Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Steigende Energiepreise verschärfen als solche die Wettbewerbsnachteile ländlicher Räume. Es war daher richtig, daß die Bundesregierung bereits im Jahre 1979 das Versprechen abgab, anläßlich der Erhöhung der Mineralölsteuer einen Teil der dadurch aufkommenden Mittel zur Entzerrung der regionalen Disparitäten in der Energieversorgung einsetzen zu wollen.
Wie es oft so ist: Die gute Absicht schlummerte dahin; sie kam nicht zur Ausführung. Steigende Energiepreise und knapper werdendes Mineralöl machen die Lösung schon lange gesehener Probleme inzwischen dringlicher.
Der Gruppenantrag der Kollegen Schmidhuber, Warnke, Waigel und Kollegen vom 26. Juni 1978 hat sich des Problems dann erneut angenommen und in der Nr. 3 die Förderung des Auf- und Ausbaus der regionalen Erdgasnetze und ihre Einbindung in das europäische Erdgasverbundsystem gefordert. In Zeiten beginnender Energieknappheit ist es besonders wichtig, möglichst allen Regionen der Bundesrepublik auch Erdgas anbieten zu können, das für die Versorgungssicherheit notwendig ist. Außerdem wird Erdgas heute noch relativ kostengünstig angeboten, so daß dessen Nichtvorhandensein die Wettbewerbsfähigkeit entfernt liegender Gebiete beeinträchtigt. Sicherlich reichen auch die Vorräte an Erdgas bei dem höheren Anteil heimischer Erzeugung wesentlich weiter als beim Mineralöl. Außerdem sind breit gestreut langfristige Lieferverträge abgeschlossen worden, so daß sich hier eine gewisse Versorgungssicherheit ergibt, die beim Mineralöl nicht erreichbar ist. Schließlich besteht langfristig die Erwartung, daß das Angebot von . Gas durch die Vergasung von
Kohle verbreitert wird und dadurch eine zusätzliche heimische Erzeugung zu beachtlichem Anteil weiter gewährleistet bleibt.
Die Gaswirtschaft baut ihr Verteilernetz in der Bundesrepublik schnell und zügig aus. Es ist aber selbstverständlich, daß zunächst die Leitungen gebaut werden, die eine möglichst große Zahl von Abnehmern möglichst schnell erschließen. Ein anderes Verhalten der deutschen Gaswirtschaft kann im Rahmen unseres marktwirtschaftlichen Systems nicht erwartet werden. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß die entlegenen Räume, die zum Abbau der regionalen Disparitäten in der Energieversorgung des Gasanschlusses besonders dringend bedürfen, auf diesen Anschluß besonders lange warten müssen.
Dieser Entwicklung soll durch den vorliegenden Gesetzentwurf begegnet werden. Es entspricht dem Art. 104 a des Grundgesetzes, daß der Bund den Ländern Finanzhilfen gewährt, wenn das zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet erforderlich ist. Der Art. 104 a des Grundgesetzes bestimmt, daß die gemeinsam wahrgenommene Aufgabe durch Bundesgesetz oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durch eine Verwaltungsvereinbarung geregelt werden kann.
Die Bundesregierung hat im September 1978 den Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung vorgelegt, die in ihrem Inhalt sehr weitgehend dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf entspricht. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken einzelner Länder gegen neue Formen der Mischfinanzierung und ihrer daraus folgenden mangelnden Bereitschaft, eine solche Verwaltungsvereinbarung abzuschließen, konnte dieser Weg dann letztlich nicht beschritten werden. Ohne Beteiligung aller Länder ist eine rechtlich abgesicherte verfassungsmäßige Regelung nur durch ein Gesetz möglich.
Dieses Gesetz hat das Land Schleswig-Holstein im März 1979 im Bundesrat eingebracht. Der Bundesrat hat am 11. Mai 1979 beschlossen, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Die Bundesregierung wiederholt in ihrer Stellungnahme, daß sie eine Verwaltungsvereinbarung für das geeignetere Mittel zur Lösung des Problems gehalten habe, daß sie aber gegen das Gesetz als solches keine grundsätzlichen Einwendungen erhebe. Alle Beteiligten sind also in der Notwendigkeit des Gesetzes und auch in der Zielsetzung völlig einig. Es geht darum, erstens den Disparitäten in der Wirtschaftskraft und Wirtschaftsentwicklung entgegenzuwirken, zweitens die Versorgungssicherheit durch das zusätzliche Angebot von Gas überall in der Bundesrepublik zu verbessern, drittens auch in den bisher nicht mit Gas versorgten Räumen über den Einsatz von Gas den Mineralölanteil an der Energieversorgung zurückzudrängen, viertens sogenannte Inselgaswerke, d. h. bereits bestehende Ortsnetze, an das überregionale Erdgasverbundnetz anzuschließen.
14000 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 177. Sitzung. — Bonn, Donnerstag, den 11. Oktober 1979
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Die Beratungen in diesem Hause werden sich angesichts dieser Situation vor allem mit folgenden noch offenen Detailfragen zu befassen haben:
Erstens. Der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht Finanzierungshilfen des Bundes in Höhe von höchstens 20 % vor. Das würde eine Gesamtförderung in Höhe von 40 °Io bei gleichem Länderanteil bewirken. Hier sollte hervorgehoben werden, daß das Gesetz den Ländern nur ein Angebot macht. Es steht den Länder frei, die angebotenen Bundesmittel anzunehmen oder nicht. Es steht ihnen auch frei, selbst über den durch den Bundesanteil vorgegebenen Fördersatz hinaus für solche Projekte eine besondere, noch höhere Landesförderung für Einzelprojekte zu gewähren.
Zweitens. Die Bundesregierung hält einen Fördersatz von bis zu 30 % — Bund und Land je 15 % — für eine ausreichende Förderung. Bei höheren Beihilfen bestehe die Gefahr, daß auch Leitungen verlegt würden, die auch langfristig unwirtschaftlich seien.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht vor, daß alle Vorhaben gefördert werden, die am 1. August 1978 noch nicht begonnen waren. Diese Rückwirkung sei notwendig, weil ab diesem Zeitpunkt bereits Leitungen gebaut worden seien in der Erwartung der Bezuschussung.
Die Bundesregierung hält eine Rückwirkung nicht für notwendig. Bereits im November 1978 sei nämlich absehbar gewesen, daß der Weg einer kurzfristig abzuschließenden Verwaltungsvereinbarung nicht habe beschritten werden können.
Beide Fragen sollten letztlich lösbar sein, zumal der Finanzrahmen des Gesetzes mit Finanzhilfen des Bundes in Höhe von 170 Millionen DM für fünf Jahre festgeschrieben ist. Werden also Projekte rückwirkend gefördert oder mit einem höheren Fördersatz versehen, so vermindern sich die in der Zukunft noch zur Verfügung stehenden Mittel.
Noch offen sind weiterhin Fragen der verwaltungsmäßigen Abwicklung, des Rechts des Bundesministers für Wirtschaft, einzelne Förderungsprojekte von der Förderung auszuschließen etc.
Schließlich ist auch noch die Frage zu entscheiden, ob hinsichtlich technischer Einzelfragen auf der Grundlage des Gesetzes noch eine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen werden soll, um das Gesetz von sonst notwendigen Einzelbestimmungen zu entlasten.
Die Flächenländer sind an einer beschleunigten Verabschiedung des Gesetzes interessiert. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Herr Dr. Stoltenberg, hat in seiner Rede vor dem Bundesrat erklärt, daß es letzlich gleichgültig sei, ob nun eine Förderung von 15 oder von 20 % von Bund und Land gewährt werde. Wichtiger sei es aus der Sicht des Landes Schleswig-Holstein, das Gesetz über die Finanzhilfen beschleunigt zu verabschieden, damit möglichst bald etwas geschehe.
Die Fraktion der CDU/CSU wird bemüht sein, an dieser erwünschten und dringend notwendigen Beschleunigung mitzuwirken.