Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das allgemeine Ziel dieses Haushalts ist auch im Einzelplan 15 sichtbar, nämlich Konsolidierung der Ausgaben. Unter diesem Gesichtspunkt haben wir größere Steuerentlastungen oder teurere Maßnahmen des Familienlastenausgleichs in diesem Jahr noch nicht vorgenommen. Dies soll in einem umfassenden Konzept im Jahre 1981 geschehen, in dessen Rahmen wir Freien Demokraten u. a. auch die Erhöhung des Erstkindergeldes wünschen. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Aber ich möchte an dieser Stelle eines klarstellen: Einkommensgrenzen für Kindergeld halten wir nicht für eine gute Sache. Diese Lösung sieht nur auf den ersten Blick sozial aus.
Ich möchte ganz kurz begründen, warum wir das für schlecht halten. Gesetzt den Fall, wir erhöhen das Kindergeld um 50 DM pro Monat, so macht das im Jahr 600 DM netto aus. Jemand, der knapp unter dieser Einkommensgrenze ist, hat diese 600 DM; jemand, der 1 DM darüber hat, erhält diese 600 DM nicht mehr. Wenn man von einem Grenzsteuersatz von 40 % ausgeht — und das ist sicher nicht sehr viel —, dann muß der, der über dieser Grenze liegt, ca. 1000 DM im Jahr mehr verdienen, um sein altes Nettoeinkommen zu erreichen. Abgesehen vom Bürokratismus bei Einkommensgrenzen wollen wir diese Ungerechtigkeit nicht.
Aber lassen Sie mich zur Debatte über diesen Etat zurückkommen. Wir wurden von Ihren Rednern vor allem am Dienstag immer wieder aufgefordert zu sparen. Franz Josef Strauß tat es mit dem ihm eigenen Charme. Er sprach von denen, die sich in mit Schulden getätigten Wohltaten sonnen wollen.
Nun, wir nehmen diesen Aufruf zum Sparen sehr ernst. Wer zum Sparen auffordert, muß aber auch sagen, wo gespart werden soll. Sie machen mit Ihrer Forderung nach Einführung des Familiengelds das Gegenteil.
Daß auch wir die Berücksichtigung der nichterwerbstätigen Hausfrauen wollen, hat unser Parteivorsitzender Genscher vor kurzem sehr deutlich ausgeführt. Aber daß unser Kinderbetreuungszuschlag etwas anderes als Ihr Familiengeld ist, hat, glaube ich, sehr deutlich Frau Matthäus-Maier dargelegt. Wir wollen eben kein staatlich vorgeschriebenes Rollenbild. Die Frau soll sich bei uns frei entscheiden können. Hier decken sich die Forderungen, die Sie, Herr Burger, vorhin aufgestellt haben, durchaus mit unseren. Nur sieht die Praxis nach Ihrem Gesetz anders aus.
Wir sind bei diesem Haushalt nicht der Versuchung erlegen, uns in mit Schulden getätigten Wohltaten sonnen zu wollen. Wir machen keine Wahlgeschenke vor dieser Wahl. Der Vorrang in diesem Haushalt liegt eindeutig bei der Konsolidierung.
Ich meine, wer einen Sparappell ernst nehmen und wer mit dem Sparen ernst machen will, muß bei dem Bereich anfangen, den wir selber bearbeiten. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben sehr viele Wünsche zur Familienpolitik. Wir stellen sie zurück, bis eine umfassende Regelung 1981 gewährleistet ist.
Nun haben Sie ja zu Ihrem Antrag zum Familiengeld einen Deckungsvorschlag vorgelegt. Abgesehen davon, daß Siè in vielen einzelnen Punkten kürzen wollen, wo es ohnedies nichts mehr zu kürzen gibt, finde ich einen Punkt besonders interessant. Es ist der Punkt mit dem Zuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit.
Ich hätte kaum Argumente, wenn Sie sagen würden: Wir wollen das streichen und das Geld einsparen und damit den Haushalt konsolidieren. Aber was würde denn passieren, wenn Sie recht hätten und wir das Geld nicht brauchen würden? Es würde ein Haushaltsrest entstehen, den man für den Schuldenabbau verwenden kann. Aber Sie wollen das, was nach Ihrer Meinung möglicherweise als Haushaltsrest übrigbleibt, gleich wieder ausgeben. Das ist Ihre Art zu sparen. Und das nennen Sie Konsolidierung.
Es gibt noch einige andere rhetorische Tricks, mit denen hier Familienpolitik gemacht werden soll. Hier denke ich z. B. an die Rede Ihres Parteivorsitzenden Helmut Kohl. Herr Kohl zitiert in seinen Reden — und viele andere Ihrer Kollegen tun das auch — immer wieder den Zweiten Familienbericht. Ich gebe ja zu, daß es darin eine Reihe von Aussagen gibt, die man als Beispiel dafür verwenden kann, wie man Familienpolitik nicht sehen soll und was man in der Familienpolitik nicht tun soll. Was ich aber nicht richtig finde und was nicht ganz ehrlich und aufrichtig ist, ist das, was Sie tun. Sie tun so, als sei dies ein Bericht der Bundesregierung. Genau das hat Herr Kohl in seiner Rede am Dienstag wieder gesagt. Dieser Bericht -- das muß ich eindeutig betonen, und das wissen Sie von der Opposition ganz genau — ist der Bericht einer unabhängigen Sachverständigenkommission, vorgelegt von der Bundesregierung auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen und nicht ein Bericht der Bundesregierung. Das wissen Sie ganz genau, meine Damen und Herren von der Opposition, und Sie wärmen diese falsche Behauptung wider besseres Wissen immer wieder auf. Ich kann Ihnen nur empfehlen, lesen Sie mal in der Bibel nach;
15342 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979
Eimer
darin steht der Satz: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten.
Es gibt aber noch andere Formulierungen in den Reden der Opposition, und hier will ich wieder Kohl zitieren. Er sprach — auch das wird immer wieder aufgewärmt —von der Formulierung „Objekt elterlicher Fremdbestimmung". Ich frage mich, ob Sie es für nötig halten, aus diesem sicher sehr bösen Satz ein kümmerliches Dasein als Debattenredner zu fristen. Das ist als Aussage für Familienpolitik zu dürftig, zu wenig. Damit kann man keine Familienpolitik machen, sondern nur Angst erzeugen. Ich habe den Eindruck, um die Erzeugung von Angst geht es Ihnen in erster Linie.
— Ich habe eben schon gesagt, daß auch ich über diesen Satz nicht sehr glücklich bin. Aber wenn das der einzige Punkt ist, an dem Sie sich immer wieder hochhangeln,
dann finde ich, daß das etwas wenig ist.
Die Opposition vermint ganze Gebiete politischer Aktivitäten, nicht nur in der Familien- und Sozialpolitik, mit Angst, um Unsicherheit zu ernten. Dabei hoffen Sie, daß sich die Ängstlichen um die Angstmacher scharen. Aus dieser Panikmache kommt ein Großteil der Verunsicherung in der Familie, der sicher da ist.
Wer hier leichtfertig und vorsätzlich Gefahren für und Angriffe auf die Familie an die Wand malt, der verunsichert die Familie. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen.
Stellen Sie sich einen Wald vor, durch den ein Weg geht; alle Menschen sind unsicher und trauen sich nicht, diesen Weg zu gehen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: die eine Möglichkeit, daß in diesem Wald Räuber sind, und die andere Möglichkeit, daß es eine Gruppe von gewissenlosen Menschen gibt, die das Gerücht verbreiten, in diesem Wald seien Räuber. Für die Verunsicherung der Menschen hat das die gleiche Wirkung. Die Angst ist die gleiche.