Helmut Rohde hat bei diesem Artikel die durchgesickerte Berichterstattung über die. Wehner-Kommission gemeint und nicht die Arbeit der Kommission.
— Nun ist es mit Zwischenfragen genug.
Herr Kollege Franke, in der Arbeitsgruppe „Sozialpolitisches Programm" auf unserem Parteitag haben Helmut Rohde und ich die einführenden Referate gehalten, die ganze Zeit dort gesessen und die Fragen beantwortet. Es hat Widersprüche zwischen Herrn Rohde und mir nicht gegeben. Da Sie das Protokoll haben, sind Sie gut informiert. Es erübrigen sich weitere Zwischenfragen. Lassen Sie mich zu meiner Rede zurückkehren.
Um auch noch einen Zwischenruf des Herrn Blüm zu beantworten:
Frau Fuchs hat in der Fraktion ausschließlich über die Eventualitäten des Verfassungsgerichtsurteils und in dem Zusammenhang über die Besteuerung gesprochen, und nicht mehr.
— Da Sie nicht dabei waren, können Sie es auch nicht besser wissen.
Aber dieses Thema ist, glaube ich, viel zu ernst, um es in dieser Form der polemischen Zwischenrufe zu behandeln. Lassen Sie mich daher in aller Kürze etwas zu unseren Zielvorstellungen über die Neuordnung sagen auf der Grundlage der breiten und — im Gegensatz zu den Zwischenrufen hier — sehr sachlichen Diskussion zu diesem Thema auf unserem • Parteitag.
Wir wollen erstens dem Auftrag des Verfassungsgerichts gemäß die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Hinterbliebenenversorgung, wobei eine familienbezogene Lebensstandardsicherung oberstes Ziel ist. Wir wollen zweitens die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung in einem vernünftigen, überschaubaren ersten Schritt. Wir wollen drittens den gerechten Ausgleich zwischen den Generationen sichern, indem wir langfristig von einem höheren Rentenniveau aus dafür sorgen, daß sich Renteneinkommen und Arbeitnehmereinkommen in Zukunft miteinander im Gleichschritt bewegen.
In diesem Zusammenhang muß ich, so leid mir das tut, noch einmal auf den Beitrag des Herrn Blüm zurückkommen. Er hat den Versuch unternommen, den Eindruck zu erwecken, als ob wir in der Bundesrepublik Deutschland in einem Armenhaus lebten.
— Ich sage es Ihnen gleich. Herr Blüm, Sie haben hier vorgestern gesagt — ich darf aus dem Protokoll zitieren —:
Wir haben 500 000 Witwen mit einer Rente unter 250 DM.
Das ist schlicht falsch. Wir haben nach Auskunft der Sozialversicherungsträger in der Arbeiter-, Angestellten- und knappschaftlichen Rentenversicherung zusammengenommen 208 000 Witwenrenten unter 240 DM ausgezahlt.
Ich wollte nur auf Ihren Irrtum aufmerksam machen
— wenn es ein Irrtum war.
Wenn so eine Behauptung aufgestellt wird, muß ja wohl im übrigen dazugesagt werden, daß diese Witwenrenten keine Witwenrenten für den Lebensunterhalt sind, sondern Renten, die auf kurze Versicherungszeiten des Mannes zurückgehen. Daß es so kleine Versicherungsrenten gibt, ist in erster Linie Ihr Verschulden bis in die 60er Jahre hinein, meine Damen und Herren von der Opposition;
denn Sie haben mit Ihrer Gesetzgebung verhindert,
daß Selbständige und Freiberufler ihre Sicherung in
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1979 15335
Bundesminister Dr. Ehrenberg
der Sozialversicherung finden konnten. Die Öffnung haben erst wir vorgenommen.
Erst in der Großen Koalition ist der Tatbestand beseitigt worden, der zu so niedrigen Fraueneinkommen in der Alterssicherung führt. Erst damals ist die Möglichkeit der Rückzahlung von Beiträgen an Verheiratete rückgängig gemacht worden. Erst in der Großen Koalition und nicht vorher ist das geschehen. Wenn es also noch Minirenten in der Rentenversicherung gibt, dann auf Grund Ihrer Versäumnisse in der Rentenpolitik bis 1966.
An diesem Tatbestand läßt sich nicht herumdeuteln.
Man kann sich auch an folgendem Tatbestand nicht vorbeimogeln. In Ihrer Regierungszeit, genauer gesagt: von 1957 bis 1966 ist das Nettorentenniveau bei einer Versicherungszeit von 45 Jahren von 66,7 % auf 60,8% gesunken. Und auch 1969 war mit 65,1 % immer noch nicht das Nettorentenniveau von 1957 wieder erreicht. 1978 haben wir ein Nettorentenniveau von 73,5 %, das höchste Nettorentenniveau, das es in der Bundesrepublik je gab.
Das ist das Ergebnis unserer Politik.
Meine Damen und Herren, zu dem, was der Herr Blüm uns vorgestern vorgeworfen hat, daß wir die Rentner „abgehängt" hätten, die bruttolohnbezogene Rente „außer Betrieb gesetzt" hätten:
Ich muß Sie hier daran erinnern, meine Herren von der Opposition: Am 1. Januar 1958 haben Sie Ihre absolute Mehrheit dazu benutzt, eine Rentenanpassung von Null zu verkünden. Es hätten nach der bruttolohnbezogenen Formel 6,1 % sein müssen.