Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kollegen Riedl und Gerster haben vorhin zutreffend die schwerwiegenden Fehlentscheidungen, die Bundesinnenminister Baum zu verantworten hat, dargelegt. Der Herr Bundesinnenminister hat mit einer Reihe von Verdrehungen und Unterstellungen darauf geantwortet, die eine kurze Erwiderung erforderlich machen.
Diese Verdrehungen und Unterstellungen sind kennzeichnend und typisch für die Enthüllungspolitik, mit der dieser Minister zielstrebig die Funktionsfähigkeit unserer Sicherheitsbehörden zunehmend beeinträchtigt hat.
Herr Bundesminister, nächste Woche findet eine Konferenz der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland statt. Hier sollen für schwerwiegende politische Entscheidungen Gemeinsamkeiten gefunden werden. Ich meine, Reden, wie Sie sie heute gehalten haben, fördern solche Gemeinsamkeiten nicht, sondern schädigen sie.
Bei einer solchen, seit Monaten betriebenen Politik,
vor allem gegen CDU- und CSU-Kollegen in den unterschiedlichen Ländern, brauchen Sie sich nicht zu
wundern, wenn die Innenminister der Länder die Zusammenarbeit mit Ihnen zunehmend aufkündigen.
Ich erinnere hier nur an die Interviews von Herrn Fröhlich, des Innensenators in Bremen und des FDP- Ministers in Hessen, Herrn Gries, die sich angesichts der Auseinandersetzungen im Mai dieses Jahres über die Veröffentlichungen der Dateien und Ihre Angriffe in entsprechenden Zeitungsinterviews gegen diese Dateien beim Bundeskriminalamt von Ihnen distanziert haben. Die entsprechenden Interviews haben wir Ihnen ja im Ausschuß vorgehalten.
Ich möchte nun zu dem kommen, was Sie als „Fall Tandler" bezeichnet haben. Ich halte diese Bezeichnung für eine Ungeheuerlichkeit.
Ich halte es für eine unerträgliche Heuchelei, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: wir wollen nicht den Schwarzen Peter hin und her schieben, wo Sie vorher versucht haben, dem Herrn Tandler die Schuld zuzuschieben, obwohl Sie an dieser Sache im gleichen Maße beteiligt waren.
Ich will Ihnen nicht noch einmal im einzelnen das darlegen, was Herr Riedl schon gesagt hat. Er hat das Fazit gezogen. Wir von der CSU haben die im Bereich der bayerischen Behörden begangenen Fehler eingeräumt — nicht nur wir hier, sondern vorher auch der Ministerpräsident und der Innenminister. Was wir bis heute vermissen, ist das Zugeständnis, daß auch Sie von dieser Affäre rechtzeitig wußten, daß vor allem Ihr Staatssekretär seit Dezember 1978 über die Abschiebung in die CSSR und über den Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars informiert war
und bis zum 30. Juli 1979 gebraucht hat, bevor ein Brief vom BMI nach München gegangen ist. Das ist doch ein Skandal sondergleichen!
Das zeigt, Herr Konrad, daß es angemessen wäre, wenn diese Herren endlich zu diesen zwei Fakten Stellung nähmen und sagten: Jawohl, auch in unserem Bereich sind Fehler passiert.
Und dann sage ich Ihnen noch eines. Wer ist denn eigentlich für den Zustand des Asylrechts, der ganz offensichtlich die Beamten überfordert, verantwortlich?
15436 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
Spranger
Das sind doch die, die jahrelang die notwendige Verbesserung und Beschleunigung auf dem Gebiet des Asylrechts verhindert haben.
Erst als wir letztes Jahr dann auf Grund der katastrophalen Entwicklung unseren Gesetzentwurf eingebracht haben, haben Sie sich auf diesen laufenden Zug aufgeschwungen und haben das Gesetz, soweit dies möglich war, noch kastriert mit der Konsequenz, daß wir im Grunde unsere Befürchtungen nun bestätigt sehen, daß das ungenügende Verbesserungen waren. Doch Sie handeln bis heute nicht.
Und dann noch eines: Als wir hier im Deutschen Bundestag Ihre Mitverantwortung auf Grund der erwähnten Schreiben und der Information der zuständigen Bundesbehörden aufgedeckt hatten, war ein erstaunliches Phänomen feststellbar. Binnen 48 Stunden war diese Affäre aus den — vor allem linken — Massenmedien verschwunden. Man hat die Kampagne eingestellt, weil man gemerkt hat: hier hat man selber Dreck am Stecken. Das bestätigt die Behauptung des Kollegen Riedl, daß hier eben zielstrebig eine Enthüllungskampagne inszeniert wurde, die leider in die Hose ging, weil Sie an der Angelegenheit beteiligt waren. Sie haben hier auf dem Podium gestanden, und das schlechte Gewissen war Ihnen anzumerken.
Sie haben hier Ihre .Methoden deutlich gemacht, Methoden, die ich als mies und schäbig empfinde. Ich meine, es wäre angebracht, daß Sie sich, wenn wir die Behauptung nicht umdrehen und vom „Fall Baum" sprechen müssen, von diesem Podium aus noch gegenüber Herrn Tandler entschuldigen. Das wäre eine angemessene Reaktion nach Ihrer Aussage.
Lassen Sie mich noch zwei Punkte ansprechen, die sehr wichtig sind.
Sie behaupten, Sie hätten die Kampagne gegen den BGS weder gefördert noch irgendwie mitinszeniert. Ich kann Ihnen nur empfehlen, Ihre Interviews im „Stern" nachzulesen, wo Sie sich hingestellt und gesagt haben: „Da sind rechtswidrige Praktiken", und wörtlich: „Ich werde das stoppen." Sie waren doch derjenige, der dem „Stern" das Material geliefert hat, damit dieser mit solchen Gerüchten durchs Land zieht. Und Sie stellen sich noch als der große Freiheitskämpfer hin und sagen: „Ich werde das stoppen!"