Rede von
Klaus
Gärtner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und 'Herren! Unverkennbar, wie der Kollege Esters es gesagt hat, trägt der Einzelplan 23 die Handschrift des Parlaments. Denn das Parlament hat sich seit einigen Jahren immer wieder die Freiheit herausgenommen, das Budgetrecht sehr ernst zu nehmen und die politischen Schwerpunkte dort zu setzen, wo es sie auch für die Zukunft sieht.
Wir werden uns in dieser Übung von niemandem übertreffen lassen.
Wenn ich von der Handschrift des Parlaments spreche, muß ich allerdings mit Bedauern hinzufügen, daß die Mitzeichnung durch die Opposition leider fehlt. Dies macht also die sozialliberale Mehrheit in diesem Hause alleine.
— Das ist das berühmte Verfahren, zu sagen: „Wir würden das ja auch gern machen, aber so, wie ihr das macht, finden wir das nicht gut. Ich halte das für eine Hilfsargumentation, die man eine Zeitlang durchhalten kann, aber die Glaubwürdigkeif wird dadurch international mit Sicherheit nicht wachsen; national ist sie bei Ihnen ja ohnehin häufiger im Eimer.
Ich wollte nur an die Regierung appellieren, mit diesem Ergebnis der Haushaltsberatungen — wenn so beschlossen wird, wie die Vorlage es vorsieht — nicht so umzugehen, als sei es ein Danaer-Geschenk oder als passe ihr das nicht. Man weiß nämlich nicht mehr, welchen Gefallen man dieser Regierung noch tun kann. Auf der einen Seite kriegt man Kritik, wenn man etwas drauflegt, auf der anderen Seite kriegt man auch Kritik, wenn man kürzt. Es ist etwas
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15403
Gärtner
schwierig. Ich würde die Regierung bitten, mit dem, was das Parlament ihr gibt, in diesem Falle so umzugehen, wie das Parlament es meint. Auf internationalen Konferenzen, meine ich, sieht man etwas besser aus, wenn man einem international vereinbarten Ziel näherkommt, als wenn man weiter wegbleibt.
— Wissen Sie, der Kollege Esters hat Ihnen das doch soeben klar gemacht. Ich weiß nicht, ob Sie das mathematisch hinkriegen, Herr Köhler: Wenn Sie die 200 Millionen DM abziehen, ist die Frage, wie weit Sie dann von den 0,7 % weg sind. Da muß man also schon ehrlich bleiben in der ganzen Diskussion.
Mit Sicherheit war es in diesem Jahr eine Überraschung, daß uns ausgerechnet die Sachverständigen bescheinigt haben, daß die Zukunft in der Entwicklungshilfe liegt Die Erkenntnisse der fünf Weisen sind für Sie, die Sie im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit die Arbeit machen, nicht neu, für viele andere Interessierte auch nicht. Jetzt wissen wir es sozusagen amtlich, wissenschaftlich und unabhängig festgestellt, daß man in diesem Bereich mehr tun sollte. Wir haben das in unserem Arbeitsverfahren hinter uns gebracht. Ich meine, wir sollten diesen Weg in den nächsten Jahren beharrlich weitergehen.
Der Kollege Esters hat zu Recht darauf hingewiesen, daß jemand, der in der aktuellen Steuerdiskussion dramatische und drastische Senkungen will, sich daran gewöhnen muß, daß man auf Grund von Beschlüssen, die auf Parteitagen und in Fraktionen
— wie bei uns — gefallen sind, in Zukunft auch beim Einzelplan 23 zu entsprechenden Formulierungen kommen muß.
— Herr Matthöfer hat mit Sicherheit aufmerksam zugehört, und er hat ja dafür auch ein gewisses Faible. Sehen Sie mal, Herr Hüsch, Herr Matthöfer ist ja nun wirklich kein Finanzminister ohne Herz. Das müssen Sie zugeben.
— Der eine trägt sein Herz ein bißchen offener als der andere. Innerlich ist Herr Matthöfer in dieser Frage mit uns sicherlich einer Meinung.
Der Herr Kollege Picard hat von einer regionalen Erweiterung gesprochen. Er hat das Stichwort Lateinamerika in die Diskussion gebracht. Er hat auch von einer möglichen Erweiterung des Finanzrahmens gesprochen. Das sind Anregungen, die man beim nächsten Haushalt mit Sicherheit berücksichtigen sollte. Nur verstehe ich angesichts der gegenwärtigen finanzpolitischen Diskussion nicht ganz die Überlegungen, auch die Volksrepublik China zum Entwicklungsland zu deklarieren. Mit Verlaub gesagt, das wird dann etwas problematisch, wenn man in dieser Form ein Land in eine Kategorie einstuft und dann die Frage prüfen muß: Welches sind die Kriterien für die Qualifizierung als Entwicklungsland? Man muß wirklich fragen, ob man das noch finanzpolitisch in die Reihe bekommt. Die sind ja nicht mit einem Betrag von 10 Millionen oder 40 Millionen DM sozusagen abzuspeisen. Da wird eine Rahmenplanung notwendig, die weit über das hinausgeht, was wir bisher verhandelt haben.
— Ja, bei der Gemeinschaftsaufgabe liegt das ähnlich.
Ich gehe davon aus, daß wir — auch Sie, Herr Kollege Picard — im Prinzip gemeinsamer Auffassung über die Problematik der technischen Zusammenarbeit, der finanziellen Zusammenarbeit sind. Sie machen eine Ausnahme bei einigen Ländern, wo Sie Ihre Zustimmung verweigern. Der Kollege Todenhöfer macht das ja immer richtig drastisch, wenn er seine Guerilleros und Terroristen in den höchsten Staatsämtern vermutet.
— Wissen Sie, Herr Dr. Hüsch, Sie müssen sich fragen, was Sie auf dem internationalen Parkett kaputtmachen können.
Ich weiß gar nicht, welches Gefühl Sie dafür haben, daß Sie beispielsweise einem Staatsmann wie Julius Nyerere von Tansania permanent unterstellen, daß er in diese Kategorie fällt. Dabei haben Sie völlig überhört, was Ihnen der Bundesaußenminister hier vor ein paar Tagen über seine Rolle in der internationalen Politik, die für andere Länder bedeutsam war, gesagt hat.