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    Plenarprotokoll 8/193 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 193. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Inhalt: Erweiterung des Tagesordnung . . . . 15311B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/3381 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3385 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" — Drucksache 8/3293 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/3489 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/3451 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 15312A Grobecker SPD 15315D Dr. Rose CDU/CSU 15318C Ewen SPD 15321 B Cronenberg FDP 15324 B Müller (Remscheid) CDU/CSU 15325 B Urbaniak SPD 15328 A Hölscher FDP 15329 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 15331 A Burger CDU/CSU 15336 A Fiebig SPD 15338 B Eimer (Fürth) FDP 15341 A Frau Huber, Bundesminister BMJFG . 15343 C Frau Verhülsdonk CDU/CSU 15348A Glombig SPD 15351 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 15355 B Kuhlwein SPD 15357 D Höpfinger CDU/CSU 15360A Jaunich SPD 15362 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/3391 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 15364 B Dr. Dübber SPD 15367 A Dr.-Ing. Laermann FDP 15369 B Dr. Hauff, Bundesminister BMFT . . . 15372D Lenzer CDU/CSU 15376 C Dr. Vohrer FDP 15379 B Stockleben SPD 15380 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/3392 — Frau . Benedix-Engler CDU/CSU . . . . 15381 C Dr. Meinecke (Hamburg) SPD 15385 B Frau Schuchardt FDP 15387 C Schmude, Bundesminister BMBW . . 15391 A Pfeifer CDU/CSU 15395 C Lattmann SPD 15397 B Beratung des vom Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vorgelegten Entwurfs einer Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages — Drucksache 8/3460 — Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU . . . . 15398 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/3388 — Picard CDU/CSU 15399A Esters SPD 15401 C Gärtner FDP 15402 C Dr. Hoffacker CDU/CSU 15405A Dr. Holtz SPD 15407 D Dr. Vohrer FDP 15410D Offergeld, Bundesminister BMZ . . . 15412C Höffkes CDU/CSU 15415B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/3376 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 8/3394 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/3396 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . 15417C Walther SPD 15421 D Gärtner FDP 15424 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 15426 D Dr. Nöbel SPD 15429A Baum, Bundesminister BMi 15430A Spranger CDU/CSU 15435 B Dr. Wernitz SPD 15436 D Dr Wendig FDP 15438 B Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt Drucksache 8/3371 — 15439 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 8/3372 — 15439 C Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksache 8/3373 — 15439 D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 III Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/3386 — 15439 D Haushaltsgesetz 1980 — Drucksachen 8/3398, 8/3457 — . . 15440A Nächste Sitzung 15440 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 15441* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag den 13. Dezember 1979 15311 193. Sitzung Bonn, den 13. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber * 14. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich. (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. Gallus 14. 12. Genscher 13. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Klein (München) 14. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lücker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Dr. Pfennig* 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld* 14. 12. Sieglerschmidt* 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik*_ 14. 12. Baron von Wrangel 13. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu dem wiederholt von den Kollegen der SPD vorgebrachten Argument, wir würden die Beratungen der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergiepolitik" vorwegnehmen, eine Bemerkung machen.
    Auf dem Parteitag der SPD hat der Abgeordnete Reuschenbach an die Abgeordneten Ueberhorst und Schäfer gewandt folgendes gesagt:
    Ich finde es wirklich nicht kollegial, wenn bei verschiedenen Gelegenheiten das Ergebnis der Arbeit der Enquete-Kommission durch Formulierungen in Parteitagsanträgen vorweggenommen wird. In dem Umfang, wie das häufig versucht wird, führt das am Ende dazu, daß wir die Arbeit dieser Enquete-Kommission einstellen können.
    Sie sehen also: dort hat man sich längst festgelegt, gleichgültig, wie die Enquete-Kommission entscheidet.
    Aber nun zum Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie. Dieser Haushalt ist bei den Haushaltsberatungen um 208 Millionen gegenüber dem Regierungsentwurf gekürzt worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit haben SPD und FDP in vielen Punkten unserer Kritik im Grunde genommen recht gegeben.

    (Löffler [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    Einmal war es eine globale Minderausgabe von 120 Millionen DM, weil man den Haushalt für übersetzt hielt. Weiter haben die Koalitionskollegen einer Kürzung um 8 Millionen bei der Humanisierung der Arbeitswelt zugestimmt. Sie konnten nicht widerlegen, daß unter der Regie des Forschungsministers das Programm Humanisierung der Arbeitswelt zum Selbstbedienungsladen für Großunternehmen geworden ist, die sich dort Dinge bezuschussen lassen, die sie ohnehin durchführen würden. Eine lange Liste von abgebrochenen Projekten stellt den Programmverwaltern ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Es geht dort offenbar weniger darum, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern Bedingungen in der Arbeitswelt zu verbessern, sondern es geht dort um praxisfremde Ideologie.
    Eine herbe Niederlage mußte der Bundesforschungsminister bei der Beratung des Titels für Informationstechnologien einstecken; von beantragten 31,5 Millionen DM wurde mehr als die Hälfte gestrichen. Das ging sogar weit über meinen Antrag hinaus, weil die Kollegen der Koalition von diesem Programm überhaupt nicht überzeugt werden konnten.
    Der Kollege Dübber hat einen Antrag gestellt, dem der gesamte Haushaltsausschuß zugestimmt hat, nämlich bei der Reaktorsicherheit 5,5 Millionen DM einzusparen. Damit ist auch von der SPD dokumentiert, daß auf dem Felde der Reaktorsicherheit deutsche Ingenieure und Techniker Vorbildliches leisten; es ist gut so, daß das einmal dokumentiert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß die SPD des Landtags in Baden-Württemberg einen Antrag, einen Titel „Haftung für Reaktorunfälle" im Landeshaushalt einzustellen, mit der Begründung abgelehnt hat, dies schüre nur die Angst in der Bevölkerung vor Kernkraftwerken; tatsächlich seien Unfälle aber unwahrscheinlich. Dann verstehe ich
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15365
    Dr. Stavenhagen
    nicht, wie Sie an anderer Stelle ganz anders argumentieren.
    Im Bereich Transport und Verkehr kürzte der Haushaltsausschuß 12 Millionen. Ein Projekt — beispielhaft herausgegriffen — ist das „Zukunftsauto", das über drei Jahre mit 110 Millionen DM gefördert werden soll. Ich bin der Meinung, daß Unternehmen, die Autos bauen, sich auch um die Zukunftsprobleme des Automobilbaues zu kümmern haben und nicht Bürokraten des Forschungsministeriums. Wenn man sich dann noch die Bilanzen dieser Unternehmungen anschaut und weiß, wie diese Unternehmungen Anlagen für liquide Mittel suchen, dann wird um so deutlicher, daß sie nicht mit Steuermitteln solche Projekte finanzieren müssen, sondern durchaus selbst dazu in der Lage sind.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Siehe VW!)

    Wenn es aber den Beamten des Forschungsministeriums darum geht, uns das Auto ihrer Vorstellung zu verordnen, dann muß ich sagen, dieses Auto möchte ich lieber nicht fahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Konzept „Zukunftsauto" ist kein Ausrutscher dieser Forschungspolitik, sondern es ist Ergebnis der These von der Kurzsichtigkeit des Marktes, die zum Kredo der Forschungspolitik von Herrn Hauff geworden ist.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Investitionslenkung!)

    Er sagt, daß die Wirtschaft ein charakteristisches Defizit an vorausschauender Technologieentwicklung habe. Die Praxis seiner eigenen Politik aber ist, daß sie keine langfristigen Perspektiven mehr hat. Programme, die in den 50er und 60er Jahren als zukunftsweisend begonnen wurden im Bereich der Kernenergie, im Bereich der Raumfahrt, im Bereich der Luftfahrt, sind heute zu kurzfristigen und kurzatmigen Sammelsurien von Einzelprojekten zusammengeschrumpft. Gutachterfilz, Selbstbedienung und die Trägheit der Etablierten verhindern das Aufkommen neuer und unkonventioneller Lösungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Verzettelung der Mittel auf zu viele, zu kleine, zu unbedeutende Projekte führt dazu, daß die Effizienz der Forschungsförderung immer weiter abnimmt. Die Bürokratie gerät in kurzfristigen Erfolgszwang, was dazu führt, daß der Blick für langfristige Konzeptionen verstellt ist. Dies gilt beispielsweise für drei zukunftsweisende Entwicklungslinien der Solarenergie, nämlich der Photovoltaik, der Photochemie und der Photobiologie, wo man bei uns wenig oder nichts tut.
    Man muß, wenn man Solarenergie wirklich erforschen will, mit der gleichen Systematik und der gleichen Methodik an die Sache herangehen wie z. B. bei der Kernenergie, damit man auch dort einen Spitzenplatz bekommen kann. In der Solarenergieforschung wird mit der Technik von gestern versucht, die Probleme von morgen zu lösen: Einfachkollektoren bei einer Schwimmbadheizung beispielsweise, Niedertemperaturkollektoren für 10 kw-Kraftwérke in Ägypten und Indien mit einem Wirkungsgrad von 2 %, dadurch Herstellungskosten von 100 000 DM pro Kilowatt installierter Leistung. Damit kann niemand etwas anfangen. Da werden Versuche gemacht, mit dem Solarturmprinzip Großkraftwerke zu bauen, obwohl man heute schon weiß, daß dieser Strom nie wirtschaftlich sein kann. Man muß, wenn man es mit der Solarforschung wirklich ernst meint, an zukunftsweisende und auch risikoreiche Projekte rangehen und nicht hier kurzatmig, nur damit man was vorweisen kann, von der Hand in den Mund leben.
    Noch etwas zu dieser These von der Kurzatmigkeit des Marktes. Vielleicht überlegen Sie mit mir auch einmal, wovon eigentlich die zeitliche Tiefe unternehmerischer Entscheidungen abhängt. Ich glaube, daß eine zentrale Abhängigkeit das politische Umfeld darstellt. Unsichere Umstände lenken Risikokapital in Aktivitäten mit schnellem Kapitalumschlag. Langfristige Investitionen haben in einem solchen Klima keine Chance. Welcher Unternehmer wird schon Investitionsanreize in Anspruch nehmen wollen, wenn er für morgen den konfiskatorischen Zugriff des Staates bei Erfolg befürchten muß. Solange die Unsicherheit über den materiellen Inhalt des Eigentums an Produktionsmitteln bestehen bleibt,

    (Zuruf von der SPD)

    führt auch dies deutlich zu einer Verkürzung des Planungshorizonts von Unternehmen.
    Angesichts solcher Überlegungen gerät das Argument derer ins Zwielicht, die immer meinen, daß sie hier Probleme des Marktes beseitigen müßten. Tatsache ist, daß sie diese Probleme überhaupt erst auftürmen.
    Meine Damen und Herren, die Forschungspolitik der Bundesregierung umfaßt die Wirtschaft in einer Art Zangengriff. Auf der einen Seite führt die sprunghafte Ausweitung des Etats zu einer Art Abholmentalität der Industrie, wie dies übrigens der Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff genannt hat. Die Firmen suchen weniger nach dem, was der Markt von morgen verlangt, als nach dem, was die Bürokraten heute wünschen. Zehntausende von Unternehmen beschäftigten sich zwar mit Innovation, aber nur einige hundert erhalten Forschungsmittel auf Grund der Kenntnis der Schleichwege zu den staatlichen Töpfen. Andererseits werden technologische Entwicklungen nach Kräften behindert, wenn sie nicht in das Konzept des Forschungsministers passen. Ich finde es schon sehr merkwürdig, daß der Forschungsminister dem Bundeskanzler Vorschläge gemacht hat, wie man Radio Luxemburg im Wege einer Art Großmachtpolitik daran hindern könne,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Luftkrieg!)

    hier einen Satelliten zu plazieren, um ein privates Programm auszustatten.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Innovationsverhinderer!)

    Im Haushaltsausschuß hat die Koalitionsgruppe
    dies unterstützt, indem sie 6 Millionen DM für einen
    15366 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
    Dr. Stavenhagen
    Fernsehsatelliten gesperrt hat. Dies mutet komisch an angesichts der Formulierung des Bundeskabinetts am 26. September, man solle mit den neuen Medien die aktive Beteiligung des Bürgers am Informationsprozeß erhöhen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist die Weltoffenheit kleinkarierter Sozis!)

    Am 13. August 1546, meine Damen und Herren, wurde in Paris Etienne Dolet auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil er unerlaubt Veröffentlichungen vorgenommen hat, die der herrschenden Lehre zuwiderliefen. Er hatte unter anderem einen Dialog von Plato verlegt. Solche Publikationen waren nach herrschender Meinung geeignet, die unsterblichen Seelen der Zeitgenossen zu verwirren.
    Heute nennt man das „Reizüberflutung'. Ausgerechnet hier entdeckt die SPD ihr Herz für die Familie und überlegt, wie sie die Familie vor der Reizüberflutung retten kann. Dies ist komisch angesichts der Tatsache, daß sie diese Probleme in den 25 Jahren des Bestehens des Fernsehens nicht sah, aber jetzt, da die SPD Gefahr läuft, daß das einseitige Monopol durchbrochen wird, bekommt sie plötzlich diese Ängste.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/ CSU]: Und die „Hamburger Morgenpost" kann sie nicht halten!)

    In elf Großstädten wollte die Bundespost flächenmäßig verkabeln. Dies hat die Bundesregierung abgeschmettert. Sie nimmt damit aus ideologischen Gründen in Kauf, daß wir nach dem Gebiet der Kernenergie auch auf diesem Gebiet ins Hintertreffen geraten.
    Dem Forschungsminister fällt zum Energieeinsparen nur die Energieverbrauchsordnung ein. Er schlägt eine Abwärmeabgabe vor, von der selbst Vertreter des Wirtschaftsministeriums befürchten, daß sie verfassungswidrig sei. Die Hochschulen beklagen, daß dort zuviel vom Bund direkt hineinregiert würde, nach dem Motto „Wer zahlt, bestellt auch die Musik".
    Ich muß sagen: Es ist eine kaum zu überbietende Kaltschnäuzigkeit, wie Sie den Beschluß des Bundeskabinetts, als Sitz für das Polarforschungsinstitut Bremen zu bestimmen, durchgedrückt haben — gegen den Willen, gegen die Gutachten, gegen die Stellungnahmen aller beteiligten Wissenschaftler. Der Wissenschaftsrat sagt: Für Kiel sprechen die hohe wissenschaftliche Qualität der dort tätigen Wissenschaftler, das große Spektrum direkter Polar-und Meeresforschung und sehr nahe Forschungsaktivitäten sowie das weitere wissenschaftliche Umfeld.
    Meine Damen und Herren, wenn man sich an die Fachleute nicht halten will, wenn einem das schnurz ist, dann soll man aber auch nicht die Farce machen, sie um ihre Meinung zu fragen, sondern es gleich in den Hinterzimmern der Partei auskungeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen haben wir auf Drucksache 8/3499 den Antrag eingebracht, die Titelgruppe 08 in Kap. 30 06 in der Bezeichnung zu ändern in „Alfred-WegenerInstitut für Polarforschung (IfP) in Kiel". Dies ist die Möglichkeit des Haushaltsausschusses, deutlich zu machen, daß wir wünschen und der Meinung sind, daß dieses Institut in Kiel errichtet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
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    Rede von Dr. Lutz G. Stavenhagen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich bin mit der Redezeit knapp; ich bitte, keine Zwischenfragen zu stellen.
    Meine Damen und Herren, die Kritik am Forschungsminister, die in der Vergangenheit immer ein bißchen hinter vorgehaltener Hand vorgetragen wurde, wird in der letzten Zeit lauter vernehmlich. Der Wirtschaftsminister, Graf Lambsdorff, warnte vor einer Abholmentalität und forderte wie wir, daß die indirekte, also auf Breitenwirkung zielende Forschungsförderung einen höheren Stellenwert haben müsse. Der FDP-Kollege Haussmann wies auf die einseitigen Struktureffekte sowie die Benachteiligung des Mittelstands und wirtschaftlich weniger entwickelter Regionen durch die Politik von Herrn Hauff hin.
    Er forderte — wie wir — mehr indirekte Forschungsförderung, die den kleinen und Mittelbetrieben besser nütze, die auch gleichmäßiger Innovationsanreize gebe.

    (Zuruf von der SPD: Ein reines Gießkannenprinzip!)

    — Sie habe, so Herr Haussmann, auch mehr Breitenwirkung, und insofern steche — das ist der Originalton Haussmann — das Argument der Gießkasse nicht.
    Das ist natürlich schön gesagt. Das Problem der FDP ist halt, daß sie unsere Reden hält und mit den anderen abstimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/ CSU]: Das tun die immer!)

    Beachtlich finde ich, daß auch diejenigen, die im Grunde genommen von der Forschungsförderung profitieren, zunehmend Kritik anmelden: zum einen der Bundesverband der Deutschen Industrie, dann der Bundesverband der Jungen Unternehmer, die beide eine Vernachlässigung der Grundlagenforschung beklagen. Sie beklagen, daß die Gestaltungsfreiheiten der forschenden Wirtschaft stark eingeschränkt werden.
    Interessant ist auch, daß der Rechnungshof erneut auf die liederliche Bearbeitung von Verwendungsnachweisen hinweist. Man ist dort mit Verwendungsnachweisen Monate im Rückstand. Dies zeigt, daß eine ordnungsgemäße Kontrolle öffentlich eingesetzter Mittel nicht möglich ist. Das zeigt, daß man über Monate keine Kontrolle darüber hat, was mit dem Geld geschieht.
    Damit wird doch deutlich, daß die Bürokratie mit der starken Ausweitung der direkten Forschungsförderung überfordert ist. Es wäre wirklich gut — nachdem ja nicht nur wir, sondern auch andere Parteien das sagen —, wenn man sich im Forschungsmi-
    Deutscher Bundestag — 8, Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15367
    Dr. Stavenhagen
    nisterium endlich mehr Gedanken darüber machte, auf welche Weise die indirekte, auf Breitenwirkung gezielte Förderung einen höheren Stellenwert bekommen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Um es ganz deutlich zu machen und damit keine Mißverständnisse entstehen: Wir meinen nicht ein „Anstatt", sondern wir meinen ein vernünftiges, ausgewogenes Verhältnis. Dieses vernünftige, ausgewogene Verhältnis besteht heute nicht. Die Forschungspolitik der Regierung pervertiert immer mehr zu einer kurzarmigen bürokratischen Kesselflickerei ohne Ziel und Ausblick. Das Klima für Wissenschaft und Forschung in unserem Land wird trotz der Hauff-Milliarden immer schlechter. Fähige Köpfe wandern zunehmend ins Ausland ab. Nicht kreative Geister, sondern kleinkarierte Funktionäre stellen bei uns die Weichen für die Zukunft.
    Wir lehnen die Forschungspolitik der Regierung und den Einzelplan 30 ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)