Rede von
Werner
Zywietz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf des Bundesrates beantragt für fünf Jahre — genaugenommen: für die Zeit von 1979 bis 1983 — Bundeszuschüsse in der Gesamthöhe von 170 Millionen DM zum Ausbau des Erdgasnetzes in bestimmten Regionen der Flächen-Bundesländer. Damit sind eigentlich die beiden Hauptabsichten dieser Vorlage angedeutet, nämlich zum einen regionalpolitische Hilfestellung für strukturschwache und benachteiligte Regionen zu geben, Disparitäten abzubauen, damit die" wirtschaftlichen Verhältnisse und damit die Lebensverhältnisse für alle Bewohner der Bundesrepublik in etwa gleiche Chancen gewähren, zum anderen energiepolitisch gesehen die Chancen für die Nutzung und Anwendung des Erdgases zu verbessern, um damit die Diversifizierung im energiepolitischen Bereich weiter voranzutreiben.
Sowohl der regionalpolitischen als auch der energiepolitischen Zielsetzung können wir im Grundsatz zustimmen. Regionalpolitik und Energiepolitik haben bei uns einen hohen Stellenwert. Die vorgesehenen Maßnahmen können sowohl in Richtung einer Unterstützung schwach strukturierter Gebiete als auch einer Erhöhung der energiepolitischen Sicherheit von Vorteil sein und uns ein gutes Stück weiterbringen.
Wir begrüßen auch die regionale Schwerpunktbildung bei der Aufteilung der Finanzhilfen auf die Länder, wie sie im Zahlenspiegel, der dem Gesetz beigegeben ist, ihren Ausdruck findet. Wir meinen, daß der Bund mit einem Fördersatz von 15 % dieser ursprünglichen Länderaufgabe seine Unterstützung in ausreichender und richtiger Höhe zuteil werden läßt. Es ist eine Unterstützung, die, wie ich andeutete, auf die strukturschwachen Gebiete abzielt, weil sich in den Stadtstaaten und in den Ballungszentren die Ausbreitung von Erdgasnetzen von der Rendite her rechnen läßt. Dort sind keine weiteren Anreize durch öffentliche Mittel vonnöten.
Noch ein paar Bemerkungen aus energiepolitischer Sicht; denn mit diesen regionalen Hilfsmaßnahmen werden wir auch energiepolitische Reflexe hervorrufen, die wir begrüßen, weil sie genau im Rahmen der Zielvorstellung liegen, die in den auch hier wiederholt erörterten Darlegungen zur Energiepolitik der Bundesregierung zum Ausdruck gekommen ist: rationelle Energieverwendung und Substitution, eine Politik weg vom Ö1 — auch wenn das nicht so schnell geht, wie man sich das mitunter vorstellt —, eine Politik, die die Angebotspalette im Bereich der Energieträger erweitern und eine Risikostreuung durch den Bezug aus mehreren Regionen sicherstellen will. All dies trifft auf das Erdgas, das hier eine Förderung erfahren soll, zu.
Wir begrüßen es, daß hiermit auf dem Wärmemarkt ein Substitutionsprozeß eingeleitet werden kann, ein wenig weg vom Ö1 und mehr hin zum Erdgas. Mit dem Wärmemarkt hat man den richtigen Ansatzpunkt gewählt, weil dort etwa 40 % der gesamten Energie verwendet werden, so daß dort, so möchte ich einmal sagen, das kostbare Ö1 etwas „freier" gemacht werden kann für jene Verwendungsbereiche, wo es sehr viel schwerer zu substituieren ist, nämlich im Bereich der Chemie als Vorprodukt und im Verkehrssektor. Damit unterstützen wir diese Nebeneffekte der Regionalmaßnahmen im energiepolitischen Bereich.
Es sei nur angemerkt, daß mit dem Erdgas ein Energieträger gefördert wird, der besonders umweltfreundlich ist und der, wenn auch begrenzt wie alle Energieträger, dennoch von den Ressourcen her betrachtet eine erheblich längere Reichweite hat. Es ist ein Energieträger, bei dem wir nicht in so extrem hohen Maße wie beim Erdöl auf Bezüge aus dem Ausland angewiesen sind. Wir haben hier einen eigenen Produktionsanteil von ungefähr 30 % und können weitere Partien aus dem benachbarten Ausland beziehen. Damit sind wir nicht wie beim 01 nur auf die OPEC-Staaten angewiesen.
Ich möchte hinzufügen, daß mit Hilfe des 15 %igen Anreizes des Bundes — wobei wir erwarten, daß er durch 15 % Länderanteil ergänzt wird, so daß, daraus resultierend, wie man bislang weiß, 60 bis 70 Projekte gefördert werden — die Planung und der Vollzug dieser Projekte auch in enger informativer Fühlungnahme mit den Kommunen, mit den bisherigen Händlern der konventionellen Brennstoffe und nicht zuletzt mit den eventuell begünstigten oder betroffenen Bürgern geschieht, damit sie nicht eines Tages relativ schnell vor vollendete Tatsachen gestellt werden, weil sie vielleicht noch in anderen Bereichen Investitionen getätigt haben und sich dann nur sehr schwer und vielleicht nur mit erheblichen Reibungsverlusten politischer Art diesem Angebot zuwenden können.
Ich möchte noch einige Anmerkungen hinsichtlich des Verfahrens des eingebrachten Gesetzes machen. Zwei Aspekte bedürften, wenn man den Gesetzentwurf betrachtet, nach unserer Auffassung noch einer Verdeutlichung. Es handelt sich um eine Programmaßnahme von 170 Millionen DM auf fünf Jahre. Wenn man den Beginn der Maßnahme
14002 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 177. Sitzung. — Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1979
Zywietz
im Gesetz fixiert, dann sollte man auch das Auslaufen der Maßnahme im Gesetz zum Ausdruck bringen.
Auch die Frage, in welcher Weise der Zuschußgeber, der Bund, an dieser Projektierung beteiligt wird, bedarf noch einmal der gutwilligen Überprüfung. Nur eine nachträgliche Vollzugsmeldung als Entgegenkommen der Bundesländer, wie es im Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt, scheint mir in der Tat etwas zu wenig zu sein bei einem 15 %igen Fördersatz und einer Gesamtsumme von 150 Millionen, die der Bund zur Verfügung stellen soll.
Abschließend möchte ich noch eine genauere Betrachtung zu einem Umstand anstellen, der mir eigentlich ein bißchen widersprüchlich und unangenehm zu sein scheint. Von Vorrednern ist dargelegt worden, daß der gleiche Inhalt und die gleiche Zielsetzung in der regionalen Förderung und in der Energieförderung auch mit einem Verwaltungsabkommen hätte verwirklicht werden können. Ausgerechnet das Bundesland Niedersachsen hat diesen Verwaltungsweg blockiert. Hier hätte man einmal ein praktisches Beispiel dafür geben können, wie man mit weniger Bürokratie das gleiche Ziel erreicht. Der durchaus vernünftige und gangbare Weg ist sinnigerweise verstopft und blockiert worden von einem Bundesland, das bei der Erhöhung des Förderzinses für die Gasvorkommen und die Erdölvorkommen in seinem Bereich, ich möchte einmal sagen, vom Bund sehr tolerant behandelt worden ist. Ausgerechnet dieses Land versperrt hier schnelle und unbürokratische Wege, um regionalpolitisch und energiepolitisch das zu tun, was in diesem Gesetz zum Ausdruck kommt. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß das eine CDU-Land den kurzen, unbürokratischen, zum gleichen Ergebnis führenden Weg blockiert und das Nachbarland mit Herrn Stoltenberg das in Gesetzesform einbringt und dann allerdings gleichzeitig die Peitsche durch die Aussage im Bundesrat hebt, der Prozentsatz — ob 15 oder 20 °/o — sei nicht der entscheidende Punkt, aber es sei Eile geboten. Auf diesen Hinweis hätte man verzichten können, wenn man den durchaus angebotenen Weg des Verwaltungsabkommens gegangen wäre.
Wir werden uns allerdings — das darf ich für die FDP-Fraktion sagen —, auch wenn wir an diesen Formfragen Anstoß nehmen, bei den weiteren Beratungen mehr von den inhaltlichen von uns begrüßten Zielsetzungen leiten lassen.