, um den Status Afghanistans als eines unabhängigen und blockfreien Landes zu erreichen, das mit seinen Nachbarn verträglich zusammenarbeitet und dessen Grenzen garantiert sein müßten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Und das das Selbstbestimmungsrecht hat!)

    Ich will mich jetzt nicht im einzelnen zu den Olympischen Spielen und zur olympischen Idee äußern, Herr Kollege Marx,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Obwohl es mal interessant wäre! Mich würde interessieren, was Sie denn dazu meinen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    sondern ich gehe einmal davon aus,

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn in der Frage?)

    daß der Bundeskanzler, der das in andere Worte gekleidet hat, davon ausgeht, daß da ein Zug abgefahren ist.

    (Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Marx hat seine Meinung gesagt! Wie ist Ihre Meinung?)

    — Herr Kollege Kohl, Sie machen der deutschen Öffentlichkeit etwas vor, wenn Sie den Eindruck erwecken, ein einziger russischer Soldat kommt aus



    Brandt
    Afghanistan weg, weil es sonst keine Olympischen Spiele mehr gibt.

    (Frau Pack [CDU/CSU]: Das ist ausgemachter Unsinn! — Graf Huyn [CDU/CSU]: Deswegen gehen Sie dahin, ja? — Zurufe von. der CDU/CSU: Darum geht es doch nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Jetzt erinnere ich Sie noch einmal an eine schwierige Krise, die wir miteinander durchzustehen hatten, als im Jahre 1961 die Mauer errichtet wurde,

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Sagen Sie etwas zur Olympiade!)

    als man ziemlich hilflos dastand und versuchte, das zusammenzubauen, was man Gegenmaßnahmen nannte. Dazu gehörte auch die Aufkündigung des innerdeutschen Sportverkehrs. Ich erinnere mich daran, daß fast alle Beteiligten nach ein paar Jahren froh darüber waren, daß dieser innerdeutsche Sportverkehr wiederaufgenommen wurde. Ich sage also nur: Die eine Sache ist, daß ein Zug abgefahren sein muß; dazu muß ich nicht auch noch hurra rufen. Ich sage zum anderen: Schätzen Sie diesen Faktor nicht falsch ein, was das eigentliche politische Geschehen in der Welt angeht!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich begrüße das, was die Außenminister in bezug auf Afghanistan versuchen. Ebenso begrüße ich es, wenn sich Frankreichs Staatspräsident, Giscard d'Estaing, und andere darum bemühen — der Bundeskanzler hat heute früh in seiner Regierungserklärung daran erinnert —, eine Verschärfung des Konflikts im Nahen Osten vermeiden zu helfen. Ich möchte, wenn ich es darf, die Regierungserklärung aus meiner Sicht zu diesem Punkt ein wenig präzisieren. Es war von allen Staaten in der Region die Rede. Ich sage für meine Fraktion dazu: Beides gehört zusammen, das unantastbare Recht auf Leben und Gedeihen des Staates Israel und die Selbstverwirklichung des palästinensischen Volkes.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen widerspreche ich meinem Vorredner nicht, der sinngemäß sagte, was auch ich hätte sagen können, daß es der Friedensprozeß, der zwischen Ägypten und Israel in Gang gekommen ist, verdient, ausgebaut und ausgeweitet zu werden.
    Ich habe weiter wie die Regierung zu begrüßen, daß für Simbabwe offensichtlich ein Weg nach vorn gefunden worden ist. Ich sage für die deutschen Sozialdemokraten gute Wünsche für die Führung jenes Staates,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    verbunden mit der Hoffnung, daß es weitere Fortschritte für das südliche Afrika geben möge. Wo wären wir gelandet, wenn wir dem Rat derer gefolgt wären, die nicht begriffen hatten, daß die Zeit des Rassismus und der Herrschaft von Minderheiten in weiten Teilen der Welt zu Ende geht?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Andere Wetterzonen kommen hinzu, wie Zentralamerika und Südostasien. Manchmal — ich möchte das hier einmal loswerden — fragt man sich, wie schweigsam die Welt geworden war, als in Kambodscha das schlimmste Massenmorden seit den Vernichtungslagern auf europäischem Boden vor sich ging.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Wahrheit muß auch von dieser Stelle aus einmal gesagt werden.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Den Vietnam-Demonstranten!)

    Sie muß auch dann gesagt werden, wenn es in der Hauptstadt einer fernöstlichen großen Macht, Pol Pots wegen, und auch anderswo nicht gern gehört wird. Die Existenz eines ganzen Volkes — jetzt: der Reste eines ganzen Volkes — steht auf dem Spiel, und das kann einem nicht gleichgültig sein. Darüber braucht es gewiß auch keinen Parteienstreit zu geben.

    (Zurufe der Abg. Dr. Friedmann [CDU/CSU] und Dr. Marx [CDU/CSU])

    Die Ereignisse dieser Wochen und Monate haben gezeigt, wie wenig Ost und West noch immer in der Lage sind, aufkommende Konflikte zu beherrschen und einzudämmen. In den frühen 70er Jahren geschaffene Strukturansätze für erfolgreiches Crisis Management, also für die Beherrschung von Krisen, werden nicht genutzt oder kommen nicht zum Tragen. Die Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Weltmächten, zum Teil ausgelöst oder belastet durch Konflikte in der Dritten Welt, wirkt sich in kürzester Frist auch auf die Bündnissysteme aus. Es rächt sich bitter, daß es nicht gelungen ist, in den Jahren fortschreitender, wenn auch widersprüchlicher, politischer Entspannung wirksame Maßnahmen zur Rüstungsbegrenzung oder gar Abrüstung zu vereinbaren. Denn was bisher passierte, war ja immer nur, einen Deckel draufzulegen, wenn die eine oder die andere Seite bei den Rüstungen wieder einen Schritt voran getan hatte.
    Ich sage wie die Bundesregierung: Bilaterale und multilaterale Kontakte müssen genutzt werden, um Mißtrauen zu reduzieren, Unwägbarkeiten auszuräumen und, wenn es irgend geht, neue Sicherheit zu schaffen.
    Wir — mit „wir" meine ich jetzt nicht nur uns Deutsche, sondern die Europäer und die Menschen auf dieser Welt überhaupt — können es uns eigentlich nicht leisten, noch weitere Jahre vergehen zu lassen, bevor die interkontinentalen und die sogenannten eurostrategischen Nuklearwaffen qualitativ und quantitativ begrenzt werden.
    Ich sehe einen Widerspruch darin — ich will das hier in der Öffentlichkeit vortragen —, wenn der sowjetische Außenminister Gromyko vorgestern in dem Kommuniqué über den Besuch des ungarischen Außenministers wiederholte, die Ost-West-Verhandlungen über die nuklearen Mittelstreckenraketen könnten beginnen, „wenn die NATO ihren Nachrüstungsbeschluß oder dessen Verwirklichung aussetzt".



    Brandt
    Ich wiederhole den zweiten Teil des Satzes: „oder dessen Verwirklichung aussetzt". Ich frage mich allen Ernstes, ob die sowjetische Seite beide Elemente des Brüsseler Beschlusses ernst genommen hat, ob sie nicht die rüstungskontrollpolitische Komponente falsch verstanden oder unzulänglich bewertet hat.
    Herr Kollege Marx, der Fraktionsvorsitzende der SPD ist in diesem Zusammenhang zu Unrecht gescholten worden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Er hat in dem, was er wirklich sagte, auf den Teil eines wichtigen Beschlusses meiner Partei auf dem Berliner Parteitag vom letzten Dezember und auch auf ein wichtiges Element der Regierungspolitik aufmerksam gemacht. Ich pflichte ihm bei, wenn er meint, daß uns rüstungspolitischer Übereifer und rüstungspolitisches Vordrängen nicht gut zu Gesicht stünden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Marx [CDU/ CSU]: Wo sieht man das denn? Gegen wen polemisieren Sie? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Stellt euch vor, wenn der Kanzler wäre, wie das in Brüssel laufen würde!)

    Im übrigen sage ich für den Kollegen Wehner mit: Schlimm wäre es, wenn auf das Nachrüsten wieder ein Nach-Nachrüsten folgte. Aber daß es solche Befürchtungen gibt, kann man ja an den Sorgen ablesen, die — voneinander ganz unabhängig — unter anderem von norwegischer oder jugoslawischer Seite artikuliert werden.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich möchte jetzt fortfahren.
    Dies kann ja nicht — das sage ich noch einmal an die Adresse der Führung der Sowjetunion — allein oder primär auf vermeintliche amerikanische Scharfmacher oder behaupteten deutschen Übereifer zurückzuführen sein.
    Auf die Gefahr hin, mißverstanden zu werden, füge ich gleichwohl hinzu, was heute früh „ddp" aus offiziöser sowjetischer Quelle meldet und was mir darauf hinzudeuten scheint, daß auch dort noch ein Meinungsbildungsprozeß im Gange ist. Dort heißt es: „Von vornherein sei gesagt, daß sich die UdSSR nach wie vor für Entspannungs- und Abrüstungspolitik sowie für umfassende Zusammenarbeit einsetzt und daß sie ihren prinzipiellen Kurs in den Beziehungen zu anderen Ländern nicht verändert hat." Was die Welt braucht, ist jedenfalls ein Gleichgewicht auf niedrigerem Niveau, und gleichzeitig muß man das Entstehen neuer Grauzonen vermeiden.
    Ich brauche nicht zu wiederholen, was wir im Januar und im Februar zu SALT, also den Verhandlungen über strategische Waffen, und was wir zu Wien, also den Verhandlungen, die nun seit vielen Jahren im Gange sind — ob es nicht doch geht, in der Mitte Europas Truppen und Rüstungen zu reduzieren —, schon gesagt haben, sondern ich füge jetzt hinzu: Eine raschere — nicht bloß rasche — und mit gutem Willen geführte Prüfung der französischen und der polnischen Vorschläge über eine Konferenz für Sicherheit und Abrüstung im gesamteuropäischen Rahmen könnte von Bedeutung sein.

    (Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Bitte, Herr Kollege.