Herr Kollege Stavenhagen, ich stelle fest, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß die Bundesregierung die Meinung der Wissenschaftler mißachtet habe und warum man sie überhaupt erst gefragt habe. Jetzt stellen Sie die Dinge doch wohl etwas anders dar und unterstellen nahezu, als ob der Wissenschaftsrat kein autarkes Gremium sei und daß er seine Entscheidungen nicht allein aus der wissenschaftlichen Erkenntnis seiner Mitglieder heraus getroffen habe.
Ich möchte auf die Personalstellen zurückkommen. 90 Personalstellen für die im Einzelplan 30 erfaßten wissenschaftlichen Institutionen sind vom Haushaltsausschuß neu bewilligt worden, davon allein 55 für die Max-Planck-Gesellschaft. Das sind 20 mehr als im vergangenen Jahr. Sicher, dies ist nur die Hälfte der beantragten Stellen, aber damit ist auch die Max-Planck-Gesellschaft gegenüber allen anderen Instituten mit Bezug auf die Gesamtzahl der dort Beschäftigten überproportional bedacht worden. Ich glaube, dies sollte man hier einmal deutlich sagen. Dies muß auch anerkannt werden.
Meine verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz einige Worte zum Verhältnis der direkten zur indirekten Forschungsförderung sagen. Wir sind der Meinung, daß die direkte und die indirekte Forschungs- und Entwicklungsförderung keine substituierbaren Alternativen sind, sondern daß sie sich gegenseitig ergänzen müssen. Ich glaube, wir sind uns da in der Beurteilung einig. Wir Liberale befürworten auch die direkte projektgebundene staatliche Finanzierungshilfe und Risikobeteiligung, aber nur in den Fällen, in denen Risiko und Investitionsbedarf so groß sind, daß einzelne Unternehmen sie selbst bei Einbeziehung der generellen Forschungsförderung nicht in Angriff nehmen und auch nicht in Angriff nehmen können. Direkte Forschungs- und Entwicklungsförderung sollte auch da erfolgen, wo politische Gründe ein direktes Eingreifen des Staates erforderlich machen, weil die Ergebnisse als Grundlagen politischer Entscheidungen notwendig sind oder weil weder Wissenschaft noch Wirtschaft von sich aus die Probleme aufgreifen. In der direkten Forschungsförderung sind die Ziele klar zu begrenzen und dabei Schwerpunkte zu setzen. Es ist notwendig, die Forschungsprogramme von Bund und Ländern besser als bisher zu koordinieren und regional ausgewogener zu machen.
Die FDP hält ein ausgewogenes Verhältnis von allgemeiner Innovationsförderung und gezielter Forschungs- und Technologieförderung für notwendig. Erhaltungssubventionen dürfen nicht als Forschungsförderung verkleidet werden, und für uns kann und wird Forschungs- und Entwicklungspolitik kein Instrument staatlicher Investitions- und Strukturlenkung sein und werden. Staatliche Forschungs- und Entwicklungsförderung darf marktwirtschaftliche Mechanismen nicht außer Kraft setzen und die Gestaltungsfreiheit der forschenden Unternehmen nicht behindern.
Das. Verhältnis der direkten zur indirekten Forschungs- und Entwicklungsförderung hat sich in den letzten Jahren wieder deutlich in Richtung auf die indirekte Förderung verschoben. Wir, die FDP, begrüßen das. Ich nenne die Neuregelung der steuerlichen Investitionszulage, die Personalzulage und auch den Abbau bürokratischen Aufwandes.
Im übrigen möchte ich mich zu den Fragen der indirekten Forschungsförderung auf die Ausführungen meines Kollegen Dr. Haussmann beziehen, die ja hier vorhin schon einmal angezogen wurden. Lassen Sie mich dazu nur noch ergänzend sagen: Die Zielvorstellungen der FDP liegen in dieser Richtung. Wir möchten eine weitere Verstärkung der indirekten Forschungs- und Entwicklungsförderung, einen weiteren Abbau des bürokratischen Aufwandes
und damit gleichzeitig eine Verkürzung der Antrags- und Bewilligungsverfahren. Auch und insbesondere für die mittelständischen Unternehmen, für die ja auch die Bezuschussung der Auftragsforschung und die Innovations- und Technologieberatung — das sollte hier noch einmal herausgestellt werden — ganz entscheidende Hilfen sind, ist eine Entbürokratisierung unerläßlich,
sollen unsere politischen Ansätze zur Förderung des Mittelstandsbereichs voll greifen.
Deshalb sollte auch z. B. die industrielle Gemeinschaftsforschung stärker ausgebaut werden, als dies
bisher der Fall gewesen ist. Sie nämlich hat die For-
15372 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
Dr.-Ing. Laermann
schungsfreudigkeit gerade mittelständischer Unternehmen, wie ich meine, entscheidend motiviert..
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Energieforschung machen. Der Bedeutung dieses Bereichs entsprechend, bilden die Haushaltsansätze für die Energieforschung mit einem Anteil von rund 36 % den größten Ausgabenblock im Einzelplan 30. Ausdrücklich ist zu begrüßen, daß die höchste Steigerungsrate — rund 32 % —, abgesehen vom Programm für Zukunftsinvestitionen, auf den Bereich der nichtnuklearen Energieforschung entfällt. Darin sind die Finanzmittel für Demonstrationsanlagen zur Kohleveredelung noch nicht enthalten. Für die nichtnukleare Energieforschung stehen damit 600 Millionen DM — gegenüber ca. 780 Millionen DM für die nukleare Energieforschung, ohne die institutionelle Förderung der Großforschungseinrichtungen — zur Verfügung. Damit ist das Verhältnis von nichtnuklearer zu nuklearer Energieforschung in den letzten Jahren auf rund 1 : 1,3 gebracht worden. Dieses Verhältnis wird auch in den mittelfristigen Planungen beibehalten.
Diese Entwicklung drückt deutlich den politischen Willen der Bundesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen aus. Wir begrüßen diese Umorientierung ausdrücklich. Sie geht mit der Umorientierung der Prioritäten in der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms konform: Rationelle Energieverwendung, Reduzierung von Energieumwandlungsverlusten, Erschließung alternativer, erneuerbarer Energiequellen — auch der Solarenergie, Herr Stavenhagen —, verbesserte Fördertechniken im Bergbau, neue Kraftwerks- und Kohleveredelungstechnologien, das sind die Förderungsschwerpunkte. Damit wird die Bundesregierung dem Gebot und der internationalen Verpflichtung gerecht, den Primärenergiebedarf zu reduzieren, die Abhängigkeit vom 01 abzubauen und dem national verfügbaren Energieträger, der heimischen Kohle, den ihm gebührenden Rang zu sichern, also den Einsatz der Kohle zu wirtschaftlichen Bedingungen auf Dauer zu sichern.
Gleichzeitig wird damit ein wesentlicher Beitrag zur strukturellen Entwicklung an Ruhr und Saar geleistet. Denn die zur Kohlegewinnung und Kohleveredelung entwickelten Anlagen dürften bei dem weltweit anerkannten hohen_ Stand des entsprechenden Know-how gute Exportchancen eröffnen. Wir begrüßen und unterstützen die Absicht der Bundesregierung, nunmehr den beschleunigten Bau von Demonstrationsanlagen zu initiieren.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, zukünftige Entwicklungen werden aus Kostengründen, werden zur Ressourcenschonung, werden zur Reduzierung von Umweltbelastungen auf einen Verbund Kohle-Kernenergie hinauslaufen müssen.
Deshalb ist auch im Interesse einer kontinuierlichen
Entwicklung eine staatliche Förderung der nuklearen Energieforschung, insbesondere — ich betone dies hier ausdrücklich — in der Hochtemperaturreaktorentwicklung unerläßlich.
— Herr Kollege Gerstein, ich gehe davon aus — wir haben das in vielen Diskussionen feststellen können —, daß wir auf dieser Schiene gemeinsame Anliegen und gemeinsame Zielvorstellungen haben. Unterschiede bestehen sicherlich in der Art und Weise, wie sich jeder von uns das Erreichen dieses Zieles vorstellt.
Hinzu kommen die wichtigen Bereiche, z. B. die Sicherheitsforschung. Hier möchte ich ausdrücklich begrüßen, daß keine Kürzung des Programms, sondern nur eine Verschiebung vorgenommen worden ist, was sich im erhöhten Ansatz der Verpflichtungsermächtigung ausdrückt. Dies wollte ich hier feststellen; denn für uns hat Sicherheitsforschung eine ganz erhebliche Priorität im Bereich der nuklearen Energieforschung. Es geht um die Entwicklung von Brennstoffkreisläufen und die Entsorgung. Gerade nach den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz zur Entsorgung berechtigt dies den vorgesehenen Mittelansatz auch mittelfristig für die nukleare Energierforschung wegen des darin enthaltenen Parallelansatzes der Untersuchung und der Erforschung alternativer Brennstoffkreisläufe, eventuell auch ohne Wiederaufarbeitung.
In dem vorliegenden Haushalt, Einzelplan 30, setzt die Bundesregierung ihre in den vergangenen Jahren eingeleitete Politik, der Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung neue, kräftige Impulse zu geben, fort. Diese Politik wird auch nicht durch die aus haushaltstechnischen Gründen unvermeidbaren Kürzungen der Ansätze beeinträchtigt. Es sind globale Minderausgaben in Höhe von 120 Millionen DM, 88 Millionen DM an sachlich begründeten Kürzungen, die zum größten Teil auf nicht abgerufenen Mitteln im Jahre 1979 beruhen. Diese Kürzungen schränken angesichts der bestehenden Verpflichtungen die Möglichkeiten zu neuen Aktivitäten oder die Ausdehnung laufender Projekte in vertretbarer Weise ein, und die Notwendigkeit zum Abbruch und zur Aufgabe von bereits angelaufenen Projekten ergibt sich nicht. Die globale Minderausgabe sollte den starken Zuwachs im Projektbereich reduzieren. Zukünftige weitere Reduzierungen zugunsten einer stärkeren indirekten Forschungs- und Entwicklungsförderung, eventuell auch zugunsten einer spezifisch indirekten Förderung, sollten ernsthaft erwogen werden. Insgesamt stimmt meine Fraktion dem Einzelplan. 30 in der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu und lehnt die Ergänzungs- und Zusatzanträge der Oppositon ab.