Rede von
Roswitha
Verhülsdonk
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es tut mir leid, Herr Fiebig, wir kommen zu sehr in die Mittagspause hinein; es geht nicht.
Die Unionsparteien sind nicht so töricht, zu glauben, daß allein mit politischen Programmen und materiellen Hilfen für die Familie schlagartig alle Fehlentwicklungen unserer Gesellschaft behoben werden könnten. Es ist doch aber nicht zu leugnen, daß der Werteverlust, den ja auch der Bundeskanzler beklagt hat, nicht zuletzt durch politische Fehlorientierung in den letzten zehn Jahren rapide vorangetrieben wurde.
Der Reformgigantismus der Regierung Brandt, die pausenlosen Umverteilungsprozesse, die der Bürger natürlich teuer bezahlen mußte, haben die Zielpunkte des Lebens der Menschen verändert. Einig ist sich die Gesellschaft heute nur noch in dem Willen, mehr Wohlstand erwerben und konsumieren zu können. Dies hat alle Gemeinschaften, auch die Familie, brüchig gemacht; es hat den einzelnen zunehmend isoliert und verunsichert.
An den Aggressionen und Frustrationen, am Alkohol- und Drogenmißbrauch einer wachsenden Zahl von Kindern und Jugendlichen und — in den weniger auffällig verlaufenden Fällen — an Kontaktarmut, Leistungsversagen, Streunertum und asozialem Verhalten sehen wir den Preis, den wir für diese Art von „sozialem Fortschritt" gezahlt haben und dann, wenn Ihre emanzipationsideologischen
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15351
Frau Verhülsdonk
Konzepte bedenkenlos weiter fortgeführt werden, weiter zahlen werden.
Leider läßt das eben schon zitierte Papier der Wehner-Kommission zur Familienpolitik wenig Hoffnung darauf, daß sich etwas ändern könnte, wenn man darin unter dem Stichwort „Erziehungsgeld" folgenden Satz liest:
Traditionelle Rollenbilder werden durch das Erziehungsgeld konserviert. •
Diejenigen Mütter, die bisher nicht erwerbstätig waren, werden auch weiterhin vom Arbeitsmarkt ferngehalten.
Deutlicher kann man es doch nicht sagen. Frau Huber redet aber davon, daß Emanzipation eine geistige Qualität sei und nichts mit Erwerbstätigkeit zu tun habe.
Die Anpassungszwänge, die Sie durch das Mutterschaftsgeld bereits geschaffen haben, sind beachtlich. Solange Sie die falsche Gleichung aufrechterhalten, emanzipiert ist, wer erwerbstätig ist, wird es um die Gleichberechtigung der Hausfrau und Mutter mit der erwerbstätigen Frau — —
— Sie vielleicht nicht; Herr Eimer hat das soeben bestritten. Aber die andere Seite sagt das.
— Sie handeln danach.